E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Sütterlin / VENRO Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen Mein Wort zählt
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-86099-967-7
Verlag: Brandes & Apsel
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Mikrokredite: Kleines Kapital - große Wirkung
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
ISBN: 978-3-86099-967-7
Verlag: Brandes & Apsel
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Kleiner Kredit, große Wirkung: Aus erster Hand erfahren Leser, warum Mikrokredite eine Chance für Frauen und ihre Familien sind, der Armutsfalle zu entkommen. Es wird allerdings auch deutlich, dass es noch einiges mehr braucht, damit Menschen die Kreativität entfalten können, die in ihnen schlummert. Ein Beitrag zur weltweiten Debatte über Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung. Ein beeindruckendes Buch darüber, dass Veränderung möglich ist!
Das Buch entstand im Rahmen des Projektes NGO-IDEAs, das Ansätze für partizipative Wirkungsbeobachtung prüft, mitfinanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Das Buch berichtet über den Alltag in Indien. Es erklärt anhand von Fallbeispielen, wie Mikrokredite funktionieren. Aber auch, dass es zur Armutsminderung mehr braucht als nur die Möglichkeit, Geld zu sparen und zu investieren. Schulung und Stärkung des Selbstbewusstseins zum Beispiel. Hilfe zur Selbsthilfe funktioniert besonders gut, wenn die Betroffenen selbst auf die Programme Einfluss nehmen und deren Wirkungen steuern können.
Für seine Idee, Kleinkredite für produktive Zwecke an arme Frauen zu vergeben, hat Muhammad Yunus 2006 den Friedensnobelpreis bekommen. Die von ihm gegründete Grameen Bank wurde zum häufig kopierten Erfolgsmodell. Viele NGOs setzten auf Mikrokredite als Motor für Entwicklungsprogramme, die Selbsthilfe fördern.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Wirtschaftssoziologie, Arbeitssoziologie, Organisationssoziologie
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Kultur Staatsbürgerkunde, Staatsbürgerschaft, Zivilgesellschaft
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Soziale Ungleichheit, Armut, Rassismus
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Kultur Nichtregierungsorganisation (NGOs)
Weitere Infos & Material
Inhalt
Vorwort
Armut gehört ins Museum
Warum dieses Buch?
Selbstbewusst und eigenständig
1. Kapitel: Mit Rosen und Ruderbooten aus der Armut
Sonntag in den Yelagiri Hills
Der Bruder ging zur Schule, die Mädchen nicht
Hilfe zur Selbsthilfe
Ein Netzwerk für Entwicklung
Die Gruppe hält zusammen
Gute Geschäfte mit der Bootsvermietung
2. Kapitel: Kapital für die Armen
"Überleben kann eine Frage von ein paar Groschen sein"
Ein Experiment namens Grameen Bank
Wie Kreditkassen für Arme in Europa aufkamen
Mikrokredite - ein neuer Impuls für die Entwicklungspolitik
Pioniere in Südamerika
Drei Modelle - eine Wirkung
3. Kapitel: Drei Knoten sind zu lösen
"Früher waren wir fast wie Sklaven"
800 Millionen Arme
Von der Gesellschaft ausgeschlossen
Mikrokredite allein genügen nicht
Arme Frauen sind doppelt diskriminiert
Gemeinsam sparen, gemeinsam unabhängig sein
"Heute bestimmen wir, für wen wir waschen"
Genossenschaften funktionieren nicht
Mikrokredite und Selbsthilfegruppen - eine Erfolg versprechende Kombination
"Es hilft nichts, jemandem das Angeln beizubringen, wenn er nicht zum Fluss kommt"
Fototeil
4. Kapitel: Mehr als nur Kapital
"Meine Familie kann jetzt in Würde leben"
Aus eigener Kraft planen und entwickeln
Zurück zu den Traditionen
Alternativen zur Landwirtschaft
Eine Medizin, die wenig kostet und sich am Patienten orientiert
Arme engagieren sich
Die eigenen Rechte kennen
Arme Frauen gründen eine Bank nur für ihresgleichen
5. Kapitel: Wirkungen beobachten
Benotung mit Samenkörnern
"Die Effizienz von Selbsthilfegruppen misst sich auch an sozialen Faktoren"
Das einzig Beständige ist die dauernde Veränderung
Offener Erfahrungsaustausch
Schritt für Schritt die selbst gesetzten Ziele erreichen
Ein Werkzeugkasten für Entwicklung
"Ich kann unterschreiben"
Eine Karte des dörflichen sozialen Gefüges
6. Kapitel: Aus Erfahrungen lernen
Löcher im Haushaltsbudget
Probleme gibt es immer - aber jetzt kann man offen damit umgehen
"Ich sehe, dass sich die Mehrarbeit lohnt"
Banken beginnen Arme als Kunden zu betrachten
Sensible Instrumente erfassen Mängel frühzeitig
Arme wissen am besten, was arm heißt
7. Kapitel: Eine Vision von Zukunft
"Es gibt immer neue Ideen"
Die NGO - auch eine Art Sicherheit für die Bank
Pläne für die Kinder
Anhang
Die Partner im Projekt NGO-IDEAs
Abkürzungen
Vorwort
Armut gehört ins Museum
Armut stellt eine Gefahr für den Frieden dar. Dies wird vor allem an der globalen Einkommensverteilung sichtbar: 40 Prozent der Weltbevölkerung profitieren von 94 Prozent des globalen Einkommens, während 60 Prozent der Weltbevölkerung mit den restlichen sechs Prozent zurechtkommen müssen. Die Hälfte der Menschheit lebt von zwei Dollar am Tag. Über eine Milliarde Menschen haben weniger als einen Dollar am Tag zur Verfügung. Dies kann keine Formel für Frieden sein.
Frieden sollte auf humane Weise verstanden werden - in einem umfassenden sozialen, politischen und ökonomischen Sinn. Er ist durch ungerechte wirtschaftliche, soziale und politische Rahmenbedingungen, das Fehlen von Demokratie, Umweltzerstörungen und Missachtung der Menschenrechte gefährdet.
Armut beruht vor allem darauf, dass die Menschenrechte nicht eingehalten werden. Eine Gesellschaft bleibt langfristig nur dann friedlich, wenn sie nicht von Frustration, Feindseligkeit und Wut zermürbt ist. Sie muss also Wege finden, den Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
Ich selbst wurde mit dem Thema Armut nicht als politischer Entscheidungsträger oder Forscher konfrontiert. Die Armut umgab mich einfach von allen Seiten, so dass ich nicht wegschauen konnte. Ich sah arme Menschen in ihrem Kampf um ein kleines bisschen Geld zum Überleben. Ich war erschüttert, als ich eine Frau im Dorf sah, die von einem Händler Geld für den Kauf von Rohmaterial erhielt und ihm dafür zusichern musste, dass er alles, was sie produzierte, zu dem von ihm festgelegten Preis zurückkaufen konnte. Dies ist für mich nichts anderes als Zwangsarbeit.
Als Erstes versuchte ich die örtliche Bank davon zu überzeugen, Kredite auch an Arme zu vergeben. Dies scheiterte jedoch. Die Bank antwortete mir schlicht, Arme seien nicht kreditwürdig. Nachdem meine Bemühungen in diese Richtung selbst nach mehreren Monaten ohne Erfolg blieben, bot ich mich als Bürge für die Kredite der Armen an. Das Ergebnis war überwältigend. Die Armen zahlten ihre Kredite immer pünktlich zurück! Aber noch immer hatte ich Schwierigkeiten, das Programm mithilfe des bestehenden Bankensystems zu erweitern. An diesem Punkt entschloss ich mich, eine eigene Bank für die Armen zu gründen. Im Jahre 1983 war es dann endlich so weit. Ich nannte sie Grameen Bank oder auch Dorfbank.
Es ist jetzt 30 Jahre her, dass wir mit dieser Bewegung begonnen haben. Heute schauen wir auf die Kinder unserer ersten Darlehensnehmer und sehen die Folgen und Wirkungen unserer Arbeit. Die Frauen, die sich von uns Geld liehen, gaben der Entwicklung ihrer Kinder höchste Priorität. Eine der "Sechzehn Entscheidungen", die von den Frauen selbst entwickelt und befolgt wurden, war die, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Die Grameen Bank ermutigte sie dabei, und binnen kürzester Zeit gingen alle Kinder zur Schule.
Wir schaffen eine neue Generation, die ausreichend darauf vorbereitet ist, ihre Familien dauerhaft vor Armut zu schützen. Wir wollen einen Schlussstrich unter die historische Kontinuität von Armut ziehen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine Welt ohne Armut schaffen können, weil Armut nicht von armen Menschen gemacht wird. Sie wurde herbeigeführt und wird erhalten von ökonomischen und sozialen Systemen, die wir selbst begründet haben; von den Institutionen und Denkmustern, die unser System bilden sowie der Politik, die wir verfolgen.
Armut entsteht, weil unsere Theorien auf Annahmen beruhen, die die menschlichen Fähigkeiten unterschätzen. Die auf diesen Annahmen aufbauenden Ansätze greifen zu kurz. Was wir unter Geschäftsideen, Kreditwürdigkeit oder Unternehmertum verstehen, passt nicht auf Arme. Gleiches gilt für Institutionen, wie beispielsweise Finanzdienstleister, die Armen keinen Zugang gewähren. Armut basiert auf den Fehlern, die auf konzeptioneller Ebene gemacht werden, und weniger auf dem Fehlen menschlicher Fähigkeiten.
Ich glaube fest daran, dass wir eine Welt ohne Armut schaffen können