E-Book, Deutsch, Band 3188, 64 Seiten
Reihe: Perry Rhodan-Erstauflage
Stern Perry Rhodan 3188: Die letzten Tage von Pordypor
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-8453-6188-8
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Perry Rhodan-Zyklus "Chaotarchen"
E-Book, Deutsch, Band 3188, 64 Seiten
Reihe: Perry Rhodan-Erstauflage
ISBN: 978-3-8453-6188-8
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5659 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen. Doch entwickelt sich in der kleinen Galaxis Cassiopeia offensichtlich eine neue Gefahr. Dort ist FENERIK gestrandet, ein sogenannter Chaoporter. Nachdem Perry Rhodan und seine Gefährten versucht haben, gegen die Machtmittel dieses Raumgefährts vorzugehen, bahnt sich eine unerwartete Entwicklung an: FENERIK stürzt auf die Milchstraße zu. Mit an Bord: mehrere Terraner, darunter Alaska Saedelaere und Gry O'Shannon. Die Quintarchin Schomek, die Lohe, versucht, Alaska - ebenso wie seine aus dem Anti-Universum stammende Entsprechung - als neuen Quintarchen zu rekrutieren und muss diesen Versuch mit ihrer Existenz bezahlen. Reginald Bull indessen gilt bereits als potenzieller Quintarch und erhält während seiner Probezeit das Kommando über eine Chaos-Bake. Er erlebt nun DIE LETZTEN TAGE VON PORDYPOR ...
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1. So weit das Chaos reicht Gegenwart, 25. Februar 2072 NGZ Reginald Bull trat fester auf als gewöhnlich. Sein Fuß rammte den Boden wie einen Feind. Bull war die weißen, gewundenen Räume müde, so sehr sie ihn faszinierten. Der Rote Stern hatte vieles an sich, was ihm nach zwei Wochen Aufenthalt mehr und mehr auf die Nerven ging. Das sternförmige Raumschiff der Ash'sharal war in seinem Inneren unspezifisch wie Nebel, halb da, halb dort, ein vages Etwas ohne Konturen, Ecken und Kanten. Wie hatte Mieke Meideina es über ihre Arbeit als Navigatorin gesagt? »Es ist, es ist nicht. Es war nie, wird nie gewesen sein und ist doch da. Kurze Geschichten verketten sich zu langen. Aber jene letzte, einzige Geschichte, die zum Schluss die gesamte Unendlichkeit umfasst, ist und war immer schon die früheste, kürzeste von allen.« Vieles im Roten Stern schien ein solcher Fall von »es ist, es ist nicht« zu sein. Manchmal stieß Bull sich unverhofft den Fuß an etwas, das unmöglich vorher zu erkennen gewesen war. Dann wieder gab es Wege, die so steil waren, dass sie sich nur im SERUN, im Flug zurücklegen ließen. Aber bitte nicht zu schnell, denn sonst bemühte man noch aus Versehen den Prallschirm. Auch war es zweimal passiert, dass der SERUN grundlos gestreikt hatte und Bull wie ein Stein auf den Boden geschlagen war. Inzwischen hatte er gelernt, seine Kommunikation mit den Ash'sharal an Bord zu verbessern, um solch schmerzhaften Erfahrungen vorzubeugen. Auch Mieke Meideina kam Bull in diesem Moment schwammig vor. Sie war nichts Halbes und nichts Ganzes; Ash'sharal und Mensch in einem. Sie hatte ein Gesicht, einen menschlichen Vorderkopf, Hände und Arme und doch den Leib eines Wesens, das einer nackten, bunt gepunkteten Meeresschnecke glich. Aus der hinteren Kopfpartie wuchsen zwei zapfenförmige Gebilde, die nicht nur extrem lichtempfindlich waren, sondern auch Holoprojektionen erzeugen konnten. Die Ash'sharal, die mit Mieke verschmolzen war, hatte beide Arme der Terranerin erhalten und in den eigenen Leib inkorporiert. Die Symbiose war durchaus gelungen. Miekes Gestalt war bezaubernd, keine Frage. Von ihrer Fremdartigkeit ging eine exotische Schönheit aus. Doch der Charakter der Terranerin im Körper der Ash'sharal war ebenso diffus und nebulös wie die Räumlichkeiten in diesem schneeblind machenden Raumschiff. Mieke Meideina wirkte wie ein Mensch, der so schwer traumatisiert worden war, dass er nie ganz hatte erwachsen werden können. Wahrscheinlich hatte ihr dafür das entsprechende Umfeld gefehlt. Das sorgte dafür, dass sich Bull wie der einzige Erwachsene an Bord fühlte. Die Sprache der Ash'sharal, die in Form von Piktogrammen über den Zapfengebilden ihrer Köpfe aufleuchtete, konnte er nicht lesen. Er war auf Übersetzungen angewiesen. »Du wirkst unzufrieden«, stellte Mieke fest. »Was stört dich?« »Die Sparsamkeit eurer Innenarchitekten.« Mieke lächelte. Sie machte eine Handbewegung, und der blasenartige Raum veränderte sich. Bull schien plötzlich mitten in einer Bar zu stehen, die ihn entfernt an das Silverbridge in Terrania erinnerte. Im silbergläsernen Fußboden irrlichterten Impulse, als wollten sie quer durch die Zeit reisen. Konnte sie etwa seine Erinnerungen lesen? Ein Hauch Verärgerung mischte sich in Bills Denken, dann atmetet er tief durch. Unsinn! Und wenn doch – was soll's? Illustration: Dirk Schulz Ein schlichter, roter Barhocker stand vor einem Tresen, hinter dem sich ein vom Boden bis zur Decke reichendes Fenster erstreckte. Bull blickte weit in die Stadt Terrania hinein, doch waren die Umrisse der über 100 Stockwerke tiefer liegenden Parks und kleineren Gebäude seltsam unscharf und blass. Der Tresen der Bar hingegen war scharf umrissen. Auch durch seine glassitartige Oberfläche liefen farbige Impulse, die Bull entfernt an das Irrlichtern hinter der Maske von Alaska Saedelaere erinnerten. Zum Glück waren sie weniger verstörend. »Besser?«, fragte Mieke. Mit schnellen Schritten ging Bull auf den Barhocker zu und griff danach. Noch während er es tat, wuchs aus dem Boden ein Hocker hervor, der sich der Form des Holos perfekt anpasste. Seine Finger berührten das dicke, weiche Material der roten Rückenlehne, das rasch fester wurde. Wenigstens war nun nicht mehr alles weiß. »Ja«, sagte Bull und schwang sich auf den roten Hocker. »Jetzt noch ein Drink und ein deftiges Mahl.« Er warf einen Blick auf seinen ungewöhnlich flachen Bauch. »Ich habe in letzter Zeit Probleme, mein Gewicht zu halten.« Mieke kam zu ihm an den Tresen. Erst dachte Bull, sie würde sich in ihren schnellen, fließenden Bewegungen dahinter schieben, um die Barkeeperin zu geben, doch stattdessen verharrte sie neben ihm. Auf der silbrigen, zart irrlichternden Tresenfläche wuchs ein gefülltes Glas in die Höhe. »Der Rote Stern kann viel für dich tun. Wenn wir wissen, dass du zu uns gehörst.« Bull schluckte. Es war das erste Mal, dass Mieke Meideina ihn auf seine Loyalität ansprach. Während des Besuchs auf Pallas in der Zinnwelt hatte zwischen ihnen ein unausgesprochener Waffenstillstand gegolten. Bull hatte dem Chaoporter ein Geschenk gemacht. Er hatte Wort gehalten und dafür gesorgt, dass die Liga den Asteroiden Pallas in FENERIKS Obhut gab. Dafür war kein Angriff auf die Liga erfolgt, ja, es war nicht einmal einer angedroht worden, auch wenn diese Möglichkeit im Raum gestanden hatte. Das konnte der erste Schritt zu einer friedlichen Lösung in diesem Konflikt sein. Der Chaoporter war trotz fehlender Quintarchen zu mächtig, um ihn offen herauszufordern. Die Völker der Milchstraße mussten einen anderen Weg finden. Nicht zuletzt wegen dem, was Bull von Spateese erfahren hatte, dem Botschafter der Kosmokratin Mu Sargai: Der Chaoporter drohte am Ende seines Sturzes beim Aufschlag in der Yodor-Sphäre zu einer chaokosmokratischen Schimäre zu werden; dem schlimmsten Übel beider Seiten. Nachdem Bull und Mieke Meideina wieder an Bord des Roten Sterns gegangen waren, waren sie umeinander geschlichen und wichtigen Fragen ausgewichen. Warum schnitt Mieke das Thema ausgerechnet in dieser Lage an? »Du misstraust mir?«, fragte er. »Ich kenne die Geschichten über dich und den großen Perry Rhodan. Ihr seid die Helden, die den Drachen mit einer Lanze erlegen wollen. Ich habe Mitleid mit dem Drachen.« »Du redest vom Chaoporter? Nicht dass ich ihn wie einen Drachen töten könnte ...« »Aber du würdest, wenn du eine magische Lanze fändest?« »Wäre ich dann hier?« »Vielleicht suchst du ja nach der verwundbaren Stelle, Vizeadministrator.« »Ich bin schon lange kein Vizeadministrator mehr.« »Wie soll ich dich dann ansprechen? Meister Mammut? Du erinnerst mich manchmal an ein polterndes Spielzeug.« »Und du mich an eins, das jemand zerbrochen hat.« Bull biss sich auf die Zunge. Er konnte Toio vor sich sehen, ihren warnenden Blick, wenn seine Ehrlichkeit und seine scharfe Zunge auf dem besten Weg waren, für Probleme zu sorgen. Mieke jedoch wirkte nicht verletzt. »Zerbrochen, ja ... und wieder zusammengesetzt.« Sie lächelte und bewegte beide Arme, die aus dem Schneckenleib ragten. Ihre Finger glitten über die spiegelglatte, schwach irrlichternde Oberfläche des Tresens. »Aber du bist meiner Frage ausgewichen, Meister Drachentöter. Willst du dem Chaoporter schaden? Vielleicht wäre es besser, dich den Gharsen zu übergeben, damit sie dich sicher verwahren.« Bull schauderte. Als angehender Quintarch fand er ganz sicher einen Ehrenplatz in den kranken Galerien dieser Monster. Er wägte seine Worte ab. »Ich will die Milchstraße schützen. Das wollte ich schon immer. Und im Moment schütze ich die Milchstraße, indem ich FENERIK helfe. Wir müssen ihm den Weg freiräumen, ohne dass dabei jemand zu Schaden kommt. Eure Chaofakta will keiner vor seiner Haustür randalieren haben.« Er griff sich mit der Hand zum Mund. »Als ich sehr jung war und eine Freundin verteidigt habe, hat mir ein Idiot fast einen Zahn ausgeschlagen. Andere hätten vielleicht aufgegeben, aber ich nicht. Es hat mich angestachelt, besser zu werden. Ich möchte andere beschützen.« »Du willst also Jungfrauen in Not vor dem Drachen retten?« »Ich habe auch ein Herz für ältere Damen. Ich bin selbst nicht mehr der Jüngste, auch wenn ich mich jung fühle.« Mieke kicherte. Eine wellenförmige Bewegung ging durch ihren weichen, beweglichen Körper. Die Punktmuster auf der Oberfläche erzitterten. »Es ist schön, dass du Humor hast. Ich habe lange nicht so viel gelacht.« Sie versteifte sich. Die harmonischen Wellen ihres Körpers stoppten für ein bis zwei Sekunden und wurden schlaff wie eine Fahne im ausbleibenden Wind. Bull hatte genug Zeit gehabt, dieses Verhalten in den vergangenen zwei Wochen zu beobachten. Es erinnerte ihn an Atlan, wenn der Arkonide mit seinem Extrasinn sprach. Doch Mieke Meideina hatte keinen Extrasinn, auch wenn ihr Bewusstsein besonders war. Sie erhielt gerade eine Nachricht, auf einem für Bull unbekannten Weg von einem der Ash'sharal an Bord. Vermutlich von einem, der das Sextaskop nutzte. »Wir müssen die Begleitschiffe kontaktieren«, sagte Mieke, nachdem die Sekunden verstrichen waren. Bull griff nach dem Glas und trank es in einem Zug leer. Die Flüssigkeit darin war ganz offensichtlich zuckerfreier Pfirsicheistee mit einem Hauch Limette. So würde er sein altes Gewicht nie zurückbekommen. »Gibt es ein Problem?« »Nein. Eine reine Vorsichtsmaßnahme.« Zum ersten Mal kam Bull das freundliche Lächeln in dem zugleich kindlich-naiven und einsichtigen Gesicht...