E-Book, Deutsch, Band 15,5, 464 Seiten
Reihe: Psy Changeling
Singh Wilde Umarmung
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7363-0470-3
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 15,5, 464 Seiten
Reihe: Psy Changeling
ISBN: 978-3-7363-0470-3
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In einer Welt, in der Mediale alle Gefühle verbieten und Gestaltwandler um ihr nacktes Überleben kämpfen, herrschen Grausamkeit und Schönheit gleichermaßen. In einer Welt, in der Emotionen unterdrückt werden, und doch der Sturm der Leidenschaft in den Herzen tobt, brennen die Feuer heiß, werden Tabus gebrochen und Grenzen überwunden - immer auf der Suche nach der einen wahren Liebe!
Vier brandneue, heiße Geschichten aus der Feder der beliebtesten Romantic-Fantasy-Autorin Nalini Singh!
'Nalini Singh ist eine begnadete Geschichtenerzählerin! Maya Banks, Spiegel-Bestseller-Autorin
Nalini Singh wurde auf den Fidschi-Inseln geboren und ist in Neuseeland aufgewachsen. Nach verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem als Rechtsanwältin und Englischlehrerin, begann sie 2003 eine Karriere als Autorin von Liebesromanen.
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1
Tausende Meter unter der Wasseroberfläche des Pazifiks und nicht allzu weit vom Marianengraben entfernt, schaute Tazia Nerif im Kontrollraum der Tiefseestation Alaris aus dem Fenster und fragte sich, ob es wirklich Gestaltwandlerhaie gab.
Seit zehn Minuten versuchte der junge Meeresgeologe Andres sie von diesem Phänomen zu überzeugen. »Wenn du das nächste Mal nackt in deinem Zimmer herumtänzelst, wirf mal einen Blick aus dem Fenster, dann siehst du, was dir da entgegenstarrt.«
Da Tazia als Ingenieurin kaum je aus ihren ölbefleckten blauen Overalls herauskam und außerdem in ihrem ganzen Leben noch nie herumgetänzelt war, brachte sie das nicht aus der Ruhe. Trotzdem faszinierte sie der Gedanke an Gestaltwandlerhaie. Vorausgesetzt, Andres nahm sie nicht auf die Schippe. Sie justierte ihren elektronischen Schraubenschlüssel für die nächste Aufgabe, dabei beschloss sie, ein paar Recherchen über das Thema anzustellen, um ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen zu können.
»Ms. Nerif, arbeitet das lebenserhaltende System wieder mit voller Leistung?«
Ihr schlug das Herz bis zum Hals.
Wie üblich hatte sie Stefan nicht näher kommen gehört. Der große, dunkelhaarige und hochintelligente Mann bewegte sich nicht nach Art eines Seemanns, sondern wie ein Medialer. Er verfügte über telekinetische Kräfte und war der emotionslosen Existenz verhaftet, die die mediale Gattung kennzeichnete.
Aus den kurzen und dennoch aussagekräftigen Textpassagen in den staubigen alten Geschichtsbüchern, die Tazia bei ihrem letzten Abstecher nach oben in einem Antiquariat gefunden hatte, folgerte sie, dass Mediale früher dieselben Gefühle empfunden hatten wie Menschen und Gestaltwandler. Doch irgendetwas hatte sich vor langer Zeit verändert, sodass es heute schien, als seien sie schon immer von Eiseskälte erfüllt gewesen.
Die mediale Gattung brachte brillante Geschäftsleute und Wissenschaftler hervor, doch kannte sie weder Kummer noch Liebe, weder Freude noch Hass; sie erschuf keine Kunst, komponierte keine Musik, fühlte keine Leidenschaft.
Allerdings hatte auch Tazia mit Letzterem nicht viel Erfahrung.
»Ich bin fertig.« Sie steckte den Schraubenschlüssel in ihren Werkzeuggürtel, anschließend schob sie die Blende vor das Paneel, an dem sie gearbeitet hatte und hinter dem sich ein kompliziertes Computersystem verbarg. »Sie können es jetzt hochfahren und das Backup-System abschalten.« Es war eine Routineinspektion gewesen, und was das betraf, war sie eine Pedantin. Ihrer zupackenden, überkorrekten Art verdankte sie es, dass sie die begehrte Stelle auf Alaris hatte ergattern können. So tief unter dem Meeresspiegel konnte man niemanden gebrauchen, der nicht mit größter Sorgfalt arbeitete.
Wenngleich Stefan in Sachen Präzision noch einmal in einer ganz anderen Liga spielte. Wäre Alaris ausschließlich von Medialen bemannt, würde es nie ein technisches Problem geben. Aber natürlich sahen die meisten seiner Art keinen Sinn darin, die Tiefsee zu erforschen, wenn kaum die Aussicht bestand, etwas zu entdecken, das finanziellen Profit versprach. Aus diesem Grund gab es auf Alaris Menschen wie Tazia, die alles am Laufen hielten, und außerdem diverse Gestaltwandler, denen es nichts ausmachte, in der Station eingesperrt zu sein – oder die die Fähigkeit besaßen, in dem geheimnisvollen dunklen Gewässer hinter den Fenstern zu überleben.
Unter der Besatzung befanden sich auch einige Wassergestaltwandler, was dem Umstand zu verdanken war, dass Alaris größtenteils von einer weltweiten Vereinigung von Wassergestaltwandlern, die sich die BlackSea-Gemeinschaft nannte, finanziert wurde. Tazia wusste nicht allzu viel über sie, dafür kannte sie einen Teil der auf Alaris stationierten Mitglieder sehr gut.
In Tiergestalt war Andres eine Wasserschlange. Einmal hatte er sich vor ihren Augen in einen hellen, vielfarbigen Funkenregen gewandelt. Es war ein wundervoller Anblick gewesen. Seine Schlange war groß und schillernd, und sie konnte in Ecken und Winkel der Station gelangen, die für Tazia ohne die winzigen Wartungsroboter, die sie eigens zu diesem Zweck entwickelt hatte, niemals zugänglich gewesen wären. Wenn er gut aufgelegt war, checkte er gelegentlich die Leitungsröhren für sie.
»Es scheint alles betriebsbereit zu sein.« Stefan gab den letzten Befehl auf dem schmalen Computermonitor an der Wand ein, danach hielt er ein Auge vor das biometrische Lesegerät, um die Autorisierung zu bestätigen.
Die Systeme schalteten ohne nennenswerte Verzögerung um.
Stefan trat vom Computer weg und sah ihr prüfend ins Gesicht. Manchmal lag es ihr auf der Zunge, ihn darauf hinzuweisen, dass an ihr alles gleich geblieben war, seit er sie zuletzt einer Musterung unterzogen hatte. Die schwarzen Haare, die sie immer zu einem Pferdeschwanz zusammenband, damit sie sie nicht störten, die gesprenkelten braunen Augen, die hellbraune Haut.
»Sie haben Schmierfett an der Wange.«
Sie kämpfte gegen das Erröten und widerstand dem Drang, sich mit dem Ärmel ihres Overalls übers Gesicht zu wischen. »Sonst noch etwas Neues?«
»Ja, die Post.«
»Die Post?«
»Ist soeben eingetroffen.«
Prompt huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. »Na endlich!« Sie schnappte sich ihren Werkzeugkasten und wollte an Stefan vorbei.
Er legte ihr die Hand auf den Arm.
Überrumpelt von der ungewohnten Geste – Stefan berührte nie jemanden, es sei denn, es war absolut unumgänglich – blieb sie stehen. »Was ist denn?«, fragte sie und legte den Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen, dabei fing sie mit jedem Atemzug seinen Duft auf.
Stefan roch wie immer frisch, sauber und unnahbar. An seiner Wange war kein Schmieröl, und selbstverständlich steckte er auch nicht in einem fleckigen Arbeitsoverall. Selbst in seiner Freizeit trug er ausnahmslos die Uniform des Stationskommandanten mit einer militärisch geschnittenen Jacke, deren Stehkragen seitlich mit einem einfachen silbernen Knopf geschlossen wurde, der seinen Rang bezeichnete. Der Rest war komplett schwarz, angefangen bei seinen Stiefeln, bis hin zu seiner Hose und wahrscheinlich sogar dem T-Shirt, das er unter der Jacke trug. Sicher wusste sie das nicht, sie hatte sie nie offen gesehen.
Seine dunkelgrauen Augen taxierten sie. »Er ist nicht dabei.«
Eine bleierne Welle der Enttäuschung erfasste sie und begrub ihre Überraschung über seine Berührung unter sich. »Ganz sicher?«
»Ich habe sämtliche Absender auf den Briefen und Paketen überprüft.«
Sie schluckte, dann nickte sie. »Warum?«
»Weil Sie jedes Mal, wenn die Post eintrifft und Ihr Brief nicht darunter ist, dieser menschlichen Schwäche namens Enttäuschung nachgeben. Und das zieht mindestens zwei Tage der Depression nach sich, während derer Sie nicht auf optimalem Level funktionieren.«
Ihre Augen wurden schmal. »Ach, dann sind Sie lediglich um mein Wohlergehen besorgt?« Sie schnaubte und versuchte, seine Hand abzuschütteln. »Ich funktioniere bestens. Jede Aufgabe wird erledigt, oder etwa nicht?«
»Doch.« Er ließ sie nicht los. »Aber Sie neigen dazu, jeden anzublaffen, der in Ihre Nähe kommt.«
»Was kümmert Sie das?«, konterte sie. Sie fühlte sich in die Ecke gedrängt, war traurig und gleichzeitig wütend auf Stefan, weil er ihr eine Nachricht überbrachte, die sie nicht hören wollte. »Gefühle tangieren Sie nicht.«
»Die Menschen und die Gestaltwandler jedoch schon.«
Ihre Wangen wurden heiß. Stefan war hier der Boss, man hatte ihm gegen ein sicherlich exorbitant hohes Gehalt die Leitung von Alaris übertragen. Wenn er sagte, dass die Leute sich beschwerten, weil sie jeden Monat ein paar Tage lang ein wenig niedergeschlagen war, dann stimmte das. »Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Natürlich wird es das. Es sei denn, Sie hören auf, einen Brief zu erwarten, der niemals kommen wird.«
Es war ein Messerstich in ihre Seele, ausgeführt mit einer Klinge aus Eis, die in ihr stecken blieb und brach, während das Blut aus der Wunde strömte. »Lassen Sie mich los.« Sie entwand sich seinem Griff, dann verließ sie stumm den Kontrollraum und stieg hinunter in die Eingeweide von Alaris, wohin sich außer ihr niemand wagte. Erst als sie sich davon überzeugt hatte, dass Stefan ihr nicht gefolgt war, kauerte sie sich in einer Ecke zusammen und legte den Kopf auf die Knie.
Keine Tränen.
Tazia hatte schon vor langer Zeit aufgehört zu weinen. Doch die Traurigkeit drückte wie ein schwerer Stein auf ihr Gemüt. Sie hatte wirklich geglaubt, dass der Zorn ihrer Eltern im Lauf der Zeit nachlassen und sie ihr vergeben würden. Doch inzwischen waren fünf Jahre vergangen, seit sie sich einer arrangierten Ehe verweigert hatte, und noch immer wollte ihre Familie keinen Kontakt zu ihr.
Als sie vor einem Jahr in das erste Missionsteam von Alaris aufgenommen worden war, hatte sie ihnen geschrieben. Es war eine Auszeichnung, auf der Tiefseestation arbeiten zu dürfen. Bestimmt würden sie ihr jetzt verzeihen, da sie dem Namen Nerif solche Ehre machte und nicht mehr nur die Tochter war, die sich den Wünschen der Eltern widersetzt hatte.
Während des ersten Monats an Bord war sie nicht allzu enttäuscht über das Ausbleiben einer Antwort gewesen. Ihre Familie lebte in einer abgelegenen, von Stürmen heimgesuchten Wüstenregion, deren Bewohner bewusst auf technologische Errungenschaften verzichteten, mit Ausnahme derer, die für die Sicherheit der Siedlung nötig waren.
Auch hielten sie nichts davon, Geld für kostspielige Transportmittel zu...




