Strindberg | Ehestandsgeschichten | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 181 Seiten

Strindberg Ehestandsgeschichten


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-3724-8
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 181 Seiten

ISBN: 978-3-8496-3724-8
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Unmöglichkeit einer echten menschlichen Beziehung Strindbergs, besonders zur Frau, wurde in seinem Leben und Werk, das vom selbstquälerischen und selbstzerstörerischen Bekenntnisdrang des Skeptikers geprägt ist, zu einem Hauptthema. Dieser Band enthält die Novellen: Herbst Brot Ein Puppenheim Das Kind. Pech Gegen Bezahlung Der Ernährer Zweikampf Natürliche Hindernisse Um sich zu verheiraten Die Entstehung der Rasse Getraut und Ungetraut

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Sie waren jetzt sechs Jahre verheiratet, aber sie lebten wie in den Flitterwochen. Er war Flottenkapitän und musste jeden Sommer auf mehrere Monate fort; zweimal hatte er auch schon Langtouren gemacht. Sie waren ein rechter Segen, diese kleinen Expeditionen. Hatten sich zu Ende des Winters Spuren einer gewissen Versauerung eingestellt, so frischte die Sommerreise ihr Verhältnis wieder von Grund aus auf.

Im ersten Sommer schrieb er ihr förmliche Liebesbriefe, und nicht ein einziges Fahrzeug liess er vorübergehen, ohne zu signalisieren: Post! Und als er endlich bei der schwedischen Küste Land zu sehen bekam, wusste er gar nicht, wie er sie schnell genug zu sehen bekommen sollte. Aber das wusste sie. Bei Landsort bekam er ein Telegramm, dass sie ihm bis Dalarö entgegen kommen wollte, und als dann sein Schiff bei Jutholm vor Anker ging, und er von der Veranda des Postgebäudes her ein kleines himmelblaues Taschentuch winken sah, wusste er, dass sie es war. Aber es gab noch so viel an Bord zu besorgen und es wurde Abend, ehe er an Land gehen konnte. Als er dann aber mit der Schaluppe ankam, und der Bootshaken eingeschlagen worden war, und er sie auf der Brücke stehen sah, so jung, so frisch, so hübsch wie je, da war es, als erlebte er seinen Hochzeitstag noch einmal. Und als sie zu der Posthalterei kamen, was für ein gutes kleines Souper hatte sie in den zwei Gasthauszimmerchen zu arrangieren verstanden. Und wie viel hatten sie sich zu erzählen! Von der Reise, von den Kleinen, von der Zukunft. Und dann funkelte der Wein und die Küsse knallten und dann hörten sie den Zapfenstreich von draussen her. Aber das störte ihn nicht, – er brauchte ja vor ein Uhr nicht fort. Was, musste er wieder fort?

Ja, er hätte ja eigentlich ganz an Bord bleiben sollen, aber wenn er nur zur Reveille dort war, dann war es gut.

Wann war denn Reveille?

Um fünf Uhr.

"So zeitig!"

Aber wo würde sie schlafen diese Nacht?

Das sollte er gar nicht wissen!

Aber er wollte durchaus ihr Schlafzimmer sehen. Sie stellte sich vor die Thür, – aber er küsste sie, nahm sie auf den Arm wie ein Kind und öffnete.

Huh, dieses grosse Bett! Diese enorme Barkasse! Wo hatte sie denn das aufgegabelt?

O Gott, wie rot sie wurde! Aber sie hatte ja seinen Brief so verstanden, dass sie in der Posthalterei logieren wollten.

Ja, gewiss wollten sie das, wenn er auch zu dem verflixten Morgengebet an Bord musste, das schadete nichts.

Nein, wie er aber redete!

Und jetzt wollten sie Kaffee haben und ein kleines Feuerchen, denn die Laken fühlten sich so klamm an. Nein, so ein verständiger kleiner Schelm, für so ein grosses Bett zu sorgen! Wie hatte sie denn das aufgegabelt.

Sie hatte es ja gar nicht "aufgegabelt"!

Nein, gewiss nicht, das wollte er gerne glauben!

Ach er war dumm!

So, war er dumm? Und er fasste sie um die Taille.

Nein, er sollte aber bescheiden sein!

Bescheiden, das war leicht gesagt!

Jetzt kam ja das Mädchen mit dem Holz! – – – – – Als die Uhr zwei schlug, und es im Osten heller wurde, sassen sie beide am offenen Fenster. Es war, als sei sie seine Geliebte, und er der Liebhaber. Und war es denn nicht so? – Ach, dass er jetzt fort musste! Aber um zehn Uhr zum Frühstück wollte er wieder da sein, und dann wollten sie unter Segel gehen.

Dann machte er Kaffee auf seinem Maschinchen, und dann tranken sie Kaffee bei Sonnenaufgang und beim Schreien der Möven. Dann küsste er sie zum letzten Mal, schnallte den Säbel um und ging. Und als er unten an der Brücke stand und rief "Boot ahoj!" versteckte sie sich hinter der Gardine, gerade als schämte sie sich. Aber er warf ihr Handküsse zu, einen nach dem andern, selbst dann noch, als die Matrosen mit dem Fahrzeug da waren. Und dann noch ein letztes: Schlaf gut und träume von mir! und als er schon ein ganzes Stück fort war, und sich mit dem Krimmstecher vor den Augen nach ihr umwandte, sah er noch eine ganz kleine Gestalt mit schwarzem Haar am Fenster, und die Sonne schien auf ihr Leinenzeug und ihre blossen Schultern, so dass sie aussah wie eine Seejungfrau.

Und dann kam die Reveille. Die langen Töne des Signalhorns rollten über grüne Inseln und blanke Wasserflächen und hallten von den Tannenwäldern wieder. Und dann alle Mann auf Deck und "Vater unser" und "Jesu lass mich stets beginnen". Die kleine Glocke von Dalarö antwortete mit leisen Tönen, denn es war Sonntagmorgen. Und nun kamen allerlei Fahrzeuge in der Morgenbrise daher, Flaggen wehten, Schüsse knallten, helle Sommerkleider blitzten auf der Zollbrücke, das Dampfboot von Altön kam an, Fischer zogen ihre Netze heraus, und über grünem Land und blauem Wasser leuchtete die goldene Sonne. Um zehn Uhr kam der Kapitän mit sechs Paar Rudern an Land, und nun hatten sie einander wieder! Als sie in dem grossen Speisesaal frühstückten, flüsterten die andern Gäste sich zu: "Ist das seine Frau?" Er sprach halblaut wie ein Verliebter, und sie schlug die Augen nieder und lachte, oder klopfte ihn mit der Serviette über die Finger.

Das Boot lag, zur Abfahrt fertig, bei der Brücke und sie sollte am Steuerruder sitzen. Er besorgte das Focksegel. Aber er konnte seine Blicke nicht abwenden von ihrer hellen, sommerlich gekleideten Gestalt, mit der hohen, festen Brust, der ernsten kleinen Miene und dem festen Blick, mit dem sie nach dem Winde ausschaute, während ihre in hirschledernen Handschuhen steckende kleine Hand die Grossmastschote hielt. Er wollte immer nur plaudern und machte beim Wenden allerlei dummes Zeug. Da bekam er einen Verweis wie ein Schiffsjunge, und das amüsierte ihn unendlich.

"Warum hast Du eigentlich die Kleine nicht mitgebracht?"

"Ich möchte wissen, wo ich sie hätte hinlegen sollen?"

"Na, in die grosse Barkasse natürlich."

Sie lachte, und diese Art von Lachen gefiel ihm unbeschreiblich gut.

"Na, was hat denn die Wirtin heute morgen gesagt?" fuhr er fort.

"Was soll sie gesagt haben?"

"Fragte sie, ob Du gut geschlafen hast?"

"Weshalb sollte ich nicht gut geschlafen haben?"

"Weiss ich? Aber es hätten ja z. B. Ratten knabbern oder Fensterflügel knarren können, kann man wissen, was alles den Schlaf so einer alten Jungfer stört?"

"Wenn Du nicht gleich still bist, dann mache ich die Schote fest und segle Dich ins Meer hinein.

Sie landeten bei einer kleinen Insel und assen Mittag aus einem mitgebrachten Körbchen. Dann schossen sie mit dem Revolver nach dem Ziele; schliesslich warfen sie Angeln aus, als aber nichts anbeissen wollte, segelten sie weiter. Hinaus auf den Fjord, wo die weissen Eidervögel herumstrichen, in den Sund hinein, wo die Hechte schnellten, und wieder hinaus, und er wurde nicht müde, sie anzusehen, mit ihr zu plaudern, sie zu küssen. – – –

So trafen sie sich sechs Sommer nach einander in Dalarö und immer waren sie gleich jung, in einander vernarrt und glücklich. Den Winter über sassen sie in Skeppsholm in ihrer kleinen Wohnung. Da fabrizierte er Boote für die Jungen oder er erzählte ihnen seine Abenteuer in China und den Südseeinseln, und seine Frau sass dabei und amüsierte sich über die tollen Geschichten. Und das Zimmer, in dem sie sassen, war das schönste, das es gab, anders als irgend eines, das man finden konnte. Da hingen japanische Schirme und Rüstungen, ostindische Miniaturpagoden, australische Waffen, Bogen und Lanzen, Negertrommeln und getrocknete Fliegenfische, Zuckerrohrstangen und Opiumpfeifchen. Und dem Papa, der allmählich etwas kahl zu werden anfing, wollte es draussen gar nicht mehr recht gefallen. Ab und zu spielte er mit dem Auditeur eine Partie Schach oder Karten bei einem gemütlichen kleinen Grog. Anfangs hatte seine Frau gern mitgespielt, aber seit sie vier Kinder hatten, hatte sie keine Zeit mehr dazu, dafür setzte sie sich ab und zu etwas neben ihren Mann und guckte ihm in die Karten, und jedesmal wenn sie kam, fasste er sie um die Taille und fragte sie um Rat. – – –

Die Korvette sollte in See gehen und sechs Monate ausbleiben. Dem Kapitän wurde es recht...



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