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E-Book, Deutsch, 371 Seiten

Sommer Schwarze Tage

Roms Kriege gegen Karthago

E-Book, Deutsch, 371 Seiten

ISBN: 978-3-406-76721-0
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



SHOWDOWN IN KARTHAGO - ROMS AUFSTIEG ZUM WELTREICH

Sommer 216 v.Chr. – der Karthager Hannibal hat in einem strategischen Coup die Alpen überquert und dezimiert in einer Serie von Schlachten die römischen Truppen. Der Name CANNAE, wo mindestens 50 000 Legionäre den Tod gefunden haben, steht wie ein Menetekel über Rom. Droht den Römern ein weiterer dies ater, ein neuerlicher schwarzer Tag? – Doch als die letzte Schlacht der Punischen Kriege geschlagen ist, liegt Karthago in Trümmern, und Rom beginnt seinen Aufstieg zum Weltreich.

'Ich habe Angst vor der Zukunft, dass vielleicht einmal ein Anderer unserer Vaterstadt dasselbe Urteil spricht', so soll der Feldherr Scipio im Jahr 146 unter Tränen zu dem Historiker Polybios gesprochen haben, als er in die brennenden Ruinen Karthagos blickte. Er selbst hatte den Befehl gegeben, die antike Metropole, die über Jahrhunderte hinweg den Gang der Geschichte am Mittelmeer maßgeblich geprägt hatte, in Schutt und Asche zu legen. Siebzehn Tage soll Karthago gebrannt haben. Die Stadt wurde damals vollständig zerstört, ihre Stätte verflucht; die überlebenden Bewohner wurden in die Sklaverei verkauft. Seinen Soldaten gestattete der Oberbefehlshaber wegzuschaffen, so viel sie eben tragen konnten. Die Epoche, die mit dem Ausbruch des Ersten Punischen Krieges 264 begann und mit der Zerstörung Karthagos ihren Abschluss fand, ist die dynamischste Phase der Geschichte nicht nur der römischen Republik, sondern der gesamten antiken Mittelmeerwelt. In ihrer machtpolitischen Architektur blieb damals buchstäblich kein Stein mehr auf dem anderen, und auch die innere Struktur der römischen Gesellschaft wandelte sich von Grund auf.

Michael Sommer bietet in dem vorliegenden Band nicht nur eine spannende und informative Gesamtdarstellung der Ereignisse, sondern er leuchtet zudem kenntnisreich die Hintergründe dieses Konflikts aus und stellt die Protagonisten und ihre Motive während der verschiedenen Entwicklungsphasen des Konflikts vor. So wird schließlich deutlich, weshalb Rom und die Mittelmeerwelt 264 in eine Periode krisenhafter Beschleunigung eintraten und warum diese mit Roms Triumph und Karthagos Vernichtung endete.

- Roms Sieg über Karthago – Eine Weichenstellung für unsere westliche Kultur

- Von einer folgenreichen, welthistorischen Auseinandersetzung

- Ursachen, Verlauf und Folgen der Punischen Kriege
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ZWEI: PRÄLUDIUM

Kein Krieg kommt aus heiterem Himmel über die Welt. Auch wenn es den Anschein hat, als habe ihn niemand gewollt, bereiten ihn die Akteure mit ihrem Handeln vor, oft wider Willen und ohne es zu ahnen. Der Mann aus Epeiros hingegen wollte Krieg, damit verdiente er sein Brot. Er war ein Gewaltunternehmer, der große Söldnerheere im Auftrag Dritter in die Schlacht führte. Im Kampf gegen die Römer hatte er zweimal als Sieger das Schlachtfeld verlassen, aber seine Siege waren politisch wirkungslos geblieben: das Vorbild für unzählige Pyrrhos-Siege der Weltgeschichte. Dann war er nach Sizilien übergesetzt und hatte fast die gesamte Insel erobert, bevor ihm seine Siege abermals zwischen den Fingern zerrannen. Als geschlagener Sieger musste er das Feld räumen. «Freunde, was für einen Kampfplatz lassen wir Karthagern und Römern zurück!», soll er im Moment der Abreise zu seinen Gefährten gesagt haben: prophetische Worte, die sein Biograph Plutarch dem Kriegsherrn in den Mund legt.[1]

1. Mittelmeer

Das Mittelmeer bedeckt eine Fläche von 2,5 Millionen Quadratkilometern. An seiner tiefsten Stelle westlich der Peloponnes trennen 5267 Meter den Meeresboden von der Wasseroberfläche. Die Straße von Sizilien verbindet zwei höchst ungleiche Hälften des Binnenmeeres miteinander: einen kleineren Westen, der zwei durch die großen Inseln Korsika und Sardinien voneinander getrennte Teilmeere umfasst, das Balearenmeer und das Tyrrhenische Meer; und einen größeren Osten, der stärker gegliedert ist. Hier zweigen von den großen Becken des Libyschen bzw. Ionischen Meeres im Westen und des Levantischen Meeres im Osten die Randmeere von Adria und Ägäis ab.
Die Kontinentaldrift hat das Mittelmeer im Lauf von Jahrmillionen zu einem Meer zwischen den Landmassen werden lassen. Eingerahmt von den so unterschiedlichen Kontinenten Europa, Afrika und Asien, wurde es zu einem Raum, der trennt und zugleich verbindet. Für viele, wenn auch nicht alle, mediterranen Zivilisationen lagen die Küsten jenseits des Meeres näher als das kontinentale Hinterland: Das gilt schon für das Kreta, Ugarit und Mykene der Bronzezeit, es gilt für Phönizier, Griechen und Karthager, aber nicht für Ägypter, Makedonen und Römer. Die Dialektik des Teilens und Verbindens durchzieht die gesamte mediterrane Geschichte, von ihren Anfängen bis in die unmittelbare Gegenwart.[2]
Die Regionen des Mittelmeerbeckens verbinden ähnliche klimatische, hydrologische und geomorphologische Bedingungen: eher klein- als großräumig – von Nordafrika und Teilen der Iberischen Halbinsel abgesehen –, mit einheitlicher Flora und Fauna und vergleichbaren Bedingungen für die Bodennutzung, trocken-warmen Sommern, milden Wintern und einem recht gleichmäßigen langjährigen Mittel bei den Niederschlägen. Landwirten und Viehzüchtern bieten sie mit guten Böden und fast überall verfügbaren Wasservorkommen auskömmliche Bedingungen. Doch sind die nutzbaren Ackerfluren räumlich fast überall begrenzt. Deshalb wachsen für Bauern die Bäume meist nicht in den Himmel. Ausnahmen sind wiederum weite Landstriche des küstennahen Nordafrika und vor allem das Niltal in Ägypten, wo regelmäßige Überflutungen gleichbleibend hohe Ernteerträge sicherstellen.
Historisch ist das Mittelmeerbecken über lange Zeit Peripherie der kontinentalen Zivilisationszentren in Vorderasien und Ägypten gewesen. In der Spätbronzezeit fassten urbane, arbeitsteilige, hierarchisch organisierte Gesellschaften schließlich auch in der Ägäis Fuß, und erst der Kollaps der großen Imperien der Bronzezeit machte Platz für neue Akteure: zuerst die Stadtstaaten der Phönizier in der Levante, die um 1000 damit begannen, das Mittelmeer auf kleinen Schiffen zu befahren, als Rohstoffquelle und Absatzmarkt für ihren Fernhandel zu erschließen und, ab dem 9. Jahrhundert, auch zu kolonisieren.
Indes ist «Kolonisation» für die Siedlungstätigkeit der Phönizier eigentlich das falsche Wort: In der Regel lehnten sich ihre Niederlassungen an schon existierende Siedlungen an; Neuankömmlinge und die lokale Bevölkerung lebten auf Zypern, Sizilien und Sardinien, in Nordafrika und Iberien auf engstem Raum, Seite an Seite. Motor der phönizischen Expansion war nicht Landnot, sondern die Möglichkeit, im Fernhandel mit diesen entlegenen Teilen der Mittelmeerwelt satte Gewinne zu erzielen. Normalerweise blieben die phönizischen Außenposten kleine Siedlungen, die, oft auf Vorgebirgen oder dem Festland vorgelagerten Inseln, ganz dem Meer zugewandt waren. Ausnahme von der Regel war Karthago, das, im späten 9. Jahrhundert gegründet, rasch zur Metropole und schließlich zum Zentrum eines Imperiums heranreifte.
Im 8. Jahrhundert folgten den Phöniziern die Griechen. Auch sie trieben, wie die Phönizier, händlerischer Unternehmergeist und Abenteuerlust an ferne Gestade, daneben aber auch Überbevölkerung und die Knappheit von Ackerland. Im Unterschied zu den Phöniziern gründeten die griechischen Seefahrer in Übersee veritable Städte, die von der ersten Minute an von ihren Mutterstädten unabhängig waren. Deshalb stellte sich ihnen das Problem, wie Gesellschaft auf jungfräulichem Boden – von dem allerdings die Einheimischen nicht selten zuvor vertrieben worden waren – zu organisieren war. Regeln für das Zusammenleben mussten aufgestellt, Institutionen geschaffen, Macht verteilt werden. Aus dieser Notwendigkeit heraus entstand die Polis, der autonome, sich selbst verwaltende Stadtstaat der Griechen, der zum Exportschlager wurde und außer im Mutterland in Unteritalien, auf Sizilien und am Südrand des Schwarzen Meeres weite Verbreitung fand.
Mit der phönizischen und der griechischen Expansion schrumpfte das Mittelmeer, das zur Zeit Homers, um 700, noch ein riesiges Unbekanntes voller Wunder und Gefahren gewesen war, auf ein übersichtliches Normalmaß. 300 Jahre nach Homer bemerkte Platon, der Philosoph im klassischen Athen, die Griechen säßen wie Frösche um einen Teich. Gemeint war das Mittelmeer, das für die, die es befuhren, berechen- und überschaubar geworden war. Wenn man sich an eine fremde Küste aufmachte, wusste man, welche Sprache dort gesprochen, was nachgefragt und verkauft wurde. Man konnte sich einigermaßen sicher sein, dass dort attische Münzen akzeptiert und bestimmte Rechtsnormen eingehalten wurden. Vielleicht besaß der reisende Kaufmann dort sogar einen Gastfreund, der im Notfall unangenehme rechtliche Formalitäten für ihn erledigen konnte.
Wiederum hundert Jahre später nahmen drei große Reiche und eine Handvoll mittelgroßer Staaten den Platz ein, den zuvor die Stadtstaaten beansprucht hatten. Die Welt des Hellenismus war gegenüber der griechischen Klassik noch einmal großräumiger geworden – und bedeutend weiter: Seit Alexanders Zug bis nach Indien reichte ihr Horizont bis Zentral- und Südasien. Das Alexanderreich zerbrach, aber die großen Nachfolgereiche blieben: die Antigoniden in Makedonien, die Seleukiden in Vorderasien und die Ptolemaier in Ägypten beherrschten zusammen einen Raum, der von der Ägäis bis an den Indus und die Katarakte des Nil reichte. Die Mobilität von Menschen und Gütern und damit auch Ideen war unter den Bedingungen imperialer Herrschaft – die ja auch große Sicherheitsräume schuf – weniger kostspielig und riskant geworden. Die relative Enge der Polis sprengten auch neue Eliten, deren Zahlungskraft und Luxusversessenheit alles überstieg, was die griechische Welt bis dahin gesehen hatte. Entsprechend günstig war die Konjunktur für wagemutige Händler: Der Indische Ozean wurde zur Drehscheibe für teure, exotische Waren, von denen immer mehr ihren Weg über das Rote Meer und Ägypten ins Mittelmeer fanden.
Während die Osthälfte des Mittelmeers so zu einer Sphäre dichter Vernetzung und Verflechtung wurde, fand der Westen erst mit großer zeitlicher Verzögerung Anschluss an diese Welt. Hier ging der Anstoß zur Imperiumsbildung von zwei Städten aus, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: Rom war ein Stadtstaat in Mittelitalien, der in nur einem Jahrhundert, zwischen 400 und 300, vom regionalen Zentrum des unteren Tibertals zur unangefochtenen Hegemonialmacht auf dem italischen Stiefel aufstieg; Karthago war die um 800 gegründete Tochterstadt der phönizischen Fernhandelsmetropole Tyros, die aufgrund ihrer günstigen Lage am Schnittpunkt transmediterraner und transsaharischer Handelsrouten und dank ihres fruchtbaren Umlands selbst zur Metropole aufstieg – und damit alle anderen phönizischen Siedlungen im Westen in den Schatten stellte.

2. Karthago

Pygmalion ist ein schlechter Herrscher wie aus dem Bilderbuch, raffgierig und brutal. ...


Michael Sommer ist Professor für Alte Geschichte an der Universität Oldenburg. Er forscht zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des römischen Kaiserreichs und epochenübergreifend zur Geschichte der Levante.


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