Schönwälder-Kuntze | Philosophische Methoden zur Einführung | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: zur Einführung

Schönwälder-Kuntze Philosophische Methoden zur Einführung


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96060-081-7
Verlag: Junius Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: zur Einführung

ISBN: 978-3-96060-081-7
Verlag: Junius Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Philosophische Methoden sind vielfältig - und das berechtigterweise! Denn die unterschiedlichen Zugänge zur Erkenntnis müssen einander nicht unbedingt ausschließen. Sie bieten alternative Wege, sich den jeweiligen Erkenntnisgegenständen zu nähern, und legen auf diese Weise nicht nur deren unterschiedliche Facetten frei, sondern zeigen auch, dass sie auf unterschiedlichen Fragestellungen beruhen. Diese Einführung von Tatjana Schönwälder-Kuntze vermittelt Einblicke in philosophische Methoden der Moderne - und das bedeutet in die jeweiligen Zugänge zur Philosophie bei Kant, Hegel, Husserl, Gadamer, Frege, Austin, Foucault und Derrida, die für die transzendentale, dialektische, phänomenologische, hermeneutische, analytische, diskursanalytische und dekonstruktive Weise zu philosophieren stehen.

Tatjana Schönwälder-Kuntze: Promotion in Philosophie, Logik und Wissenschaftstheorie sowie Psychologie, Habilitation 2007 in Philosophie, ist seit 2014 außerplanmäßige Professorin für Philosophie an der Ludwig- Maximilians-Universität München.
Schönwälder-Kuntze Philosophische Methoden zur Einführung jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1. Transzendentales Begründen


: Wer philosophiekundig ist, assoziiert mit dem Prädikat ›transzendental‹ vermutlich unmittelbar Immanuel Kant. Zumindest das verwandte Substantiv ist allerdings schon sehr viel älter, denn im Mittelalter taucht der Begriff ›Transzendentalien‹ als Synonym zu ›Transzendentien‹ auf. Als solches wird es z.B. von Thomas von Aquin (1225/6–1274) im erkenntnistheoretischen Zusammenhang gebraucht (Thomas v. Aquin 1986). Zu dieser Wortfamilie gehört auch ›Transzendenz‹ oder das ›Transzendente‹, womit jenes bezeichnet werden soll, das über das Irdische hinausgeht, das Weltjenseitige, dasjenige, welches die Welt überschreitet. Das beiden Begriffen zugrunde liegende lateinische Verb ›transcendere‹ heißt zunächst nichts anderes als ›überschreiten‹. Im Unterschied dazu bezeichnen die Transzendentalien die allgemeinsten Eigenschaften des Seienden, wie etwa, dass es ist, Ausdehnung hat oder dass ihm immer bestimmbare Qualitäten zukommen. Mit der Frage nach den Transzendentalien überschreitet man denkend konkrete Eigenschaften konkreter Gegenstände auf das Allgemeine hin. Das bedeutet, von der besonderen Ausgestaltung des Konkreten zu abstrahieren oder abzusehen, um stattdessen das Augenmerk auf die Wesensmerkmale des Seienden zu richten, die jedes Seiende aufweist.12

: Kant behält diese abstrahierende Bedeutung von ›transzendental‹ bei. Zugleich verändert er die Bedeutung, indem er den Anwendungsbereich verschiebt: Er bezeichnet mit ›transzendental‹ die allgemeinsten Denkfunktionen, die vorausgesetzt werden müssen, um unsere Wahrnehmung überhaupt möglich zu machen. Das bedeutet, dass auch hier von den konkreten Inhalten des Denkens abgesehen wird, indem diese auf das Allgemeine hin überschritten werden. Aber es bedeutet auch, bereits im ersten Schritt die Frage von den allgemeinen Eigenschaften der wahrgenommenen Gegenstände zu den allgemeinen Voraussetzungen der Wahrnehmung selbst zu verschieben. Denn Kants Hypothese lautet, dass » […] []« (KrV B XVI). So sind es nicht mehr die allgemeinen Eigenschaften des Seins, sondern die Erkenntnisse über die Funktionen und Arbeitsweisen des Denkens selbst, die hier transzendental genannt werden: »Ich nenne alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht sowohl mit Gegenständen, , überhaupt beschäftigt.« (KrV B 25)

: Erkenntnis ist hier in einem zweifachen Sinne zu verstehen: Einmal ist damit der erkennende, reflektierende Vorgang des (philosophischen) Untersuchens oder Forschens selbst gemeint. Und einmal sind die Ergebnisse dieser Reflexion gemeint, also all das, was sich über die Art und Weise, wie wir erkennen, wie wir Erfahrungen von Gegenständen machen können, herausfinden lässt. Somit darf ausschließlich denjenigen philosophischen Einsichten das Prädikat ›transzendentale Erkenntnis‹ zugeschrieben werden, die sich entweder auf die Tätigkeiten des Denkens selbst beziehen, durch die wir im weitesten Sinne etwas wahrnehmen, oder eben gerade auf den spezifischen Reflexionsvorgang, der dies untersucht. Das heißt, Kant bezeichnet mit ›transzendental‹ allgemein gültige Erkenntnisse über unseren Wahrnehmungsapparat, über die Ordnungsfunktionen und -elemente des Denkens – sowie alles Denken, das diese Erkenntnisse, und nur diese, liefert. Das philosophische Denken macht sich hier also selbst zum Gegenstand seiner Untersuchung. Es richtet sich reflexiv auf sich selbst, um die Frage zu beantworten, wie es Gegenstände denken bzw. erkennen kann – nicht ob und was es dabei spezifisch denkt. Eine Reflexion dieses Inhalts nennt Kant transzendentale Reflexion.

: Uns geht es aber hier nicht primär um die Erkenntnisse, die sich in transzendentaler Reflexion gewinnen lassen, sondern um das, was vor allem die Neukantianer der Marburger Schule, wie etwa Hermann Cohen (1842–1918) oder Paul Natorp (1854–1924), als transzendentale bezeichnet haben:13 den spezifischen Weg, der denkend beschritten wird, um zu den Erkenntnissen zu gelangen, die die Arten und Weisen des Erfahrungen machenden Denkens betreffen. Am Anfang dieses Weges steht die methodische Leitfrage: Was an dem, was wir wahrnehmen, ist allein dem ordnenden System des Denkens geschuldet? Anders formuliert: Welche Funktionen stellt das Denken bereit oder muss es wenigstens potentiell mitbringen, damit wir überhaupt Gegenstände so wahrnehmen können, wie wir sie wahrnehmen? Oder noch spezifischer: Was an unserem Denken lässt uns nicht nur Erfahrungen machen, sondern lässt möglicherweise sogar Gegenstände allererst Gegenstände erscheinen? Mit Kant gesprochen: Welche Bedingungen ermöglichen es uns, Erfahrungen zu machen, Veränderungen wahrzunehmen, kausale Zusammenhänge etc. festzustellen, Gegenstände als Gegenstände zu erkennen? Für Kant sind ein und dieselben Denkfunktionen dafür zuständig: ».« (KrV A 111)

Die Klärung der Frage nach den Möglichkeitsbedingungen erfolgt, metaphorisch gesprochen, über zwei Stufen, auf denen die gleiche methodische Leitfrage gestellt wird: Sind damit schon alle Möglichkeitsbedingungen oder Elemente gefunden, oder bedarf es doch noch weiterer Bedingungen? Methodisch geht Kant also von dem aus, was der Fall ist – wir machen denkend Erfahrungen –, um danach zu fragen, was genau unsere Art der Erfahrung möglich macht, was also notwendig vorausgesetzt oder angenommen werden muss, damit Wahrnehmung stattfinden kann. Auf der ersten Stufe nennt Kant die Notwendigkeit sinnlicher Eindrücke, die uns irgendwie berühren müssen, damit wir sie wahrnehmen können. Die Wahrnehmung erfolgt für Kant immer und ausschließlich in zwei grundlegenden Formen, in denen wir uns die Gegenstände präsentieren: räumlich und zeitlich. Im Anschluss untersucht er propositionale Sätze, also Urteile, die Aussagen über die Welt treffen, und fragt, welche Denkvorgänge einer Wahrnehmungserfahrung zugrunde liegen, die sich in einem Urteil wie »Dort liegt ein Ball« ausdrückt.

Für eine solche Feststellung identifiziert er dann neben den bereits genannten sinnlichen Eindrücken, die in Raum und Zeit vom Denken präsentiert werden, noch drittens unterschiedliche Denkvorgänge oder Formen, die bei der Wahrnehmung mit von der Partie sein müssen, weil sie die Eindrücke synthetisierend erfassen – Letztere nennt er reine Verstandesbegriffe oder Kategorien, »ohne deren Voraussetzung nichts als Objekt der Erfahrung möglich ist« (KrV A 93/B 126). Damit sind zunächst alle Elemente genannt, die an der Wahrnehmung eines Gegenstandes, aber auch z.B. an der Wahrnehmung von Zusammenhängen beteiligt sein müssen: »folglich wird die objektive Gültigkeit der Kategorien, als Begriffe a priori, darauf beruhen, daß durch sie allein Erfahrung (der Form des Denkens nach) möglich sei« (KrV A 93/B 126). Die Anschlussfrage lautet dann: Wie ist es möglich, dass die Einzelerlebnisse, -wahrnehmungen oder deren Zusammenhänge insgesamt nochmals eine Einheit bilden, d.h. zur zusammenhängenden Erfahrung eines einzelnen Bewusstseins werden? Kant befragt hier also nochmals die Ebene der bereits gefundenen Elemente oder Prozesse, die einen Erfahrungsvorgang ermöglichen. Seine Antwort ist in der nachzulesen: Es muss eine letzte, die Einheit eines Bewusstseins herstellende Synthese geben, die er nennt. Damit ist kein individuelles, konkretes Ich gemeint, sondern eine letzte Vereinigungstätigkeit, die jedem Menschen, jedem Subjekt notwendig zugesprochen werden muss, soll es Erfahrungen machen können. ».« (KrV B 138) Für Kant ordnet das Denken die mannigfaltigen sinnlichen Eindrücke anhand der Kategorien und vereint die so ermöglichten vielfältigen Wahrnehmungen nochmals im transzendentalen Ich oder Bewusstsein. Darin bestehen Handlungen, Arbeit und Aufgabe des Verstandes.

: Nach der Klärung dieser Fragen in der und , die zusammen die...


Tatjana Schönwälder-Kuntze: Promotion in Philosophie, Logik und Wissenschaftstheorie sowie Psychologie, Habilitation 2007 in Philosophie, ist seit 2014 außerplanmäßige Professorin für Philosophie an der Ludwig- Maximilians-Universität München.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.