E-Book, Deutsch, Band 349, 256 Seiten
Reihe: Historical
St. George Wehrlos in den Armen des Wikingers
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7337-3691-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 349, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-3691-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zur Hölle mit den Nordmännern! Hass brennt in Aisly, seit die Wikinger ihren Mann getötet haben. Die schöne junge Witwe hat sich geschworen, fortan allein zu bleiben. Doch eines Tages rettet sie ein breitschultriger Fremder vor einem Wegelagerer, bevor er selbst zusammenbricht. Er ist schwer verletzt, hat sein Gedächtnis verloren, und in ihrer Hütte umsorgt Aisly ihn zärtlich. Das heiße Begehren in seinem Blick ist wie eine süße Belohnung! Doch da kommt ihr ein entsetzlicher Gedanke: Hochgewachsen, muskulös und mit hellem Haar sieht der Mann auf ihrer Bettstatt wie ein Nordmann aus. Verliert sie gerade ihr Herz an den Todfeind?
Weitere Infos & Material
1. KAPITEL
Stechender Rauch drang in seine Lungen und drohte ihn zu ersticken. Keuchend und hustend kam er wieder zu sich, ihm schwindelte. Luft, er brauchte Luft. Trotz des Rauchs öffnete er seinen Mund und atmete gierig ein. Sofort folgte ein Hustenanfall, der ihn beinahe zerriss. Sein Körper wurde von Krämpfen geschüttelt und er spürte, dass er seine Arme nicht bewegen konnte. Irgendetwas schien ihn festzuhalten. Was war das? Unendlich langsam gelang es ihm, die Augen zu öffnen.
Alles, was er in der Dunkelheit sah, war ein grelles orangenes Flackern, das sich anfühlte, als würde ihm der Schädel gespalten. Sofort kniff er die Augen wieder zusammen. Jetzt spürte er auch die verzehrende Hitze. Unmittelbar neben ihm loderte ein gewaltiges Feuer. Mühsam drehte er den Kopf zur Seite, zwang sich abermals, die Augen zu öffnen und blickte in zwei unnatürlich weit aufgerissene Augen, deren Iris von einem trüben Schleier überzogen waren. Es waren tote Augen. Er kannte diesen starren Blick toter Augen. Eine undeutliche Erinnerung an leblose Männer tauchte in seinem Gedächtnis auf. Um das Gesicht des Toten sehen zu können, wich er mit dem Kopf so weit zurück, wie er es in seiner eingezwängten Lage konnte. Der Mund des Toten war aufgerissen, wie zu einem stummen Schrei geöffnet.
Er musste jemanden auf sich aufmerksam machen, doch sein Rufen war nicht mehr als ein heiseres Krächzen. Sein Blick fiel erneut auf die starren Augen, und in dem Moment begriff er, was das alles zu bedeuten hatte und weshalb er sich nicht von der Stelle rühren konnte.
Er lag eingekeilt zwischen Leichen, um ihn herum niedergemetzelte Krieger, denen man die Kleider genommen hatte, damit niemand erkennen konnte, wer sie waren. Einfach übereinandergeworfen hatte man die Toten, um sie zu verbrennen. Sie zu begraben wäre viel zu mühsam gewesen.
Er hatte keine Ahnung, wie er hierhergekommen war. Er konnte sich weder an eine Schlacht erinnern, noch kam ihm einer der Toten bekannt vor. Das Einzige, was er wusste, war, dass er noch nicht tot war. Doch wenn es ihm nicht bald gelang, sich zu befreien, würde auch er nicht mehr lange zu leben haben. Er versuchte seinen Arm unter dem Mann hervorzuzerren, der ihn unverändert aus seinen toten Augen anstarrte. Endlich gelang es ihm, dabei wurde er vom eigenen Schwung mitgerissen und rollte abwärts. Als er auf dem Boden ankam, verharrte er kurz und versuchte sich zu orientieren, während er versuchsweise Arme und Beine bewegte. Sein ganzer Körper schmerzte, doch anscheinend hatte er sich nichts gebrochen.
Auch ihm hatte man seine Kleider genommen, aber darum würde er sich später kümmern müssen. Am wichtigsten war jetzt, dass er endlich wieder Luft bekam. Jeder Atemzug schien ihm die Lunge zu zerreißen. Mühsam richtete er sich so weit auf, dass er sich hinknien konnte. Sein Kopf schmerzte, als wollte er zerspringen. Er stöhnte und presste sich eine Hand an die Stirn, genau auf eine verkrustete Wunde. Vorsichtig tastete er sie ab. Sie reichte von der Augenbraue bis zum Haaransatz, und er spürte, dass seine Haare blutverklebt waren.
Als er seine Hand wegzog, wurde ihm schwarz vor Augen. Alles um ihn herum begann sich zu drehen. Er stütze sich mit einer Hand auf den Boden ab und versuchte, die Übelkeit zu bekämpfen, die ihn überfiel. Würgend kippte er zur Seite und erbrach bittere Galle.
Die Arme schützend um seinen Oberkörper geschlungen lag er still und wartete, dass die Übelkeit nachließ. Er spürte seine nackte Haut, sie fühlte sich eigentümlich rau an. Er rieb die Fingerspitzen aneinander und führte sie zur Nase. Sie rochen nach kalter Asche. Wie lange er wohl bewusstlos gewesen war? Wie kam es, dass er halb tot hier lag? Er konnte sich an keine Schlacht erinnern und dennoch musste es eine gegeben haben. Doch je angestrengter er nachdachte, desto undurchdringlicher schien der Schleier in seinem Kopf zu werden, sodass er schließlich aufgab. Mühsam hob er den Kopf und sah sich um. Was er sah, war eine kleine Lichtung. Außer ihm und den Toten konnte er niemanden entdecken. Ihm war klar, dass er in Gefahr war und sich in Sicherheit bringen musste. Wer auch immer für diesen Berg von Leichen verantwortlich war, würde auf einen Überlebenden nicht gerade erfreut reagieren.
Ein kleiner Pfad führte vom Feuer weg zu den Bäumen. Er beschloss, die entgegengesetzte Richtung einzuschlagen, und erhob sich schwerfällig. In gebeugter Haltung schlich er um die Toten herum. An die zwanzig Männer lagen hier. Sollte er mit ihnen Seite an Seite gekämpft haben, müsste ihm doch zumindest eines der Gesichter bekannt vorkommen. Hier und da stieß er einen der Toten an, in der Hoffnung, dass zumindest einer von ihnen sich noch regen würde. Aber ihre Körper waren bereits starr und es war keiner dabei, den er wiedererkannt hätte.
Noch einmal ließ er seinen Blick über die Lichtung schweifen, ohne allerdings etwas zu sehen, was ihm von Nutzen hätte sein können. Seine Hoffnung, irgendwo eine Waffe finden zu können, wurde enttäuscht. Nicht einmal ein einziges Kleidungsstück konnte er entdecken. Entweder war alles verbrannt worden oder jemand hatte die Sachen mitgenommen. Er schaute noch ein letztes Mal zum Feuer, dessen grelle Flammen ihm in den Augen brannten.
Schließlich wandte er sich ab und wankte mit unsicheren Schritten in den Wald. Immer wieder musste er sich an einem Baum abstützen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er hatte keine Kraft in den Beinen und ihm schwindelte. Vermutlich die Kopfwunde. Als Erstes galt es, einen sicheren Zufluchtsort zu finden, an dem er ein paar Tage bleiben und sich erholen konnte. Und er brauchte dringend Wasser. Seine Kehle fühlte sich an, als atme er noch immer Feuer ein.
Der Nachthimmel war bedeckt, Wolken hatten sich vor die Sterne geschoben. Aber er hätte sich ohnehin nicht an ihnen orientieren können, denn er hatte keine Ahnung, woher er gekommen war und wohin er gehen sollte. Verflucht, er wusste noch nicht einmal, wie er hieß. Wenn er sich zu erinnern versuchte, war da nur finstere Leere. Er schob diese Gedanken beiseite, denn bei der geringsten Anstrengung wurde das Hämmern in seinem Kopf heftiger. Er musste einen sicheren Platz finden, um sich zu erholen, dann würde sich der Rest schon ergeben. Hoffentlich.
Irgendwann meinte er das Rauschen von Wasser hören. Es schien direkt vor ihm zu sein. Allein die Vorstellung von kühlem, klaren Wasser gab ihm neue Kraft und seine Beine trugen ihn wieder leichter voran. Er kam an einen Fluss, an dessen Ufer sich eine mächtige Eiche erhob. Er hielt sich am Stamm fest und tastete sich ins eisige Wasser. Seine Füße suchten auf den schlüpfrigen Kieseln am Flussgrund Halt. Dann, endlich, konnte er sein Gesicht ins Wasser tauchen und trinken. Ihm war klar, dass er langsam trinken sollte, aber er konnte nicht. Gierig schluckte er.
Das Wasser war kalt und frisch, dennoch brannte es in seiner Kehle und schmeckte nach Rauch. Und dann drehte sich sein Magen um, und alles kam wieder hoch. Ihm wurde schwarz vor Augen, er presste sich die Hände an den Kopf. Noch halb im Wasser liegend sank er nieder und verharrte regungslos. Die Kälte drang ihm bis auf die Knochen, doch wer weiß, vielleicht hielt nur sie ihn noch bei Bewusstsein, daher würde er das eisige Wasser nicht verlassen. Als er spürte, wie ihm die Sinne schwanden, raffte er sich mühsam auf, um auf die Knie zu kommen. Er schöpfte mit den Händen vorsichtig ein wenig Wasser und trank in kleinen Schlucken, gerade so viel, dass der Magen es bei sich behielt und es seinen Durst und seine Schmerzen ein wenig linderte.
„Besser, du bewegst dich nicht!“
Die Stimme kam wie aus dem Nichts und war so donnernd laut, dass sein Schädel vor Schmerz zu zerspringen drohte. Er hob den Kopf und entdeckte im Mondlicht einen Mann in dunkler Tunika, der hinter der mächtigen Eiche hervor auf ihn zukam. Der Fremde sagte noch etwas, doch er verstand ihn nicht. Der Mann musste ihm von der Lichtung aus gefolgt sein. Er hielt sein Schwert wie zum Angriff bereit in beiden Händen.
Ihm fiel ein, dass er unbekleidet war, aber es würde ihm wohl keine andere Möglichkeit bleiben, als sich dem Angreifer zu stellen. Er biss die Zähne zusammen, erhob sich schwankend und ging ein paar Schritte rückwärts, tiefer in das Wasser hinein, in der Hoffnung, der Mann würde ihm folgen. So geschwächt, wie er war, würde er am Ufer niemals eine Chance gegen einen Gegner mit Schwert haben. Das eisige Wasser reichte ihm bis zu den Oberschenkeln, als er stehen blieb, um den Angreifer zu erwarten.
Der Fremde blieb am Rand des Wassers stehen, das Schwert hielt er hoch über den Kopf, als wolle er zum Schlag ausholen. Noch war er zu weit entfernt, um ihn mit einem Hieb treffen zu können. Wieder rief der Fremde ihn an, doch dieses Mal sprach er langsamer, seine Stimme klang verächtlich. Es dauerte einen Augenblick, bis er die Worte mit einem Sinn füllen konnte. Es klang, als würde der Mann mit einem ihm fremden Akzent sprechen. Doch schließlich verstand er, was der Fremde sagte: „Heute wirst du sterben, Magnus. Noch einmal wirst du dem Tod nicht entkommen.“
Magnus. Hieß er tatsächlich so? Der Name sagte ihm nichts. Nicht das Geringste. Seine Verletzung am Kopf war nicht ohne Folgen für seinen Verstand geblieben, so viel stand fest.
„Wer bist du?“, fragte er stockend und mit einer Stimme, die ihm selbst fremd vorkam. Diese wenigen Worte zu finden und auszusprechen, hatte ihm Mühe bereitet.
Der Mann lachte abfällig. Seine Augen schimmerten im Mondlicht. „Es scheint, als hätte dein Hirn was abbekommen, Magnus. Aber was soll’s, da ich dein Leben jetzt sowieso beende.“
...



