Vogd / Batarilo | Mitten ins Leben – Frieden finden mit Vipassana-Meditation | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 197 Seiten

Reihe: Reden reicht nicht!?

Vogd / Batarilo Mitten ins Leben – Frieden finden mit Vipassana-Meditation

E-Book, Deutsch, 197 Seiten

Reihe: Reden reicht nicht!?

ISBN: 978-3-8497-8377-8
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Wer sein Glück in der Zukunft sucht oder sich an überkommene Ideen aus der Vergangenheit klammert, läuft Gefahr, dass ihm das Leben entgleitet. Die Kernbotschaft buddhistischer Lehren lautet deshalb: Es gibt nichts zu erreichen. Kein Paradies, keinen Fluchtpunkt in einer höheren Transzendenz – nur die Gegenwart und die subjektive Qualität lebendiger Beziehungen. Das Heil liegt in einer gelungenen Beziehung zu sich selbst, in einer Leiblichkeit, in der ein Mensch sich (wieder) selbst in der Mitte der Welt wahrnimmt.

Wer sich auf die Vipassana-Meditation einlässt, wird feststellen, dass sein Leben an Lebendigkeit und Fülle gewinnt. Als sehr ursprüngliche Form des buddhistischen Pfades stellt Vipassana ein vollständiges spirituelles System dar, lässt aber Theorien und Konzepte hinter sich. Hier geht es um die Kunst zu leben und um die Rückkehr ins eigentliche, unmittelbare Sein.

Werner Vogd ist dem Phänomen Vipassana in einem mehrjährigen Forschungsprojekt nachgegangen. Zusammen mit Dunja Batarilo beschreibt er Vipassana als die Kunst, ein Leben zu führen, in dem sich die Sinnfrage nicht mehr stellt. Stattdessen kann sich das Potenzial der eigenen Existenz wirklich entfalten. Das Leben – seiner Natur nach instabil, berührbar und fragil – wird gerade dadurch lebendig, dass es auf dem Fluss ständiger Dynamik und Veränderlichkeit beruht.

Das Buch erläutert u. a. eingehend die positiven Auswirkungen von Vipassana auf Depression, Angstzustände und tiefe Verunsicherung.
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Zielgruppe


an Meditation und Buddhismus Interessierte
am Thema Achtsamkeit interessierte Therapeut:innen, Berater:innen, Pädagog:innen

Weitere Infos & Material


Teil II: Auf dem Pfad
2.1Die Suche nach der Überwindung des Leids
Es sind keine von Buddha selbst verfassten Schriften bekannt. Was er lehrte, wurde – wie einige Jahrhunderte später auch bei Jesus – mündlich überliefert. Erst im ersten Jahrhundert v. Chr. wurden die Texte im »Tipi?ika« (wörtlich: »drei Körbe«)* verschriftlicht. Im 5. Jahrhundert n. Chr. fertigte der Mönch Buddhaghosa mit der Visuddhi-Magga (wörtlich: »Weg der Reinheit«) die erste systematische Darstellung der Lehren des Theravada-Buddhismus an, zu dem auch die Vipassana-Tradition gehört. Im Zentrum des Buddhismus steht die Lehre und weniger die Person des Buddha. Siddharta, nach seiner Erleuchtung »der Buddha«, ist als konkreter Mensch viel weniger präsent als andere Religionsgründer. Auch die überlieferten Texte stellen seine Lehrunterweisungen in den Vordergrund, weniger biografische Details. Die wenigen Stationen seines Lebens, die schriftlich festgehalten sind, sind von Anhängern überliefert. Es handelt sich dabei weniger um historisch verbriefte Gewissheiten als um eine Heiligenlegende.34 Wie jeder Mythos steckt diese Geschichte voller verdichteter Wahrheit: Die Geschichte des Buddha lässt sich lesen als Parabel auf einen spirituellen Weg. Sie erzählt von Motiven und Sehnsüchten, von Irrungen und Wirrungen und von den Fallen, in die spirituell Suchende fast wie vorprogrammiert hineintappen. Es ist eine Heldenreise der anderen Art – eine, deren Endstation kein Happy End im klassischen Sinne ist. Wer dem Buddha folgt, den erwartet kein Himmelreich, kein Paradies, sondern eine Befreiung von anderer, unerwarteter Art. Forscher gehen davon aus, dass der historische Buddha im Jahr 624 v. Chr. geboren wurde. Sein Beiname »Buddha Shakyamuni« rührt daher, dass er aus dem Geschlecht der Shakyas stammte, im Königreich Kosala im heutigen Nepal gelegen. Die Eltern des späteren Buddha waren König Suddodhana und Königin Maya. Der Legende nach war das Ehepaar zwanzig Jahre lang kinderlos geblieben, als eines Nachts sich eine wundersame Zeugung ereignete: Königin Maya soll bereits vierzig Jahre alt gewesen sein, als sie im Traum einen weißen Elefanten erblickte, der vom Himmel herabstieg und in ihren Schoß eindrang. Die Schwangerschaft verlief leicht – der künftige Buddha begann seine Reise ins Leben nicht etwa als Embryo, sondern als voll entwickeltes Baby, das bereits im Mutterleib seiner Mutter und ihrer Umgebung seine heilenden Kräfte zuteilwerden ließ. Die Geburt des Buddha in spe stand der Zeugung in nichts nach: Er trat so elegant wie unbefleckt durch die rechte Flanke seiner Mutter aus. Auch die Natur ließ sich nicht lumpen und fuhr alles auf, was zu einem indischen Mythos gehört: Himmlische Sphärenmusik erfüllte das All, Bäume begannen zu blühen, die Tiere hörten auf, einander zu fressen, Blinde wurden sehend, Kranke geheilt. Direkt nach der Entbindung soll der Babybuddha sieben Schritte gemacht haben, und wo immer seine Fußsohlen den Boden berührten, wuchsen Lotusblumen aus dem Boden. Ein weiser Mann namens Asita, bekannt für seine Visionen, eilte herbei, um den künftigen Erlöser zu begrüßen. Der Alte nahm das Baby auf den Arm und vergoss Tränen der Trauer, weil er ahnte, dass er selbst nicht lange genug leben würde, um die Lehre dieses großen kleinen Wesens eines Tages zu empfangen. Die überglücklichen Eltern nannten ihren Sohn »Siddharta«: »der sein Ziel erreicht«. Doch auch der kleine Siddharta, der gefeierte Fürstensohn, bekam schon früh zu spüren, dass im Leben nicht alles glatt geht: Zwei Wochen nach seiner Geburt starb seine Mutter. König Suddodhana, die Prophezeiung des Asita noch im Ohr, tat alles, um seinen Sohn von der Welt abzuschirmen. Er sollte ein unbeschwertes Leben führen und in Saus und Braus leben, zu einem würdigen und weltlichen Thronfolger heranwachsen. Der Luxus, in dem Siddharta seine Jugend verbrachte, wird ausufernd geschildert: So lebte er in drei prachtvollen Palästen, je einen für die Hitze des Sommers, die Kälte des Winters und den Regen von Frühling und Herbst. Im Alter von 16 Jahren heiratete Siddharta seine Frau Yasodhara. Er wird als überirdisch schöner, sportlicher Jüngling beschrieben, der jeden Wettkampf gewinnt, dem die Herzen der Menschen zufliegen und der alle Frauen bezaubert. Als Siddharta 29 Jahre alt ist, ereignet sich das, was die Schriften »die vier Ausfahrten« nennen. Nach fast drei Jahrzehnten des Abgeschirmtseins erwacht in unserem Prinzen der Wunsch, die Welt außerhalb der Palastmauern zu sehen. Gegen den Willen seines Vaters bricht er auf, mithilfe eines Wagenlenkers. Bei der ersten Ausfahrt trifft Siddharta auf einen ausgezehrten Greis, bei der zweiten auf einen Kranken und bei der dritten schließlich auf einen Leichnam. Auf die naive Frage des Prinzen, was es damit auf sich habe, antwortet sein Fahrer, dass diese Leiden alle Menschen träfen und dabei keine Ausnahmen machten. Die vierte Ausfahrt führt Siddharta zu einem Bikkhu, einer Art heiligem Bettler nach altindischer Tradition, der Erleuchtung sucht. Diese Begegnung gibt den Ausschlag: Siddharta entschließt sich, das Palastleben hinter sich zu lassen und einen Ausweg aus dem Leiden zu finden. Etwa zur gleichen Zeit bringt seine Frau Yasodhara einen Sohn zu Welt, den sie »Rahula« nennt. Doch nicht einmal die Geburt seines Erstgeborenen kann Siddharta aufhalten. Er bleibt bei seinem Entschluss, so fragwürdig dieser aus heutiger Sicht und vor allem aus feministischer Perspektive auch sein mag. Eine Woche nach der Geburt seines Sohnes geht Siddharta in die Hauslosigkeit. Er schneidet sich die Haare ab, lässt allen Besitz zurück und bricht ins Ungewisse auf, in ein Leben auf der Straße, Gefahren wie Überfällen durch Menschen oder wilde Tiere schutzlos ausgesetzt und auf die Hilfe von Fremden angewiesen. Ähnlich wie bei Jesus oder Mohammed ereignet sich diese Wende im mittleren Lebensalter. Siddharta folgt jedoch keiner göttlichen Berufung; da ist keine transzendentale Instanz, die eine Durchsage macht und Gehorsam erfordert. Er folgt einzig seiner Überzeugung, einer unbestechlichen inneren Stimme. Die wenigsten Menschen finden einfach aus Neugier zur Meditation. Manche Meditierenden berichten von einer Suche nach Sinn, vom Wunsch, verstehen zu wollen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Die einen treffen auf Freunde oder Familienmitglieder, die von einem Vipassana-Kurs erzählen, den sie besucht haben. Andere beginnen mit Achtsamkeitskursen und kommen an den Punkt, wo sie weiterkommen oder es genauer wissen wollen. In den meisten Fällen ist es eine Form von Leidensdruck und der Wunsch, einen Ausweg zu finden aus einer unangenehmen Situation. Ein Verlust, eine andauernde Angst, ein Schmerz, seelisch oder körperlich, treibt die Leidenden dazu, ausprobieren zu wollen, was es mit Meditation auf sich hat. Dukkha, das Leiden, das Siddharta zu lindern sucht, wird erlebt in Form von Dingen, die uns quälen, von Wünschen, die sich nicht erfüllen, von Liebgewonnenem, an dem wir hängen und das wir wieder verlieren, ob wir wollen oder nicht. Dukkha ist überall, allgegenwärtig, unentrinnbar. Auch S. N. Goenka, der »Erfinder« des heute in aller Welt durchgeführten Zehntageskurs-Formats, auf das wir uns in diesem Buch beziehen, musste erst an grausamer Migräne leiden, bevor er zu Vipassana fand. Die Suche nach Befreiung – Auswege und Sackgassen
Siddharta, ausgezogen, um das Leiden zu besiegen, sucht zunächst die Nähe berühmter Gurus. Er wird Schüler zweier besonders virtuoser Lehrer,* die ihm die samadhis beibringen. Das sind Übungen, die den Geist beruhigen und schärfen sollen. Ziel ist es, die mit dieser Praxis einhergehenden Stadien der konzentrativen Vertiefungen zu durchlaufen und schließlich Erleuchtung zu finden. Der junge Prinz erweist sich als gelehriger und begabter Schüler, merkt aber bald, dass die Techniken seiner Lehrer ihn auf seiner Suche nicht weiterbringen. In Zuständen der »Raumunendlichkeit« oder »Weder-Wahrnehmung-noch-Nicht-Wahrnehmung« zu verweilen ist zwar abgefahren und spannend, fühlt sich zwischenzeitlich auch nach Erlösung an – die Erfahrung bleibt jedoch immer flüchtig. Denn auch der großartigste dieser Zustände geht vorbei, sobald die Konzentration nachlässt. Siddharta beschließt, es mit extremer Askese zu probieren. Asketen, die es in Indien bis heute gibt, sind der Überzeugung, dass höhere Kräfte oder gar Unsterblichkeit erlangt, wer alles Weltliche und die Bedürfnisse des eigenen Körpers überwindet. Sie leben ohne Besitz und ohne Wohnort, ziehen nackt und mit Asche beschmiert durchs Land und leben von Almosen. Sie sind bekannt dafür, ihre Körper bis ins Extrem zu peinigen. Dazu stehen manche jahrelang auf einem Bein, andere halten eine Hand in die Höhe, bis sie verkümmert, oder halten die Zunge herausgestreckt.35 Ziel ist es, in...


Werner Vogd, Dr., Professor für Soziologie an der Fakultät für Kulturreflexion der Universität Witten/Herdecke. Schwerpunkte: Systemtheorie und rekonstruktive Sozialforschung, Organisation und Entscheidungsprozesse, naturwissenschaftliche Denkformen, Religionssoziologie, insbesondere Buddhismus. Aktuell: DFG-Projekt Buddhismus im Westen. Veröffentlichungen: „Welten ohne Grund. Buddhismus, Sinn und Konstruktion“ (2014), „Der ermächtigte Meister. Eine systemische Rekonstruktion am Beispiel des Skandals umd Sogyal Rinpoche“ (2019).

Dunja Batarilo, Journalistin und Sachbuchautorin; Studium der Medizin, Philosophie und Kulturwissenschaften an der Universität Witten/Herdecke, Ausbildung an der Berliner Journalistenschule. Ihre Reportagen und Artikel erscheinen u. a. bei brandeins, P. M., NZZ, Frankfurter Rundschau, DER SPIEGEL, DIE ZEIT, Welt am Sonntag. Schwerpunkte: Nachhaltigkeit, Tiere, Soziales, Reportage und Portrait. Sie hat u. a. das Stipendium „Fleiß und Mut“ der Stiftung Mercator und den Journalistenpreis der Agentur für Nachhaltigkeit „Unendlich viel Energie“ erhalten.


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