E-Book, Deutsch, 271 Seiten
Vogt Die tollkühnen Männer in ihren rasenden Kisten
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7549-9219-7
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eingefahrene Erinnerungen
E-Book, Deutsch, 271 Seiten
ISBN: 978-3-7549-9219-7
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieter Vogt-Weber, 1953 in Basel geboren, in Muttenz gut bürgerlich aufgewachsen. Lehre zum Automechaniker 1970-1974 bei Monteverdi Automobiles in Binningen. Später Studium zum Ingenieur HTL in Maschinenbau 1976-1979. Hat über dreissig Jahre bei einer Versicherung als Technischer Experte im Schadendienst gearbeitet. Seit 2013 in Pension. Lebt mit seiner Frau im Kanton Baselland in der Schweiz Sagt es bitte nicht weiter: IST IMMER NOCH MOTORENFAN
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Fiat 1500
Vaters erstes Auto war, wie kann es anders sein, ein VW Käfer. Ein grüner Brezelkäfer. Das muss so 1959 gewesen sein. Das Auto hatte ein Faltdach und mein älterer Bruder Heiner geb.1951 und ich, Baujahr 1953, standen bei gutem Wetter auf der Rückbank und schauten oben zum Dach raus. Na ja, sicherheitstechnisch nicht ganz ideal, aber wir haben das immer genossen. In diesen Jahren gab es noch Schnee bis zu uns ins Flachland und Vati hat uns Kinder auf den Schlitten manchmal mit seinem Käfer durch Muttenz gezogen. Er hatte verschiedene Käfer( immer mit Faltdach) bis er später das Auto seines Bruders übernahm.
Das war ein beiger Fiat 1500. Wow ein Viertürer mit 75PS. Der Sprung vom Käfer war riesig. Halt kein Faltdach mehr. Mit diesem Auto hatte er ein Erlebnis der dritten Art. Beim Heimfahren von Zürich wo er das Auto von seinem Bruder Karl übernommen hatte, hatte er offenbar einen Schwächeanfall. Jedenfalls wachte er in einem Garten vor einem Haus in Möhlin wieder auf. Soweit ich noch weiss ist weder dem Garten noch dem Auto noch Max etwas passiert. Danach gab es einen Volvo 144, einen 145 und nochmal einen 144S mit Overdrive. Dann folgte sein letztes Auto, ein Audi 100. Mein Vater hat mir erzählt, seine Kollegen haben ihn immer gefoppt weil er wie ein Milchmann fahre. Wieso Milchmann habe ich ihn gefragt. Er habe halt immer die Ideallinie gesucht war seine Antwort. Da fährt man halt von einer Strassenseite auf die andere. Das leuchtete mir ein.
So ging es mir auch bald. Immer auf der Suche nach der richtigen Linie. Walter Röhrl hat das einmal gesagt. Er fährt immer die Ideallinie auch im öffentlichen Verkehr natürlich auf seiner Strassenseite, wenn erforderlich. Für ihn ist jeder Meter fahren Training. Ich durfte ihn einmal um ein Autogramm bitten, an der Auto Classica in Essen. Niemanden habe ich je um ein Autogramm gebeten, Walter Röhrl aber schon. Ob ich ihm die Hand geben dürfe habe ich ihn gefragt. Etwas verdutzt hat er gemeint, ja klar aber warum. Da sagte ich dem Grössten wollte ich schon immer einmal die Hand geben. Darauf meinte er, wir wollen's mal nicht übertreiben. Meiner Meinung nach war's keine Uebertreibung. Wir haben ihn im Audi V8 in Hockenheim gesehen anlässlich des letzten DTM Laufs der Saison 1990. Hans Joachim "Striezel" Stuck ist in dieser Saison Meister geworden, auch dank Walter Röhrl.
Schaut euch mal das Video auf youtube an: "Pikes Peak und Röhrl" Wer das nicht gut findet ist nicht von diesem Planeten. Optimaler Fahren geht nicht!
Stuck (selber eine coole Socke)hat daraus kein Geheimnis gemacht. Im Gegenteil, er sagte, hätte Röhrl in einen Formel 1 gepasst und das gewollt, wäre der auch Formel 1 Weltmeister geworden. So hoch schätzte Stuck seinen Teamkollegen ein, den er ja auch aus der USA-Zeit mit Audi in der IMSA kennen und schätzen gelernt hatte.
Ohne Lizenzrechte etc. wäre hier ein Bild von Walter Röhrl
Walter Röhrl einer der alles was Räder hat jenseits der Grenzen bewegen kann.
Walter Röhrl fuhr auch nach seiner aktiven Zeit noch diverse Rennen. Einmal las ich einen Bericht über eine Oldtimer Rally in Australien. Irgendwo galt es einen Bahnübergang zu überqueren. Offenbar war dieser Uebergang ziemlich heftig für die Autos, jedenfalls blieben dort einige Autos mit defekten Aufhängungen liegen. Röhrl war mit einem Porsche 356 unterwegs und stellte sein Auto vor dem Uebergang quer. Darauf angesprochen, "wieso fährst du da quer drüber" soll er gesagt haben, "Machst du das nicht kann's dir die Vorderachse rausreissen. Mit quer verteilt es den Schlag. Machen das nicht alle so?"
Der andere Ueberflieger aus älteren Zeiten war für mich Juan Manuel Fangio. Klar, seine fahrerische Zeit war bereits vorbei, bis ich ihn auf dem Radar hatte. Durch die Geschichten meines Vaters kam er aber zurück.
Dadurch verfolgte ich es immer, wenn irgendwo etwas über Fangio zu lesen war. Auf dem heimischen Robinson Spielplatz lagen die alten Hobby Zeitschriften auf. So um 1964 war da eine Geschichte von Fangio drin. Behaftet mich da nicht im Detail, es sind Erinnerungen, aber die Geschichte hat mich total fasziniert. Fangio war Mercedes Vertreter in Argentinien. Jetzt gerade machte er in Europa Probefahrten mit Journalisten mit dem neuen Mercedes 600. Er fuhr über irgend einen Pass und liess offenbar die Sau raus. "Der überholt auch dann noch wenn er gar nichts sieht", ist eine Aussage des Journalisten. Fangio hat gemeint, "nein ich schaue nur viel weiter voraus. Das habe er schon so in der aktiven Zeit gemacht. Wenn die Zuschauer alle in dieselbe Richtung schauen, dann muss da etwas passiert sein. Also rase ich nicht volle Pulle darauf zu". So habe er überlebt. Er habe immer ein paar Prozent Reserve übrig gelassen. Es gibt über ihn auf youtube ein tolles onboard Video das sein Fahrkönnen in einem Formel 1 Maserati von 1957 zeigt.
Ohne Lizenzrechte etc. wäre hier ein Bild von Fangio
Juan Manuel Fangio einer der besten aller Zeiten
Stirling Moss, seinerseits kein Nasenbohrer, war Teamkollege von Fangio und meinte, "du fährst raus und gibst alles, dann kommt der Alte und fährt noch etwas schneller". So sei das dann mehrere Male gegangen. "Wie macht der Kerl das bloss", das habe er sich dann viele Male gefragt und keine Antwort gefunden. Seinen Fahrstil hat Fangio an die Situation angepasst. Ist weich gefragt, damit die Reifen halten, gut dann fährt man weich, muss es vorwärts gehen wird halt alles gegeben.
Sein Meisterstück hat Fangio nach Ansicht von vielen Experten am Nürburgring 1957 als bereits 47 Jähriger abgeliefert. Dabei musste er den Sieg einfahren um den Titel zu gewinnen. Mit dem unterlegenen Maserati gegen die Ferrari von Hawthorn und Collins gelingt Fangio das Unglaubliche. Er ist "im flow" und fährt seinen fünften Weltmeistertitel ein. Es gibt diese Situation beim Fahren, man hat das Gefühl jetzt läuft's, jetzt kann's gar nicht schiefgehen und man zieht seine Linie. Hoffentlich passiert nie etwas wenn ich dieses Gefühl habe dachte ich immer. Wenn es nämlich dann passiert, dann ist das Vertrauen auf den "flow" auf ewig zerstört. Fangio hat nach diesem Rennen gemeint, dass er ein solch hohes Risiko nie wieder eingehen wolle.
Le Mans
In einem Bericht über die Le Mans Katastrophe von 1955 liest man über den schlussendlich unfallverursachenden Mercedes Fahrer Lévegh, dass dieser unmittelbar vor dem Unfall seinen nachfolgenden Teamkollegen Fangio mit erhobener Hand gewarnt habe. Der Berichteschreiber ist sich nicht sicher, ob Fangio das nicht erfunden hat um Lévegh die Ehre zu erweisen. Ich persönlich glaube das nicht, weil Lévegh seinerseits eine spezielle Type gewesen sein muss. 1952 fuhr der Kerl total alleine FAST den Sieg in Le Mans ein. 70 Minuten vor Schluss ging der Motor an seinem Talbot ein und Mercedes gewann. Die französischen Zuschauer hatten keine Freude am deutschen Sieg. Daher durfte Lévegh einen Werks Mercedes für das Rennen 1955 fahren. So eine Type hebt für seinen Kollegen oder jeden anderen die Hand, glaubt es mir. Nach Meinung vieler ging der furchtbare Unfall auf das Konto von Hawthorn im Jaguar.
Ohne Lizenzrechte etc. wäre hier ein Bild von Lévegh
Jean Pierre Lévegh mit dem Talbot in Le Mans 1952
Offenbar hat sich dieser sehr kurz entschlossen an die Box zu fahren. Mit seinem starken Bremsmanöver hat er den Austin Healey hinter sich überrascht. Dieser wich nach links aus wo Lévegh mit einigem Ueberschuss angefahren kam und am Healey als Sprungschanze in die Zuschauer flog. Heute undenkbar, aber das Rennen wurde nicht abgebrochen. Der Veranstalter befürchtete ein Riesenchaos bei einem Abbruch. Mercedes zog seine Autos zurück. Jaguar siegte. Hawthorn sah auf den Siegerfotos alles andere als glücklich aus, obwohl er trotzdem Champagner trank.
Er seinerseits verunglückte 1959 tödlich in einem dramatischen Verkehrsunfall in England. Sein getunter Jaguar Mk II wickelte sich um einen Baum. Der Whisky Erbe Rob Walker im Mercedes 300SL hatte sich mit ihm ein Rennen geliefert. Die Beiden hatten sich zufällig auf der öffentlichen Strasse getroffen. Mögliche Ursache für Hawthorns Abflug war sein Handgas. Er hatte sich das extra einbauen lassen, so als Vorläufer des Tempomats.
Um gegen Walker alles zu versuchen schnell das Handgas an den Anschlag. Vielleicht kommt da noch etwas mehr als über den Fuss. Kommt dann die nächste Kurve muss man auch das Handgas zurücknehmen. Macht man das nicht, gibt es Probleme. Angeblich fuhr Hawthorn nur mit Schlips seine Rennen. Ein echter Gentleman-Fahrer halt.
Schon gut, aber nichts für mich, meine Helden fuhren immer hemdsärmelig, so wie Fangio etc.! Einen Schlips kann man höchstens zum Messen des Oelstandes sinnvoll einsetzen! Ironie des Schicksals, bei seinem Unfall ging es wieder um Jaguar gegen Mercedes!
Le Mans war immer ein sehr spezielles Rennen, auch weil es keine permanente Strecke war. Früher war die Strecke zwischen Training und Rennen für den öffentlichen Verkehr wieder offen. So fuhren Kurt Oggier und ich mit...