E-Book, Deutsch, Band 1, 228 Seiten
Reihe: Die Soko Ki
Vollenberg Die Soko Ki
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-8780-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ferien, Freunde, Einbrecher
E-Book, Deutsch, Band 1, 228 Seiten
Reihe: Die Soko Ki
ISBN: 978-3-7534-8780-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Emil zieht in ein barrierefreies Haus. Ob er neue Freunde finden wird? Auf der Gartenparty seiner Eltern lernt er Marlene und Faris kennen. Zusammen mit Kathi, einer Freundin aus Grundschultagen, schließen die vier schnell Freundschaft und verbringen gemeinsam eine Ferienwoche. Herr Kalikinsky, Emils schrecklicher neuer Nachbar, tritt in ihren Fokus. Es passieren merkwürdige Dinge. Zudem machen Einbrecher die Wohngegend unsicher. Die Freunde bilden ein Ermittler-Team und nennen sich die Soko Ki. Ihr Spürsinn ist geweckt und sie wollen die Einbrecher zur Strecke bringen. Ein spannendes Buch für junge Leser ab 8 Jahren, das sich auch aktuellen gesellschaftlichen Problemen stellt.
*1953 in Dorsten, Dipl. Betriebswirtin, seit 2009 Schriftstellerin. Ihre Kurzgeschichten beschäftigen sich mit Geschichten, die das Leben schreibt. Aber sehr oft bewegen sich die Texte in eine kriminelle Richtung. Wichtig ist ihr aber stets eine humorvolle Ausrichtung. 2013 Nominierung für die Vestische Literatur-Eule, 2014, 2015, 2016 Prämierung im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen. Sieger der Literaturausschreibung des Ortsmarketing Raesfeld. Veröffentlichungen: Gladbeck, vor und hinter den Kulissen, Wartberg Verlag 2015 | WOLKENLOS chaotisch, überarbeitete Neuauflage 2020 | Piranhas im Schlossgraben, Lyrik (Dirk Juschkat) und Kurzgeschichten (Brigitte Vollenberg), BoD Juli 2018 Regelmäßige Veröffentlichung von Kurzgeschichten in Anthologien und Literaturzeitschriften. Die stattliche Anzahl von einhundertvierzig Einzelveröffentlichungen ist bereits überschritten. www.brigittevollenberg.de
Autoren/Hrsg.
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1 Meine Mutter hatte mich immer wieder gefragt, ob mir unsere neue Wohnung gefallen würde. Ich hatte ja gesagt. Sie lächelte mich dann so zufrieden an. Manchmal nahm sie mir dann meine Kappe vom Kopf und strich mir über die Haare. Gefragt hatten mich meine Eltern nicht, ob ich damit einverstanden sei, umzuziehen. Als sie mit mir darüber sprachen, war schon alles beschlossene Sache. „Überraschung“, hatte mein Vater gerufen. „Wir haben eine neue Wohnung gefunden, eine, die nur aus einem Erdgeschoss besteht, ohne Treppen und mit einem großen Garten.“ Zuerst wusste ich gar nicht, was ich sagen sollte. Ich musste schlucken. Aber der Kloß im Hals verschwand nicht. Ich sah mich in meinem Zimmer um. Hier fühlte ich mich wohl. Alles war so, wie ich es brauchte und wie es für mich perfekt war. Seit Tagen verpackten meine Eltern den gesamten Hausstand. Sie bauten Möbel ab und schliefen nur noch auf Matratzen, die auf dem Schlafzimmerboden lagen. Nur mein Zimmer blieb vorerst von der Packerei verschont. Das wollten sie sich gemeinsam mit mir am letzten Tag vornehmen. Jetzt stand mein Vater mit einem Pappkarton in meinem Zimmer. Als ich den kleinen Karton in seiner Hand sah, stiegen mir Tränen in die Augen. Durfte ich nur so viel mitnehmen, wie da reinpasste? Was war mit den Postern meiner Fußballstars? Klar waren die riesigen Bilder nicht mehr so top in Ordnung. An einigen Stellen waren meine Lieblingsposter eingerissen, teilweise auch etwas verknittert. Meine Freundin Kathi und ich hatten sie gemeinsam an der Wand befestigt. Mit Klebeband. Ich war nachts davon wach geworden, als eines auf den Boden gerutscht war, weil sich die Klebestreifen von der Tapete gelöst hatten. Mein Vater half mir, es am nächsten Tag wieder zu befestigen, diesmal mit Heftzwecken. Jetzt fiel das Poster nicht mehr runter, aber es hing schief an der Wand. Mein Vater hatte einfach kein Augenmaß. Ob ich es mitnehmen durfte? „Du hältst den Karton und ich räume die oberen Regalfächer aus. Wenn der Karton voll ist, hole ich einen neuen.“ „Darf ich alles mitnehmen?“, fragte ich. „Alles“, sagte mein Vater. „Ich hoffe, wir schaffen das bis morgen. Am Nachmittag kommt der Möbelwagen.“ „Und was ist mit meinen Postern?“ „Wir werden neue kaufen.“ „Nein“, entschied ich. „Ich werde sie mitnehmen. Kannst du mir nicht eine Papprolle besorgen?“ „Okay, abgemacht“, antwortete mein Vater. „Aber jetzt lass uns mit den Büchern anfangen.“ Er stellte mir den Pappkarton auf meine Knie und ich umklammerte ihn. Mein Vater hielt mir einige Bücher entgegen und pustete über die oberen Buchkanten. Kleine Staubwolken hüllten mich ein. „Die meisten sind Bücher für Kleinkinder“, sagte er, „willst du die wirklich alle mitnehmen?“ „Ja, alle“, antwortete ich schnell. Ich schlug ein Buch auf und sah, was meine Freundin Kathi mir hineingeschrieben hatte. „Für meinen lieben Freund Emil zum vierten Geburtstag“, las ich. Klar hatte Kathi das nicht selbst geschrieben, es musste ihre Mutter gewesen sein. Doch das kleine pinkfarbene krakelige Herz, das hatte sie selbst gemalt. Es war ein Geschenk an mich und alle Dinge, die mich umgaben, besonders diese Bücher, gehörten zu mir, ebenso wie die Plakate. „Ja, alle“, antwortete ich noch einmal und hatte den Eindruck, dass ich die Worte etwas zu laut ausgesprochen hatte. Mein Vater schwieg. Er reichte mir weitere Bücher an und ich verstaute sie. Als er bereits fünf meiner Kartons in den Flur gebracht hatte, sagte er: „Weißt du, Emil, es wird für uns in der neuen Wohnung leichter sein. Wir müssen dich nicht mehr so viel tragen, du wirst ja schließlich immer schwerer. Die Flure und Türöffnungen sind breiter und du wirst ganz alleine durch die Wohnung rollen können. Und du kannst in den Garten fahren, wann immer du es möchtest. Und auch durch die breite Haustür und die fehlenden Stufen wirst du ohne fremde Hilfe das Haus verlassen können.“ „Wo ist denn die neue Wohnung?“, fragte ich. „Ist sie weit weg?“ „Nein, nicht so ganz weit, wir bleiben in der Stadt. Du musst nicht die Schule wechseln. Du wirst wie jeden Morgen mit dem Extra-Schulbus abgeholt. Die Fahrt wird etwas länger dauern, aber wichtig ist, dass du dir keine neuen Freunde suchen musst.“ Welche Freunde, dachte ich. In dem ersten Jahr auf dem Gymnasium hatte ich noch keine richtige Freundschaft schließen können. Jemand, der nicht bei allem mitmachen kann, der in einem Rollstuhl sitzt, hat nicht sofort vom ersten Tag an neue Freunde. Die Lehrer haben einen Schlüssel zum Aufzug, kein anderer Schüler darf mitfahren. Aber ich, der einzige rollstuhlfahrende Schüler an dieser Schule, bekam die Erlaubnis, in Begleitung eines Erwachsenen den Aufzug zu nutzen. Ein vom Lehrer bestimmter Schüler wurde mein Rollstuhlschieber. Er raste die Treppen hinunter und sprang über mehrere Stufen auf einmal. Ich konnte es durch die Glaswände des Aufzugs sehen. Unten in der Halle nahm er mich in Empfang. Er schob mich in den Pausenhof, parkte mich draußen hinter der Tür und war sofort in der Kinderschar auf dem Schulhof verschwunden. Vielleicht werde ich nie Freunde in der Klasse finden. Alle reden von Inklusion, aber nicht alle wissen, was es bedeutet. Und von denen, die es wissen, ist es den meisten Schülern egal. Jeder Mensch sollte ganz natürlich dazugehören, egal wie er aussieht, welche Sprache er spricht oder ob er eine Behinderung hat. Aber in der Praxis sieht das oft anders aus. Jemand wie ich braucht auf jeden Fall länger, bis er neue Freunde findet. Was wird mit Kathi? Vom Kindergarten an verstanden wir uns gut. Sie war immer an meiner Seite. Sie tat so, als gäbe es den verdammten Rollstuhl gar nicht. Kathi hatte im vergangenen Sommer auch die Schule gewechselt. Gerne wäre ich mit ihr weiter in eine Klasse gegangen. Die Grundschuljahre mit ihr waren fantastisch. Klar hatten wir uns auch gestritten. Aber mein Rollstuhl hatte bei den Auseinandersetzungen nie eine Rolle gespielt. Ihr Abschlusszeugnis war nicht so gut und sie wechselte zu einer anderen Schule. Aber wir waren Nachbarn. Sie wohnte mit ihren Eltern und ihren Geschwistern ein paar Häuser weiter die Straße herunter in einem großen Mietshaus. Wenn wir uns beide aus dem Fenster lehnten, konnten wir uns zuwinken. Sie kam jeden Tag des neuen Schuljahres und erzählte mir von ihrer Schule und ich berichtete von meinem Gymnasium, obwohl es gar nicht so viel zu erzählen gab. Was ist, wenn wir jetzt wegziehen, hatte ich überlegt. Dann kann ich sie nicht mehr sehen. Sie kann doch nicht am Nachmittag, nach der Schule, quer durch die ganze Stadt fahren, um mich zu besuchen. Daran hatten meine Eltern nicht gedacht. „Du wirst schnell neue Freunde finden“, hatten sie gesagt. Glaubten sie das wirklich? Am nächsten Tag stand ein großer Möbelwagen vor unserem Haus. Starke Männer stiegen aus und begannen mit der Schlepperei. Zuerst luden sie Möbel ein. Die vielen Kartons, die meine Eltern gepackt und aufgetürmt hatten, stapelten sie auf dem Bürgersteig. Neugierig traten einige Nachbarn in die Hauseinfahrten oder lehnten sich an die Garagenwände und beobachteten, was bei uns passierte. Andere Nachbarn legten ihre Unterarme auf dicken Kissen in den Fensteröffnungen ab und schauten zu, was sich direkt vor ihrer Nase abspielte. Mein Vater trug mich ein letztes Mal aus der Wohnung, die Treppen hinunter, durch die Haustür und auch noch über die Eingangsstufen hinab. Meine Mutter schleppte den Rollstuhl hinterher. Im Vorgarten klappte sie ihn wieder auf und mein Vater setzte mich hinein. Diese Prozedur wird jetzt vorbei sein, dachte ich. Nahe an unserer Hauswand abgestellt, durfte ich zusehen, wie die restlichen Möbelstücke eines nach dem anderen im LKW verschwanden. Vorsichtig wickelten die Männer eine dicke Decke um unsere Stehlampe und stülpten eine Plastiktüte zum Schutz über die Blätter der Yuccapalme. Ich hielt Ausschau nach Kathi, konnte sie aber nicht entdecken. Meine Augen suchten die Fassade des Hauses ab, in dem sie wohnte. Ich kannte ihr Kinderzimmerfenster genau. Aber das Fenster war geschlossen. Am Vortag hatte ich mich von ihr verabschiedet. Sie war durch alle Zimmer gelaufen und hatte sich umgesehen. „Eure Wohnung sieht komisch aus, wie eine Lagerhalle“, hatte sie gesagt. Meine Mutter stellte zwei Teller mit Kuchen auf einen gepackten Karton, der als Tischersatz diente. Sie goss uns Mineralwasser in die Gläser. „Gibt leider nur noch Wasser“, sagte sie. „Der Kühlschrank hat gestern einen neuen Besitzer gefunden. In der neuen Wohnung ist eine super schöne Küche bereits eingebaut.“ „Unsere Henkersmahlzeit“, flüsterte Kathi. Sie drehte sich weg und trat an das Fenster. Ich hatte den Eindruck, sie heulte. „Ich finde, das ist keine Henkersmahlzeit“, sagte ich. „Erstens werden wir nicht hingerichtet und zweitens besteht eine Henkersmahlzeit aus dem Lieblingsessen des Verurteilten. Ist dieser trockene Streuselkuchen dein...




