E-Book, Deutsch, Band 18, 256 Seiten
Reihe: Das Haus Zamis
Vandis / Morlar Das Haus Zamis 18 - Die Hure des Teufels
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95572-218-0
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 18, 256 Seiten
Reihe: Das Haus Zamis
ISBN: 978-3-95572-218-0
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kaum von ihrem Ausflug nach Venedig zurückgekehrt, erhält Coco bereits den nächsten Auftrag von ihrem Vater. Sie soll in Rumänien auf dem einsamen Schloss des Grafen Mihaly zu Kronfeld den Anführer der Oppositionsdämonen treffen. Die Habergeiß Schirille, mit der Coco durch ein unsichtbares magisches Band verbunden und die doch gleichzeitig eine Sklavin Asmodis ist, darf Coco natürlich nicht begleiten ... Der 18. Band von 'Das Haus Zamis'. 'Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ?Dorian Hunter? und sein Spin-Off ?Das Haus Zamis? vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction.' Kai Meyer enthält die Romane: 53: 'Blutopfer' 54: 'Die Amme des Teufels'
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Blutopfer
von Catalina Corvo
nach einer Story von Dario Vandis
1. Kapitel
Das Erste, was mir bei meiner Rückkehr nach Hause ins Auge stach, waren die Krähen.
Sie hockten zu Dutzenden auf den kahlen Bäumen hinter der mannshohen Steinmauer, die unser Grundstück umschloss, und beobachteten aus schwarzen Augen, wie ich aus dem Taxi stieg.
Instinktiv streckte ich meine magischen Fühler aus. Die Anwesenheit der Krähen hatte nichts Gutes zu bedeuten, so viel stand fest. Vorsichtig betrat ich das Grundstück. Über den verschlungenen Steinweg näherte ich mich der Veranda, die der Villa vorgelagert war. Der Himmel hatte sich zugezogen und kündigte Regen an. Im Haus brannte kein Licht. Ich blickte mich um. Im Schatten der Dämmerung erblickte ich die Umrisse des Swimmingpools im Garten. Es befand sich seit Wochen schon kein Wasser mehr darin. Der Grund war von fauligem Laub bedeckt. Ein Herbstwind schüttelte weitere Blätter aus den Bäumen. Ich legte den Kopf in den Nacken. Über mir hockten immer noch die Krähen und starrten mich an, als würden sie nur darauf warten, dass ich in eine vorbereitete Falle tappte.
Ich setzte den Fuß auf die Veranda, stieg die Stufen hinauf. Das Haus wirkte leer und kalt, als wäre es seit Jahren verlassen. Dabei hatte ich doch nur einen kurzen Trip in die Wiener Innenstadt unternommen.
Ich hatte ein paar Stunden mit mir allein sein wollen, nichts weiter. Seit ich aus Italien nach Wien zurückgekehrt war, mied ich die Gesellschaft anderer Dämonen noch mehr als sonst. Lieber saß ich allein in einem Kaffeehaus, beobachtete das bunte Leben, das sich in einer sorglosen, alltäglichen Welt abspielte, die nicht meine war.
Ich war anders. Ich lebte in der Welt der Dämonen und der Schwarzen Familie, sie war der böse Zwilling aller Albträume und Ängste. Manchmal überschnitten sich die Welten, doch selbst dann waren es die Dämonen, die die Menschen kontrollierten, mit ihnen spielten, ohne dass diese es bemerkten.
Während ich in dem Kaffeehaus saß, dachte ich an den Dämon Belios und seine Söhne. Und wie immer in den letzten Tagen fragte ich mich, ob ich es anders hätte machen können, ob ich die Katastrophe hätte verhindern können.
Ich hatte Rufo gemocht. Er war ein Außenseiter in der Schwarzen Familie gewesen, so wie ich. Aber letztendlich war auch er ein Opfer der Machenschaften seines Vaters geworden. Nein, sagte ich mir. Niemand in Venedig, und das galt auch für Rufo, hatte mit offenen Karten gespielt. Das Drama hätte auch ohne mich stattgefunden. Ebenso wie das Versagen der Maschera Nera oder die Rache Asmodis an den Verschwörern.
Die Einzige, der gegenüber mich ein schlechtes Gewissen plagte, war Schirille, die stinkende Habergeiß. Statt sie nach ihrem Verschwinden zu suchen, hatte ich sie im Stich gelassen.
Dabei hatte ich sie eigentlich sogar ein bisschen liebgewonnen, nachdem wir einen ziemlich schweren Anfang gehabt hatten. Ich wäre es ihr schuldig gewesen, nach ihr zu suchen. Selbst da sie sich am Ende als Geschöpf Asmodis entpuppt hatte. Doch was bedeutete das schon, wir steckten alle in unseren Zwangsjacken.
Mit dem Gedanken an Schirille hatte ich den Kaffee bezahlt und war nach Hietzing zurückgekehrt, wo sich unsere Villa befand – und stellte überrascht fest, dass seit meinem Fortgang vor einigen Stunden irgendetwas passiert sein musste. Ein Rauschen über mir schien meine üblen Befürchtungen zu bestätigen. Die Krähen waren aufgeflattert! Unter heiserem Krächzen flog der Schwarm davon und verschwand wie eine Wand aus Leibern in den abendlichen Himmel.
Jetzt spürte auch ich, was los war.
Oder besser gesagt, ich spürte – nichts!
Normalerweise war unser Grundstück durch einen Riegel von magischen Fallen geschützt, die das Eindringen von Unbefugten verhinderten. Ich kannte die Fallen und umging sie meist wie im Schlaf, ohne sie überhaupt zu bemerken. So fiel mir erst jetzt auf, dass sie fehlten. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich, doch ich spürte keine Resonanz.
Hatte mein Vater die Fallen deaktiviert? Aber warum hätte er das tun sollen?
Mein Herz schlug bis zum Hals, als ich die Klinke der Haustür berührte. Äußerlich gab es keine Zeichen von Gewalteinwirkung. Ich kramte meinen Schlüssel hervor und schloss auf. Kaum stieß ich die Tür auf, da ertönte hinter mir ein heiserer Krächzlaut. Eine Krähe war zurückgeblieben und musterte mich bewegungslos aus perlschwarzen Augen. Wollte sie mir ein Zeichen geben?
Ich trat auf sie zu, doch da erhob sie sich und flüchtete.
Ich betrat das Haus. Die Anwesenheit der Vögel bedeutete nichts Gutes. Tiere hatten eine feine Intuition für magische Vorgänge. Umso merkwürdiger war es, dass meine magischen Sinne immer noch nicht Alarm schlugen …
Der Schatten griff mich ohne jede Vorwarnung an.
Er lauerte in der Diele auf mich, hinter der Garderobe. Mit einem Brüllen stürzte er vor. Alles, was ich sah, waren zwei riesige Klauen und ein aufgerissenes Maul, aus dem mir stinkender Atem entgegenwehte! Ich reagierte, ohne nachzudenken, und ließ mich zu Boden fallen. Der Schatten huschte über mich hinweg und krachte gegen die Wand. Es war ein Tier, eine Mischung aus Löwe und Wolf, mit zwei Schwänzen und kraftvollen Läufen. Sofort wälzte es sich herum und setzte zu einem weiteren Angriff an. Ich ließ mich in den rascheren Zeitablauf fallen.
Das heißt, ich wollte es.
Doch mein Innerstes war wie entleert und ausgehöhlt. Ich spürte keine magische Kraft!
Das Zeitfeld entstand nicht!
Panikartig wich ich zurück und entging der Bestie abermals um Haaresbreite. Sie krachte mit dem Schädel gegen die Wand und ließ ein wütendes Brüllen hören. Panikartig wurde mir klar, dass ich aus irgendeinem Grund keine meiner Fähigkeiten einsetzen konnte. Das bedeutete, dass ich dem Angreifer hilflos ausgeliefert war.
Ich huschte herum und nutzte die Sekunde, in der die Bestie sich orientierte, um durch die nächstbeste Tür zu fliehen. Es war die in den Keller. Ich warf sie hinter mir ins Schloss – gerade noch rechtzeitig. Das Türblatt erzitterte unter dem Ansturm des Ungetüms. Gleich darauf folgte der zweite Angriff. Die Scharniere knirschten, die Bretter verbogen sich. Ich hastete die Stufen hinunter. Beiläufig nahm ich wahr, dass auch hier unten irgendetwas anders war als sonst. Das Neonlicht flackerte und summte, als müsse die Röhre ausgewechselt werden, dabei war mir bisher kein Defekt aufgefallen. Was war in meiner Abwesenheit passiert? Wo war meine Familie? Und warum hatte mich der Wächter des Hauses nicht vor dem Ungeheuer gewarnt?
Die Treppe führte in einen Korridor, an dessen Ende sich die wuchtige, massive Holztür befand, die in den Beschwörungsraum führte. Auf ihren altmodischen Eisenbeschlägen waren mächtige Schutzzauber angebracht, die mir neu waren. Trotzdem musste ich es riskieren und griff nach dem Knauf. Oben erzitterte bereits das Holz der Kellertür unter dem Ansturm der zweischwänzigen Bestie!
Ich berührte das kühle Metall, ruckte an dem Knauf.
Verschlossen!
Gleichzeitig öffnete sich im Holz auf der Höhe meines Gesichts ein einzelnes, großes Lid. Ein großes, wässriges Auge starrte mich an! Die Pupille war nichts als ein tiefschwarzer senkrechter Schlitz, der wie aus einer anderen Dimension auf mich herabzublicken schien.
Ein Schlangenauge!
Ich kannte diesen Schutzzauber. Er kostete sehr viel Kraft, weshalb er nur äußerst selten eingesetzt wurde. Wenn jemand damit diese Tür schützte, dann bedeutete das …
Die Kellertür über mir barst unter dem wiederholten Aufprall der Bestie. Ich hörte, wie das Holz zersplitterte, und vernahm das Triumphgeheul des Angreifers. Kurz darauf sah ich den Schatten über die Treppe auf mich zustürmen.
Ich presste mich mit dem Rücken an die Tür. Es gab nichts, was ich tun konnte. Die Bestie würde mich umbringen … Da gab plötzlich die Tür hinter mir nach!
Kräftige Hände umfassten meine Schultern und zogen mich in das Beschwörungszimmer. Über mir erkannte ich Georgs Gesicht. Er zerrte mich in den weihrauchgeschwängerten Kellerraum und warf die Tür wieder ins Schloss.
Keine Sekunde zu spät.
Ein dumpfer Knall ertönte, als die Bestie mit voller Wucht von außen gegen das Holz schlug. Der Stoß verhallte, dann war es wieder still. Der süßlich-schwere Dunst des Räucherwerks legte sich wie eine Wolke um meine Sinne. Ich zwinkerte ein paarmal, um die Benommenheit abzuschütteln, und sah im Schein schwarzer Kerzen meinen Vater, der in eine schwarze Robe gekleidet in einem Schutzkreis stand, vor ihm ein großes Pentagramm, in dessen Zentrum ein absonderliches Wesen hockte – eine Mischung aus Ziege und Vogel.
Schirille!
Starke Fesseln fixierten ihre drei zottigen Beine und die gefiederten Flügel. Ihr Leib war von Bannzeichen übersät. Immer wieder warf sie gepeinigt den Ziegenkopf herum und wand sich in Krämpfen. Die gespaltene Zunge zuckte wie eine wütende Kobra hin und her. Dabei schlug Schirille ihre zwei großen gedrehten Hörner gegen den Boden, als wollte sie ihn zertrümmern. Erschöpft und mit ihrem glanzlosen Federkleid erinnerte die Habergeiß an ein gerupftes Huhn, wenn auch an ein sehr dämonisches Huhn. Doch auch diesmal strömte sie den ihr typischen widerwärtigen Geruch aus. Das erklärte auch die allzu großzügige Anwendung von schwarzem Weihrauch.
Erst jetzt bemerkte ich, dass das Poltern auf der Kellertreppe verstummt war. Offenbar hatte die Bestie ihre Angriffe eingestellt. Gegen die...