E-Book, Deutsch, 384 Seiten
Schneider Die Feuerblume
2. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-9387-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Marisa Mell
E-Book, Deutsch, 384 Seiten
ISBN: 978-3-7578-9387-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Marisa Mell, 1939 als Marlies Theres Moitzi in der Steiermark geboren, machte in den sechziger und frühen siebziger Jahren eine beispiellose internationale Filmkarriere, die sie von Wien über Berlin, London und Paris nach Rom führte, wo sie mit Stars wie Marcello Mastroianni, Ursula Andress, Jean Marais, Gina Lollobrigida, Helmut Berger und Tony Curtis drehte und durch Casanova '70 (Mario Monicelli), Gefahr: Diabolik (Mario Bava) und Nackt über Leichen (Lucio Fulci) zum Kultstar avancierte. Unter der Regie von Vincente Minnelli sollte sie am Broadway in MATA HARI spielen, Hollywood gab sie einen Korb, weil sie Italien so liebte. Ab 1976 begann ihr langsamer, schmerzhafter Abstieg; sie starb verarmt im Alter von 53 Jahren an Krebs. Diese literarische Annäherung an die Filmschauspielerin Mell (und die Privatperson Moitzi) ist die erste ihrer Art und zeichnet Marisa Mells Weg bis über ihren Tod hinaus nach. André Schneider nähert sich seiner Protagonistin über ihr Werk, und so ist Die Feuerblume auch und vor allem eine filmhistorische Betrachtung des italienischen und spanischen Films jener Epoche. Mit über 140 zum Teil nie veröffentlichen Fotos aus Privatbesitz und einer umfangreichen Filmographie.
André Schneider, Jahrgang 1978, ist Schauspieler, Autor und Übersetzer. Er lebt in Frankreich.
Autoren/Hrsg.
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Vorwort zur Neuauflage
Ende Oktober 2013 brachte ich Die Feuerblume heraus. Ohne die Unterstützung eines Verlags, ohne Lektorat und ohne Werbung. Ein Buch für Kenner und Fans von Marisa Mell, ein Herzensprojekt. Ich war zufrieden mit meiner Arbeit. Kaum war das Buch erschienen, öffneten sich Türen, taten sich neue Informationsquellen auf, erschienen etliche ihrer Filme auf DVD. Ich traf Menschen, die sie noch persönlich gekannt haben. Mit diesem Wissenszugewinn trat eine gewisse Unzufriedenheit ein: Am liebsten hätte ich das ganze Buch komplett neu geschrieben. Doch ich war nach der jahrelangen Arbeit zu müde, das Sujet hatte mich erschöpft. Anstatt also Die Feuerblume zu überarbeiten, machte ich mich daran, Marisa Mell ein anderes Denkmal zu setzen und damit dieses Kapitel meines Lebens abzuschließen: Im Sommer 2015 drehte ich den französischen Film Sur les traces de ma mère, in welchem Marisa posthum meine Mutter »spielte«. Für die Rückblenden verwendeten wir Ausschnitte aus ihren Filmen, überall standen und hingen Fotos von ihr, und unser französischer Produzent sicherte uns die Musikrechte einiger alter Kompositionen von Riz Ortolani und Carlo Savina. Leider, leider ging der Film trotz aller Bemühungen in die Binsen, wurde aber zu meiner Verwunderung recht positiv aufgenommen, sodass ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied nehmen konnte. Meine DVD- und Bildersammlung schenkte ich meinem Freund Mirko Di Wallenberg, der über die umfangreichste Mell-Sammlung Europas verfügen dürfte, und sagte mir, dass ich irgendwann, wenn meine Zeit es erlaube, die englische Übersetzung des Buches in Angriff nehmen würde. 2020 unterschrieb ich zwei Buchverträge. Mein Verleger bat mich, meine BoD-Veröffentlichungen vom Markt zu nehmen, und so war Die Feuerblume ab März 2021 nicht mehr erhältlich. Anderthalb Jahre später, am 1. Dezember 2022, erhielt ich eine E-Mail aus Graz: Der Filmemacher Markus Mörth teilte mir mit, dass er an einem Dokumentarfilm über Marisa Mell arbeiten würde und fragte mich, ob er mich für diesen interviewen dürfe. Titel des Films: Die Feuerblume – Die zwei Leben der Marisa Mell. Und plötzlich, ganz unverhofft, stand mein Jahreswechsel ganz im Zeichen Marisas. Ich durchwühlte meinen Fundus, um zu schauen, was ich zur Dokumentation beitragen könnte, und fand die Mata Hari-CD wieder, die ich bereits verloren geglaubt hatte. Meine Lieblingsfilme von ihr hatte ich seinerzeit behalten, und so schaute ich mir La encadenada, Una sull’altra und Alta tensión nach längerer Zeit mal wieder an. Ein paar Aushangfotos fielen mir in die Hände, etliche E-Mails und Zeitungsschnipsel. Ich überlegte, dass es klug wäre, meine biographische Annäherung jetzt noch einmal einer Revision zu unterziehen. Als ich mich ans Werk machte, stellte ich überrascht fest, dass die Streichungen und Ergänzungen sich wider meiner Erwartungen in Grenzen hielten. Ja, es war noch ein TV-Film aus den Achtzigern, Der Mörder nach Schnitzler, aufgetaucht, in dem Marisa einen winzigen Auftritt gehabt hatte, und ein paar Daten mussten korrigiert werden. In der Zwischenzeit hatte ich die Freude, Venusberg im Kino sehen zu dürfen und die frisch erschienenen, hübsch gestalteten Mediabooks von Train d’enfer und Objectif : 500 millions in meinen Besitz zu bringen. Es waren ein paar Fotos hinzugekommen, die ich gerne teilen wollte. Aber im Großen und Ganzen konnte ich Die Feuerblume im Original belassen. Aus diesem Grunde ließ ich auch das alte Vorwort so stehen, wie es damals war. 2014 veröffentlichte ich mit Sie7en eine Sammlung von Texten, unter ihnen auch ein kurzer Aufsatz über meinen ersten Aufenthalt in Graz: »Am 23. Oktober 2013 erschien meine biographische Annäherung an die in Österreich geborene und in Italien zum Filmstar avancierte Marlies Theres Moitzi alias Marisa Mell. […] Ein Projekt, für das ich sieben Jahre Blut und Wasser geschwitzt hatte. Unter all meinen schriftstellerischen Taten nimmt Die Feuerblume eine Sonderstellung ein. Mein Respekt und meine Wertschätzung für diese Frau hatten mich zu größter Behutsamkeit verleitet, mit der ich ihr leider viel zu kurzes Leben schälte und entkernte. Dass ich mit dem Resultat so ungewöhnlich zufrieden war, hatte mehrere Gründe. Zunächst einmal ließen mich die Verkaufszahlen wissen, dass Marisa doch noch nicht ganz vergessen ist; eine freudige Überraschung. Die Zuschriften, die mich erreichten, waren durchweg herzlicher Natur. Man habe meine Liebe für Marisa und ihre Arbeit beim Lesen spüren können, hieß es. Was fasziniert mich gerade an dieser Frau so sehr, dass sie mich nicht loslässt? Ein eminenter Aspekt ist mit Sicherheit dieses Mysterium, das sie zeitlebens mit sich herumgetragen und gepflegt hatte. Zu diesem Geheimnis hatte niemand unbedingten Zugang, selbst ihre engsten Freunde nicht. Bis zum Schluss. Das birgt eine gewisse Tragik in sich, weil sie auf diese Weise immer auch ein wenig einsam war, obwohl sie das Nahsein suchte. Auf der anderen Seite ist es aber auch eine große Kunst, ein solches Geheimnis zu bewahren, und manchmal geht das eben nur, wenn man konsequent sagt: »Hier ist die Tür zu. Das ist, was ich dir gebe, und da ist alles drin, du musst es nur entblättern und entziffern können.‹ Dieser Dechiffriercode interessiert mich an Marisa Mell – obschon ich weiß, dass ihn niemand jemals knacken wird. Dieser Code war es, der ihr diese hoheitsvolle Würde verlieh; selbst in den zahllosen Nackedeifilmchen, die sie in den 1970ern machte, war sie niemals vulgär. Nur wenige weibliche Stars haben das geschafft, spontan fallen mir nur ein paar Beispiele aus den frühen Tagen der Traumfabrik ein: Louise Brooks, Marlene Dietrich und die Garbo. Letztere war interessanterweise auch Mells Lieblingsschauspielerin. Im Februar 2014 wurde ich nach Graz eingeladen, um an einer Gedenkfeier zu Marisas 75. Geburtstag im Grand Café Kaiserfeld teilzunehmen und aus der Feuerblume zu lesen. Die Veranstalter waren mit Marisa in den Achtzigern befreundet gewesen, hatten sich (erfolglos) bemüht, ihre Karriere wiederzubeleben und saßen in ihren letzten Wochen auch an ihrem Sterbebett. Im Vorfeld hatten wir oft telefoniert, und ich erfuhr viel Neues über sie. Über die Einladung in Marisas Geburtsstadt freute ich mich riesig. Graz ist eine der schönsten Städte, die ich jemals gesehen habe, vom Klima her fast schon mediterran, architektonisch von Esprit und Ästhetik geprägt und durch die lebendige Theater- und Musikszene auch kulturell obenauf. Die beiden Veranstalter zeigten mir die Stadt und stellten mir Weggefährten von Marisa vor, unter anderem den Produzenten ihres letzten Films sowie den Regisseur Alfred Ninaus. Ich traf eine Frau, die vor rund 30 Jahren als junge Krankenschwester Mells Mutter gepflegt und als Dankeschön von ihr eine schmucke Wildlederhose mit Widmung geschenkt bekommen hatte. Ein älterer Herr erzählte, er habe durch die Zeitung von der Feier erfahren; er hatte mit Marlies/Marisa die Schulbank gedrückt und wohnte in der Nachbarschaft, und obwohl sich die beiden nach dem Abschluss nie wieder gesehen haben, so blieb sie ihm doch in Erinnerung. Ein wahrer Anekdotenregen prasselte auf mich hernieder. Dazu gab es Pasta nach Marisas Originalrezepten. Sie hatte ihre damals noch blutjungen Freunde streng unterwiesen, wie man die verschiedenen Soßen zuzubereiten hatte, damit diese ›richtig italienisch‹ schmeckten. Es waren herrliche Tage und ein denkwürdiger Abend, der mich demütig werden ließ; ich lag anschließend todmüde und hellwach mit fließenden Glückstränen in meinem Hotelbett. Einen unschönen Aspekt hatte dieses Abenteuer dennoch: Die Veranstalter hatten mich im Vorfeld gebeten, einen Clip aus Marisas besten Filmmomenten zusammen zu schneiden, circa 30 Minuten lang und mit Musiken aus ihren berühmtesten Werken unterlegt. Für diesen Zweck musste ich für drei Tage einen Schnittplatz mieten. Ein Freund machte mir einen Sonderpreis. Kostenpunkt: 750 Euro. ›Kein Problem‹, sagten die Veranstalter, ›das Kulturamt der Stadt Graz trägt sämtliche Kosten der Veranstaltung. Leg du’s nur erstmal aus.‹ Meine Auslagen (wie auch meine Gage) erhielt ich nie, obwohl die Stadt Graz den Herren Veranstaltern bereits Anfang April 2014 alle Kosten – auch meine! – überwiesen hatte. Rief ich an, um mich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen, legten die Herren mit einem barschen »Geh scheißen!‹ einfach auf. Ende Mai schrieb ich dem Kulturamt, dass nicht nur ich, sondern vor allem auch die Stadt Graz geprellt wurde. Man bedankte sich herzlich und versprach, der Sache nachzugehen, meinte jedoch, dass man mir nichts versprechen könne. Am Ende fand ich es betrüblich, dass so genannte ›Freunde‹ sich noch über 20 Jahre nach Marisas Tod eiskalt auf ihre Kosten bereichern. Trotzdem habe ich mir einen längeren Aufenthalt in Graz vorgenommen. Eines Tages. Ich möchte Marisas Spur noch einmal aufnehmen.« Ursprünglich...