Topalovic / Settinieri | Sprachliche Bildung | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 8, 154 Seiten

Reihe: Linguistik und Schule

Topalovic / Settinieri Sprachliche Bildung


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8233-0495-1
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 8, 154 Seiten

Reihe: Linguistik und Schule

ISBN: 978-3-8233-0495-1
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Spracherfahrungen, die Kinder vor der Schule machen, werden in den Bildungsstandards als Ausgangspunkt für die schulische Sprachbildung verstanden - und das gilt auch für die späteren schulbiographischen Übergänge. Zum Professionswissen von Lehrkräften gehört es daher auch, linguistisch, spracherwerbstheoretisch, didaktisch und methodisch fundiert mit folgenden Fragen umgehen zu können: Wie werden Sprachen erworben und wie entwickeln sich Sprachhandlungsfähigkeiten weiter? Wie können die Sprach(en)repertoires von Lernenden modelliert werden? Wie kann eine durchgängige Sprachbildung von der Primar- bis hin zur Oberstufe gestaltet werden? Und schließlich: Wie können die sprachlichen Entwicklungs- und Bildungsprozesse analysiert und beim sprachlichen und fachlichen Lernen in einem adaptiven Unterricht unterstützt werden? Dieser Band vermittelt (angehenden) Lehrkräften Hintergrundwissen und Handlungssicherheit für das Gestalten sprachlicher Bildungsprozesse in Schule und Unterricht.

Prof. Dr. Elvira Topalovic lehrt und forscht im Bereich der Germanistischen Sprachdidaktik an der Universität Paderborn. Prof. Dr. Julia Settinieri lehrt und forscht im Fachbereich Deutsch als Zweit- und Fremdsprache an der Universität Bielefeld.

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1 Einleitung
Die Frage, was genau sprachliche Bildung bedeutet, ist nicht leicht zu beantworten. In manchen Einführungen wird sprachliche Bildung von literarischer und medialer Bildung (im weiteren Sinne auch digitaler Bildung) unterschieden. Damit werden die Bereiche Sprache, Literatur und Medien – und die wissenschaftlichen Teildisziplinen Sprachdidaktik, Literaturdidaktik und Mediendidaktik – in ihrer Besonderheit gestärkt (vgl. Frederking/Krommer/Maiwald 2018). Ihre Schnittstellen treten zunächst in den Hintergrund. Zuweilen wird sprachliche Bildung auch mit dem Erwerb von Bildungssprache gleichgesetzt und beide – je nach wissenschaftlicher (Teil-)Disziplin oder Forschungsdiskurs – mit dem Erwerb konzeptioneller Schriftlichkeit, literater Sprachstrukturen, von Cognitive Academic Language Proficiency (= CALP) oder sprachlich-kulturellem Kapital (? 3). Allen gemeinsam ist, dass sie jeweils sprachliche Ausbauprozesse bzw. Sprachhandlungsfähigkeiten in den Blick nehmen, die in der Schule in besonderem Maße initiiert, begleitet und unterstützt werden sollen. Unabhängig von der gewählten Definition sind zwei Schlagwörter grundlegend: einerseits Sprache und damit ein für die Gattung Mensch spezifisches Kommunikationssystem, das Kinder in kulturellen Rahmungen erwerben, und andererseits Bildung, die in literalen Gesellschaften nicht nur in Familien, sondern auch institutionell in Bildungseinrichtungen erworben wird – von der Kita bis hin zu Berufskolleg oder Universität, letztlich jedoch ein Leben lang. Eine sowohl kultur- als auch – im aktuellen bildungspolitischen Diskurs – kompetenzorientierte Definition von Bildung bieten Kilian/Brouër/Lüttenberg (2016, XI) an: „Unter Bildung wird Konstruktion, Konstitution und Transfer kulturell geprägten Wissens und Könnens verstanden […]. Dabei umfasst die Begriffsbedeutung sowohl den Prozess als auch das Produkt dieser Wissensformung und -übergabe.“ Was sprachliche Bildung an sprachlich-kommunikativen Fähigkeiten implizieren kann, wird über die sprachlichen Grundfertigkeiten deutlich: (Zu)hören Sprechen Schreiben Lesen Erweitert um die Inklusionsperspektive könnten ergänzt werden: Gebärden Gebärden verstehen Unterteilen kann man die sechs Grundfertigkeiten auch in a) rezeptive (verstehende) Sprachfähigkeiten und b) produktive (handelnde) Sprachfähigkeiten. Sie gelten für jede Sprache und finden sich auch in den Bildungsstandards von der Primarstufe bis zur Allgemeinen Hochschulreife. Die Fähigkeit zu bestimmten Sprachhandlungen brauchen Lernende im Unterricht aller Fächer. Hier kommen Sprachhandlungen vor wie: ERZÄHLEN, BESCHREIBEN, ERKLÄREN, ARGUMENTIEREN, ERÖRTERN. Sie erscheinen in Aufgabenstellungen häufig als Handlungsanweisungen (Operatoren). Eine Fähigkeit, die sich auf den ersten Blick nicht aus den Grundfertigkeiten ableiten lässt, ist die Sprachbewusstheit bzw. Sprach(en)bewusstheit. Sie ist explizit das Ziel des Lernbereichs „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“ und wird häufig mit Schlagwörtern verbunden wie Sprachreflexion, Sprachaufmerksamkeit oder Language Awareness. „Sprachbewusstheit zielt darauf ab, das menschliche Sprachvermögen besser zu verstehen, seine Rolle beim Denken, Lernen und im sozialen Leben zu begreifen, sich der Macht und Kontrolle durch Sprache bewusst zu werden und die verwickelten Beziehungen zwischen Sprache und Kultur zu erkennen. Es kommt darauf an, dass Schüler Sprache als einen lebendigen Teil ihres eigenen Menschseins erleben, verstehen und kritisch begleiten und so sich selbst und andere besser verstehen lernen.“ (Steinig/Huneke 2011, 184) Streng genommen ist sie jedoch – zumal in einem integrativen Deutschunterricht – Ziel aller Lernbereiche des Deutschunterrichts. Sprachbewusstheit ist aber nicht nur im Fach Deutsch, sondern in allen schulischen Fächern von großer Bedeutung. Denn fachliches Lernen ist immer auch sprachliches Lernen. Mehr noch: Sprachfähigkeiten entscheiden mit über den Erwerb fachlicher Fähigkeiten, z. B. im Fach Mathematik (vgl. Prediger et al. 2013). Zu beachten ist, dass auch das Fach Deutsch natürlich ein „Fach“ ist und hier also in besonderer Weise sprachliches und fachliches Lernen zusammenfallen (z. B. bei grammatischer Terminologie oder literarischen Gattungen). Der Erwerb von Sprache wird häufig mit dem Erwerb und dem Zusammenhang von zwei sprachlichen Bereichen verknüpft: Wortschatz und Grammatik (vgl. z. B. Szagun 2013). Beiden wird nicht selten auch eine besondere Rolle im Deutschunterricht zugewiesen. Gesprochen wird dann von „Wortschatzarbeit“ und „Grammatikarbeit“. Gleichwohl wird ihre Vernetzung gefordert. Da sie „sprachfördernde Funktionen“ haben, sollten sie „nicht zum Selbstzweck unterrichtet werden“ (Oomen-Welke/Kühn 2011, 140). Wir erwerben allerdings nicht nur Sprachsysteme, die rein linguistisch beschrieben werden können (z. B. auf der Ebene der Morphologie, Syntax oder Semantik). Wir wachsen sprachlich auch in eine Welt hinein, ein soziales Umfeld, in dem bestimmte Werte und Normen gelten. Und diese beeinflussen unser Wahrnehmen und Fühlen, unser Denken und Handeln, unsere eigenen Werthaltungen und Einstellungen. Spracherwerb ist also immer auch der Erwerb einer Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft, einer Gemeinschaft, einer Gruppe und damit auch der Erwerb von Kultur und Identität. Oder anders gesagt: Kinder erwerben Sprache über verschiedene (interaktive) Formate, die immer „in eine kulturelle Matrix“ (Bruner 2002, 102) eingebunden sind. Sprache(n) zu erwerben, bedeutet also immer auch, Kultur(en) zu erwerben. In mehrsprachigen Gesellschaften sind die sprachlichen und kulturellen Zugehörigkeiten selbstredend komplex. Zu Mehrsprachigkeit kommt es unter anderem durch das Miteinander von Dialekt, Umgangssprache und Standardsprache, aber auch von Fremd- und Migrationssprachen. In der Migrationspädagogik wird entsprechend vermehrt von „Transnationalem“, von „Mehrfachzugehörigkeiten“, von „Hybridität“ gesprochen (vgl. z. B. Castro Varela/Mecheril 2010, 51ff.). Auch Identitäten sind dann hybrid bzw. fluid zu denken. Sprachliche Bildungsprozesse erfassen im Idealfall die Gesamtheit der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten, die einem Individuum zur Verfügung stehen, d. h. sein gesamtes Sprach(en)repertoire. Wir werden die sprachliche Bildung begrifflich weit fassen und auch „ästhetische Zugänge zu sprachlicher Bildung“ (Steinbrenner 2018, 15) thematisieren. Die eingangs formulierte künstliche Trennung von Sprache, Literatur und Medien wird damit wieder aufgehoben. In den Blick genommen werden dann sowohl die Literalität, die Wissen über Schrift(kulturen) und damit über Lese- und Schreibkultur(en) meint, als auch die Literarität – im Sinne von Erfahrungen mit literarischen Stoffen und Motiven. Mit anderen Worten: Literacy. Wird Literacy weiter ausdifferenziert, dann können nach Kümmerling-Meibauer (2012) unterschieden werden: Verbal Literacy (Sprache) Visual Literacy (Bilder, Symbole) Literary Literacy (Literatur) Media Literacy (Printmedien/AV-Medien) Erweitert um die Digitalkultur kann auch von 5. Digital Literacy gesprochen werden. Nun kann Literacy gleich in mehreren Sprachen (d. h. multilingual) und mehreren Modi ausgebildet werden, d. h. „with linguistic, visual, audio, gestural and spatials modes of meaning […] in everyday media and cultural practices“ (Cope/Kalantzis 2009, 166) (vgl. Kasten). Entsprechend wird auch von Multiliteracies oder Multiliteralität und Multiliterarität gesprochen. Multilingual meint die Integration mehrerer Sprachen (lat. lingua ‚Zunge‘).   Multimedial meint die Integration mehrerer Medien (analoger/digitaler Speichermedien u. a.), z. B. Buch, Film und Hörbuch.   Multicodal meint die Integration mehrerer Codes (Zeichen-/Symbolsysteme), z. B. Gesten und Lautsprache oder (Schrift-)Text und Bild.   Multimodal meint die Integration mehrerer Modi (Sinne), z. B. des visuellen (Sehen) und auditiven (Hören) Sinns. Multimodal wird häufig auch als Oberbegriff für multicodal und multimodal gebraucht und umfasst dann mehrere Codes und Modi (zur Abgrenzung u. a. von Multimodalität und Multicodalität vgl. z. B. Weidenmann 2002). Um die (sub)kulturelle, sozial-situative und diskursiv-interaktionale Geprägtheit sprachlicher Bildungsprozesse, aber auch ihre Mehrdimensionalität, Mehrsprachigkeit und Multimodalität zu verdeutlichen, wollen wir das IALT-Sprachmodell nutzen. Es orientiert sich...



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