E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Reihe: Die drei ???
Sonnleitner Die drei ??? Die Nacht der Gewitter (drei Fragezeichen)
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-440-50906-7
Verlag: Kosmos
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Reihe: Die drei ???
ISBN: 978-3-440-50906-7
Verlag: Kosmos
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Peter kann es kaum abwarten! Er will unbedingt am Surf-Wettbewerb in Orange Bay teilnehmen. Auf dem Weg geraten die drei ??? in ein Unwetter und erreichen den Ort gerade noch über einen Schleichweg. Aus Orange Bay kommt jetzt niemand mehr heraus. Die Brücke ist unpassierbar! Zeitgleich zum Wettbewerb findet ein Stadtfest mit Buden und Attraktionen statt. Ein Zauberer zieht das Publikum in seinen Bann. Als ein 1967er Ford Shelby Mustang GT Super Snake nicht mehr an seinem Platz steht, starten die Freunde die Ermittlungen. Wie kann ein Auto verschwinden, wenn niemand den Ort verlassen kann? Ist Magie im Spiel?
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DIE GESTALT IM GEWITTER
Ein lauter Knall zerriss die Luft. Wie ein Schuss, der durch die flirrende Luft peitschte. Lauthals zeternd flog ein Schwarm kleiner Vögel aus dem Gebüsch neben der Straße auf.
Auch die drei Detektive zuckten zusammen. Fast gleichzeitig rissen Peter Shaw und Bob Andrews ihre Köpfe herum. Justus Jonas, der hinter ihnen die letzten Meter der Anhöhe hinaufradelte, kam ins Schlingern, rutschte mit dem rechten Fuß vom Pedal und kippte zur Seite. Gerade so konnte er einen Sturz vermeiden.
»Was war denn das?« Bob blieb stehen und sah erschrocken zu seinem Freund.
»Mein Hinterreifen. Mist.« Justus klappte den Fahrradständer aus und kratzte sich verärgert am Kopf. »Das hat mir gerade noch gefehlt. Reifenwechsel unter sengender Sonne. Ich bin sowieso schon ziemlich am Ende.«
Peter wendete und ließ sein Rad neben das von Justus rollen. »Bist du in irgendetwas reingefahren? Einen Nagel vielleicht? Oder einen Kaktusdorn?« Der Zweite Detektiv zeigte auf einen mächtigen Saguaro, einen Säulenkaktus, der nicht weit entfernt von der Straße stand.
Justus zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung.« Er seufzte laut. »In welcher Tasche ist das Flickzeug?«
»In meiner rechten Satteltasche.« Bob umrundete sein Rad und öffnete die Schnallen. »Kopf hoch, Erster. Peter und ich helfen mit, dann ist das im Nu erledigt.«
Die drei Jungen waren unterwegs nach Orange Bay, einem kleinen Küstenort nicht weit von Santa Barbara. Dort würde am nächsten Tag nicht nur die jährliche White Waves Week beginnen, ein in ganz Kalifornien bekanntes Strand-Festival. Zeitgleich fand in der malerischen Bucht des Ortes auch ein großer Surf-Wettbewerb statt, für den sich Peter schon vor langer Zeit angemeldet hatte.
Zwar waren es von Rocky Beach, wo die drei Detektive zu Hause waren, über hundert Kilometer bis Orange Bay. Aber der Wetterbericht hatte für die nächsten Tage Sonnenschein von früh bis spät versprochen und die Strecke führte fast durchweg an der kalifornischen Pazifikküste entlang. Sightseeing pur. Deshalb hatten Peter und Bob den Vorschlag gemacht, mit dem Rad zu fahren. Den Großteil ihres Gepäcks und Peters Surf-Ausrüstung würden sie vorher Peters Vater mitgeben können, der beruflich nach San Francisco musste und die Sachen bei den Knights vorbeibringen würde. Freunden der Familie Shaw, bei denen die drei Jungen unterkommen konnten.
Justus hatte kurz gezögert. Mit dem Rad hundert Kilometer weit fahren? Sich körperlich verausgaben? Bei brütender Hitze? Das war eigentlich nicht so seine Sache. Andererseits fand auch er die Aussicht sehr verlockend, zusammen mit seinen Freunden mal wieder eine Fahrrad-Tour zu machen, fernab von Schule, Schrottplatz und täglichem Einerlei.
So hatten sie gemeinsam mithilfe ihrer Straßenkarten eine Strecke zusammengestellt und diese erwies sich jetzt wirklich als wunderschön. Ein Postkartenmotiv nach dem anderen. Aber sie war auch herausfordernd. Ein Anstieg folgte dem nächsten. Schon gestern, auf dem ersten Teilstück der Tour, waren Justus erneut Zweifel gekommen, ob es wirklich so eine brillante Idee gewesen war, mit dem Fahrrad zu fahren. Und seit heute Mittag waren diese Zweifel umso lauter geworden, je mehr die Schmerzen in seinen Oberschenkeln zugenommen hatten. Aber jetzt, nach diesem Reifenplatzer, fragte er sich nur noch kopfschüttelnd, wie er jemals so dämlich hatte sein können, dieser Schinderei zuzustimmen.
Doch Bob sollte recht behalten. So schlimm war das Ganze nicht, und nach nicht einmal fünfzehn Minuten pumpte Peter die letzten Schübe Luft in den neuen Schlauch.
»Na bitte.« Bob wischte sich die Hände an einem Tuch ab. »Alles erledigt.«
Justus nickte. »Danke euch, Kollegen. War tatsächlich kein Hexenwerk.« Er fuhr sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. »Zweiter, hast du noch was zu trinken? Meine Wasserflasche ist leer.«
»Ja.« Peter hielt seinem Freund die Flasche hin und sah aufs Meer hinaus. »Donnerwetter! Von hier oben sieht man fast bis Japan. Gigantisch, oder?« Er machte mit seinen Armen eine ausladende Bewegung und atmete die Wärme, den spektakulären Sonnenuntergang und die fantastische Aussicht ein.
»Japan. Ganz bestimmt.« Justus setzte die Flasche an und trank in gierigen Schlucken.
»Nicht so hastig«, ermahnte ihn Bob. »Sonst protestiert der Magen.«
Justus winkte ab und trank weiter.
Plötzlich hielt Peter inne. »Oh, oh.«
Justus setzte kurz ab. »Doch nicht Japan?« Er trank noch einmal.
»Ach, du meine Güte.« Jetzt hatte es auch Bob gesehen.
»Hm?« Justus nahm die Flasche vom Mund. »Was ist los?«
»Dahinten.« Bob zeigte nach Nordwesten. »Dahinten braut sich mächtig was zusammen.«
»Ein Gewitter? Ich dachte, Sonne von früh bis spät?«
»Nicht über Orange Bay, wie es aussieht.«
»Du kannst Orange Bay schon erkennen?« Justus kniff die Augen zusammen.
»Das nicht. Aber wenn diese Wolkenungetüme ihre Richtung beibehalten, könnten sie sich genau dort austoben, wo Orange Bay liegt.«
»Wie weit ist es denn noch?«
»Acht, neun Kilometer vielleicht. Der Abzweig vom Highway runter zur Küste müsste bald kommen.«
Justus sah kurz nach hinten, als überlegte er tatsächlich, wieder nach Hause zu fahren. Aber das war Unsinn. Entschlossen drückte er Peter die Wasserflasche in die Hand. »Dann nichts wie los. Ich will endlich ankommen und muss vorher nicht noch nass bis auf die Knochen werden. Beeilung.«
Doch die drei Jungen schafften es nicht. Sie traten zwar in die Pedale, was das Zeug hielt, und sogar Justus entwickelte ungeahnte Sprinterqualitäten angesichts der schwarz-violetten Wand, die sich zügig auf sie zuschob. Beinahe sah es auch so aus, als würden sie den Sturzfluten entkommen. Sie nahmen den Abzweig vom Highway, der hinunter nach Orange Bay führte, und kamen auf dem holprigen Sträßchen noch ein gutes Stück voran. Doch dann fing es urplötzlich an zu schütten. Als hätte jemand den Hahn aufgedreht, rauschten dicke, schwere Tropfen aus den pechschwarzen Wolken, die wie ein See aus Dunkelheit über den Jungen hingen. Dann zerriss draußen auf dem Meer ein greller Blitz den Himmel, dem nach einiger Zeit ein ohrenbetäubender Donnerschlag folgte.
»So ein Mist!«, rief Peter in den aufkommenden Sturm und wischte sich die klatschnassen Haare aus der Stirn. »Wir müssen uns irgendwo unterstellen.«
»Hier gibt es weit und breit nichts zum Unterstellen«, schrie Bob. »Wir müssen schnell nach Orange Bay.«
Wir hätten das Auto nehmen müssen, dachte Justus entkräftet, während ihm ein eiskaltes Rinnsal vom Nacken über den Rücken bis in die Hose lief. Wir hätten einfach nur das Auto nehmen müssen.
Wenigstens ging es ab jetzt immer bergab. Die Straße verlief in engen Serpentinen die steile Küstenklippe hinab, an deren Fuß sich Orange Bay ausbreitete. Im Augenblick war jedoch von dem Ort kaum etwas zu erkennen. Dichte Regenfahnen wehten wie graue Riesenvorhänge über die Bucht, die immer wieder für kurze Momente von gleißenden Blitzen erleuchtet wurde. Dann waren auch vereinzelt Häuser zu sehen, die sich wie ein Rudel nasser Tiere unter dem Donner wegduckten. Dazu hämmerte der Regen auf den Asphalt und die Windböen drohten die Jungen immer wieder von ihren Rädern zu fegen.
»Passt in den Kurven auf«, schrie Peter. »Die Straße ist total glitschig.«
»Schon gemerkt.« Bob krallte die Finger um den Lenker. »Just, alles klar bei dir?«
»Ich war noch nie so nass.« Der Erste Detektiv trat behutsam in die Rücktrittbremse. Die nächste Kurve lag vor ihnen. Rechts zweigte ein kleiner Feldweg ab. Und von irgendwoher drang ein raues, lautes Rauschen zu ihnen.
»Da vorne ist die Brücke«, rief Peter. »Danach ist es nicht mehr weit. Wir haben es bald geschafft.«
»Was rauscht denn da so?« Bob blickte vorsichtig nach rechts und links. Solche sintflutartigen Regengüsse konnten auch Gerölllawinen und Bergrutsche auslösen.
»Ich höre es auch«, rief Justus. »Vor uns. Unter uns.«
Urplötzlich bremste Peter ab. So abrupt, dass sein Hinterreifen ausbrach und er fast gestürzt wäre. »Die Brücke!«, schrie er aus Leibeskräften. »Stehen bleiben! Bremsen!«
Bob griff mit aller Kraft in die Bremshebel. Auch er hatte es gesehen. Die Brücke wankte. Sie schaukelte richtiggehend. Erst kurz vor der Brücke kam er zum Stehen. Und registrierte, dass Justus an ihm vorbeischoss. »Justus! Bremsen!«
»Tu ich doch!« Der Erste Detektiv stand förmlich in den Pedalen. Der Hinterreifen blockierte auch, rutschte aber einfach weiter und Justus rutschte mit, bis auf die Brücke. Erst nach ein paar Metern konnte er vom Rad springen. Er wollte sich gerade umdrehen und zurückrennen, als er abrupt innehielt und zur gegenüberliegenden Seite der Brücke starrte.
Da stand jemand. Mit dem Rücken zu ihm. Eine Gestalt in einem schwarzen Umhang. Aber das war es nicht, was Justus so fesselte und ihn im Augenblick sogar vergessen ließ, dass der Boden unter ihm schwankte.
Die Gestalt hatte beide Arme ausgebreitet. Als würde sie den Regen anbeten, das Gewitter, den Donner. Die Handflächen zeigten nach oben. Und in diesen Handflächen – loderte...