E-Book, Deutsch, Band 1, 368 Seiten
Reihe: Digby
Tromly Digby #01
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-86274-028-4
Verlag: Oetinger
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Tot ermittelt es sich schlecht
E-Book, Deutsch, Band 1, 368 Seiten
Reihe: Digby
ISBN: 978-3-86274-028-4
Verlag: Oetinger
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Beschossen. Inhaftiert. Gekidnappt. Ein ganz normaler Tag mit Digby: Bei Digby muss man auf alles gefasst sein. Das war Zoe in dem Moment klar, als sie seine Bekanntschaft machte. Nicht klar war ihr allerdings, dass sie mit ihm auch gleich von einer gefährlichen Situation in die nächste geraten würde. Denn Digby setzt alles daran, den Fall seiner kleinen Schwester, die vor acht Jahren entführt wurde, aufzuklären.Wie er es aber anstellt, dass Zoe mit ihm bei einem Gynäkologen einbricht,kurzzeitig auf der Polizeiwache landet und an einen Drogenhändlerring gerät? Keine Ahnung. Nur eines weiß sie genau: Ein Plan B wäre jetzt gerade sicher nicht verkehrt. Bei Stephanie Tromlys Held Digby muss man sich auf spannende Unterhaltung auf höchstem Niveau gefasst machen, immer mit einer Prise schrägem Humor gewürzt und einem besonders lässigem Detektiv à la 'Sherlock'.
Stephanie Tromly, in Manila auf den Philippinen geboren, in Hongkong aufgewachsen, arbeitete nach ihrem Universitätsabschluss als Drehbuchautorin in Los Angeles. Heute ist sie freie Autorin und lebt mit ihrer Familie in Winnipeg. Die sarkastisch, frisch und witzig erzählten Geschichten von Digby sind ihr erfolgreiches Debüt im Jugendbuch-Bereich.
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Zwei
Unser Vertrauenslehrer – »Nennt mich einfach Steve« – stand im Kreis und verteilte Kekse mit Schokostückchen, die er für uns gebacken hatte. Er hatte auch Namensschildchen gebastelt. Mein Name, Zoe Webster, war, wie alle Mädchennamen, in verschnörkelter roter Schrift geschrieben. Die Namen der Jungs waren blau. Musgrave runzelte die Stirn, als Nennt-mich-einfach-Steve ihm einen Keks anbot. Die zwei hätten fast Zwillinge sein können, nur dass der eine lieb und der andere böse aussah. Beide waren klein und untersetzt mit schlechtem Haarschnitt und roten Flecken im Gesicht, doch während das bei Steve daher kam, dass er in praller Sonne zur Arbeit geradelt war, war Musgrave vermutlich rot vom Trinken und vor Wut. Musgrave war mit seinen Ausführungen über Schuleschwänzen und Ferienkurse halb durch, als Digby hereinschlenderte. Musgrave hatte zwanzig Minuten gebraucht, um so richtig in Fahrt zu kommen, und Digbys Auftauchen brachte ihn völlig aus dem Konzept. »Du kommst dir wohl besonders witzig vor, eine disziplinarische Maßnahme wegen Schwänzens zur Hälfte zu schwänzen«, sagte Musgrave. »Nimm dir dein Namensschild und beweg deinen Hintern hierher.« Digby musste sich sein Namensschild selber schreiben, was er auch tat – in verschnörkelter roter Schrift. Dann seufzte er und zog sich einen Stuhl in den Kreis. Die Metallbeine machten ein kreischendes Geräusch auf dem Boden. Die anderen Schulschwänzer lachten und klatschten. Zu meinem Entsetzen parkte Digby seinen Stuhl neben mir und grüßte mich, als hätten wir verabredet nebeneinanderzusitzen. Ich setzte eine Strebermiene auf und ignorierte Digbys geflüsterte Kommentare. Sachen wie: »Es ist neun Uhr morgens, und er riecht nach BiFi. Erörtere!« und »Meinst du, es macht Spaß, in dem Outfit beim YMCA zu sein?«. Ich saß stocksteif da, aber Musgrave bedachte mich mit demselben bösen Blick wie Digby. Für ihn gehörten wir zusammen. Nachdem er die Regelung für Schuleschwänzen und Ferienkurse noch zweimal wiederholt hatte, beendete er die Sitzung. »So, Leute«, sagte Nennt-mich-einfach-Steve. »Kommt her und tragt euch hier im Anmeldeformular ein. Lest euch das genau durch. Und bedient euch an den Knabbereien. Gebt den Kürbiskernen eine Chance!« In der Zwischenzeit nahm Musgrave Digby und mich in die Zange. »Wie geht’s, Harlan?«, sagte Digby zu ihm. »Wie schön, dass Sie wieder in River Heights sind, Mr Digby«, sagte Musgrave. »Ich hab Ihre Akte von Ihrer Schule in Texas gar nicht bekommen. Haben die Ihnen da Manieren beigebracht, oder kriegen wir beide Probleme?« »Harlan und ich kennen uns aus der Zeit vor seiner Degradierung – damals, als er noch ein richtiger Polizeibeamter war«, sagte Digby zu mir. »Damit wäre die Frage nach den Manieren dann wohl beantwortet«, sagte Musgrave. »Nicht traurig sein, Harlan. Versuch einfach das Gute an deinem neuen Job zu sehen … Ich glaube daran, dass Kinder unsere Zukunft sind«, sagte Digby. »Sie werden mich Mr Musgrave nennen«, sagte er. »Und Sie, Zoe Webster, Ihr schicker Psychiater aus Manhattan hat angerufen.« Alle im Raum hörten zu. Musgrave schaute auf sein Klemmbrett. »Didaskaleinophobie? Na, das ist ja mal was. So kann man es auch ausdrücken, wenn jemand keinen Bock auf Schule hat. Nennt man das jetzt so? Ist das neuerdings eine Entschuldigung?« »Das sind vertrauliche Informationen«, sagte Digby. »Wie bitte?«, sagte Musgrave. »Wenn sie ihren Eltern erzählen würde, dass Sie das vor der Gruppe vorgelesen haben, dann würden die garantiert ihren schicken Rechtsanwalt in Manhattan anrufen und Sie und die Schule wegen Verletzung ihrer Privatsphäre verklagen«, sagte Digby. »Ganz wie früher – nichts als Ärger mit Ihnen«, sagte Musgrave. »Ich weiß noch sehr gut, wie Sie die Ermittlungen damals durch Ihr aufsässiges Verhalten gestört haben. Und ich sehe, daran hat sich nichts geändert.« »Wollen Sie vielleicht noch mehr vertrauliche Informationen verbreiten?«, sagte Digby. Musgraves linkes Auge zuckte, aber da rief ihn zum Glück Nennt-mich-einfach-Steve zu sich. »Was soll das?« Ich schlug Digby auf den Arm. »Willst du, dass er deine Privatangelegenheiten vor allen hier ausbreitet?«, fragte Digby. »Hör auf, mir zu helfen, und lass mich in Ruhe – ich will nicht, dass er denkt, wir sind befreundet.« »Sei da mal nicht so leichtfertig. Wenn du erst mal eine Weile in River Heights bist, wirst du merken, dass man hier nicht so leicht Freunde findet.« »Ich meine es ernst. Ich brauche eine saubere Schulakte, sonst komm ich hier nie raus.« »Was deine Entscheidung, zu schwänzen, superinteressant macht«, sagte Digby. »Willst du dich aus dieser schönen Anstalt in eine andere versetzen lassen?« »Ich werd’s jedenfalls versuchen.« »Und wohin?« »Auf eine Schule in New York. Die Prentiss Academy.« »Klingt spießig.« »Wenn man dort den Abschluss macht, kann man nach Princeton.« »Princeton? Da willst du hin?« Er lachte mich aus. »Nicht, dass ich dir eine Erklärung schuldig wäre, aber ich hab die Noten dafür.« »Als Reaktion auf deine Schulangst bewirbst du dich für eine richtig schwere Schule, damit du auf eine richtig, richtig schwere Uni kannst?« »Ich hab keine Schulangst mehr.« »Hattest du die je?« Digby biss in einen Keks. »Hey, die sind gut.« »Ja, die hat der Vertrauenslehrer gebacken.« »Moment mal. Er hat gesagt, er hat sie selbst gebacken?« »Ja …« Digby kramte in den Keksen auf dem Teller. Ein paar Leute, die das sahen, machten angewiderte Geräusche. »Du fasst ja alle Kekse an. Das ist eklig«, sagte ich. Am anderen Ende des Raums stritten Steve und Musgrave lautstark miteinander. »Willst du dieses Halbjahr alle Vormittagskurse los sein?«, fragte Digby. »Wie das?« »Überleg’s dir schnell – Steve verliert gerade gegen Musgrave –, bist du dabei? Jetzt oder nie, Princeton.« Ich wollte Nein sagen, aber wie ich später begriff, treibt irgendetwas an Digby mich dazu, immer genau das Gegenteil von dem zu tun, was ich für richtig halte. Und das immer wieder. »Ich glaub … dann bin ich dabei.« Digby ging zu den beiden und mischte sich in ihren Streit ein. »Steve, ich muss mit Ihnen über unser unabhängiges Projekt reden.« Steve wusste nicht, worauf Digby hinauswollte, spielte jedoch mit. »Ach … äh, ja?« »Was für ein unabhängiges Projekt?«, fragte Musgrave. »Wir haben das Anmeldeformular dabei«, sagte Digby. »Das ist eine ganz neue Sache«, sagte Steve. »Die Schüler arbeiten außerhalb der Schule an Projekten, um Interessen nachzugehen, die der Lehrplan nicht abdeckt.« »Und müssen dann nicht zur Schule?«, fragte Musgrave. »Sie treffen sich mit einem Beratungslehrer, doch sie arbeiten außerhalb des Unterrichts daran. Für die übrigen Fächer kommen sie zum Unterricht«, sagte Steve. »Das ist doch ein Witz! Das heißt ja, dass die Schüler sich selbst unterrichten. Liberaler Demokratenschwachsinn … Was für ein Projekt soll das überhaupt sein?« Digby setzte seine extra gelangweilte Miene auf. »Wir nennen es ›Vom Schwänzer zum Täter‹. Wir untersuchen die Frage, ob Schuleschwänzen zu kriminellem Verhalten führt oder ob es eher zu kriminellem Verhalten führt, wenn man für das Schwänzen wie ein Krimineller bestraft wird. Ich wette, Letzteres.« Das kam schnell und geschmeidig heraus, als hätte er lange an dieser Rede gefeilt. »Es geht auch um Überwachung … Die Schule als eine Erweiterung des Polizeistaats. ›Vom Schwänzer zum Täter‹. Guter Titel, oder?« »Dieser Mist zerstört unser Land«, sagte Musgrave. Damit war die Sache geritzt. Wenn Steve Musgrave ärgern konnte, war er dabei. Er unterschrieb das Formular. Ich holte Digby im Flur ein. »Was war das denn? Wie hast du das hingekriegt?«, fragte ich. »Du hast einen Therapeuten in Manhattan und wohnst in einem runtergekommenen Haus in einem zweitklassigen Vorort? Klarer Fall von geschiedenen Eltern. Na komm, da kann dir divide et impera doch nicht fremd sein. Ein Klassiker bei Scheidungskindern.« Digby sah mich prüfend an. »Obwohl … kein Make-up, keine Piercings, Schlabberjeans.« Sein Blick ruhte eine Spur zu lange auf meinem Hintern. »Kein String zu sehen … Bist du ein braves Mädchen, das solche Spielchen nicht spielt? Ja … bist du. Wie dieses Mädchen aus dem Musikvideo, bevor es gephotoshopt wurde.« »Die Hälfte der Schüler sind Scheidungskinder. Du hattest also eine Fifty-fifty-Chance«, sagte ich. »Was ist mit den Keksen?« »Wenn Mami – oder in diesem Fall Steve – so tut, als wären die gekauften Kekse selbst gebacken, dann heißt das, sie hat bei den Kindern schlechte Karten. Ich hab Steve ein paar Trümpfe zugespielt«, sagte er. »Woher willst du wissen, dass die Kekse nicht selbst gebacken sind?« »Nur ein Zwangsneurotiker würde solche Schokokekse ausstechen. Die sind kreisrund.« Er hielt die Kekse hoch, die er hatte mitgehen lassen. Sie waren tatsächlich unnatürlich rund. »Außerdem sind sie warm – das heißt, er hat sie in die Mikrowelle gesteckt. Die Sache ist ihm also wirklich wichtig.« »Sehr gut, Professor Leibniz. Aber jetzt müssen wir dieses Projekt ja auch machen.« »Versetz dich mal in Steves Lage. Wir können schreiben, was wir wollen – er gibt uns...




