Schwab / Orthofer / Kramberger | Königskomödien | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 424 Seiten

Schwab / Orthofer / Kramberger Königskomödien

Werke Band 7
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-85420-916-4
Verlag: Literaturverlag Droschl
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Werke Band 7

E-Book, Deutsch, 424 Seiten

ISBN: 978-3-85420-916-4
Verlag: Literaturverlag Droschl
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Königskomödien, der zweite noch vom Autor selbst konzipierte Dramenkomplex, enthält die Stücke 'Offene Gruben offene Fenster. Ein Fall von Ersprechen', 'Hochschwab: Das Lebendige ist das Leblose und die Musik. Eine Komödie', 'Mesalliance aber wir ficken uns prächtig. Eine Variationskomödie','Endlich tot endlich keine Luft mehr. Ein Theaterzernichtungslustspiel','Pornogeographie. Sieben Gerüchte', und'Eskalation ordinär. Ein Schwitzkastenschwank in sieben Affekten', alle uraufgeführt zwischen Juni 1992 und Juni 1996. Die Ausgabe der Königskomödien im Rahmen der Werkausgabe – im Gegensatz zur Erstausgabe von 1991 – wird erstmals Werner Schwabs eigener Einteilung seiner Stücke in Fäka-liendramen, Königskomödien und Coverdramen gerecht. Was sie alle verbindet, ist ihre in den Untertiteln explizite Bezeichnung als ›Komödien‹ – allesamt Theaterstücke, in denen der Blick sich nicht auf die Räume des Intimen, des Inneren richtet (wie noch in den Fäkaliendramen), sondern auf die Mechaniken des Gesellschaftlichen und der Vergesellschaftung. Es geht in ihnen um Macht und Missbrauch (im Kunst-, Musik-, Porno-, Unterhaltungsbetrieb), um Arbeit und Konsum, und es zeigt sich auch in diesen Texten, mit welch unverbrauchtem Witz und schmerzhafter Verdeutlichung die Schwab’sche Sprache die Gewaltverhältnisse zwischen den Menschen widerspiegelt.Textauszug:ERMan müßte tatsächlich im Bett das Geschirr spülen können. Alle Weltarbeit wäre im Bett zu erledigen, so aber wird bloß gelegentlich gezeugt und meistens geschlafen im Bettzimmer, im Schlafzimmer, im Sterbezimmer.SIESeit wir unsere Kinder haben, haben wir der Wirklichkeit unseren Lebenswillen fertigbewiesen. Unsere Kinder legen unsere Eier und wir erzählen einander Gutenachtgeschichten. Wie sollte ich mich als die Ihrige Ehefrau nicht vernachlässigt fühlen, wenn ich weiß, daß du mich einmal nicht vernachlässigt hast. Es ist ein Kampfhubschrauber, der zyklisch über dem Schlafzimmer berserkert und von allem Brauchbaren ablenkt, was in gewissem Sinne nicht existiert.(Das ratlose und nackte Vehikel macht Anstalten, sich mit dem Messer umzubringen, ER springt auf, nimmt ihm das Messer weg und droht ihm mit dem Zeigefinger. Das Vehikel legt sich auf das Bett und spielt mit seinen Zehen.)ERVielleicht wäre es wirklich lebensgünstiger, wenn man Kinder hätte. oder ein Haustier womöglich. Nachkommenschaften und Haustiere verifizieren einen Tagesablauf. Und wenn man verreiste, würde man die einen dem Staat vermachen und die anderen genüßlich umbringen oder wenigstens aussetzen. Ich habe übrigens nächtelang meine Organe, die im Allgemeinen für das Warten zuständig sind, gezwungen, hoffnungslos zu sein, und war trotz meiner Gewalt gegen mich ungezwungen entsetzt, daß du dann viel zu oft tatsächlich nicht gekommen bist.(aus OFFENE GRUBEN offene Fenster)

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Weitere Infos & Material


PERSONEN:

DER GENIALE KOMPONIST

DIE GENIALE PIANISTIN

DIE SÄNGERIN

DER IMPRESARIO

DER MÄZEN

DER BAUER

DIE BÄUERIN

DER ALTBAUER

DER DORFTROTTEL

ERSTER POLIZIST

ZWEITER POLIZIST

RAUM:


Der erste Raum ist ein gut ausgestattetes Tonstudio, das aber auch ausreichend Komfort bietet: Fauteuils, Hausbar, Zeitungsständer … Im Hintergrund mehrere Türen.

Der zweite Raum ist eine schlichte, gräßlich gemütliche Buschenschank, wo man bisweilen auch landwirtschaftliche Geräusche hören kann.

SPRACHE:


Der vorliegende Sprachduktus wird vom Komponisten und der Pianistin ironisch bis zur Auflösung benützt. Die anderen Personen schwimmen im »Original« des Sprachflusses.

ERSTER AKT


Das bequeme Tonstudio. Der Komponist und die Pianistin benützen gemeinsam einen Kopfhörer. Die Sängerin beobachtet beide furchtbar genau. Der Mäzen lümmelt auf einem Diwan und liest eine Zeitung.

Plötzlich stürmt der Impresario in den Raum. Sein Rucksack und seine Bergschuhe lassen alle laut auflachen.

DIE PIANISTIN


Man hängt sich eine Speckwurst um die Schulterblätter und freut sich auf die eigene Verdauung, wie sie im Grünen ihren Schwanz heben wird wie eine stierige Kuh. Unser Impresario schnürt sich ein leibliches Wohl an den Körper und wähnt sich gerührt in einer Wildnis. Unser unmusikalischer Manager, der meint, ein künstlerischer Schlagwerker sein zu müssen, ist wieder einmal leibwirklich angetreten. Sein Rucksackbericht über die Ernährung aus dem Hinterland bringt uns eine Höhensonne ins Gemach.

DER IMPRESARIO


Das ist der Rucksack meines Bruders, der sich am Hochschwab unbedingt verirren hat müssen, weil er dort oben, vollgefüllt mit den allerhöchsten Inhalten, sterben hat können. Der Hochschwab hat mir meinen Franz verreckt. Franz hat zu hoch gespielt mit dem ganzen Hochschwab. Und Franz hat schon vor seiner allerhöchsten Geburt am Klavier eine größere Größe sein müssen, als du es nach deinem Ausleben überhaupt einmal fertiggewesen sein wirst.

(Er streckt der Pianistin die Zunge heraus. Sie und der Komponist lachen böse.)

DER KOMPONIST


Laß alles Seiende in seiner Eigenruhe mit deiner ratlosen Säure. Verzichte auf deine Unterbilder hinter dem totalen Erscheinungsbild. Verzichte, verzichte, verzichte. Als eine vollgebrunzte Hauthöhle hast du überhaupt kein Recht auf die ernstlichen Absonderungen eines Instruments, kein Recht auf den Hochschwab, der deinen Bruder, den angefaulten Schwachstreicher, aufgenommen hat … wie eine höhere Zoologie einen räudigen Mischling so etwanig freundlich überflügelt. Dein Franzbruder war zu hirnverwest zum Saufen, da hat ihm der Enzian die Lungenflügel verätzt, weil er das Schlucken mit dem Atmen verwechselt hat.

DIE PIANISTIN


Genau, der dumme Franz hätte das totale Graz nie verlassen dürfen. Franz war zu grazneurotisch für die Außenwelt von Graz. Dein Schweinebruder Franz hätte sich mit dem mikrokosmischen Grazknödel begnügen sollen.

DER IMPRESARIO


Aber … aber ihr seid ja schon wieder richtige Schweine zu mir …

DER KOMPONIST


Aber freilich doch, als Präventivschlag … wie jeder volksgeschädigten Gebrauchsform gegenüber. Was kann er denn werden sonst im steiermärkischen Unterland, der denkende Mensch, ohne gerade eine Kleintierzuchtschau skurril abfinden zu wollen, hm? Ganz unnatürlich nur die Großform dessen, was da seine stinkenden Brennstoffe behauptet, seine Wege ausbessert [und] uns seinen widerwärtigen Erlöser züchtet … ein gestähltes Globalschwein eben gegen die Spürhundhaftigkeit aus dem Hinterland.

Was will er denn täglich wollen, unser durch und darüber unmusikalischer Totalmusikveranstalter und Schlagwerker der glücklichen Gelegenheit, ha, unser Impresario und Zirkuszeltflicker, ha, was will es innerhalb seiner Verdauung, unser unbefriedigtes Faktotum.

DIE PIANISTIN


Man komponiert die gräßlichen Menschen und dann spielt man sie.

DER MÄZEN


Ich muß aber schon auch was sagen können an den richtigen Lebensstellen des wirklichen Lebens. Ich bin in diesem Falle das Geld der großen Musik. Er (zeigt auf den Komponisten) ist der Großkopf der totalmusikalischen Unternehmensgeschichte, ein Komponist, der einfach alles sein wird müssen. Sie (zeigt auf die Pianistin) ist das unendliche Genie, das unseren Komponisten fertiginterpretieren kann, bis er weiter können wollen müssen wird. Unser Impresario rührt bisweilen rührig die Trommel und veranstaltet proper vor sich hin, wie er es einfach in sich anschaffen muß. Und unsere Sängerin schweigt so weltangenehm heute …

DIE SÄNGERIN


Er … (zeigt auf den Komponisten) hat ein furchtbares Recht, das totale Recht. Er ist das großweltliche Riesenrecht, das allerhochschönste Totalrecht. Er ist der letzte Ton an meinem Leben (schmachtet ihn an).

DER IMPRESARIO


Todesfotzentrampel … den kriegst du nie … nie …

DER KOMPONIST


(zum Impresario)

Und du kriegst deine fotzige Komparserie niemals in deinen hochverschwabten Finsterkörper hinein … nie … nie, haha.

(Die Sängerin weint laut auf, die Pianistin lacht böse.)

DER MÄZEN


Ruhe, jetzt muß es das ganze Abdriften haben, bitteschön, ausklingen lassen muß man lassen können die rauhhalsige Trauermusik. Wir wollen doch hinaus heute mit uns aus dem gastwirtlichen Graz. Graz muß heute unschmerzlich sein können. Heute gilt der hintersteiermärkische Trieb. Der Schlagbolzen hat heute in Watte eingebettet zu sein. Eine Buschenschank ist heute aufgebettet worden für unsere erfolgreiche Erholung von der Kunstanstrengung, von der totalitären Musik, die thematisch schon wieder einmal nicht von sich lassen kann. Das Vergnügen muß einen Ausflug machen in den Spaß, der sich nicht mehr einkriegen soll vor lauter Ablenkung. Als kulturellen Geldhergeber stehen mir die unterhaltsamen Umkreise einer Künstlerschaft zu. Das Geld ist in der Kunstnähe von Natur aus, weil alles ein Aufwand sein will. Und heute geht es in das Untersteiermärkische, in das Ausschenken der Büsche, in die Buschenschank, haha.

DER IMPRESARIO


Ich bin die Seele der veranstalteten Musik, und das Schlagwerk beherrscht meine Freundschaft.

DER MÄZEN


Aber sicher … sicher doch. Das Genie unserer beiden Anführer führt uns an und auf, und unsereins führt alles ab auf die Weltoberfläche und genießt die aufgegeilte Wirklichkeit.

DIE SÄNGERIN


Ah, auch eine echte Sau, der Geldmusikmensch, gell?

DER IMPRESARIO


Ja freilich sicher natürlich, wie einen süßen Krapfen nimmt der dich in seinen geldgefüllten Vorderbauch, aber daß du bei mir bist als eine schöne Mehlspeise, da bist du ja zu blöd innerhalb deiner Liebesmöglichkeiten.

DER KOMPONIST


Daß die Blöden sich untereinander niemals gegenseitig abficken wollen. Immer schmelzen alle Bedürftigen sich etwas zu Hohes vor die Sinnesorgane, und hinter dem geronnenen Käse erwächst dann eine allgemeine Alleingelassenheit mit unbefriedigbaren Messern und Gabeln, mit denen man sich gefälligst selber abzustechen hat.

DIE PIANISTIN


(boxt ihm amüsiert die Schulter)

Auf deinen Hüllenhärter kannst du wohl niemals verzichten, was? Wenn du eine Kleinplastik auffindest, dann machst du sie noch kleiner, als sie ihrer kleinbrüstigen Scheißnatur nach ohnehin sein muß … lebenslänglich.

DIE SÄNGERIN


(steht auf)

Ich … ich kann vieles gut und besser. Ich … ich kann … ich kann besser kochen als die ganze Machenschaft in der zukünftigen Buschenschank. Bei mir wäre er (zeigt auf den Komponisten) viel besser geborgen, und seine aufklingende Musik täte zufrieden hochwelken und hätte einen Niederschlag bei einer wirklich lebenstüchtigen Stimme, nämlich bei mir.

DIE PIANISTIN


Und wenn er deinen heißgeilen Kochtopf nicht haben will?

DER KOMPONIST


Und wenn er dein brodelndes Loch mit einer weichgekochten Nachkommenschaft nun einmal nicht haben will, hm?

DER IMPRESARIO


Der dunkelschwarze Menschenkapitalismus müßt ihr sein müssen. Viel zu viel kriegen tut ihr können. Und wenn die Welt sich herbietet, dann wollt ihr nicht wollen können. Verloren werdet ihr sein über euch, aber ich werde euch veranstalten über die ganze Menschenanzüglichkeit hinweg, ich werde euch verbreiten als eine Musik in der Welt, weil ich den letzten Stich machen werde müssen, wenn euch der Tod abgekanzelt haben wird.

DER KOMPONIST


Kochtopf Nachttopf Kochtopf Nachttopf. Ingredienzien: Scheiße Scheiße Scheiße. Unser veranstalteter Schlagwerker … wie immer gefüllt mit fremdförmigen Ausscheidungen.

DER MÄZEN


Gemach gemach … man ist eben nicht ledig, wenn man von Geburt auf anverheiratet ist. Es gibt eine Gemeinheit im Geiste, die sich innerhalb von sich nichts angehen muß, aber der Außenweltkultur anverpflichtet ist … von Natur aus, von einer absichtlichen Kulturnatur aus.

DER IMPRESARIO


Da hat er recht. Ich weiß nicht, was das alles heißen soll, aber da hat er ein Recht an sich.

DIE SÄNGERIN


Wenn er es will (zeigt auf den Komponisten), dann haben wir alle recht.

DIE PIANISTIN


Kein hoher Mensch hat ein Recht. Recht hat alles Unterwertige, das sich andauernd anbiedert.

DER KOMPONIST


Stimmschnurkünstler sind ihrer medialen Natur nach verkommen angewiesene Unterscheidungspersonen. Als Komponist oder als genialer Interpret spießt...



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