Schnell / Pfeiffer / Hardenberg | Gutes Arbeiten im digitalen Zeitalter | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 275 Seiten

Schnell / Pfeiffer / Hardenberg Gutes Arbeiten im digitalen Zeitalter

E-Book, Deutsch, 275 Seiten

ISBN: 978-3-593-44845-9
Verlag: Campus Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Was bedeutet »Gutes Arbeiten« in einer Zeit, in der angesichts der fortschreitenden Digitalisierung die Grenze zwischen Arbeit und Leben verschwimmt? Der Band vereint Beiträge, die sich mit den gegenwärtigen technologischen Innovationen und ihren sozialen, ökonomischen und politischen Folgen befassen. Für die Bereiche Soziologie, Philosophie, Ethnologie, Psychologie und Medienwissenschaften zeigt er Herausforderungen auf, die mit der Digitalisierung von Arbeit einhergehen, er stellt aber auch neue Gestaltungsansätze vor. Im Zentrum steht die Frage, welche normativen Herausforderungen die digitale Transformation mit sich bringt.
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Gestaltungsprojekt »Digitale Arbeit«1
Hartmut Hirsch-Kreinsen Einleitung
Die Frage nach der Digitalisierung und ihren sozialen Konsequenzen ist seit Längerem nicht mehr aus der politischen und wissenschaftlichen Debatte wegzudenken und die dazu vorgelegten Publikationen, Analysen, Prognosen sind inzwischen kaum mehr überschaubar. Unisono wird davon ausgegangen, dass gegenwärtig ein ausgesprochener Entwicklungsschub digitaler Technologien, insbesondere der künstlichen Intelligenz stattfindet. In der laufenden Debatte werden spektakuläre Veränderungen und Entwicklungsperspektiven prognostiziert und es wird diesem Thema eine sehr bedeutende Rolle für die zukünftige gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung eingeräumt. Insbesondere wird diese Perspektive im Kontext der gegenwärtigen Corona-Krise betont und es wird krisenbedingt einmal mehr ein weitreichender Digitalisierungsschub auf den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Ebenen erwartet. Resümiert man die Debatte, so finden sich durchaus überzeugende Argumente dafür, dass gegenwärtig in der Tat ein technologischer Entwicklungssprung Platz greift, dessen strukturelle Konsequenzen kaum absehbar sind. Ausgangspunkt hierbei ist die weithin geteilte Annahme, dass die schnelle Entwicklung digitaler Technologien in den letzten Jahren ein Stadium erreicht hat, das eine völlig neue Qualität ihrer Anwendung eröffnet. Die international renommierte US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshana Zuboff bezeichnet vor dem Hintergrund ihrer langjährigen Forschungen über die sozialen Konsequenzen von Informationstechnologien diesen Technologieschub als sowohl technologisch als auch in Hinblick auf seine generellen sozialen und gesellschaftlichen Konsequenzen als unprecented – als beispiellos und noch nie dagewesen. Vorherrschend ist dabei ein Credo, das mit Formeln wie Disruption, Geschwindigkeit, Sprunginnovation und – mit Rückgriff auf das bekannte Diktum von Schumpeter – als die »kreative Zerstörung« der bestehenden Verhältnisse umschrieben wird (Zuboff 2019). In Hinblick auf die viel diskutierte Frage nach den sozialen Konsequenzen der Digitalisierung, insbesondere dem Wandel von Arbeit, wird in der öffentlichen, politischen wie auch der wissenschaftlichen Debatte davon ausgegangen, dass durch die neuen Technologien ein geradezu disruptiver Wandel sozialer und ökonomischer Verhältnisse zu erwarten ist. Insbesondere über den Wandel von Arbeit werden dabei häufig auf einer recht abstrakten Ebene generelle Erwartungen und Entwicklungsprognosen formuliert (vgl. zusammenfassend Hirsch-Kreinsen 2020: 14 ff.): Einerseits werden negative soziale Konsequenzen wie massive Arbeitsplatzverluste, Dequalifizierungstendenzen, weitreichende Überwachungsmöglichkeiten, zugespitzt in der Formel eines absehbaren »digitalen Taylorismus« befürchtet (The Economist 2015). Andererseits werden aber auch positive Perspektiven hervorgehoben; zum Beispiel ein deutliches Wachstum von Arbeitsplätzen, generelle Möglichkeiten einer Steigerung des Qualifikations- und Kompetenzniveaus und die Durchsetzung von Formen humaner und guter Arbeit, eine Verbesserung der Work-Life-Balance und die Bewältigung der demografischen Probleme des Arbeitsmarkts. Bei diesem Diskurs mit seinen konträren Positionen wird cum grano salis ausgeblendet, dass Digitalisierung und die damit verbundenen ökonomischen und sozialen Veränderungen keinesfalls als technologisch getriebene Selbstläufer zu verstehen sind, sie vielmehr Resultat eines ökonomisch, sozial, arbeits- und betriebspolitisch bestimmten Gestaltungsprozesses sind. Wie neuere Forschungsergebnisse zeigen, gilt dies insbesondere für die Digitalisierung von Arbeit (zusammenfassend z. B. Hirsch-Kreinsen 2020). Vernachlässigt wird im laufenden Diskurs über die digitale Transformation von Arbeit vielfach, dass die neuen Technologien auf der betrieblichen Ebene abgestimmt werden müssen mit einer Vielzahl konkreter Einsatz- und Anwendungsbedingungen. Anders formuliert, unvermeidbar ist ihre Adaption an je spezifische und sehr unterschiedliche betriebliche Bedingungen, welche letztlich Gestaltungsentscheidungen erforderlich macht. Zwar ist dieser kritische Verweis auf die übersehene Gestaltbarkeit von Technik und Arbeit theoretisch und arbeitspolitisch grundsätzlich alles andere als neu und nicht besonders sensationell. Jedoch bleibt eben im laufenden Diskurs oft unklar, welche Gestaltungsoptionen hier tatsächlich existieren. Insbesondere bleibt offen, welche Chancen gegeben sind, gute und humane Arbeit unter den Bedingungen der Digitalisierung zu realisieren (vgl. ILO 2019: 43). Daran soll im folgenden Beitrag angeknüpft werden. Die These ist, dass die digitale Transformation von Arbeit ein gesellschaftliches und politisches Gestaltungsprojekt ist. Diskutiert werden sollen die Voraussetzungen und Möglichkeiten der Gestaltung digitaler Arbeit und insbesondere soll gezeigt werden, dass sich mit dem Prozess der digitalen Transformation von Arbeit beträchtliche Chancen für die Realisation von Formen guter digitaler Arbeit eröffnen. Argumentative Basis hierfür ist ein Resümee einschlägiger konzeptioneller und empirischer Forschungsprojekte, die in den letzten Jahren an der Technischen Universität Dortmund durchgeführt worden sind.2 Begrifflich soll, orientiert an einer international gebräuchlichen Definition, unter Digitalisierung informationstechnologisch die Nutzung und Verbreitung digitaler Technologien und Daten, deren Vernetzung sowie damit verbundene neue Funktionen und Aktivitäten verstanden werden. In diesem Sinne wird auch das bekannte Label von der vierten industriellen Revolution – Industrie 4.0 – verwendet. Weitergehend soll auf den Begriff der digitalen Transformation zurückgegriffen werden, der den ökonomischen und sozialen Wandel bezeichnet, der durch die Digitalisierung angestoßen wird. Unbestimmtes Verhältnis von Technik und Arbeit
Die Begründung für die These, dass die digitale Transformation von Arbeit ein gesellschaftliches und politisches Gestaltungsprojekt ist, liefern grundlegende und im laufenden Diskurs nur selten berücksichtigte Erkenntnisse der sozialwissenschaftlichen Arbeits- und Innovationsforschung. Danach besteht zwischen der Entwicklung neuer Technologien und ihren möglichen Anwendungspotenzialen, ihrer Verbreitung, den Formen ihrer Nutzung und schließlich ihren sozialen Konsequenzen keinesfalls ein linearer und deterministischer Zusammenhang. Vielmehr handelt es sich dabei um einen komplexen Zusammenhang, der von einer Vielzahl nicht-technischer, das heißt ökonomischer, sozialer und arbeitspolitischer Faktoren geprägt wird. Deren Einfluss entscheidet darüber, in welcher Weise die Nutzungspotenziale der Technologien tatsächlich ausgeschöpft werden und welche Konsequenzen für Arbeit sich dabei einspielen. Vielstufige Innovationsprozesse Die Innovationsforschung zeigt, dass technologische Innovationen zwar stets zielgerichtet und dynamisch verlaufen, ihr Verlauf zugleich jedoch widersprüchlich und ihr Ausgang ungewiss ist. Entscheidend für die sich jeweils einspielenden Verlaufsmuster von Innovationen und die dadurch angestoßenen sozioökonomischen Veränderungen sind demnach zum einen die Erarbeitung und Variation technologisch möglicher Entwicklungspotenziale, zum anderen ihre Selektion im Lichte konkreter Anwendungserfordernisse und ihrer Vermarktungschancen. Grundsätzlich stehen daher der technische Wandel und die Verbreitung neuer Technologien in enger Wechselwirkung mit den jeweils gegebenen ökonomischen und sozialen Strukturen der Nutzer und Anwenderinnen. Dieser Zusammenhang lässt sich verdeutlichen, wenn man Joseph Schumpeters begriffliche Differenzierung von Innovationen aufgreift. Danach umfasst ein Innovationsprozess vier Stufen: Erstens Invention, das heißt die Erfindung einer neuen Technologie, zweitens Innovation, die Weiterentwicklung der Technologie hin zu ihrer Marktgängigkeit, drittens Diffusion, das heißt ihre Verbreitung und Implementation, somit die konkrete Anwendung, und viertens schließlich ihre mögliche Imitation. Der aktuelle...


Christiane Schnell forscht am Institut für Sozialforschung, Frankfurt a.M. Sabine Pfeiffer ist Professorin für Soziologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Roland Hardenberg ist Professor für Sozial- und Kulturanthropologie an der Universität in Frankfurt a.M.


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