E-Book, Deutsch, 192 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Serafin Lust auf Montag
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-648-18404-2
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Arbeit Sinn stiftet, Spaß macht und zum Erfolg führt. Impulse und Lösungen, um New Work wertvoll und zukunftsfähig zu gestalten und dein volles Potenzial zu nutzen
E-Book, Deutsch, 192 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-18404-2
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Potenzialentwicklung, Veränderung und (Selbst)-Führung stehen seit mehr als 30 Jahren im Fokus ihrer Arbeit. Als Coach begleitet Anke Serafin Führungskräfte, Teams und Unternehmen in Transformationsprozessen. Mit forbetterwork hat sie ein Business Eco-System von Beratern und Coaches im Kontext New Work und Innovation gegründet. 'Lust auf Montag' steht dabei für den Wandel vom Ich zum Wir, ausgerichtet auf die kollektive Gestaltung von Arbeits-(Lebens-)zukunft. Die Kombination aus Expertenbuch mit interaktiven Tools und Formaten schließt sie die Lücke zwischen Mensch und Organisation. Mit ihrem Ansatz gelingt ihr die Balance zwischen klaren, zeitgemäßen Strukturen und Raum für die Entfaltung vorhandener Potenziale. Ihre Mission liegt darin, einen wertvollen Beitrag zu leisten, um Arbeit und Leben für alle einfach besser zu machen.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1 Was geht hier eigentlich ab?
Willkommen in der neuen Arbeitswelt
Was ist das für eine Welt, in der wir heute leben? Es ist und bleibt eine der wichtigsten Aufgaben, darauf die passenden Antworten zu finden. Vorausgesetzt, du willst herausfinden, wie Arbeiten und Leben mit Sinn, Freude und Leichtigkeit gelingen können.
Ungeachtet aller technologischen Neuerungen kommt es im Zuge der digitalen Revolution zu einer rasanten Zunahme an Komplexität und Dynamik in unserer Arbeits- und Lebenswelt. Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel, demografische Veränderungen und der damit einhergehende Werte- und Generationenwandel beschreiben die Welt, in der wir leben. Eine Welt, in der immer mehr Menschen die Orientierung verlieren. Für Echtes oder Gefaktes. Für richtig oder falsch. Für das passende Maß, die passende Form, das passende Umfeld, den richtigen Zeitpunkt. Eine Welt, in der sich die Menschen durch ihre technologischen Entwicklungen zusehends selbst abschaffen, so die Meinung einiger Kritiker.
Die folgende Geschichte verdeutlicht, wie aus subjektiven Wirklichkeiten Mythen entstehen und diese über die Zeit zu Überzeugungen werden.
Aus dem Leben
Es war ein traumhafter Frühlingstag mitten in der Coronapandemie. Die Sonne schien durch die Bäume, während sich die letzten Nebelschwaden auflösten. Wie so oft beim Joggen war ich in Gedanken versunken, als meine Hündin Nala auf einmal stehen blieb und mich anschaute. Das macht sie immer, wenn ihr etwas seltsam vorkommt. Und schon kam der Mann auf mich zu. Mit einem Mal wurde ich wach, war verwirrt und unsicher. Wurde rausgeholt aus meiner kreativen Blase im Kopf. Er war noch gut 50 Meter entfernt und ich dachte nur: »Was ist mit ihm? Will ich da wirklich vorbeilaufen oder biege ich vorher ab?« Der Mann Anfang 60 hatte beide Arme waagerecht ausgestreckt, als er mit gleichmäßigem Schritt und starrem Blick auf mich zukam. Ich blieb auf dem Weg – und hatte zwar keine Angst, aber ein mulmiges Gefühl. Dann lief alles innerhalb von Sekunden ab. Als ich kurz vor ihm war, hielt er sich rechts, senkte den rechten Arm, um den linken maximal zur Seite auszustrecken, sodass ich Mühe hatte, an ihm vorbeizulaufen, ohne in den Graben ausweichen zu müssen.
Erst als ich mit Nala um die nächste Ecke abgebogen war, machte es klick. Das Rätsel war gelöst. Er wollte sich vor mir in Sicherheit bringen. Dabei war er so darauf fixiert, mich auf Abstand zu halten, dass er selbst auf mein »Hallo« kein Wort herausbrachte. Schwer zu sagen, ob mein mulmiges Gefühl oder seine Angst vor Corona größer war – die Angst, sich im Wald in Millisekunden des Aneinander-Vorbeilaufens mit dem Virus zu infizieren. In diesem Moment war es eine Mischung aus Mitgefühl und Erschrockenheit, die mich vollständig aus meinen Gedanken riss.
Mir wurde bewusst, wie divers die Reaktionen auf die Pandemie waren und dass ich eines der Extreme gerade erlebt hatte. Da waren die einen, die sich aus lauter Angst vor Ansteckung strikt an alle Vorgaben hielten, ohne sie zu hinterfragen. Viele füllten ihre Keller mit Toilettenpapier und Vorräten, um für das Schlimmste gewappnet zu sein. Ungeimpfte Freundinnen und Bekannte durften nicht in ihre Nähe kommen, geschweige denn das Haus betreten. Am anderen Pol waren die Impfgegner, die sich vehement gegen jegliche Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit wehrten und protestierend durch die Straßen zogen.
Obwohl wir alle vor denselben Herausforderungen standen, hatte sich dennoch jede Person ihre eigene Wirklichkeit kreiert. Dieselben Bedingungen schafften es, vielfältige Reaktionen und Verhaltensweisen auszulösen. Die Bilder und Geschichten aus den Medien taten ihr Übriges. Sie ließen einen üppigen Interpretationsspielraum zwischen Wahrheit und Fake zu. Worauf konnte man sich da noch verlassen? Aus fehlender Sicherheit wurde schnell Überforderung. Sodass manch einer die Spannweite seiner Arme vollends ausnutzen musste, um sich auf dem Waldweg vor den tödlichen Viren in Sicherheit zu bringen.
Erinnerst du dich noch an Popeye, den Spinatmatrosen, dem Muskelberge in Sekunden wuchsen, sobald er eine Portion des grünen Blattgemüses zu sich nahm? Seine Fäuste aus Eisen sollten den hohen Eisengehalt von Spinat symbolisieren. Doch hat Spinat tatsächlich so viel Eisen, dass er gerade auf der Speisekarte von Kindern im Wachstum nicht fehlen sollte? Die Antwort ist Nein. Im Gegenteil. Der niedrige im Spinat enthaltene Eisenanteil ist für die menschliche Verdauung noch nicht einmal verwertbar.
Oder wie sieht es mit der Behauptung aus, dass Chamäleons die Farbe wechseln, um sich ihrer Umgebung anzupassen und nicht entdeckt zu werden? Auch davon sind bis heute nach wie vor viele Menschen überzeugt. Ist es wahr oder falsch? Wahr ist, dass Chamäleons ihre Farbe wechseln, indem sie ihre Hautzellen, die Kristalle enthalten, dehnen und entspannen. Dies beeinflusst die Lichtreflexion. Die Tiere können aber nicht jede beliebige Farbe annehmen. Außerdem hat der Farbwechsel wenig mit der Umgebung zu tun. Stattdessen nutzen Chamäleons die kristallgesteuerte Veränderung ihrer Erscheinung hauptsächlich zur Verständigung. Dunkle Farben signalisieren Aggression. Beispielsweise zeigt ein Weibchen so an, dass es nicht paarungsbereit ist. Der Farbwechsel dient darüber hinaus der Temperaturregelung. Bei Hitze nehmen die Echsen hellere Schattierungen an, die die Wärme reflektieren. Chamäleons ändern also nicht ihre Farbe, um sich zu tarnen – ganz im Gegenteil. Im Ruhezustand sind die Tiere mattbraun und -grün und damit optisch an ihre Umgebung angepasst. Erst der Farbwechsel macht sie gut sichtbar.
Es gibt zahlreiche Geschichten dieser Art, von denen viele zu den Mythen zählen, die sich teils über Jahrhunderte gehalten haben. Daher werden die meisten von ihnen gar nicht erst hinterfragt. Sie wurden so oft wiederholt und über lange Zeit verbreitet, dass sie sich vertraut anfühlen und als Wahrheit angenommen werden.
So ähnlich verhält es sich mit unserem Blick auf das Arbeiten und das Leben. Auch hier halten sich Mythen und Märchen seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten. Sie wurden und werden von Generation zu Generation weitergegeben und nach wie vor viel zu selten infrage gestellt. Darin liegt die größte Falle für die persönliche Entwicklung. Denn mit vielen wirst du täglich konfrontiert, beruflich wie privat, ohne dir dessen bewusst zu sein. Beinahe so, als würdest du wie selbstverständlich in einen Nebel eingehüllt, der dich und alle anderen in deinem Umfeld umgibt. Willst du wissen, was an den Mythen dran ist, heißt es zunächst, aus dem Nebel herauszutreten. Lass uns genauer hinter die Kulissen schauen. Ich möchte die aus meiner Sicht bedeutsamsten Mythen nennen:
-
Blut, Schweiß, Tränen – wir sind doch nicht zum Spaß hier.
-
Wer viel beschäftigt ist, leistet auch viel.
-
Wer erfolgreich sein will, sollte sich an die Regeln halten.
-
Lehrjahre sind keine Herrenjahre – wir haben alle mal klein angefangen.
-
Oben gibt vor, wie es unten läuft.
-
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
-
Mit der digitalen Technologie schaffen wir uns selbst ab.
Aus Mythen werden Überzeugungen, die sich unbemerkt in unsere Köpfe schleichen und zu Handlungsprinzipien werden, ohne dass wir sie kritisch betrachten. Wir bewegen uns damit in einem begrenzten Rahmen, der sich auf den ersten Eindruck gut und richtig anfühlt. Vermutlich, weil sich die meisten in unserem Umfeld ebenfalls darin tummeln und ihn als gegeben akzeptiert haben. Willst du jedoch dein volles Potenzial entfalten, um Erfüllung, Sinn und Selbstbestimmtheit in deiner Arbeit zu erfahren, solltest du wissen, was sich dahinter verbirgt.
Mythos 1: Blut, Schweiß, Tränen – wir sind doch nicht zum Spaß hier
Einige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herrschte Aufbruchsstimmung in Deutschland. Es war die Zeit des Wirtschaftswunders, in der viele Menschen an und über ihre Grenzen gingen. Es war eine Herkulesaufgabe, Infrastruktur und Wirtschaft von Neuem aufzubauen. Das konnte nur mit vereinten Kräften gelingen. Viele Menschen wurden durch das verbindende Ziel des Wiederaufbaus zusammengeführt, um als Gruppe zu schaffen, was Einzelne niemals hätten leisten können. Sie haben sich hingegeben. Unter Blut, Schweiß und nicht selten unter Tränen. Ganz gleich ob vor Freude am Erschaffenen oder vor Erschöpfung nach getaner Arbeit.
Sicher hat auch unsere kulturelle Prägung der vergangenen Jahrhunderte ihren Teil dazu beigetragen, dass Arbeit auch heute per se als anstrengend gilt. Hier stehen 150 Jahre Industriezeit gerade einmal 30 Jahren digitaler technologischer Entwicklung gegenüber. Während die Männer unter vollem körperlichen Einsatz Lohn und Brot für die Familie verdienten, waren die Frauen meist rund um die Uhr mit Kindern, Haushalt, mit Landwirtschaft und Nebentätigkeiten beschäftigt. Für Selbstverwirklichung war damals ebenso wenig Platz wie für alternative Lebensmodelle. Das konnte sich nur leisten, wer finanziell gut gestellt war.
Im Jahr 2023 arbeiteten in Deutschland mit 34,6 Millionen so viele Menschen im Dienstleistungssektor wie nie zuvor.1 Gleichermaßen ist der Anteil körperlich schwerer Arbeit mittlerweile so niedrig wie nie zuvor. Dennoch empfinden die meisten Menschen Arbeit weiterhin als belastend und anstrengend. Während in der Industriezeit vor allem die physische Überlastung zu Krankheiten führte, sind es heute eher einseitige Tätigkeiten, Bewegungsmangel und mentale Überforderung. Körperliche Symptome wie Adipositas, Diabetes und...