Schröder | Das Codazzi Projekt | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 498 Seiten

Schröder Das Codazzi Projekt

Historischer Roman über die Gründung einer deutschen Kolonie 1843 in Südamerika
2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7693-9301-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Roman über die Gründung einer deutschen Kolonie 1843 in Südamerika

E-Book, Deutsch, 498 Seiten

ISBN: 978-3-7693-9301-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Juan Conteguez ist jung und charmant. Konträr zu seinem Freiheitswillen liebt er die Tochter des spanientreuen Großgrundbesitzers Diego. An der Seite des Italieners Agustin Codazzi zieht er in den Befreiungskrieg gegen Spanien. Auf dem Schlachtfeld von Carabobo erringen die Kämpfer um Simón Bolívar die Unabhängigkeit Venezuelas. Mit einem Brief des Innenministeriums trifft Juan 20 Jahre später in Paris erneut auf Codazzi. Dank seiner Initiative haben Menschen vom Kaiserstuhl nach Missernten und großer Hungersnot einen Ausweg. Stephan Krämer, Sohn einer armen Bauernfamilie aus Endingen glaubt, dass in der Neuen Welt das Paradies auf ihn wartet. Er ist einer derjenigen, die einen Vertrag mit Codazzi schließen und 1843 in eine unbekannte Welt aufbrechen. Es ist ein Weg der mutigen Entscheidungen, voller Gefahren, tödlicher Hindernisse, Abenteuern und Liebe.

Burkhard Schröder ist 1958 in NRW geboren und in Solingen aufgewachsen. Beruf und Liebe führten ihn nach Krefeld, wo er bis heute lebt. Der zweifache Vater arbeitete bis zu seinem Ruhestand 2024 als Unternehmer.
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1


BARINITAS (VENEZUELA), APRIL 1821


Wenn es darum ging, seine Probleme zu verheimlichen, zeigte Juan Conteguez nicht weniger Begabung als jeder andere. Und die Schwierigkeiten, in denen er jetzt steckte, hatte er sich selber eingebrockt. Es war seine Entscheidung, in den Krieg zu ziehen und wenn es sein musste, sein Leben für höhere Werte zu opfern, statt den einfacheren Weg zu gehen. So kauerte er vor seinem Haus und verschnürte seine Satteltaschen. Dabei fiel ihm eine Strähne seiner schwarzen Haare in sein Gesicht. Er strich sie zurück und ließ dabei seinen Blick auf seine fein gestriegelte, braune Andalusier-Stute schweifen. In der Ferne erblickte Juan den Kirchenturm, der hoch über die anderen Häuser hinausragte, aber auch einen ihm bekannten, älteren und gebeugt gehenden Mann, verarmt und stolz, mit der Hacke in der Hand vom Feld kommend. Der Mann trug seine Verantwortung, und Juan eben seine. Am Ende musste jeder sterben. Und da war vielleicht so ein Krieg wie dieser, dachte er, eine Schicksalsentscheidung. Die Peiniger seines Volkes waren das Gesetz und jede Menschlichkeit war durch sie außer Kraft gesetzt. Seinen Mitstreitern und sich selbst musste er Mut machen, obwohl ihm ein wenig bang war vor den Gefahren, die auf den 23jährigen Mann lauerten. Das Leben in Barinitas lief in seiner Kindheit meist ruhig und gleichförmig. Manchmal kamen Fremde in Kutschen mit goldfarbenen Wappen und Beschlägen durch den Ort. Sie nächtigten vor ihrer Weiterfahrt in einer größeren Posada, die es gegenüber der Kirche gab. Zusammen mit anderen Kindern aus dem Dorf stand Juan am Straßenrand und bestaunte die riesigen schwarzen Hüte der Reisenden, ihre blank geputzten Schuhe und eleganten Mäntel mit großen, weißen Spitzenkrägen. In Barinitas trug niemand derartige Kleidung. Er hörte, dass diese Männer zumeist Kaufleute aus dem fernen Spanien waren, die im ganzen Land herumreisten, um Geschäfte zu machen. Damals war er mit seinen Freunden in den Stall zu den Pferden geschlichen, während die Fremden im Wirtshaus aßen. Sie streichelten ihr glattes, seidiges Fell, das sich anders anfühlte als die Pferde im Dorf. Diese waren struppig, denn sie zogen den Pflug auf den Feldern und transportierten schwere Dinge. Deren Pferde hatten ihn beeindruckt. So wurde seine Stute seine Leidenschaft und ihr Fell erinnerte ihn an das der Pferde der durchreisenden Spanier, die er damals noch für Edelmänner hielt. Doch seine Meinung über die Spanier hatte sich in den Folgejahren grundlegend geändert.

Plötzlich fiel ein Schatten auf ihn und riss ihn aus seinen Erinnerungen. Er wandte den Kopf und sah ein paar bestickte Reitstiefel neben sich.

»Na, Juan«, sagte der Mann, der zu ihm getreten war. »Du willst dich also doch malträtieren lassen, statt vernünftig zu sein.«

Juan richtete sich auf und musterte den Neuankömmling. Héctor Diego sah aus, als sei er dem spanischen Hofe entsprungen. Seine hünenhafte, muskelbepackte Gestalt steckte in einem schwarzen Anzug. Ein silbernes Kreuz baumelte über der schrankbreiten Brust und unter seinem Hut fiel schwarzes, seidig schimmerndes Haar über Schultern und Rücken. Er blickte in das spöttisch grinsende und von der Sonne gebräunte Gesicht und lächelte dünn zurück.

»Hast du deine menschliche Seite entdeckt und willst mir alles Gute für die Reise wünschen?«

Héctor grinste noch breiter und spuckte in den Staub der Straße.

»Ich muss mit dir sprechen, Juan.«

»Ach ja? Was kann ich für dich tun?«

Juan schulterte seine Tasche, setzte sich langsam in Bewegung und zwang Héctor, ihm zu folgen.

»Du weißt genau, was du für mich tun kannst.«

»Dieselbe alte Leier? Was soll das? Ich liebe Andrea!«

Er wusste, dass ein solches Gespräch irgendwann kommen musste. Aber er hatte damit gerechnet, dass ihn der Alte persönlich ansprach und nicht seinen verkommenen Sohn vorschicken würde. Er war einer der zuverlässigsten Pächter des alten Diego und so ließ man ihm mehr Spielraum, als anderen. Doch die politischen Diskussionen gingen in letzter Zeit immer mehr auf Konfrontation zu, als um reine Standpunkklärung. Für die Gutsherren war es unabdingbar, dass ihre Pächter der spanischen Krone ihre Treue schworen. Alle Versuche ihn umzustimmen waren gescheitert. Die zarte Bande, welche ihn mit Héctors Schwester verband, wäre sicher für den alten Diego kein Problem, wenn er sich hätte anpassen können. Dass jetzt Andrea als Druckmittel ins Spiel gebracht wurde, machte Juan geradezu wütend.

»Komm schon, Juan. Weder mein Vater noch ich möchten, dass Andrea von einem Verräter der spanischen Krone unglücklich gemacht wird. Noch hast du die Chance, dich für uns zu entscheiden.«

»Eine Chance? Das ist lächerlich, Héctor. Du meinst eine Chance, mich gegen die Freiheit zu entscheiden?«

»Schließ dich den Truppen der Krone an, dann ist Andrea kein Thema mehr«, sagte Héctor. »Die Leute hören auf dich. Wenn du dich gegen Simón Bolívar aussprichst, könntest du das halbe Dorf schützen.«

Juan blinzelte entnervt mit seinem rechten Auge.

»Vor wem schützen? Vor den spanischen Horden?«

»Jemand wie du könnte uns nützen.«

Juan drehte sich um und sah Héctor herausfordernd in die Augen.

»Ganz recht. Euch könnte ich nützen. Ich will aber niemandem nützen, außer denen, die es nötig haben.«

»Da!«, Héctor zeigte mit ausgestrecktem Arm auf eine Gruppe Männer auf der anderen Straßenseite, die sich wie Juan entschieden hatten, gegen die Spanier zu kämpfen, »Die haben es nötig! Ich könnte kotzen, wenn ich das hier sehe. In trauter Eintracht mit den Verrätern!«

»Kein Wort mehr Héctor! Die Verräter sind woanders zu finden. Ich frage mich außerdem gerade, ob es dir vollkommen gleichgültig ist, dass die Menschen unter der spanischen Herrschaft zu leiden haben?«

Juan drehte ihm den Rücken zu und ging ein Stück weiter. Verblüfft folgte ihm Héctor mit großen Schritten, während Juan weiter sprach. »Was ist denn mit der von deinen spanischen Freunden versprochenen Freiheit und der Zuteilung von Land für kleine Bauern und Sklaven?«

»Die spanische Krone hat immer die Menschen in Großkolumbien zusammenhalten wollen. Aber die undankbaren Sklaven …«

»Undankbar? Erspare es mir.«

»Durch ihre Faulheit behindern sie einen erfolgreichen Außenhandel mit Europa. Du übersiehst, dass euer vorgebliches Elend von der Unfähigkeit und Unwilligkeit der rebellierenden Dummköpfe kommt!«

»Ich sehe nur, dass du zu den größten Ignoranten gehörst, die mir je begegnet sind. Es sind die Fehlleistungen Spaniens, die Ungerechtigkeit und die Raffgier der Spanier, die uns alle in diese Situation gebracht haben.« Juan machte eine Pause, bevor er fortfuhr. »Soll ich dir sagen, was dein Problem ist, Héctor? Genau genommen hast du sogar zwei. Erstens, du hängst dir das Mäntelchen des Menschenfreundes um, genauso wie deine spanischen Freunde. Aber in Wirklichkeit führt ihr einen schmutzigen Krieg gegen die Freiheit der eigenen Leute, die ihre Angelegenheiten selber in die Hand nehmen wollen. Dein zweites Problem ist, dass du gar kein Spanier bist.«

Héctor Diego erbleichte. Juan wusste, dass sein Gegenüber über erstaunliche Kräfte verfügte und Schlägereien nie aus dem Weg ging. Er fragte sich, wie weit er ihn würde reizen können. Ein Schlag von Diego war geeignet, jede Auseinandersetzung nachhaltig zu beenden.

»Warum erzählst du solche Scheiße, Juan? Ich bin Kreole, wie du.«

»Ach? Dann wissen deine spanischen Freunde, dass deine Mutter eine Halbindianerin war?«, fragte Juan und wandte sich zu Diego um, der ihn wütend anstarrte. »Nein, nicht mal das. Du bist in etwa so spanisch wie ein französischer Fischer. Du glaubst, mit deinem Königsgetue ein paar Leuten ans Bein pissen zu können. Lass mich damit in Ruhe.«

Juan sah, dass Héctor mit seiner Selbstbeherrschung kämpfte.

»Ist dir nicht klar, dass mein Vater bezüglich Andrea und dir eine Entscheidung zu treffen hat?«

»Ja, dein Vater. Aber nicht du. Also lass Andrea aus dem Spiel.«

»Du bist unser Pächter. Ich werde nicht zulassen, dass ihr Verräter alles zerstört, was unsere Väter mühsam in diesem Land aufgebaut haben.«

»Verschwinde, Héctor. Ich habe noch zu tun.«

Juan antwortete nicht mehr. Vielmehr starrten sie sich an. Die Spannung steigerte sich, als Héctor auflachte, seine Fäuste ballte und sich vor im aufbaute. Juan wich nicht einen Meter vor ihm zurück.

»Wir werden uns wieder sehen. Schneller als dir lieb ist, Conteguez!«

Er machte auf dem Absatz kehrt, stieg auf seinen Rappen und stürmte davon. Juan sah ihm nach und betrat sein Haus. Die Wasserflasche war mit frischem und kühlem Wasser aus dem Fluss...



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