Stucke | Gute Gründe | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 124 Seiten

Reihe: Edition 211

Stucke Gute Gründe

13 Kriminalgeschichten
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-937357-79-9
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

13 Kriminalgeschichten

E-Book, Deutsch, 124 Seiten

Reihe: Edition 211

ISBN: 978-3-937357-79-9
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Fahr zur Hölle, Chéri Es gibt diesen Zeitpunkt im Leben einer Frau, da muss sie sich entscheiden: lasse ich mir weiterhin auf der Nase herumtanzen oder mache ich einen harten Schnitt? Alles Weitere ist dann lediglich eine Frage der passenden Mordwaffe und des persönlichen Stils - Minna besinnt sich auf ihre exzellenten Kochkünste, Edeltraut greift zum Golfschläger und Hertha beschließt eine spontane Ehrenrettung mittels Schrotflinte. Angelika Stucke ist ihrer Linie nach ihrem Erstling 'Gute Motive' im zweiten Band der geplanten Trilogie über mörderische Frauen treu geblieben, wie im ersten Band schlagen zwölf Frauen und ein Knabe eine Schneise der Verwüstung durch nur scheinbar idyllische Landstriche. In jeder Kleinstadt lauert eine verkappte Mörderin, die man besser nicht reizt. Und den Weg hin zum perfekten Verbrechen beschreibt die Autorin so amüsant, pointenreich und treffsicher, dass es ein Vergnügen ist, ihr auf die dunklen Pfade zu folgen!

Angelika Stucke, geboren 1960 im niedersächsischen Eddinghausen, arbeitete zunächst als Dip.-Sozialpädagogin in Leverkusen. Da ihr Herz aber immer schon für das Schreiben schlug, gab sie die feste Stelle auf und arbeitete als freie Mitarbeiterin beim Bastei Verlag. 1986 Stipendium der Carl Duisberg Gesellschaft, um Erfahrung als Autorin im Ausland zu sammeln. Sie berichtete für die Fernsehwoche aus Hollywood. Ende 1987 ging sie nach Spanien, wo sie bis heute als freie Autorin für deutsche und spanische Medien tätig ist.

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Der Stoff gilt nichts
Ich hoffe, sie finden ihn erst, wenn ich mit allem fertig bin! Ich weiß, dass sie kommen werden. Das war mir schon ganz zu Anfang klar, trotzdem musste ich es tun. Es gab einfach keine andere Lösung. Manchmal ist Schönheit ein Fluch. Seine perfekten Züge waren mir als Erstes aufgefallen, kaum dass er die Kneipe betreten hatte. Ich hielt mich in dem verräucherten Raum auf, weil ich auf andere Gedanken kommen musste. Eigentlich hatte ich arbeiten wollen, aber kaum war ich in meinem Atelier angekommen, spürte ich eine innere Blockade. Ich wusste, dass es sinnlos sein würde, mich vor die Leinwand zu stellen. Das hatte ich schon oft probiert. Solange ich auch Farbe auf das Tuch strich, es wollte nichts Wahres daraus werden. Linien und Spritzer, vereinzelte Tupfen, sie ergaben keinen Sinn. Ein bloßes Streichen, weiter war es nichts, wie bei einem Handwerker, der Hauswände mit Farbtönen bekleckert. Vielleicht würde sich meine Verkrampfung bei einem Glas Wein lösen? Abschalten ist immer das Beste. Je mehr Raum man einer Situation in seinen Gedanken gibt, umso eher breitet sie sich aus, nistet sich im Leben ein, wie ein ungebetener Gast. Es war sicher schon weit nach dem dritten Glas, als er in die Gaststätte schritt. Ich höre immer nach dem dritten Glas zu zählen auf. Dafür saß ich noch ziemlich aufrecht auf meinem Barhocker und betrachtete die tiefrote Flüssigkeit in meinem Glas. Ich hielt das Trinkgefäß an seinem zierlichen Stiel gegen eine der runden, weißen Lichtkugeln, die in gleichmäßigen Abständen über der Theke hängen. Solch einen purpurnen Schimmer wollte ich in einem Bild einfangen! Gerade, als die Bildidee so nah war, dass ich glaubte, sie fassen zu können, erblickte ich ihn. Sofort war alles andere vergessen! Es gab nur noch dieses schöne Antlitz, dessen Symmetrie fast unmöglich schien. Diese völlig gerade verlaufende Nasenform, ohne runde Ansätze, Ein- oder Ausbuchtungen, wie auf uralten Münzen, die das Konterfei des jungen Alexander wiedergeben. Auch seine absolut aufrechte Haltung, die fast etwas Hochnäsiges an sich hatte, glich der einer griechischen Götterstatue. Ich wusste, ich musste ihn malen! Es ist mir noch nie schwer gefallen, einen Mann, für den ich mich interessiere, zu gewinnen. Natürlich ist mir mein Äußeres dabei etwas behilflich. Ich sehe gut aus, sehr gut sogar! Früher pfiffen die Maurer mir auf der Straße nach, wenn ich an einer Baustelle vorbei kam. Oft bin ich extra dort entlang gegangen, wo ein Haus gebaut wurde, auch wenn das einen Umweg bedeutete, nur weil ich diese Pfiffe so gern hörte. Ich weiß gar nicht, warum die Bauarbeiter das heute nicht mehr tun. Wahrscheinlich trauen sie sich nicht. Die übereifrige Emanzipation mancher Frauen hat ja so viele schöne Tugenden kaputtgemacht. Ich habe es auch stets geliebt, wenn ein Herr mir zur Begrüßung die Hand küsste, mir beim Betreten eines Raumes den Vortritt ließ oder die Tür aufhielt ... Doch ich schweife ab. Sie werden bald hier sein und ich will noch so vieles zu Papier bringen.

»Ich werde dich Niko nennen!«, sagte ich dem jungen Mann direkt ins Gesicht, als er neben mir an der Theke lehnte, um seine Bestellung aufzugeben. Zunächst tat er so, als habe er nichts gehört. Schweifte aber mit seinem Blick, mit dem er eigentlich die Aufmerksamkeit der Bedienung fangen wollte, immer wieder zu mir. Obwohl ich mit Sicherheit doppelt so viele Jahre zähle wie er, blitzte ein Funke in seinen Augen auf, kaum dass er meine Schönheit erkannte. Sofort registrierte er mich unter den begehrenswerten Frauen. Schließlich konnte er seine Neugier nicht länger zügeln und wandte sich mir zu. »Wie bitte?« Männer lieben Ränkespiele, das macht sie so manipulierbar. »Du solltest einen Namen tragen, der deines Äußeren würdig ist, Niko.« Ich hauchte den Satz so leise dahin, dass er, um mich zu verstehen, immer näher kommen musste. Bei den letzten Worten war sein linkes Ohr meinem Mund so nah, dass ich nicht umhin konnte, mit meiner Zungenspitze ganz sacht sein Ohrläppchen zu lecken. Er erschauderte. Sämtliche Poren seiner Haut zogen sich zusammen. »Aber, ich heiße Peter«, stotterte er sichtbar verwirrt. Hals und Gesicht überzogen sich nun mit einer tiefen Röte. Ihm musste abwechselnd heiß und kalt sein. Ich schickte einen leidgeprüften Blick zum Himmel. Dass äußere Schönheit so selten mit einem großen Geist gepaart ist! Aber wie schrieb schon Heinrich Heine in seinen Gedanken: ‚In der Kunst ist die Form alles, der Stoff gilt nichts.’ »Kommst du, Peter?« Ein hübsches junges Ding mit Schmollmund zupfte urplötzlich meinen griechischen Gott am Pulloverärmel. Mich würdigte sie nur eines kurzen, verächtlichen Blickes, wie ihn die Jugend so oft für ältere Menschen übrig hat. Nikos Gesicht war noch immer gerötet, als er sich erneut um die Aufmerksamkeit des Kellners bemühte. Während er auf die zwei frisch gezapften Biere wartete, hatte ich Zeit, meine Telefonnummer auf einen Bierdeckel zu kritzeln. Unter die Reihe von Zahlen schrieb ich: ‚In unseren Nächten sollst du Niko sein!’ »Verzeihung, mein Schal muss hier irgendwo liegen«, murmelte ich, während ich von meinem Hocker stieg und mich vor Niko bückte. Dabei drängte ich Schmollmündchen aus dem Weg, steckte Niko den Bierdeckel in die Hosentasche und hatte sogar Gelegenheit, mit meiner rechten Wange ganz flüchtig seinen Schritt zu streifen. Ich würde nicht lange auf seinen Anruf warten müssen! Die Psyche von Männern ist so simpel! Stets wollen sie die Eroberer sein. Deshalb ließ ich Nikos erste Kontaktversuche, die er in den kommenden Wochen auf meinen Anrufbeantworter sprach, unbeantwortet. Er sollte sich ja als der Jäger fühlen, der sein Wild immer mehr in die Enge trieb. Und richtig! Seine Nachrichten wurden von Tag zu Tag gewagter. Zunächst hatte das Band nur das Knacken eines schnell wieder aufgelegten Hörers aufgezeichnet. Nach drei Tagen hatte er zum ersten Mal seinen Namen und seine Nummer hinterlassen, zusammen mit der Bitte um einen Rückruf. Eine Woche nach unserer ersten Begegnung wagte er es, ein Versprechen zu äußern: »Ich kann dich glücklich machen!« Das klang etwas gelallt, vermutlich hatte er sich Mut antrinken müssen. Es brauchte zwei ganze Wochen, ehe er begriff, dass er, wie Aladin im Märchen, ein Zauberwort würde sprechen müssen: »Hier ist Niko.« Ich nahm sofort den Hörer ab.

Wenn ich heute an unseren ersten Beischlaf denke, an sein stürmisches Drängen, tut es mir fast Leid um ihn! Er hatte im betrunkenen Zustand nicht zu viel versprochen. Aber ich will mich nicht mit schönen Erinnerungen quälen. Fast kann ich ihre Sirenen hören, Eile ist geboten, denn es gibt noch so viel, das ich richtig stellen möchte, bevor ich gehe. Wie unter Zwang begann ich, Niko zu porträtieren. Schon nach der ersten Ausstellung fielen auch die Kritiker unter den Bann seiner überirdischen Schönheit. ‚Helene Sauer hat einen Gott auf die Leinwand gebannt’ titelten sie. Es gab zahlreiche Spekulationen darüber, ob ein solch perfektes Wesen existieren kann. Natürlich drängte Niko immer wieder darauf, mit zu einer Vernissage zu kommen. Aber ich hatte ihm verboten, meine Ausstellungen zu betreten. »Wenn du das tust, ist es aus mit uns!«, drohte ich ihm. Natürlich machte ich mir keine ernsthaften Sorgen, dass er meinen Anweisungen zuwider handeln würde, dafür waren die Ketten, die ihn fesselten, zu stark. Es ist furchtbar, mit ansehen zu müssen, wie Schönheit zerfällt! An mir selbst erlebe ich es ja tagtäglich. Der Blick in den Spiegel wird immer mehr zu einem Weggucken. Nun musste ich bei Niko wahrnehmen, wie er im Zeitraffer welkte. Ich hatte ihn genau zum richtigen Zeitpunkt entdeckt, als die Blüte seiner Jugend ihre volle Pracht entwickelt hatte. Ab da gibt es nur noch den Verfall. Ich kann nicht verstehen, warum die Menschen so versessen darauf sind, lange zu leben. Vermutlich vergessen sie dabei, dass ein langes Leben alt werden bedeutet. Zuerst entdeckte ich feine Polster unter seinen Augen, die, obwohl ich sie sofort mit Eiswürfeln behandelte, nicht wieder verschwinden wollten. Dann bemerkte ich die zunehmende Schlaffheit seiner Muskulatur. Bald musste ich einsehen, dass der Mann, der seit Monaten in meinem Atelier lebte, immer weniger mit der Schönheit meiner Gemälde gemein hatte. ‚In der Kunst ist die Form alles, der Stoff gilt nichts.’ Die Form hatte ich für die Nachwelt erhalten. Der Moment war gekommen, mich des Stoffes zu entledigen. Ich machte mir auch nichts vor: früher oder später würde einer der Menschen, die Niko Peter genannt hatten, ihn auf meinen Werken erkennen. In den zwei Wochen, die er brauchte, um das Zauberwort zu finden, hatte ich viel über ihn und seine Umgebung erfahren. Letztere war mir zwar nicht als eine erschienen, die es in Kunstausstellungen zieht, aber dennoch: Meine Zeit war von Anfang an sehr begrenzt gewesen. Trotzdem hätte ich wohl noch etwas gewartet, wäre ich gestern nicht zufällig bei der Galerie Mertens vorbeigegangen. Je...


Angelika Stucke, geboren 1960 im niedersächsischen Eddinghausen, arbeitete zunächst als Dip.-Sozialpädagogin in Leverkusen. Da ihr Herz aber immer schon für das Schreiben schlug, gab sie die feste Stelle auf und arbeitete als freie Mitarbeiterin beim Bastei Verlag. 1986 Stipendium der Carl Duisberg Gesellschaft, um Erfahrung als Autorin im Ausland zu sammeln. Sie berichtete für die Fernsehwoche aus Hollywood. Ende 1987 ging sie nach Spanien, wo sie bis heute als freie Autorin für deutsche und spanische Medien tätig ist.



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