E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Reihe: Die drei !!!
Vogel Die drei !!!, 77, Achtung, Gaunerzeichen! (drei Ausrufezeichen)
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-440-50476-5
Verlag: Kosmos
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Reihe: Die drei !!!
ISBN: 978-3-440-50476-5
Verlag: Kosmos
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kim, Franzi und Marie sind "Die drei !!!". Mutig und clever ermitteln die drei Freundinnen und sind jedem Fall gewachsen.
Im Viertel von Familie Grevenbroich geht die Angst um: Was bedeuten die geheimnisvollen Zeichen an Zäunen und Hauswänden? Sind hier Diebe am Werk, die die Wohnungen ausspionieren? Die drei !!! nehmen die Ermittlungen auf ...
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Mord zwischen den Zeilen
»Du Mörder!«, schrie Kim ins Telefon. »Ich … äh …«, stotterte David. »Du hast Junos kaltblütig umgebracht.« Kims Stimme bebte. »Wie konntest du nur?« »Ich wollte doch bloß …«, begann David, aber Kim ließ ihn nicht ausreden. »Das werde ich dir nie verzeihen!« Sie drückte das Gespräch weg und pfefferte das Handy auf ihr Bett, bevor sie sich mit beiden Händen durch die kurzen dunklen Haare fuhr. Ihre Wut ließ allmählich nach und machte einer tiefen Enttäuschung Platz. Sie hatte geglaubt, David zu kennen. Schließlich waren sie schon seit einer Weile ein Paar. Fehlanzeige. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, er könnte zu so einem feigen Verbrechen imstande sein. Kim ließ sich auf die Bettkante nieder und seufzte. David, ein Mörder! Das war ein Schock. Okay, bei dem Mord war kein Blut geflossen. Er hatte nur auf dem Papier stattgefunden. Besser gesagt auf dem Bildschirm. Mit ein paar Klicks hatte David den armen Junos um die Ecke gebracht. Er hatte ihm nicht mal einen anständigen Heldentod gegönnt, sondern ihn am Stich einer außerirdischen Biene sterben lassen. Junos! Niedergestreckt von einer Biene! Als Kim die Textstelle im Manuskript gelesen hatte, hätte sie vor Schreck fast ihren Honig-Zitronenmelisse-Tee über dem Laptop verschüttet. Zitronenmelisse sollte ja angeblich beruhigend wirken, aber das hatte bei Kim leider nicht geklappt. Wutentbrannt hatte sie nach ihrem Handy gegriffen und sofort bei David angerufen, um ihn zur Rede zu stellen. Junos war eine der Hauptfiguren in dem Roman, den Kim und David gemeinsam schrieben. Es sollte ein Fantasykrimi werden – eine völlig neue Literaturgattung, denn David liebte Fantasyromane und Kim fand Krimis toll. Junos war ein junger Krieger, der sich für die Armen und Schwachen einsetzte (und die gleichen halbmondförmigen Augen wie David hatte, was natürlich ganz und gar kein Zufall war). Kim hatte Stunden damit verbracht, die Figur zu entwickeln. In ihrem Kopf war Junos so lebendig wie David oder sie selbst. Sie wusste, wie er aussah, wie er sprach, ging und lachte, dass er Sternzeichen Skorpion war und am liebsten Hammelkeule mit Kichererbsen aß. Sie wusste, dass er heimlich in Laurina verliebt war, seine Freundin seit Kindertagen, sich aber nicht traute, ihr seine Liebe zu gestehen. Ja, sie wusste sogar von der beinahe unsichtbaren Narbe über seinem linken Auge, wo ihn als kleiner Junge ein wilder Troll gebissen hatte. Und jetzt … war er tot. Kims Handy piepste. Sie zuckte zusammen. Der Wecker! Sie hatte ihn extra gestellt, damit sie beim Schreiben nicht völlig die Zeit vergaß. Manchmal tauchte sie so in ihre Geschichten ab, dass sie hinterher eine Weile brauchte, um wieder in der Realität anzukommen. Einmal hatte sie ihre Zwillingsbrüder versehentlich als »Molkpopper« beschimpft, nachdem die beiden mitten in einer wichtigen Szene in ihr Zimmer geplatzt waren. Obwohl Ben und Lukas natürlich nicht wussten, dass Molkpopper kleine, rattenähnliche Gnome waren, die in Höhlen hausten, nach Schweißfüßen stanken und immer dann auftauchten, wenn man sie am wenigsten brauchen konnte, hatten sie ziemlich beleidigt reagiert und ihre Schwester – wenig originell – als Planschkuh bezeichnet. Kim griff nach dem Handy und stand auf. Schon kurz nach halb zehn! Sie musste dringend los, wenn sie nicht zu spät kommen wollte. Um zehn waren Kim und Franzi zum Sonntagsfrühstück bei ihrer Freundin Marie Grevenbroich eingeladen. Die drei waren nicht nur Freundinnen, sondern auch Detektivinnen und hatten als Die drei !!! schon viele Fälle gelöst. Momentan war der Club allerdings arbeitslos, sodass sie alle Zeit der Welt zum Frühstücken, Quatschen und Entspannen haben würden. Rasch steckte Kim das Handy ein, fuhr den Laptop herunter und verließ ihr Zimmer. Als sie durch den Flur zur Treppe ging, wurde plötzlich eine Tür aufgerissen und zwei Gestalten in schwarzen Umhängen sprangen ihr entgegen. Ihre Gesichter waren schneeweiß, die Augen blutunterlaufen und in den weit aufgerissenen Mündern prangten riesige, messerscharfe Eckzähne. Kim zuckte zusammen. »Was zum Henker …« »Wir sind keine Henker, sondern Vampire!«, unterbrach sie der eine Vampir – auch bekannt unter dem Namen Ben. »Gib uns dein Blut!«, zischte Lukas und bleckte die Zähne. »Keine Chance«, informierte Kim ihre Brüder. »Das brauch ich selbst. Was soll mir denn sonst in den Adern gefrieren, wenn ich euch sehe?« »Findest du uns echt gruselig?«, fragte Ben. »Geht so.« Kim grinste. »Ihr seid eben noch blutige Anfänger.« Der Witz ging völlig an den Zwillingen vorbei. »Ich hab doch gleich gesagt, Vampire sind öde«, sagte Lukas. »Zombies sind viel cooler!« »Quatsch!« Ben schüttelte den Kopf. »Graf Dracula ist doch nicht öde!« Die Zwillinge starrten einander wütend aus ihren blutunterlaufenen Augen an. Seit sie sich für die Kinder-Halloween-Party im Jugendzentrum als Erschrecker beworben hatten, probierten sie täglich andere Grusel-Kostümierungen aus und stellten damit die Nerven der ganzen Familie auf eine harte Probe. Zum Glück waren es nur noch drei Tage bis zum 31. Oktober. »Könnt ihr mich vielleicht mal durchlassen?« Kim wurde allmählich ungeduldig. »Ich hab’s eilig.« Ben und Lukas machten widerwillig Platz. »Viel Spaß noch beim Zähnepolieren. Und nicht vergessen«, fügte sie hinzu, während sie die Treppe hinunterlief, »immer ruhig Blut!« Als Kim auf ihrem Fahrrad durch die Stadt rollte, schien ihr die Sonne warm ins Gesicht. Der Oktober gab noch einmal alles, obwohl er schon fast vorbei war. Die Blätter an den Bäumen leuchteten in den spektakulärsten Farben, die Temperaturen waren so mild wie im April und am Himmel war kein einziges Wölkchen zu sehen. Kims Laune hob sich mit jedem Meter, den sie in Richtung Ostviertel radelte. Sie würde sich von David und seinem feigen Mordanschlag garantiert nicht diesen wunderschönen Sonntag verderben lassen, sondern das Frühstück mit ihren Freundinnen in vollen Zügen genießen. Heute Abend konnte sie immer noch um Junos trauern oder – noch besser – überlegen, ob es eine Möglichkeit gab, ihn wieder zum Leben zu erwecken. Kim überquerte die Kreuzung, hinter der das Ostviertel begann, fuhr an der kleinen Chocolaterie vorbei, in der Marie Stammkundin war, und bog in die Straße der Grevenbroichs ein. Hinter gepflegten Hecken und hohen Bäumen erhoben sich alte Villen, die in den weitläufigen Gärten zu schlummern schienen. Es herrschte sonntägliche Stille. Nur das Zwitschern der Vögel war zu hören. Kim stieg der Duft nach frischen Brötchen in die Nase – oder bildete sie sich das nur ein? Sie leckte sich über die Lippen. Ob Marie diese wahnsinnig leckeren Schoko-Croissants aus der Chocolaterie besorgt hatte? Dazu die selbst gemachte Erdbeer-Rhabarber-Marmelade von Maries Stiefoma – mmh! Kim lief das Wasser im Mund zusammen … Ein schriller Schrei zerriss die Stille und holte Kim unsanft aus ihren appetitlichen Träumereien. Ein Mädchen stolperte aus einer Einfahrt und lief Kim fast vors Fahrrad. Kim bremste und riss gleichzeitig den Lenker herum. Das Rad schlingerte, Kim verlor das Gleichgewicht und schaffte es in letzter Sekunde abzuspringen. »Alles in Ordnung?« Kim lehnte ihr Rad gegen einen Zaun und lief zu dem Mädchen, das mitten auf der Straße stehen geblieben war. Es war beinahe so bleich wie die Vampir-Zwillinge und zitterte am ganzen Körper. »Ja … nein …«, stammelte es. »Ich … ich …« Das Mädchen schien unter Schock zu stehen. Kim berührte sanft seinen Arm. »Ganz ruhig. Wie heißt du?« »Elena.« »Ich bin Kim. Was ist passiert, Elena?« Elena fuhr sich mit einer fahrigen Bewegung über die Augen. »Da … da ist jemand!« Sie zeigte auf die Einfahrt, aus der sie gerade gekommen war. »In unserem Haus!« Kim runzelte die Stirn. »Wer?« »Keine Ahnung!« Elena schluchzte auf. »Alles ist total verwüstet und im Flur liegen Scherben …« Kim schob Elena zum Gehweg und drückte sie auf die Bordsteinkante. »Setz dich erst mal. Du bist ja völlig durcheinander. Willst du was trinken?« Sie zog eine Wasserflasche aus ihrem Rucksack und reichte sie Elena. »Danke.« Das Mädchen trank einen Schluck. Kim nutzte den Moment, um Elena genauer zu betrachten und im Kopf eine kurze Personenbeschreibung anzufertigen, eine Angewohnheit, die sich bei ihrer Arbeit als Detektivin oft bewährt hatte: Elena war ungefähr sechzehn Jahre alt, zierlich, hatte dunkle, kinnlange Haare und trug Jeans und einen hellblauen Sweater. Sie war auffallend blass, wirkte erschöpft und hatte Ringe unter den Augen. »Jetzt erzähl mir erst mal der Reihe nach, was passiert ist.« Kim setzte sich neben Elena auf die Bordsteinkante und nickte ihr aufmunternd zu. Elena sammelte sich kurz, dann sprudelte es aus ihr heraus: »Meine Eltern sind übers Wochenende weggefahren. Ich hab bei einer Freundin übernachtet. Als ich nach Hause gekommen bin, hab ich die Tür aufgeschlossen und sofort gesehen, dass etwas nicht stimmt. Der große Spiegel im Flur ist zerbrochen. Überall liegen Scherben. Im Wohnzimmer herrscht totales Chaos. Es ist … einfach schrecklich!« »Klingt nach einem Einbruch«, stellte Kim fest. »Bist du sicher, dass die Tür abgeschlossen war?« ...