Skagen | Weiße Spuren | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 316 Seiten

Skagen Weiße Spuren


1. Auflage 2015
ISBN: 978-87-11-32668-8
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 316 Seiten

ISBN: 978-87-11-32668-8
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



'Fredrik Skagen ist ein skandinavischer John le Carré.' - Dagbladet. Eine fesselnde Geschichte über Liebe und Tod in Nowegen. Der Archivar Arvid Bang hat plötzlich sehr viel Geld auf seinem Konto - und wird noch am selben Abend von seiner Frau verlassen. Am Morgen noch hofft die Polizistengattin Janne Hatling auf land ersehntes neues Eheglück, am selben Abend wird ihr Mann ermordet aufgefunden. Auch die junge hübsche Freundin von Simon Tokle verschwindet ohne Erklärung. Bald zeigt sich, dass diese drei Schicksale auf mysteriöse Weise miteinander zusammenhängen - und die Spur eines umbarmherzigen Killers weisen. REZENSION 'Der Krimiroman 'Weiße Spuren' war mein Erster des Autors Fredrik Skagen. Ich habe die Lektüre keinesfalls bereut, denn der Autor setzt die Klasse der skandinavischen Krimiautoren fort. Der Roman ist zügig lesen ohne das er langatmig wird. Die Handlung hat von Anfang an Spannung! Ruhe und Melancholie des Nordens und die krassen Gegensätze der Ereignisse sind für mich stets etwas Besonderes in der Krimiliteratur z.B. Sjöwalls, Wahlöös und Mankells. Liebhaber dieser Autoren kommen auch hier auf ihre Kosten.' - S. Lindstedt auf Amazon.com AUTORENPORTRÄT Fredrik Skagen, 1936 geboren, zählt zu den erfolgreichsten Spannungsautoren Skandinaviens. Er erhielt den wichtigsten Krimipreis des Nordens, den Glass Key, und seine Romanen und Kinderbücher wurden vielfach preisgekrönt. --- DAS BUCH In Trondheim häufen sich die unerklärlichen Vorkommnisse: Der Archivar Arvid K. Bang stellt zu seiner Überraschung fest, dass auf seinem Konto 200 000 Kronen eingegangen sind. Seine Freude über diesen unerklärlichen Geldsegen hält jedoch nicht lange an, denn noch am selben Abend verlässt ihn seine Ehefrau Vibeke. Simon Tokles große Liebe Anne Lise Vatn ist seit zwei Monaten spurlos verschwunden. Hat die junge Frau etwa Selbstmord begangen? Auch das Eheglück von Janne Hatling und dem Polizeibeamten Björn scheint unter keinem guten Stern zu stehen. Janne wartet zwar ungeduldig auf die Rückkehr ihres Mannes, weil sie fest davon überzeugt ist, dass er eine romantische Überraschung für sie plant - doch dan wird seine Leiche am Flussufer aufgefunden. Er ist mit zweit Kopfschüssen von hinten ermordet worden. Haben die heimlichen Ermittlungen Björns im Drogenmilieu zu seinem Tod geführt? Ist der unscheinbare Archivar Bang wirklich ein Auftragskiller? - Dies vermutet jedenfalls die Polizei. Doch Janne und Simon, die sich im Laufe der tragischen Ereignisse näher gekommen sind, stoßen bald auf Spuren, die in eine ganz andere Richtung deuten. Die Wahrheit, die auf diese Weise ans Tageslicht kommt, ist ungeheuerlich ...

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Samstag, 20. April


Doch schon als er seine Hand nach den dunklen Locken ausstreckte, erinnerte er sich. Zog die Hand zurück und schlich sich aus dem Bett. Das Thermometer auf der Schattenseite des Balkons zeigte sechs Grad, und die Sonne schien genauso verheißungsvoll wie am vorigen Tag. Während er duschte, zitterte er ein wenig.

Sie hatten sich nicht gestritten; er hatte ihr vielmehr stumm zugehört und ihrem wirren Redestrom gelauscht, mit dem sie ihrer Frustration Luft machen wollte. Mit einem großen Stein im Bauch hatte er gehört, wie sie sich über ihre Ehe ausließ, über die Leere, die sie empfand, über die frisch erblühte Liebe zum Anwalt Preben Mack, die zum Teil damit zusammenhing, dass Arvid ihr in den letzten Monaten zunehmend entglitten war und sie allzu oft sich selbst überlassen hatte. Nicht bewusst, so glaubte und hoffte sie, aber aus unreflektierter Gleichgültigkeit. Ja, sie nahm bereitwillig einen Teil der Verantwortung auf sich, räumte ein, auch sie sei ein Opfer des täglichen Trotts geworden, habe vergessen, die Initiative zu ergreifen und etwas zu unternehmen, was ihre Beziehung hätte beleben können. Es sei allerdings so, dass sie viel stärker unter dieser Situation leide als er, den es offenbar nicht störe, keine gemeinsamen Erlebnisse mit ihr zu haben. Hatte er sich je Gedanken gemacht, wie einsam sie sich fühlte, nachdem Ola ausgezogen war – allein mit einem Mann, der sich ausschließlich um seine eigenen Belange kümmerte?

Erst als sie ausrief: »Nicht einmal ins Kino gehen wir!«, erwiderte er: »Ist Kino denn so wichtig?«

»Nein, an sich nicht. Aber ich könnte noch so viele andere Dinge anführen.«

»Wir könnten ja morgen ins Kino gehen.«

»Es soll keine Verpflichtung sein, sondern eine Freude.«

Sie hatten natürlich schon früher über dieses Thema gesprochen – tatsächlich unzählige Male –, und immer hatte er eingesehen, wie Recht sie hatte, und sowohl sich selbst als auch ihr versprochen, alles würde besser werden. Reuevoll hatte er Blumen und Konfekt gekauft und geglaubt, damit sei alles wieder in Ordnung. Sie liebten sich doch trotz allem. Waren über zwanzig Jahre verheiratet. Warum konnten sie nicht einfach so weitermachen wie bisher?

Doch dieses Mal hatten ihn ihre Wort weitaus härter getroffen als je zuvor. Etwas Neues und Entscheidendes war plötzlich hinzugekommen: . Ein Mann, den er bislang nur als vagen Schatten wahrgenommen hatte, ein unumgängliches Möbelstück an ihrem Arbeitsplatz. Jetzt hatte sich Preben Mack plötzlich zu einem Konkurrenten entwickelt, dem er nicht gewachsen war. Ihr Chef war mehr als eine Bedrohung, er war wie ein Berg, gegen den der Chefarchivar nichts ausrichten konnte. Er stellte alles dar, was Arvid niemals erreicht und worum er sich stets vergeblich bemüht hatte. Wenn er sich gestern Abend nicht zu verteidigen versucht und es unterlassen hatte, über den blonden Angeber mit dem losen Mundwerk und den verheißungsvollen Versprechungen herzuziehen, wenn er Vibeke nicht einfach verdroschen hatte, dann nur deswegen, weil er wusste, dass sie völlig außer sich war und ein fürchterlich schlechtes Gewissen hatte. Er hatte eine ungewohnte Zärtlichkeit für sie empfunden und war drauf und dran gewesen, zu weinen. Aber nur beinahe. Der Stein in seinem Magen hatte ihm so zu schaffen gemacht und tat es immer noch, dass er mehr Mitleid mit sich selbst hatte als mit ihr.

»Ich glaube, es ist zu spät, Arvid.«

Hatte sie gesagt, als er in einem sonderbaren Augenblick der Selbsterniedrigung vor dem Sofa gekniet und seinen Kopf in ihren Schoß gelegt hatte. Da war er es gewesen, der um Verständnis gefleht hatte. Alles würde wieder gut werden, wenn sie ihm nur die Chance gab, ihr seine Liebe zu beweisen.

»Es ist zu spät, Arvid!«

Nachdem sie ihm ihren unabänderlichen Entschluss mitgeteilt hatte, hätte er sie gern geschlagen, doch er wollte sich nicht ein weiteres Mal erniedrigen. Ein weiteres Mal hatte er sein Minderwertigkeitsgefühl in den heimlichen Raum gesperrt, den nur er kannte. Außerdem wusste er, dass sie Recht hatte, dass er zusehends erstarrt war und sich in viel zu hohem Maß mit den Verhältnissen abgefunden hatte. Im Stillen gestand er sich sogar ein, dass ihm ihre Gefühle immer gleichgültig gewesen waren. Oh, dieses schreckliche Wort. Als ob er selbst keine Gefühle hätte! Niemand fühlte und träumte so intensiv wie er, doch ihr war seine Art nicht gut genug. Sie sagte, sie hätte ihm hundert neue Chancen gegeben und jedes Mal habe er Reue und Besserung gelobt – und anschließend wieder alles vergessen. Dennoch solle er sich nicht schuldig fühlen, denn eigentlich habe er nichts richtig falsch gemacht. Sie glaube ihm sogar, dass er sie – auf seine Weise – immer noch liebe. Aber mit Preben könne er es nicht aufnehmen.

Sie hatten das Fischgratin aufgewärmt und getrennt gegessen, und während er in Olas Zimmer saß und fröstelnd ein wenig Zeitung zu lesen versuchte, brachte sie ihm eine Tasse Kaffee. Aus irgendeinem Grund war beinahe alles so wie immer – für eine Weile.

Nach den Fernsehnachrichten hatten sie ein Glas zusammen getrunken und über ihre Unzulänglichkeit nachgegrübelt. Sie packte nicht sogleich ihre Koffer, wie er erwartet hatte, was sie damit erklärte, dass ihr Chef an einem Wochenendseminar teilnähme und sie kaum in seiner Wohnung übernachten könne, wenn er nicht da wäre. Das brachte Arvid ausnahmsweise auf die Palme, der schrie, er denke gar nicht daran, als Ersatzehemann herzuhalten, nur weil es einem skrupellosen Anwalt gerade in den Kram passte. Daraufhin brach Vibeke in Tränen aus und erklärte ein weiteres Mal, dass sie Arvid weder hasse noch verabscheue und dass es eben möglich sei, zwei Menschen gleichzeitig zu lieben.

War es das?

Er hatte vorausgesetzt, dass sie das Bett nicht mehr mit ihm teilen, sondern es vorziehen würde, im Wohnzimmer zu liegen. Doch nachdem es spät geworden war, nach ein paar weiteren Gläschen, huschte sie ins Schlafzimmer und kroch neben ihn unter die Decke. Er unterließ es, sie zu berühren, wollte dies auch gar nicht, wünschte sich nur, sie würde ihn streicheln, sich an ihn schmiegen und um Verzeihung bitten. Ihm sagen, dass sie alles Hässliche – nein, Erschreckende –, das sie ihm gesagt hatte, bereue. So war es früher immer gewesen. Stattdessen merkte er, dass sie nach einer Weile tief zu atmen begann, was ihn verwundert hatte. Wie konnte sie nur schlafen, nach dem, was vorgefallen war?

Merkwürdigerweise war er selbst mit der Zuversicht in Schlaf gefallen, dass sie sich am nächsten Tag wieder versöhnen würden. Er wollte sich besondere Mühe geben und ihr das Frühstück machen; das mochte sie.

Dennoch zitterte er unter der Dusche. Nicht weil das Wasser zu kalt gewesen wäre, sondern weil er wusste, dass sich der Abstand zwischen ihnen in einen Abgrund verwandelt hatte; vielleicht gerade weil sie die Frechheit besessen hatte, sich neben ihn ins Bett zu legen. Herrgott, wie konnte sie sich nur so verhärten? Während er sich abtrocknete, vergoss er ein paar Tränen. Begriff, dass es jetzt ums Ganze ging. Er fasste den Entschluss, das Frühstück zu ignorieren, am Flussufer spazieren zu gehen, erst zurückzukommen, nachdem sie aufgewacht war, und ihr unmissverständlich klar zu machen, dass er kein Waschlappen war, der sich alles gefallen ließ. Das war es wohl, was ihm fehlte: die Fähigkeit, sich unmissverständlich auszudrücken. Jeder andere Ehemann hätte seine Frau ordentlich durchgeprügelt, um danach eine Bar aufzusuchen und seinen Frust mit mindestens fünf Gläsern Whisky hinunterzuspülen. Er hingegen, Arvid K. Bang, hatte sich alles stillschweigend angehört, als ob es völlig in Ordnung wäre, dass sich seine Frau einen Liebhaber besorgt hatte und ihn verlassen wollte. Hatte ihn die Mitteilung nur gelähmt, oder teilte er in Wahrheit ihre Auffassung, dass es sich nicht lohne, um eine in Routine erstarrte Beziehung zu kämpfen? Oder war er schon so abgestumpft, dass er sich an die vielen schönen gemeinsamen Stunden nicht mehr erinnern konnte? War er ihrer Beziehung genauso überdrüssig wie sie? Nein und nochmals nein. Er freute sich noch jeden Abend, wenn sie nach der Arbeit nach Hause kam, auch wenn er schon lange damit aufgehört hatte, sie aus diesem Grund zu umarmen und zu küssen. Vibeke strahlte so viel Wohlbehagen und Sicherheit aus. Ihr konnte er alles erzählen, was sich in seinem Kellerarchiv ereignete. Sie hatte immer ein offenes Ohr für ihn.

Noch gestern Morgen war er mit seinem Dasein zufrieden gewesen. Warum konnte sie es nicht auch sein? Jeder war doch schließlich für sein eigenes Wohlbefinden verantwortlich und konnte dies nicht von anderen einfordern. Er selbst war so fröhlich wie immer zu Arbeit gegangen, hatte sich auf das bevorstehende Wochenende und auf die Möglichkeiten gefreut, die der morgige Tag ihm bieten würde: zunächst das späte Frühstück, der Einkaufsbummel in der Stadt, Gespräche mit bekannten und unbekannten Menschen, der Besuch des Cafés, das Ausleihen eines Videothrillers für den Abend, der Heimweg, der sie bei Sonnenschein über die Brücke führte, die Fußballspiele im Fernsehen, der obligatorische Milchreis am Samstag, später Kaffee und Kuchen, den sie in der Stadt gekauft hatten. War dies etwa keine angenehme Art, seine Zeit zu vertreiben?

Doch, natürlich, aber Vibeke war das nicht genug.

Manchmal opferte auch er seine Zeit, ließ den Schützenverein sausen und begleitete sie auf sterbenslangweilige Ausstellungen ins Kunstindustriemuseum. Und mehrmals hatte er versucht, die wichtigen Bücher zu lesen, die sie ihm vorgeschlagen hatte, obwohl ihm Actionthriller lieber waren. War es nicht immer so gewesen...



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