Teismann / Hanning | Das Depressionsbuch | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Reihe: BALANCE Ratgeber

Teismann / Hanning Das Depressionsbuch

Informationen für Betroffene, Angehörige und Interessierte
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86739-231-0
Verlag: BALANCE Buch + Medien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Informationen für Betroffene, Angehörige und Interessierte

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Reihe: BALANCE Ratgeber

ISBN: 978-3-86739-231-0
Verlag: BALANCE Buch + Medien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Licht ins Dunkel bringen

'Ziel des Buches ist es, Informationen zum Verständnis depressiver Störungen und deren Behandlung zu geben. Wir hoffen, dass die Informationen und Anregungen in diesem Buch Ihnen dabei helfen, sich selbst oder einen depressiven Angehörigen besser zu verstehen und – in dieser schweren Zeit – liebevoll zu begleiten.'

Geschätzt leiden weltweit etwa 350 Millionen Menschen an depressiven Störungen. Für ihre Entstehung und Aufrechterhaltung ist weder ein 'Depressions-Gen' noch ein Mangel an Botenstoffen im Gehirn verantwortlich – die Wahrheit ist komplexer: Depressionen entstehen, wenn vielfältige biologische, psychologische und soziale Problemkonstellationen zusammenkommen.

Vor diesem Hintergrund informiert das vorliegende Buch über den aktuellen Wissensstand zum Erscheinungsbild, zum Verlauf und zur Häufigkeit depressiver Störungen. Diagnosestellung, Erklärungsansätze sowie Behandlungsmethoden und Therapieformen werden vorgestellt und erläutert.

Teismann / Hanning Das Depressionsbuch jetzt bestellen!

Zielgruppe


Zielgruppe: Menschen mit einer depressiven Störung und ihre Angehörige.

Weitere Infos & Material


Einleitung 6
Wann spricht man von einer Depression? 9
Erscheinungsbild 9
Unterschiedliche Formen der Depression 13
Wie wird eine Depression diagnostiziert? 37
Verlauf depressiver Störungen 47
Wie verbreitet sind depressive Störungen? 56
Zusammengefasst 64
Warum wird und bleibt man depressiv? 66
Stress 68
Verhalten und dessen Folgen 76
Denkinhalte und Denkarten 85
Beziehungen und Beziehungsgestaltung 107
Neurobiologie und Genetik 119
Zusammengefasst 134
Welche Behandlungsarten gibt es? 136
Psychotherapie 138
Medikamentöse Behandlung 205
Andere somatische Therapien depressiver Störungen 232
Zusammengefasst 246
Zum Schluss 248
Buchtipps und Internetseiten zum Weiterlesen 249
Literatur 254


Warum wird und bleibt man depressiv?
Trotz umfassender Forschungsanstrengungen ist es bislang nicht gelungen, die Ursache für Depressionen zu identifizieren. Mit Sicherheit lässt sich jedoch sagen, dass es keine einzelne Ursache gibt. Depressionen kommen vielmehr auf unterschiedliche Weise und unter Beteiligung der unterschiedlichsten Faktoren und Bedingungen zustande: Vererbung scheint einen Einfluss zu haben, genauso wie Lebenserfahrungen, Bewertungsmuster, Denkstile, Verhaltenstendenzen und die Art und Weise, wie Beziehungen gestaltet werden. Schließlich sind biologische Veränderungen von Bedeutung für die Aufrechterhaltung von Depressionen. Um der Gesamtheit der verschiedenen Einflussfaktoren gerecht zu werden, spricht man von einem bio-psycho-sozialen Verständnis depressiver Störungen. Leider wird diese Komplexität häufig nicht ausreichend berücksichtigt und oft wird die biologische Komponente überbetont. Eine Depression ist aber nicht einfach »eine Gehirnerkrankung« oder eine »Stoffwechselerkrankung«. Trotz intensivster Forschung gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Beleg dafür, dass sich das Gehirn von Menschen, die an einer Depression leiden, nennenswert vom Gehirn Gesunder unterscheidet. Es gibt auch keinen Nachweis dafür, dass depressiv erkrankte Menschen einen Mangel an bestimmten Hirnbotenstoffen wie beispielsweise Serotonin aufweisen. Depressive Störungen sind somit nicht vergleichbar mit körperlichen Erkrankungen. Bei körperlichen Erkrankungen sind die biologischen Mechanismen der Verursachung häufig bekannt und durch körperliche Untersuchungen nachweisbar. Sie können so oft unmittelbar angegangen werden. Wie bereits gesagt, gibt es keine Blut-, Labor-, Genoder Röntgenuntersuchung zur Diagnose einer Depression. Die Überbetonung biologischer Faktoren hat natürlich einen gewissen Reiz: Sie reduziert die verwirrende Komplexität und bringt Entlastung. Für eine körperliche Erkrankung können Betroffene nichts, sie ist nicht Ausdruck von Faulheit und man begegnet ihr mit Rücksicht und Schonung. Depressive Störungen auf körperliche Vorgänge zu begrenzen, mag daher nicht selten mit Blick auf das Patientenwohl geschehen. Allerdings bringen rein biologische Erklärungen nicht nur mehr Verständnis durch Außenstehende mit sich, sondern auch die Vorstellung, dass Betroffene möglicherweise gefährlich sind, ihr Verhalten unvorhersehbar und eine Heilung unwahrscheinlich(er) ist (LEBOWITZ, APPELBAUM 2019). EXKURS Blaue Gene? In einer experimentellen Studie ließen Forscher leicht depressive Probandinnen und Probanden einen vermeintlichen Gentest durchführen, um Aufschluss über ihr genetisches Risiko für depressive Störungen zu erhalten (LEBOWITZ, AHN 2018). Den Testpersonen wurde eine Mundspülung gegeben, im Anschluss sollten sie einen Teststreifen unter ihre Zunge legen: Färbe sich dieser braun oder grün, liege ein erhöhter Serotoninspiegel vor, der eine genetische Anfälligkeit für Depression belege. Färbe sich der Teststreifen in anderen Farben, liege kein besonderes Risiko vor. Tatsächlich färbte sich der Teststreifen nur, weil die Mundspülung mit Zucker angereichert war – der Rest war reine Inszenierung ohne jede diagnostische Aussagekraft. Nichtsdestotrotz musste ein Teil der Teilnehmenden davon ausgehen, ein genetisches Depressionsrisiko aufzuweisen, während der andere Teil sich hierum keine Sorgen machen musste. Im Anschluss an die experimentelle Manipulation wurden alle Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer gebeten, verschiedene Fragen zu beantworten: Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, an einer Depression erkrankt zu sein oder in Zukunft an einer depressiven Episode zu leiden? Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass Ihre Kinder an einer Depression erkranken werden? Wie sehr glauben Sie, dass es Ihnen möglich ist, negative Stimmung zu beeinflussen? Es zeigte sich, dass die Testpersonen, denen ein genetisches Risiko vorgetäuscht wurde, wesentlich düsterere Erwartungen in Bezug auf ihr zukünftiges Depressionsrisiko – und das ihrer Kinder – hatten. Offensichtlich trug die genbezogene Information dazu bei, dass sie ihren Einfluss auf depressive Stimmungen und Störungen als deutlich geringer erachteten: Seinen Genen ist man ausgeliefert. Zeigte man ihnen im Anschluss einen kurzen Videoclip, in dem (korrekterweise) mitgeteilt wurde, dass die Bedeutung genetischer Faktoren im Kontext depressiver Störungen nur gering ausgeprägt ist, normalisierten sich entsprechende Einschätzungen umgehend wieder. Der Fokus auf eine biologische Verursachung depressiver Störungen bringt somit nicht nur Entlastung, sondern fördert auch Hilflosigkeit und fatalistische Einschätzungen bezüglich der eigenen Einflussmöglichkeiten. Die Vorstellung, dass eine Depression durch psychologische, soziale und biologische Faktoren zustande kommt, entspricht hingegen nicht nur dem aktuellen Stand der Wissenschaft, sondern geht auch bei Außenstehenden mit einer deutlich positiveren Bewertung depressiv Erkrankter einher. In diesem Sinne wird in den folgenden Abschnitten auf verschiedene Faktoren eingegangen, die relevant sind für die Entstehung, Aufrechterhaltung und Behandlung depressiver Störungen. Im Einzelnen wird es um die Bedeutung von Stress, Verhaltensveränderungen, Gedanken und Denkstile, soziale Beziehungen und biologische Faktoren gehen. Wir stellen unterschiedliche Modelle vor, die alle versuchen, der Komplexität von Depressionen gerecht zu werden und das Geschehen gleichzeitig so zu strukturieren, dass man Ansatzpunkte für Veränderungen ableiten kann. Die unterschiedlichen Modellvorstellungen setzen dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Stress
Die 27-jährige Lisa gerät in eine Depression, nachdem sie durch eine zentrale Prüfung im Medizinstudium gefallen ist. Es war immer ihr Traum, Ärztin zu werden. Kurz nach der Ausbildung zur Krankenschwester hat sie Geld gespart, um mit dem Studium anzufangen. Die letzten Jahre waren dann unglaublich stressig, sie musste viel lernen und hat nebenbei an den Wochenenden Nachtdienste im Krankenhaus geleistet, um Geld zu verdienen. Dann hat sich der gesundheitliche Zustand ihrer Mutter verschlechtert, die an Multipler Sklerose erkrankt ist. Lisa musste sich auch hier mehr kümmern. Sie hat sich schon immer als »Arbeitstier« gesehen und deshalb trotz aller Belastungen »weitergepowert«. In der mündlichen Prüfung kann sie dann einige Fragen nicht beantworten. Als Einzige aus ihrer Lerngruppe fällt sie durch die Prüfung. Einer der Prüfer sagt, sie solle sich überlegen, ob Medizin wirklich das Richtige für sie sei. Dieser Satz verfolgt sie in ihren Gedanken. Sie fühlt sich völlig fertig, kann nicht mehr schlafen, fühlt sich gleichzeitig ruhelos und aller Kraft beraubt und ist unendlich traurig. Akuter Stress Unter Einsatz verschiedenster methodischer Herangehensweisen konnte gezeigt werden, dass depressive Menschen in den Monaten vor einer depressiven Episode einem erhöhten Maß an akutem Stress ausgesetzt waren: 50 bis 80 Prozent der depressiv Erkrankten berichteten von einem einschneidenden Lebensereignis im unmittelbaren Vorfeld der Depressionsentwicklung (MAZURE 1998). Von besonderer Bedeutung sind dabei Verlustereignisse, z. B. der Tod einer Bezugsperson, das Zerbrechen einer Partnerschaft oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Genauso gelten aber natürlich auch die Diagnose einer schweren Krankheit, erzwungene Migration oder potenziell traumatische Erlebnisse, wie Überfälle, Misshandlungen oder das Miterleben einer Naturkatastrophe, als schwerwiegende Lebensereignisse. Verlustereignisse, die einhergehen mit einer persönlichen und gezielten Zurückweisung, scheinen in besonderem Maße schädlich zu wirken: Man wird beispielsweise plötzlich und unerwartet vom Partner verlassen oder verliert als Einziger in einer Firma den Job. Es gibt auch Hinweise darauf, dass das Risiko einer Depression vor allem dann erhöht ist, wenn belastende Ereignisse in besonderem Maße persönliche Werte betreffen. Man spricht von der sogenannten Kongruenzhypothese: Wenn beispielsweise Leistung und das Erreichen leistungsbezogener Ziele besonders wichtig für den eigenen Selbstwert sind, dann sind Lebensereignisse, die das Erreichen dieser Ziele vereiteln, besonders depressionsförderlich. Wenn man sich hingegen vor allem über persönliche Beziehungen zu anderen Menschen definiert, dann sind Lebensereignisse, die mit Verlusten oder Enttäuschungen im zwischenmenschlichen Bereich verbunden sind, besonders riskant. Selbstverständlich steigt das Risiko für die Entwicklung einer depressiven Episode mit der Schwere des jeweiligen Ereignisses und wenn klar ist, dass das entsprechende Ereignis einen sehr langfristigen Effekt auf das Leben der betroffenen Person nehmen wird. EXKURS Die Erfassung schwerwiegender Lebensereignisse – schwieriger als man denkt Die Frage, ob jemandem ein schwerwiegendes Ereignis vor Beginn einer Depression widerfahren ist, erscheint – auf den ersten Blick – leicht zu untersuchen. Tatsächlich sieht sich die Forschung jedoch mit diversen Schwierigkeiten konfrontiert: Legt man Studienteilnehmern beispielsweise Fragebögen vor, die potenziell schwerwiegende Lebensereignisse abfragen, dann resultiert oftmals nur ein sehr begrenzter Erkenntnisgewinn: Bejaht eine Teilnehmerin beispielsweise die Frage danach, ob sie in den...


Hanning, Sven
Dipl.-Psych. Sven Hanning ist als Psychotherapeut niedergelassen in der Praxisgemeinschaft am Weiltor in Hattingen. Als Supervisor unterstützt er die Ausbildung angehender Psychotherapeut*innen. Als Dozent gibt er Seminare und Workshops auf Kongressen und an Aus- und Fortbildungsinstituten.

Teismann, Tobias
Dr. Tobias Teismann ist Psychotherapeut und leitet das Zentrum für Psychotherapie in Bochum. Er unterrichtet an der Ruhr-Universität Bochum und bildet Psychotherapeuten aus. Seine Forschungsschwerpunkte sind depressives Grübeln und seine Bedeutung für die Aufrechterhaltung und Behandlung von Depressionen, Suizidalität sowie ressourcenorientierte kognitive Verhaltenstherapie.

Dr. Tobias Teismann ist Psychotherapeut und leitet das Zentrum für Psychotherapie in Bochum. Er unterrichtet an der Ruhr-Universität Bochum und bildet Psychotherapeut*innen aus. Seine Forschungsschwerpunkte sind depressives Grübeln und seine Bedeutung für die Aufrechterhaltung und Behandlung von Depressionen, Suizidalität sowie ressourcenorientierte kognitive Verhaltenstherapie.
Dipl.-Psych. Sven Hanning ist als Psychotherapeut niedergelassen in der Praxisgemeinschaft am Weiltor in Hattingen. Als Supervisor unterstützt er die Ausbildung angehender Psychotherapeut*innen. Als Dozent gibt er Seminare und Workshops auf Kongressen und an Aus- und Fortbildungsinstituten.



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