Scruton Ich trinke, also bin ich
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-641-05044-3
Verlag: Diederichs
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine philosophische Verführung zum Wein
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-641-05044-3
Verlag: Diederichs
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Lobpreis des Rebsaftes und obendrein die Geschichte jener ewigen Liaison zwischen Denkern und Flaschen - von den dionysischen Hellenen bis zum badischen Tiefgeist Martin Heidegger.
Roger Scruton, Jahrgang 1944, ist Publizist und Philosoph mit Lehraufträgen an der Blackfriars Hall in Oxford, dem American Enterprise Institute in Washington D.C. sowie der Universität St. Andrews. Bei Diederichs erschienen bereits Ich trinke, also bin ich - Eine philosophische Verführung zum Wein sowie Schönheit - Eine Ästhetik. Mit seiner Familie lebt Scruton im ländlichen Wiltshire.
Weitere Infos & Material
" (S. 14-15)
Für mich als Kind waren Weintrauben eine Rarität, von Wein ganz zu schweigen. Was man bei uns zu Hause Wein nannte, war etwas anderes. Im Herbst stellte meine Mutter riesige Gläser mit gezuckertem Holundersaft vor unseren braunen Emailofen. Dann wartete man, bis sich das Blubbern in den Gläsern legte und die dunkelrote Flüssigkeit über einen Filter in Flaschen umgefüllt werden konnte. Drei Wochen lang hing der Geruch von Gärung und Hefe in unserer Küche.
Über den Gläsern schwirrten die Fruchtfliegen und die eine oder andere Wespe labte sich an dem Saft, der beim Abfüllen auf dem Küchenboden verschüttet worden war. Holunder wächst bei uns als Hecke und treibt im Sommer jene duftenden Blüten hervor, die in den warmen Nächten die Sinne betören - der Duft spielt eine Rolle im zweiten Akt von Wagners Meistersingern,wo Hans Sachs vor seiner Hütte sitzt und über ein Problem räsoniert: wie lässt sich Eros in Agape verwandeln, wie stellt man das eigene Begehren hintan für das Glück der Begehrten.
Die Holunderbeere hingegen, eingelegt in Wasser mit Zitronensäure und Zucker, beschert uns einen brauchbaren Kräuterlikör für den Sommer. Die dunklen, roten Beeren enthalten selbst kaum Zucker, dafür jede Menge Tannin und Pectin. Wenn man sie kocht, den Saft abgießt, Zucker hinzufügt und das Ganze reduziert, erhält man ein rotes Gelee, das über Jahre hinweg haltbar ist und einen Lammbraten farblich wie geschmacklich aufwertet."