E-Book, Deutsch, 316 Seiten
Simon Traumtörtchen
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7363-0341-6
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 316 Seiten
ISBN: 978-3-7363-0341-6
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zum Glück braucht man nur Liebe und Törtchen
Ein eigener Törtchenladen, davon hat Nina schon immer geträumt. Dass die Liebe zum Backen ihr Leben derart auf den Kopf stellen würde, hätte sie jedoch niemals gedacht: Ihr neuer Nachbar, der Kinderzahnarzt Matthias, bringt ihr Herz gehörig zum Rasen - eigentlich etwas Wunderbares, wäre da nicht ihr Freund Sören, mit dem sie eine Familie gründen wollte. Doch als die Eröffnung ihres Ladens immer näher rückt, wächst auch Ninas Herzensnot - denn Matthias ist stets zur Stelle, während Sören sich zurzeit vor allem für seine Karriere zu interessieren scheint. Soll sie es wagen, alles auf eine Karte zu setzen und auch der Liebe eine neue Chance geben?
Autoren/Hrsg.
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Prolog
Das erste freie Wochenende seit Langem. Nina ging mit federnden Schritten die Hauptstraße ihrer Heimatstadt Bad Treibach entlang. Dort reihten sich frisch herausgeputzte Fachwerkhäuser wie Perlen an einer Schnur. In den unteren Etagen luden kleine Läden zum Shoppen ein, und neben den Eingangsstufen blühten Osterglocken und Narzissen in hübschen Terracottatöpfen. Nina war so lange nicht hier gewesen. Die Fleischerei war noch an der gleichen Stelle, nur dass sie heute eine breitere, automatisch öffnende Tür hatte und drinnen Stehtische aufgestellt waren. Nina erinnerte sich noch daran, wie sie hier früher eine Scheibe Fleischwurst oder ein Puppenwürstchen über die Theke gereicht bekam. Die italienische Eisdiele wurde inzwischen in der zweiten Generation von einer türkischen Familie geführt. Wie es aussah, war sie noch immer ein beliebter Treffpunkt. An diesem lauen Frühlingsabend hatten sich einige Jugendliche mit Mofas und Fahrrädern vor dem Eingang versammelt. Das kleine Café mit der efeubewachsenen Pergola war neu, ebenso der Wollladen und das Teegeschäft. Vielleicht schaffte sie es morgen, mit ihren Eltern hier noch einmal entlangzubummeln. Jetzt hatte sie dafür keine Ruhe, denn sie war auf dem Weg zum Klassentreffen. Sie feierten das fünfzehnjährige Jubiläum ihrer Konditorausbildung.
Nina war ein wenig aufgeregt. Sie war lange nicht mehr bei diesen Treffen gewesen, und heute würde sie ihre ehemaligen Klassenkameradinnen endlich wiedersehen. Mit einigen war sie über Facebook lose in Kontakt geblieben, mit ihrer besten Freundin Beatrix hatte sie wenigstens noch ab und zu telefoniert. Bei Beas Hochzeit war sie Trauzeugin gewesen, aber zu ihren Geburtstagspartys hatte sie es nie geschafft. Immerhin wusste sie, dass Bea inzwischen zwei Kinder, ein Haus und ein kleines Café auf dem Land hatte. Auf das Wiedersehen mit ihr freute sie sich am meisten.
Die Ausbildung hatte Spaß gemacht, auch weil sie so eine tolle Truppe waren. Natürlich war ihr nicht jede ans Herz gewachsen, und auf eine konnte sie sogar gut verzichten: auf Annabelle, denn die betrachtete sie alle nur als Rivalinnen. Als Nina knapp vor ihr als Jahrgangsbeste abschloss, hatte Annabelle kein Wort mehr mit ihr gesprochen, ihr nicht mal gratuliert. Was aus der wohl geworden ist? Nina war gespannt. Sie konnte Annabelle jedenfalls selbstbewusst gegenübertreten.
Ihre Pfennigabsätze klackten über das Kopfsteinpflaster der stillen Straße. Bis auf das Knattern der Mofas vor der Eisdiele gab es hier keinen Verkehrslärm.
Nina hatte sich mit ihrem Outfit besondere Mühe gegeben und eines ihrer Lieblingskleider angezogen: ihr rotes Boss-Kleid mit plissiertem Rock. Damit sie nicht nach Business aussah, trug sie dazu eine weiße wollene Strickjacke und rote Pumps im Ton des Kleides.
Sie sah das Gasthaus von Weitem. Vor der Tür hatte sich ein Pulk schicker junger Frauen versammelt, die noch eine Zigarette rauchten und auf Nachzügler warteten. Am liebsten wäre Nina die letzten hundert Meter gerannt, zumal sie Beatrix schon ausmachen konnte. In freudiger Erwartung ging sie auf die Gruppe zu.
»Ninaaa!« Beatrix rannte ihr entgegen und umarmte sie stürmisch.
»Wenn du diesmal nicht gekommen wärst, hätten wir dich von der Polizei abholen lassen.«
Nina begrüßte auch die anderen, und es gab ein großes Hallo.
»He, gut siehst du aus!«
»Und du erst!«
»Tolles Kleid!«
»Schicke Frisur!«
»Endlich sieht man dich wieder!«
Alle waren elegant bis partytauglich gekleidet, nur Annabelle trug ein dunkelblaues Kostüm, als käme sie aus einer Vorstandssitzung, und Birgit war in Jeans und Pullover. Anders hatte Nina sie auch noch nie gesehen. Irgendjemand drückte ihr ein Glas Prosecco in die Hand, und sie stießen miteinander an, bevor sie endgültig hineingingen.
Drei Stunden später waren sie leicht beschwipst. Im Raum lag ein feiner Bratenduft. Das warme Buffet wurde abgeräumt, die Desserts blieben noch stehen.
Plötzlich kamen wie auf Kommando die Fotoalben auf den Tisch. Zu dritt und zu viert steckten sie die Köpfe zusammen, und bald hatte Nina gefühlte fünfhundert Kinderfotos bestaunt.
»Das ist in unserem letzten Urlaub am Bodensee, da hat Ben sein Seepferdchen gemacht.«
»Mit fünf, toll, herzlichen Glückwunsch!«
Das Lob galt einem knuffigen blonden Jungen in grüner Badehose, der stolz vor dem Schwimmbecken posierte und ein aufblasbares Krokodil hochhob. Stolz und glücklich schaute er zu seiner Mama, die auf den Auslöser drückte. Nina spürte ein Ziehen in der Brust: Würde ein Kind sie jemals so anschauen?
»Die nächste Runde Prosecco, Mädels!«
Katrin stellte ein Tablett auf den Tisch und verteilte die Gläser.
»Für mich kam bei beiden Kindern nur eine natürliche Geburt infrage.« Sigrid streichelte über ihren gewölbten Bauch und schob ihr Prosecco-Glas zu Nina. »Beim dritten machen wir jetzt eine Hausgeburt. Das ist ein einmaliges Erlebnis. Es soll ganz entspannt und ohne technische Hilfe auf die Welt kommen.«
»Meine Große hat zwanzig Stunden gebraucht, bis sie draußen war«, warf Katrin ein. »Und zum Schluss ist bei mir alles aufgerissen. Ich lag danach noch eine Stunde im OP und wurde wieder zugenäht.« Erschrocken schaute sie Sigrid an: »Entschuldige, ich will dir natürlich keine Angst machen, das vergisst man ja alles auch schnell wieder.«
Nina wurde flau im Magen. Sie war eine der Wenigen unter ihnen, die noch keine Kinder hatten, und mit Mitte dreißig die Älteste, weil sie vor der Ausbildung Abitur gemacht hatte.
»Genießt es, solange eure noch klein und kuschelig sind. Wenn sie erst mal in der Pubertät sind, reden sie kaum noch mit einem. Ich sag’s euch.« Birgit kippte ihr Glas Prosecco in einem Zug hinunter. Sie hatte gleich nach der Gesellenprüfung das erste Kind bekommen und arbeitete seitdem stundenweise in der Bäckerei ihrer Eltern. »Nina, du hast es richtig gemacht. Du hast wenigstens was von der Welt gesehen und eine steile Karriere hingelegt.« Birgit seufzte. »Das werde ich in diesem Leben nicht mehr schaffen.«
»Du bist Anfang dreißig.« Nina verdrehte die Augen.
»Ach trotzdem, der Zug ist abgefahren.« Birgit stupste sie an. »Erzähl mal. In welchen Metropolen hast du denn gearbeitet, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben? New York, Rio, Tokio?«
Nina schüttelte den Kopf.
»Ach komm, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Lass mich mal ein bisschen Flair der großen weiten Welt schnuppern. Ich sehe dich vor mir, wie du nach einem harten Arbeitstag in einer Großstadt mit deinen High Heels in eine Hotelbar stöckelst, dich auf einen Barhocker setzt, dein Haar zurückwirfst und dir von schicken Anzugträgern einen Martini nach dem anderen spendieren lässt.«
»Sag mal, wie viele Gläser hast du denn heute schon getrunken?«
»Och, ich habe nicht mitgezählt. Ich komme ja kaum mal abends raus. Also muss ich die paar Gelegenheiten ordentlich nutzen.« Birgit schaute auf ihre Uhr. »Da fällt mir ein, ich muss kurz zu Hause anrufen. Ich höre lieber mal nach, was die Jungs so treiben, wenn sie heute sturmfrei haben.«
Nina nahm ihr Glas, schob sich an Sigrid, Katrin und Birgit vorbei und schlenderte zum anderen Ende der langen Tafel. Denn da war bei Beatrix ein Platz frei geworden, weil Mia sich zu Carolin gesellt hatte. »Von euch habe ich heute noch nicht so viel mitbekommen«, sagte Nina lächelnd.
»Du kommst gerade richtig. Ich zeige die Fotos von unserem Anbau.« Wiebke gab eines zu Nina. »Beas Haus hast du jetzt verpasst.«
»Das bekommst du nachher noch zu sehen.« Beatrix klopfte auf den Platz neben sich.
»Ähm, prima.« Nina schob sich auf den leeren Stuhl.
»Und das hier ist das Foto von unserer Rosenhochzeit.«
Wann feiert man denn Rosenhochzeit? Nina überlegte fieberhaft und schaute auf das Bild, das ihr Wiebke stolz hinhielt. Darauf sah sie ein glückliches Paar mit zwei Kindern im Grundschulalter, umringt von Großeltern, Onkel, Tanten, Nichten und Neffen. »Herzlichen Glückwunsch noch! Toll, wenn man eine so große Familie hat.«
»Ach manchmal nerven sie auch, aber dann mache ich einfach die Tür zu.«
Wiebke legte den Arm um Nina. »Jetzt erzähl du mal von deiner tollen Karriere. Wir sind alle so stolz auf dich.«
Beatrix legte die Fotos zur Seite, die sie gerade in der Hand hatte. »Ja genau. Wir wollen alles wissen.«
Birgit krähte vom anderen Ende des Tisches: »Genau, erzähl doch endlich, was in New York, Rio, Tokio abgeht.« Nina spürte alle Blicke auf sich.
Im Raum war es plötzlich mucksmäuschenstill, und ihre Klassenkameradinnen sahen sie erwartungsvoll an. Sie holte tief Luft. »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Nach dem BWL-Studium habe ich in einer Beratungsfirma angefangen, aber das wisst ihr ja noch. Die Arbeit ist unheimlich anstrengend, macht aber Spaß. Ich bin andauern unterwegs. Allerdings nicht in New York, Rio, Tokio, sondern eher im Schwarzwald, in Stuttgart oder in Niedersachsen.
Das Aufregendste war ein zweimonatiger Einsatz in London, doch da habe ich von der Stadt praktisch nichts gesehen, nur das Büro und das Hotelzimmer.«
»Bist du schon im Management? Schließlich muss sich dein Studium ja bezahlt machen.« Annabelle saß schräg gegenüber von Nina und schaute sie nun fragend an. »Du hast es ja jetzt noch nicht gehört, aber ich werde nächstes Jahr in die Geschäftsleitung berufen. Und das hat nichts damit zu tun, dass die Großbäckerei meiner Familie gehört. Das musste...




