E-Book, Deutsch, Band 2, 396 Seiten
Reihe: Elina Dilogie
Tillenburg Nymphenkuss
2. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7407-4245-4
Verlag: TWENTYSIX EPIC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2, 396 Seiten
Reihe: Elina Dilogie
ISBN: 978-3-7407-4245-4
Verlag: TWENTYSIX EPIC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
»Du machst mir Scheißangst«, murmelte er neben ihrem Ohr. »Und, warum umarmst du mich dann?« »Weil es mir noch mehr Angst machen würde, dich in Flammen aufgehen zu sehen.« Kaum hat sich Elina mit ihrer Magie vertraut gemacht, wird sie bereits auf die Probe gestellt. Ligund befindet sich weiterhin in Aufruhr. Zwar ist die Herrin gestürzt, doch ringt das kleine Land jetzt um eine neue politische Ordnung. Gleichzeitig erhebt sich der Ursprung aus seinem Versteck und holt zum letzten Schlag gegen Ligund aus. Elina verstrickt sich in einen alten Streit und entdeckt, wer wirklich hinter den Verschwörungen im Land steckt. Zuletzt kämpft sie gegen eine mächtige Gegnerin und die Reize ihrer eigenen Macht. Elina muss lernen, ihre Fähigkeiten zu kontrollieren, um nicht selbst zur Bedrohung zu werden. Kann sie den düsteren Verlockungen ihrer Magie widerstehen und Ligund vor dem Untergang bewahren? Nymphenkuss ist das Finale der Elina-Dilogie.
Wiebke Tillenburg, geboren 1989, wuchs in Aachen auf und studierte Germanistik und Geschichte. Bücher waren stets ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens, sodass sie früh entschied, selbst welche schreiben zu wollen. Inzwischen schreibt Wiebke in verschiedenen Genre und veröffentlichte bereits einige Bücher und Kurzgeschichten im Self-Publishing. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Koblenz, kocht in einem Kindergarten und sammelt allerlei Ideen, die ihr begegnen.
Autoren/Hrsg.
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Prolog
Staub und Zwielicht begrüßten Elina, als sie die nächste Tür öffnete. Zimmer für Zimmer hatte sie das Schloss abgesucht, um Jevan zu finden. Allerdings war es nicht leicht, einen unsichtbaren Jungen inmitten eines revolutionären Umsturzes aufzuspüren, der nicht gefunden werden wollte. Den Widerständlern war es gelungen, Jevan von Gesas leblosen Körper zu lösen und ihn aus dem Turmzimmer zu führen, doch in dem engen Treppenaufgang hatte er sich losgerissen und wieder unsichtbar gemacht. Niemand außer Elina hatte sich bemüht, ihn wiederzufinden. Die Widerständler waren beschäftigt mit ihrem Sieg über die Herrin, mit dem Plündern und Feiern. Sie hatten keine Zeit für einen verzweifelten Jungen. Elina seufzte und schloss die Tür. Auf zur Nächsten. Sie hatte sich in die höher gelegenen, offenbar ungenutzten Räume des Dammstädter Schlosses vorgearbeitet. Hier war niemand außer ihr. Den Strom aus plündernden und neugierigen Menschen, die dem Widerstand in das Schloss gefolgt waren, hatte sie weit hinter sich gelassen. Nicht einmal ihre Stimmen oder die polternden Schritte drangen bis hierher. Vielleicht hatten sie das Schloss auch längst wieder verlassen, ihr Zeitgefühl hatte Elina verloren. Die nächste Tür quietschte erbärmlich. Wie auch in den Räumen zuvor erwarteten sie verhängte Möbel, Staub und der Geruch nach alten Teppichen. Trotzdem verharrte sie auf der Schwelle. Elina fühlte eine andere Person, als atme diese ihre Anwesenheit in die abgestandene Luft. »Jevan?« Ihre Stimme klang leiser als beabsichtigt. Jetzt, da sie glaubte, ihn gefunden zu haben, beschlichen sie Zweifel. War es klug, ihn nach Gesas Tod mit einem weiteren Schock zu konfrontieren? Jevan war außer sich gewesen, hatte getobt und sich verzweifelt an Gesas leblosen Körper geklammert. Ihm jetzt zu sagen, dass sie nicht so richtig tot war, erschien ihr plötzlich unsensibel. Ganz abgesehen davon, dass es absolut schräg war, was sie entdeckt hatte und sie es selbst noch nicht richtig verstand. Ein Sperling flatterte an Elina vorbei in den Raum und ließ sich in einer aufwirbelnden Staubwolke auf dem Baldachin des Bettes nieder. Der Vogel brach die schwere Stimmung, die über dem Zimmer lag wie die weißen Laken über den Möbeln darin. Er wird es nicht gut aufnehmen. Elina zuckte zusammen. Es war verstörend, Gesas Stimme in ihrem Kopf zu hören, obwohl sie vor ihren Augen gestorben war. Wie krass das alles war! Natürlich würde Jevan es nicht gut aufnehmen. Elina seufzte. Sie wusste selbst nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Seit sie Gesa durch das magische Portal in diese Welt gefolgt war, prasselten die Ereignisse endlos auf sie ein und schluckten viele Gefühle. War sie überrascht, ängstlich, beeindruckt, erleichtert? Freute sie sich? Elina konnte es nicht sagen. Wie so oft in den vergangenen Tagen verdrängte sie ihre Gedanken und konzentrierte sich auf ihre nächste Aufgabe: Jevan finden und ihm davon erzählen. Selbst wenn es ihn überforderte. Immer noch besser, als ihn in dem Glauben zu lassen, Gesa sei tot. Nüsschen kam unter dem Bett hervor, huschte zu Elina und kletterte auf ihre Schulter. Das war der Beweis, dass Jevan hier sein musste. Seit er seine Angst vor dem Leuchtling überwunden hatte, hing Nüsschen mehr an ihm als an Elina. Sie strich über das weiche Fell. »Du hast ihn gleich gefunden, hmm?« Nüsschen musste über einen Sinn verfügen, mit dem sie Jevan und auch sie immer und überall aufspürte. Ganz schön zutraulich für einen Leuchtling, kommentierte Gesa. »Sie ist unsere Lebensretterin.« Nüsschen hatte ihr und Jevan mehrfach aus der Not geholfen. Sei es mit dem sanften Licht, das in der Dunkelheit von ihr ausging, oder mit der extremen Körperwärme, mit der sie Jevan und Elina vor dem Erfrieren bewahrt hatte. Unfassbar, dass die Menschen in Ligund diese Tiere fürchteten. Angeblich explodierten die Tiere, wenn sie sich bedroht fühlten, um ihre Artgenossen zu schützen. Allerdings war Nüsschen ihnen als Einzelgängerin begegnet und hatte sich in bedrohlichen Situationen eher hilfreich als explosiv erwiesen. Elina nahm an, dass Leuchtlinge noch nicht ausreichend erforscht waren und sich die Sorge der Menschen auf Gerüchte und Legenden gründete. Mit Nüsschen auf der Schulter ging Elina auf das Bett zu und zog vorsichtig den Baldachin zur Seite. Jevan lag zusammengekrümmt auf dem weißen Laken. Er war immer noch nackt, seine Kleidung hatte er abgelegt, um sich unsichtbar machen zu können. Seine Haut war schmutzig und zerschunden, übersät von den Spuren, die der Kampf mit der Ghula hinterlassen hatte. Die untote Wächterin hatte den geheimen Zugang zum Schloss bewacht und sie beinahe umgebracht. Jevans Anblick schreckte sie weniger ab als die Stille. Er weinte nicht. Selbst sein Atem war nur bei genauem Hinsehen bemerkbar. Elina streckte eine Hand aus, um ihn zu berühren, zog sie jedoch wieder zurück. Vielleicht hatte er sie nicht bemerkt und würde sich erschrecken. »Jevan.« Keine Reaktion. Sie warf einen ratlosen Blick hinauf zum Vogel. Als sie Gesa kennengelernt hatte, hatte sie zu allem etwas zu sagen gehabt, doch jetzt schwieg sie. Also gut, dann musste sie das allein durchziehen. Sie fixierte den schweren Stoff des Bettvorhangs mit den dafür angebrachten Kordeln. Vorsichtig ließ sie sich auf der Bettkante nieder. »Jevan, ich muss mit dir reden. Es ist wichtig.« Er regte sich nicht. Elina wartete. Sie würde ihm alle Zeit lassen, die er brauchte, obwohl es für sie zur Geduldsprobe wurde. Am liebsten würde sie ihre Entdeckung gleich herausposaunen, aber das wäre unsensibel. Sie rechnete nicht mehr mit einer Reaktion und überlegte sich bereits den nächsten Schritt, als Jevan sich langsam umdrehte und aufrichtete. Einige der leicht verkrusteten Wunden auf seinem Oberkörper rissen auf, sein Gesicht blieb regungslos. Die schlaflosen und anstrengenden Tage hatte dunkle Schatten hinterlassen, doch viel schlimmer als das waren die ausdruckslosen braunen Augen, mit denen er sie ansah. »Was willst du?« Er klang kalt und abweisend. Elina verschlug es die Sprache. Waren sie zuletzt nicht so etwas wie Freunde gewesen, vielleicht sogar mehr als das? Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. Das spielte jetzt keine Rolle. Gesa war für Jevan wie eine Mutter gewesen und er hatte sie sterben sehen. Verständlich, dass ihm alles andere gleichgültig war. Sein Ton blieb hart, als er weitersprach. »Deine Großmutter ist tot und ich kann dir nicht helfen, wieder zurück nach Hause zu kommen. Du kannst verschwinden, wohin du willst.« Der Sperling erhob sich vom Baldachin, flatterte auf Jevans Kopf und hackte ihm kräftig mit dem Schnabel auf die Schädeldecke. Er schrie schmerzerfüllt auf. »Was war das?« Der Sperling ließ sich auf der Bettdecke nieder und sah Jevan herausfordernd an. Elina verschränkte die Arme vor der Brust. »Gesa wollte dir wohl eine Lektion erteilen.« Verdammt! Ihre guten Vorsätze, ruhig zu bleiben waren dahin, ebenso Geduld und Verständnis. Jevan starrte sie an, sein Blick wurde glasig. Ihre Worte hatten getroffen. Die sensible Ader hast du von mir, hörte sie Gesa. »Deine Kommentare helfen nicht weiter.« Sie warf dem Sperling einen düsteren Blick zu. Irritiert sah Jevan von Elina zum Vogel. »Gesa lebt noch. Sie steckt im Sperling.« Stille erfüllte den Raum. Elina bildete sich ein, Staubkörner fallen zu hören. Selbst Nüsschen schien den Atem anzuhalten. »Ein Sperling saß am Fenster, als Gesa starb«, sagte er. Nachdenklich erwiderte er den Blick des gefiederten Tieres. Er war ein Mondkind, konnte sich unsichtbar machen und selbst im Dunkeln hervorragend sehen, doch die Telepathie gehörte nicht zu seinen Fähigkeiten. »Ich war in seinem Geist, also vom Vogel.« Der Bann war gebrochen und die Worte sprudelten nur so aus ihrem Mund. »Und zuerst war da nur mein Name. Ich habe mich total erschrocken. Und plötzlich war Gesas Stimme in meinem Kopf. Sie war, nein, ist eine Telepathia, das wusste ich. Aber sie hat mir gesagt, sie sei nicht so begabt und könne nicht viel bewirken. Aber ich glaube, sie hat ihren Geist in diesen Vogel übertragen und das ist total krass, aber jetzt ist sie halt eigentlich gar nicht tot. Ich dachte, das solltest du wissen.« So viel sinnloses Zeug hatte sie schon lange nicht mehr von sich gegeben. Elina war hoffnungslos überfordert mit der Situation. Der Vogel legte das Köpfchen schräg, als wolle er den Jungen zwingen, ihm in die Augen zu sehen. Doch Jevan funkelte Elina wütend an. »Gesa war keine Telepathia! Wenigstens das hätte sie mir erzählt. Und selbst wenn, was ändert das schon? Sie ist tot. Selbst wenn ihr Geist in diesem Vogel steckt, wie du behauptest, ist sie für mich unerreichbar. Ich kann sie nicht sehen und ich kann nicht mit ihr reden. Sie bleibt für...