Speed | Radical Worker | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 348 Seiten

Reihe: Artistic Research - Neurodivergente Forschung

Speed Radical Worker

Vom Recht auf selbstbestimmte Arbeit
3. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7407-9533-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Vom Recht auf selbstbestimmte Arbeit

E-Book, Deutsch, Band 2, 348 Seiten

Reihe: Artistic Research - Neurodivergente Forschung

ISBN: 978-3-7407-9533-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Timothy Speed - neurodivergenter Künstler, Armutsforscher und unermüdlicher Störenfried - stellt sich mit Haut, Verstand und Kamera zwischen Fließband, Vorstandsetage und Jobcenter. Als Radical Worker lebt er eine Arbeitspraxis, die sich nicht nach Lohnzetteln richtet, sondern nach ökologischer Wirkung, moralischer Kohärenz und persönlichem Sinn. Seine empirischen Eingriffe - vom heimlichen Mitarbeiten in Konzernen bis zur öffentlichen Bewerbung als ZDF-Intendant - enthüllen die verborgenen Protokolle eines Systems, das Würde in Profit verwandelt und Kreativität in Gehorsam. Für die Artistic-Research-Community zeigt Speed, wie künstlerisches Handeln zur realen Infrastruktur wird: Kunst ist hier keine Illustration von Kritik, sondern das Labor, in dem neue Arbeits- und Wertformen live getestet werden. Für die Critical-Autism-Studies liefert das Buch ein rares Selbstzeugnis: Autistische Direktheit, Monotropismus und Regelklarheit werden zur analytischen Schärfe, die institutionelle Fassade durchdringt und Alternativen sichtbar macht. Für alle, die arbeiten (oder nicht arbeiten) müssen bietet es einen radikal praktischen Fahrplan: Selbstbestimmte Arbeit, Bedingungsloses Grundeinkommen und Commons-Ökonomie werden nicht nur diskutiert, sondern in lebendigen Feldversuchen erprobt. Speed wertet die Armen auf, definiert Zwangsarbeit als soziale Isolation und führt den Entfaltungsabstand als neues Wohlstandsmaß ein: Wie viel echte Lebenszeit bleibt nach allem Systemlärm übrig? Radical Worker ist Manifest, Feldstudie und Gebrauchsanleitung zugleich - eine Einladung, Kapitalismus nicht nur zu kritisieren, sondern handfest umzubauen.

Timothy Speed (geb. 1973/England) ist Künstler, Autor und neurodivergenter Theoretiker. Als Autist mit ADHS lebt er das, worüber er schreibt - in Armut, in Konflikt mit Systemen, und mit einem Denken, das quer zum Mainstream steht. Seine Forschung ist provokant und tiefgreifend: für die Physik, für die Philosophie, für die Gesellschaft. In Selbstversuchen, Institutionenrecherchen und radikal verkörperter Theorie entwickelt Speed eine neue Sicht auf Bewusstsein, Realität und Macht. Im Zentrum steht die MNO-Theorie - ein Modell, das Nichtlokalität, Subjektivität und soziale Ordnung aus einer strukturellen Lücke ableitet. Aus der Ausnahme von der Regel. Speed betreibt keine Forschung über die Welt - er faltet sich hinein, lebt in ihr wie in einem offenen Labor. Seine Texte sind der Abdruck dieser Praxis: wild, präzise, unbequem. Was, wenn Realität nicht aus Dingen besteht, sondern aus dem, was zwischen ihnen fehlt? Was, wenn wir nur die Antwort auf eine Leere sind? Was bedeutet das für unsere Freiheit?
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DAS MNO-MODELL


Betrachte ich heute den Kapitalismus, erkenne ich einen fundamentalen Konstruktionsfehler, der die Ursache von unsäglichem Leid ist, sowie die Grundlage gravierender Missverständnisse in der Frage, was das Leben tatsächlich erhält. Die meisten Ökonom:innen gehen davon aus, der Erfolg sei in einem absoluten Sinne das anzustrebende Ziel, also die bedingungslose Fülle, der Wohlstand, der Reichtum. Das aber ist falsch. Denn dem gegenüber steht das »Nichts« als das Potenzial aller Möglichkeiten, als die Offenheit gegenüber jeder Abweichung. Ohne das »Nichts« ist Erfolg nur eine tote Größe ohne Dynamik, Lebendigkeit und Authentizität. Die Frage nach dem Sinn lässt sich nicht stellen, bleibt das Verhältnis zwischen Alles und Nichts verdeckt.

Es ist also komplett irrsinnig, das Nichts systematisch zu entwerten, es gar als Ausdruck des maximalen Versagens zu betrachten, wie es im Kapitalismus postuliert wird. Denn dies führt zu einer toten Welt der Dinge. Zu einer maximalen Einseitigkeit der Verhältnisse und einem Verlust an Realitätsbezug, wenn Realität mehr sein soll als die Summe aller Teile, also aller Gegenstände, die auf dem Planeten existieren.

2016 erschien mein Buch »Die Physik der Armen – Eine neurodivergente Meta-Theorie des Bewusstseins«. Darin wurde ein physikalischmathematisches Modell des Bewusstseins entworfen, welches auf einem produktiven Nichts beruht. Mein Ziel war es, die Physik im Sinne der Armen umzuschreiben, also nicht die Dinge zur Grundlage der Welt zu machen, sondern das Nichts. Das führte mich weit tiefer, als es damals meine Absicht war. Es entstand ein neues Meta-Modell, welches die meisten bisherigen Erklärungsmodelle des Bewusstseins integriert und erweitert.

Dabei leistete ich einen brauchbaren Beitrag zur Wissenschaft, gerade weil und vielleicht nur, da ich als Autist andere Wege ging und weiterhin gehe. Weil meine andere Wahrnehmung der Welt eben nicht falsch ist, sondern ein erweiterter Realitätsbezug, wie unser aller Wahrnehmungen es sein sollten.

Die Leser:innen fragen sich vielleicht: »Warum ein BewusstseinsModell, wenn wir über Arbeit reden? « Wer Arbeit neu definieren will, muss zuerst zeigen, wie Wirklichkeit erarbeitet wird. Sie sehen hier schon, dass ich Arbeit anders verorte und anders begründe. Denn man kann Arbeit nur als das betrachten, was uns Geld gibt und Kleidung und Nahrung. Entsprechend kann man die ganze Ökonomie auf eine Maschine reduzieren, die diesem Ziel folgt. Spätestens heute aber sollte klar geworden sein, dass diese Arbeitsdefinition entlang der Produktproduktion uns von wesentlichen Handlungen abhält und zu gravierenden Problemen im Ökosystem geführt hat. Es ist also dringend erforderlich mehr Bewusstsein in die Arbeitsweise des Menschen zu integrieren und weniger Funktionalismus. Das MNO-Modell liefert genau diesen Rahmen: Es beschreibt, wie Dinge, Wille und Erleben sich gegenseitig erzeugen – und warum jede Ökonomie scheitert, die eines davon ausblendet. Will man eine Ökonomie, die wie ein Ökosystem funktioniert, was heute als eine Notwendigkeit angesehen werden kann, zumindest als Grundthese dieses Buches, dann macht es Sinn sich anzusehen, was die Voraussetzungen für ein Ökosystem Mensch sind. Ein Ökosystem ist letztlich nichts anderes als ein weit komplexerer Markt, als der Kapitalismus es ermöglicht. Und umso mehr man die Ökonomie als Ökologie betrachtet, umso klarer werden Muster erkennbar, die in der Gesellschaft heute zu Problemen führen, die den Schwierigkeiten eines Ökosystems ähneln.

Arbeit ohne Bewusstsein ist reines Funktionieren. Wenn wir also nicht verstehen, was Bewusstsein ausmacht, können wir auch nicht begreifen, was eine Ökonomie benötigt, die achtsam mit Ressourcen umgeht, die Beziehungsstrukturen der Gesellschaft erhält und sinnlose Konflikte vermeidet. Heute sehen wir eine Ökonomie voller sozialer Brüche und ökologischer Dramen. Die Frage lautet somit, worüber sollte die Arbeiter:in (gemeint sind mit dem Begriff in diesem Buch auch Angestellte und andere Formen von Mitarbeiter:innen) sich bewusst werden und welches Verständnis von Bewusstsein impliziert welchen Arbeitsbegriff?

Betrachtet man das Rollenmodell der Arbeiter:in des 19. und 20. Jahrhunderts, dann ist der Raum der Bewusstwerdung, der für sie angedacht ist, ein sehr kleiner und folglich die Frage von Relevanz und Kontext von Arbeit äußerst eingeschränkt. Heute aber ist die Frage umso dringender, welche Relevanz sollte uns in der Arbeit bewusstwerden, denn Arbeit ist nach wie vor die dominante Form menschlichen Handelns auf dem Planeten. Dies hat auch Konsequenzen für die KI, die wir von unserer Arbeitsweise ableiten. Etwas worauf ich in meinem Buch »Speeds Arbeit« sehr genau eingehe. Wenn jemand tatsächlich die Macht hat, zu handeln, dann sind es die Arbeiter:innen dieser Zeit, die sich der Welt, in der sie leben und arbeiten gewahr werden.

Die KI ist als künstliche Arbeiter:in eine maximale Verlängerung der Funktionalität, aber ist dieser Arbeitsbegiff angesichts von KI für den Menschen noch angemessen?

Im MNO-Modell gehe ich davon aus, dass Realität nicht nur aus dem erkennbaren Phänomen (Objekten) und einem bewussten Subjekt besteht, welches dieses observiert, sondern aus einer Dynamik zwischen der Manifestation von Objekten, dem Willen eines Menschen und dessen Erleben. Die Integration von Willen und Erleben ist essenziell. Man kann sich diese ontologische Dreiteiligkeit als ein symbiotisches Dreieck vorstellen: Auf der einen Seite stehen die konkreten Gegenstände und Ereignisse, die in Raum und Zeit erscheinen. Auf der anderen ist das Erleben dieser und als dritte Kraft wirkt, was ein Mensch will. Daraus bildet sich eine instabile Konstellation, eine Dynamik. Instabilität ist immer dort wichtig, wo es um Energie geht, und was könnte bei der Arbeit relevanter sein als die Frage von Energie? Bewusstseinsprozesse finden im sich öffnen und schließen dieser Dynamik statt, in dessen Pulsieren. Gleichzeitig entfernen wir uns damit aus dem Käfig einer Subjektivitätsvorstellung, die das innere Erleben des Menschen in den Strukturen der Welt entwertet, also Energie, die im freien Willen steckt, blockiert. Das ist entscheidend, denn das Rollenmodell der alten Arbeiter:in ist eine objektivierte Funktion, während das Innere, der Wille, das Erleben ins Private gedrängt wurden, wo sie die Arbeitsabläufe nicht mehr stören sollen. Mit dabei das Gewissen, welches aus der Ökonomie vielfach verschwunden ist.

Der hier sichtbare Fixpunkt ist die Bündelung dieser drei Kräfte, die wir als Energiequelle, als intrinsische Motivation in der klassischen Arbeitswelt meist ausbrennen oder verhindern. Beispielsweise, indem das Erleben keine Rolle spielen darf, Kritik an der Unternehmensführung erstickt wird, folglich was Mitarbeiter:innen wollen, nicht Teil der Wertschöpfung werden kann.

Ein Student beispielsweise will studieren, um eine bestimmte Karriere zu machen. Die Karriere ist ein Objekt, dass von außen definiert ist. Es ist größtenteils fremdbestimmt. Während des Studiums erlebt der Student den künftigen Beruf schon in der Theorie und dieses Erleben hat Auswirkungen auf das, was er nun will, oder nicht mehr möchte. So manche Enttäuschung prägt die eigene Absicht. Mit der Veränderung von Willen und Erleben, verändert sich seine Beziehung zu dem Objekt der Begierde. Man könnte sagen, dass die Realität sich in dieser Beziehung abzeichnet, und weder im Objekt für sich noch allein in dem was jemand will, oder im isolierten Erleben zu finden ist, was es ohne Bezüge nicht gäbe. Das Erleben ist dabei das offene Element, denn es lässt sich für sich weder als innere Kraft noch als äußeres Objekt definieren. Es verhindert, dass sich die Wirklichkeit schließt, dass sie statisch wird. Das Erleben ist, so meine These, darum offen, weil es auf der Existenz eines Nichts basiert, auf einer Lücke, oder anders gesprochen auf der Abwesenheit von Etwas.

Dieser offene Bezugspunkt hält den Menschen dynamisch, ja ermöglicht überhaupt erst Bewusstsein. Die moderne Erwerbsarbeiter:in aber agiert in sich geschlossen, definiert, vermessen und kontrolliert. Sie agiert fremdbestimmt und ist somit eine Projektion von Nützlichkeit und Sinn, um der Effizienz willen. Sie arbeitet folglich aber an der realen Welt nicht mit. Sie ist keine Mitarbeiter:in des Planeten, gar der Realität, sondern eine Funktion der Ausblendung von Komplexität und Relevanz. Würde die Arbeiter:in diese in ihre Erwerbsarbeit integrieren, würde sie den Unternehmen entgleiten. Sie wäre nicht kontrollierbar, sondern ihre Arbeit wäre eine auf Augenhöhe. Autonom, aber solidarisch.

Alles in natürlichen Systemen passiert, weil da etwas nicht Greifbares ist, welches aber im Kontext eines Potenzials steckt und genau dieses Verhältnis zwischen Nichts (Abwesenheit) und Potenzial habe ich mit dem MNO-Modell mathematisch und physikalisch untersucht. Wir sprechen hier nicht von Meta-Physik, sondern von konkreten Wirkprinzipien des Universums und der Natur. Man kann diese berechnen und beweisen.

Niklas Luhmann (1992) Operational Closure and Structural Coupling - Recht, Wirtschaft etc. »schließen« ihre Operationen,...



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