Schmidt | Frauen geben niemals auf | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 252 Seiten

Schmidt Frauen geben niemals auf

Kurzgeschichten
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-4874-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kurzgeschichten

E-Book, Deutsch, 252 Seiten

ISBN: 978-3-7534-4874-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Frauen geben niemals auf - 25 Kurzgeschichten über Frauen - aber nicht nur für Frauen. Spannend - Kommissarin Kolbe muss zwei völlig unterschiedliche Kriminalfälle aufklären. Gefühlvoll - Ein Mann versteckt zwei Kinder vor ihren Verfolgern und was geschah in der Nacht? Dramatisch - Eine Fahrt in der Straßenbahn und eine Schiffsreise können sehr gefährlich sein. Humorvoll - Was passiert in einer Familie in der Advents- und Weihnachtszeit? Politisch - Was geschah am Bloody Sunday und im Diamantengebirge? Sportlich - König Fußball und eine Urlaubsreise in die Berge.

Birgit Schmidt ist ein Kind des Ruhrgebietes. Sie wurde 1964 in Dortmund geboren und wuchs in Dortmund und Gelsenkirchen auf. In Essen studierte und promovierte sie in der Humanmedizin. Bis 2016 arbeitete sie im Krankenhaus und in der eigenen Praxis, seitdem ist sie ausschließlich künstlerisch tätig (Malerei, Literatur, Fotografie). Ihre Ölbilder und Fotografien waren seit 2000 in zahlreichen Ausstellungen in Deutschland zu sehen. 2019 veröffentlichte sie anlässlich des Weltfrauentages die Anthologie »Es geschah hier und anderswo« mit Kurzgeschichten verschiedener Autoren (Canales, Schmidt und Schwietering). 2020 erschien ihr Romandebut »Flucht zum Crater Lake«.

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Nichts als die Wahrheit
»Glauben Sie nicht, was Sie über mich hören oder lesen. Was auch immer die Leute sagen – ich allein kenne die Wahrheit. Und die werde ich Ihnen jetzt erzählen. Schon als Kind spürte ich, dass mir ein außergewöhnlicher Weg vorbestimmt war. Ich wurde als erste Tochter des Grafen György Bornemisza und der Gräfin Judith Széchenyi geboren. Meine Vorfahren lebten seit Jahrhunderten auf einem Gut in Györ im Nordwesten Ungarns mit freiem Blick auf den Fluss Rába. Nach dem Abitur, das ich als Jahrgangsbeste bestand, schickten mich die Eltern zum Studium der Medizin nach Deutschland. Dort lernte ich auch meinen späteren Mann kennen, den ich leider drei Jahre nach unserer Hochzeit bei einem tragischen Verkehrsunfall in Südamerika verlor. In meiner Trauer blieb ich in Argentinien und arbeitete an der medizinischen Fakultät der Universität Buenos Aires. Dort habe ich auch César Milstein kennengelernt, der 1984 für die Erkenntnisse zur Produktion der monoklonalen Antikörper den Nobelpreis für Medizin erhielt. Die Arbeit an der Universität erfüllte mich, aber eines Tages überkam mich die Sehnsucht nach meiner alten Heimat, und ich kehrte nach Europa zurück. Durch einen guten alten Bekannten, der seinerzeit in der Ethikkommission des Vatikans arbeitete, lernte ich den Papst kennen. Ich bekam eine Anstellung als Leibärztin und wurde seine Vertraute. Sehen Sie diesen Rosenkranz? Er hat ihn gesegnet. Ich trage ihn immer bei mir, genauso wie das Kreuz an meinem Hals. Schauen Sie, ich küsse es auf die Stelle, die auch der Heilige Vater geküsst hat. Er weiß, dass ich immer für alle nur das Beste wollte, nie für mich selbst, egal, was die Leute behaupten. In jenen Tagen sammelte ich für wohltätige Zwecke in Afrika Spendengelder und machte mir sogar die Mühe, das Geld persönlich zur Missionsstation zu bringen. Davon sollten die hungernden Kinder versorgt und Krankenhäuser gebaut werden. Dass es mit den Bauprojekten nicht wie geplant klappte, dass es mit der Organisation der Hilfsmaßnahmen vor Ort haperte, dafür kann mich keiner verantwortlich machen. Das ist ja in Afrika leider oft ein Problem. Ich wollte stets nur allen behilflich sein. Helfen und aufklären. Sehen Sie, die Wahrheit ans Licht zu bringen, das war mir ein großes Anliegen. Auch wenn die Erkenntnisse meine Familie betrafen und wenn sie von eher unangenehmer Art waren. Wissen Sie, die Wahrheit war mir immer heilig, so wahr mir Gott helfe. Sehen Sie, ich küsse mein Kreuz. Ich wüsste heute noch nichts von der alten Geschichte, hätte mich damals diese Bank nicht kontaktiert. Sie schrieben, dass sie hocherfreut seien, mich endlich ausfindig gemacht zu haben. Ich sei die einzige Erbin des Nachlasses meines Onkels. Dieser habe bei ihnen in einem Safe Unterlagen von unschätzbarem historischen Wert deponiert, deren Sperrfrist in drei Monaten ablaufen würde. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie vollkommen überrascht ich war, hatte doch mein Vater nur recht wenig von seinem Bruder und dessen Lebensgeschichte erzählt. Wir haben immer geglaubt, er sei damals in Auschwitz umgekommen, wie all die anderen. Aber der freundliche Mitarbeiter der Bank versicherte mir glaubhaft, bei dem Mieter des Schließfaches handele sich es tatsächlich um meinen Onkel. Dieser sei vor Kriegsende mithilfe eines katholischen Priesters aus Auschwitz entkommen, habe über viele Umwege und glückliche Fügungen mit ihnen Kontakt aufgenommen und schließlich bedeutende Papiere im Tresorfach hinterlegt. Ich habe dann mit einem Mitarbeiter der Bank das Schließfach am 27. Januar geöffnet, so war das Ende der Sperrfrist von meinem Onkel terminiert. Verstehen Sie die Bedeutung dieses Tages? An jenem Tag rettete die Rote Armee im Jahr 1945 die Gefangenen in Auschwitz und ich befreite die Niederschriften von dem jahrzehntelangen Siegel der Verschwiegenheit. Die Aufzeichnungen habe ich mit nach Hause genommen und dort in Ruhe studiert. Dann habe ich die Eintragungen verglichen mit Notizen, die mein Vater gemacht hat. Da die Tagebücher aus dem Schließfach offensichtlich unvollständig waren, habe ich die Erinnerungen der beiden Zeitzeugen zusammengetragen, um der Öffentlichkeit ein komplettes Bild zu zeigen. Die Menschen haben schließlich ein Anrecht auf die ganze Wahrheit, finden Sie nicht? Und wie viele Wahrheiten werden noch heute verschwiegen? Weil sie unbequem sind oder weil sie nicht in das bisherige Weltbild passen. Wenn Sie meine Worte anzweifeln, stellen Sie die Wahrheit der Geschichte infrage und dann müssen Sie den Menschen aber auch erklären, warum Sie gewisse Geschehnisse verschweigen wollen. Ich wollte nur helfen, dass alles ans Licht kommt, das ist die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit, das dürfen Sie mir glauben. Sehen Sie her, ich schwöre es und ich küsse dieses Kreuz. Danke, dass Sie mir zugehört haben.« »Ich denke, wir haben genug von Ihren Märchen gehört, Frau Bornemisza oder Széchenyi oder wie Sie sich auch immer jetzt nennen. Die Staatsanwaltschaft wird beweisen, dass Sie eine Hochstaplerin und Betrügerin sind und viele gutgläubige Menschen um ihr Geld betrogen haben. Wir werden weiterhin beweisen, dass fast Ihr gesamtes Leben eine einzige große Lüge ist. Ihre Eltern gehörten weder zum Adel noch besaßen sie ein Gut. Ihr Vater war ein einfacher Zimmermann, Ihre Mutter ein kleines Zimmermädchen, und ihre Eltern arbeiteten auf einem Gut in Györ. Die beiden waren ehrliche und arbeitsame Leute, was man von Ihnen wahrlich nicht behaupten kann. Ja, Sie studierten Medizin in Deutschland, aber nur für ein Semester, einen Abschluss haben Sie niemals erreicht, weder im Studium noch in einer anderen Ausbildung. Die Umstände des Todes Ihres Mannes in Südamerika waren und sind nach wie vor mysteriös und nicht mehr zu klären, aber Sie haben zu keiner Zeit als Ärztin an der Universität in Buenos Aires gearbeitet, soviel ist sicher. Wir konnten stattdessen recherchieren, dass Sie dort als Reinigungsfrau Ihren Lebensunterhalt verdient haben und César Milstein ist Ihnen vermutlich höchstens mal auf einem Flur begegnet. Apropos begegnet. Ob Sie jemals den Papst persönlich trafen, kann auch niemand bezeugen. All die Geschenke, die angeblich der Heilige Vater gesegnet hat und mit denen Sie sich das Vertrauen Ihrer Opfer erschlichen haben, haben Sie für ein paar lumpige Euro in einem Laden für Devotionalien gekauft. All die Rosenkränze, Kruzifixe, Heiligenfiguren und Andachtsbilder, die nie auch nur in die Nähe des Papstes gelangten, haben Sie dazu benutzt, um Ihre Opfer in Ihre Geschichte einzuwickeln wie eine Spinne ihre Beute. Die Frömmigkeit und Gutgläubigkeit dieser Menschen haben Sie auf arglistige Weise ausgenutzt und umgewandelt in eine großzügige Spendenbereitschaft für niemals geplante Projekte in der Dritten Welt. Kein Hilfswerk für notleidende Kinder, kein Krankenhaus in Afrika, nichts, was Sie den leichtgläubigen Menschen, die Ihnen ihr Geld anvertrauten, versprachen, hat jemals existiert. Aber irgendwann reichte das Geld Ihrer Opfer Ihnen nicht mehr. Es lief alles wie am Schnürchen, es war zu einfach geworden, nicht wahr? Ihre Betrügereien forderten Sie nicht mehr heraus. Sie dürsteten nach mehr, mehr als Geld Ihnen geben konnte, sie strebten nach Berühmtheit. Und so planten Sie die ganz große Nummer. Sie nutzten das düsterste Kapitel der deutschen Geschichte, um mit einer Opfer-Biografie die Reputation der Aufklärung zu erlangen. Ein perfider Plan, wussten Sie doch, dass die Deutschen nach wie vor ein schwieriges Verhältnis zu den schrecklichen Geschehnissen im Dritten Reich haben. Die Gemengelage aus einem grenzenlosen, aber heutzutage kaum mehr persönlich greifbaren Schuldgefühl eines Volkes, dessen lebende Zeitzeugen mit jedem Tag weniger werden, und einem irrationalen, aber tiefen menschlichen Bedürfnis resultierenden Wunsch nach Relativierung der kollektiven Schuld, haben Sie fast meisterhaft für sich ausgenutzt. Wächst der zeitliche und emotionale Abstand zu schrecklichen Geschehnissen, schwinden die Augen- und Ohrenzeugen, die das letzte mahnende Gewissen unserer Zeit darstellen, dann bleiben nur noch Niederschriften. Diese werden in der heutigen digitalen Welt immer weniger als reale Bücher, gedruckt auf Papier, gelesen. Die Gefahr des Verdrängens und Vergessens wächst mit jedem Tag. Als Geschichte in digitaler Form oder auch virtuell im Internet haftet der historischen Wahrheit heute, in Zeiten der Fake News, leider eine Form von Misstrauen und Ungläubigkeit an, die den Nährboden bereitet für andere, individuelle und alternative Wahrheiten, die man zuvor niemals für möglich gehalten hätte. Sie hoben einen imaginären Onkel aus der Taufe, dessen Existenz Sie glaubhaft vorgaben, indem Sie Fotos eines fremden Mannes auf eBay ersteigerten. Dieser erfundene Onkel sollte in Auschwitz inhaftiert worden sein und dort als studierter Hirnforscher angeblich dem Arzt Josef Mengele aus Angst um sein eigenes Leben bei dessen grausamen Experimenten an den Lagerinsassen geholfen haben. Und als Dank für seine Hilfe hätten ihm dann ein katholischer...



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