E-Book, Deutsch, Band 112023, 114 Seiten
Trakl / Sommermeyer / Syrg Georg Trakls Lyrik
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7583-8902-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ausgewählte Gedichte
E-Book, Deutsch, Band 112023, 114 Seiten
Reihe: Orlando Syrg Taschenbuch: ORSYTA
ISBN: 978-3-7583-8902-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieser Auswahlband versammelt alle wichtigen Werke des exzeptionellen Lyrikers Georg Trakl, dessen Wirkung auf die ihm nachfolgenden Dichtergenerationen seit über einhundert Jahren anhält und stetig wächst; ein Einfluss, der gar nicht überschätzt werden kann. Trakls Dichtungen sind legendär sowohl in formaler als auch in inhaltlicher Hinsicht. Sonette, durchstrukturierte freirhythmische Gebilde, Strophen mit drakonischer Verszahl und vieles mehr. Untergang und Rettung streiten häufig miteinander. Seine exorbitante Symbolsprache kombiniert Bizarres mit ungewöhnlichen Farben und Klängen. Synästhetisch auch Odeur und keineswegs zu vergessen: Schweigen.
Georg Trakl erblickt das Licht der Welt am 3. Februar 1887 in Salzburg als Sohn eines Eisenhändlers. Übungsschule der katholischen Lehrerbildungsanstalt und k. k. Staatsgymnasium bis zur siebenten Klasse in Salzburg. Danach Pharmaziepraktikant. Pharmaziestudium in Wien. Drogenexperimente. In Ludwig von Fickers Zeitschrift werden etliche seiner Gedichte publiziert. Trakl flieht ein bürgerliches Dasein. Nie hält er es lange bei einer Arbeitsstelle aus. Während des Ersten Weltkriegs Sanitätsleutnant in Galizien. Schlacht bei Grodek, die ihn traumatisiert. Nach einem Selbstmordversuch Überstellung zur Beobachtung nach Krakau, wo er am 3. November 1914 an einer Herzlähmung bzw. einer Überdosis Kokain stirbt. [Detaillierter Lebenslauf siehe Joerg K. Sommermeyer, Biographischer Abriss Georg Trakls, unten S. 95 ff.]
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Die Raben Über den schwarzen Winkel hasten Am Mittag die Raben mit hartem Schrei. Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten. O wie sie die braune Stille stören, In der ein Acker sich verzückt, Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt, Und manchmal kann man sie keifen hören Um ein Aas, das sie irgendwo wittern, Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug Und schwinden wie ein Leichenzug In Lüften, die von Wollust zittern. Die junge Magd Ludwig von Ficker zugeeignet 1
Oft am Brunnen, wenn es dämmert, Sieht man sie verzaubert stehen Wasser schöpfen, wenn es dämmert. Eimer auf und nieder gehen. In den Buchen Dohlen flattern Und sie gleichet einem Schatten. Ihre gelben Haare flattern Und im Hofe schrein die Ratten. Und umschmeichelt von Verfalle Senkt sie die entzundenen Lider. Dürres Gras neigt im Verfalle Sich zu ihren Füßen nieder. 2
Stille schafft sie in der Kammer Und der Hof liegt längst verödet. Im Holunder vor der Kammer Kläglich eine Amsel flötet. Silbern schaut ihr Bild im Spiegel Fremd sie an im Zwielichtscheine Und verdämmert fahl im Spiegel Und ihr graut vor seiner Reine. Traumhaft singt ein Knecht im Dunkel Und sie starrt von Schmerz geschüttelt. Röte träufelt durch das Dunkel. Jäh am Tor der Südwind rüttelt. 3
Nächtens übern kahlen Anger Gaukelt sie in Fieberträumen. Mürrisch greint der Wind im Anger Und der Mond lauscht aus den Bäumen. Balde rings die Sterne bleichen Und ermattet von Beschwerde Wächsern ihre Wangen bleichen. Fäulnis wittert aus der Erde. Traurig rauscht das Rohr im Tümpel Und sie friert in sich gekauert. Fern ein Hahn kräht. Übern Tümpel Hart und grau der Morgen schauert. 4
In der Schmiede dröhnt der Hammer Und sie huscht am Tor vorüber. Glührot schwingt der Knecht den Hammer Und sie schaut wie tot hinüber. Wie im Traum trifft sie ein Lachen; Und sie taumelt in die Schmiede, Scheu geduckt vor seinem Lachen, Wie der Hammer hart und rüde. Hell versprühn im Raum die Funken Und mit hilfloser Gebärde Hascht sie nach den wilden Funken Und sie stürzt betäubt zur Erde. 5
Schmächtig hingestreckt im Bette Wacht sie auf voll süßem Bangen Und sie sieht ihr schmutzig Bette Ganz von goldnem Licht verhangen, Die Reseden dort am Fenster Und den bläulich hellen Himmel. Manchmal trägt der Wind ans Fenster Einer Glocke zag Gebimmel. Schatten gleiten übers Kissen, Langsam schlägt die Mittagsstunde Und sie atmet schwer im Kissen Und ihr Mund gleicht einer Wunde. 6
Abends schweben blutige Linnen, Wolken über stammen Wäldern, Die gehüllt in schwarze Linnen. Spatzen lärmen auf den Feldern. Und sie liegt ganz weiß im Dunkel. Unterm Dach verhaucht ein Girren. Wie ein Aas in Busch und Dunkel Fliegen ihren Mund umschwirren. Traumhaft klingt im braunen Weiler Nach ein Klang von Tanz und Geigen, Schwebt ihr Antlitz durch den Weiler, Weht ihr Haar in kahlen Zweigen. Romanze zur Nacht Einsamer unterm Sternenzelt Geht durch die stille Mitternacht. Der Knab aus Träumen wirr erwacht, Sein Antlitz grau im Mond verfällt. Die Närrin weint mit offnem Haar Am Fenster, das vergittert starrt. Im Teich vorbei auf süßer Fahrt Ziehn Liebende sehr wunderbar. Der Mörder lächelt bleich im Wein, Die Kranken Todesgrausen packt. Die Nonne betet wund und nackt Vor des Heilands Kreuzespein. Die Mutter leis' im Schlafe singt. Sehr friedlich schaut zur Nacht das Kind Mit Augen, die ganz wahrhaft sind. Im Hurenhaus Gelächter klingt. Beim Talglicht drunt' im Kellerloch Der Tote malt mit weißer Hand Ein grinsend Schweigen an die Wand. Der Schläfer flüstert immer noch. Im roten Laubwerk voll Gitarren Im roten Laubwerk voll Gitarren Der Mädchen gelbe Haare wehen Am Zaun, wo Sonnenblumen stehen. Durch Wolken fährt ein goldner Karren. In brauner Schatten Ruh verstummen Die Alten, die sich blöd umschlingen. Die Waisen süß zur Vesper singen. In gelben Dünsten Fliegen summen. Am Bache waschen noch die Frauen. Die aufgehängten Linnen wallen. Die Kleine, die mir lang gefallen, Kommt wieder durch das Abendgrauen. Vom lauen Himmel Spatzen stürzen In grüne Löcher voll Verwesung. Dem Hungrigen täuscht vor Genesung Ein Duft von Brot und herben Würzen. Musik im Mirabell Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn Im klaren Blau, die weißen, zarten. Bedächtig stille Menschen gehn Am Abend durch den alten Garten. Der Ahnen Marmor ist ergraut. Ein Vogelzug streift in die Weiten. Ein Faun mit toten Augen schaut Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten. Das Laub fällt rot vom alten Baum Und kreist herein durchs offne Fenster. Ein Feuerschein glüht auf im Raum Und malet trübe Angstgespenster. Ein weißer Fremdling tritt ins Haus. Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge. Die Magd löscht eine Lampe aus, Das Ohr hört nachts Sonatenklänge. Melancholie des Abends – Der Wald, der sich verstorben breitet – Und Schatten sind um ihn, wie Hecken. Das Wild kommt zitternd aus Verstecken, Indes ein Bach ganz leise gleitet Und Farnen folgt und alten Steinen Und silbern glänzt aus Laubgewinden. Man hört ihn bald in schwarzen Schlünden – Vielleicht, dass auch schon Sterne scheinen. Der dunkle Plan scheint ohne Maßen, Verstreute Dörfer, Sumpf und Weiher, Und etwas täuscht dir vor ein Feuer. Ein kalter Glanz huscht über Straßen. Am Himmel ahnet man Bewegung, Ein Heer von wilden Vögeln wandern Nach jenen Ländern, schönen, andern. Es steigt und sinkt des Rohres Regung. Winterdämmerung An Max von Esterle Schwarze Himmel von Metall. Kreuz in roten Stürmen wehen Abends hungertolle Krähen Über Parken gram und fahl. Im Gewölk erfriert ein Strahl; Und vor Satans Flüchen drehen Jene sich im Kreis und gehen Nieder siebenfach an Zahl. In Verfaultem süß und schal Lautlos ihre Schnäbel mähen. Häuser dräu'n aus stummen Nähen; Helle im Theatersaal. Kirchen, Brücken und Spital Grauenvoll im Zwielicht stehen. Blutbefleckte Linnen blähen Segel sich auf dem Kanal. Rondel Verflossen ist das Gold der Tage, Des Abends braun und blaue Farben: Des Hirten sanfte Flöten starben Des Abends blau und braune Farben Verflossen ist das Gold der Tage. Frauensegen Schreitest unter deinen Frau'n Und du lächelst oft beklommen: Sind so bange Tage kommen. Weiß verblüht der Mohn am Zaun. Wie dein Leib so schön geschwellt Golden reift der Wein am Hügel. Ferne glänzt des Weihers Spiegel Und die Sense klirrt im Feld. In den Büschen rollt der Tau, Rot die Blätter niederfließen. Seine liebe Frau zu grüßen Naht ein Mohr dir braun und rau. Die schöne Stadt Alte Plätze sonnig schweigen. Tief in Blau und Gold versponnen Traumhaft hasten sanfte Nonnen Unter schwüler Buchen Schweigen. Aus den braun erhellten Kirchen Schaun des Todes reine Bilder, Großer Fürsten schöne Schilder. Kronen schimmern in den Kirchen. Rösser tauchen aus dem Brunnen. Blütenkrallen drohn aus Bäumen. Knaben spielen wirr von Träumen Abends leise dort am Brunnen. Mädchen stehen an den Toren, Schauen scheu ins farbige Leben. Ihre feuchten Lippen beben Und sie warten an den Toren. Zitternd flattern Glockenklänge, Marschtakt hallt und Wacherufen. Fremde lauschen auf den Stufen. Hoch im Blau sind Orgelklänge. Helle Instrumente singen. Durch der Gärten Blätterrahmen Schwirrt das Lachen schöner Damen. Leise junge Mütter...