Vreeswijk | Chatroom-Falle | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Vreeswijk Chatroom-Falle


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7320-1336-4
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-7320-1336-4
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Autorin verpackt ihre eigenen Erfahrungen als Kripo-Beamtin in eine überaus spannende und bewegende Krimihandlung und macht so Jugendliche sensibel für die Gefahren der vermeintlich anonymen Chatrooms.   Ein regnerischer Tag im Juni, irgendwo in der niederländischen Provinz. Zwei Mädchen liegen bewusstlos hinter einer Bushaltestelle. Was ist passiert? Marcia und Floor kennen sich seit der siebten Klasse. Nach der Schule treffen sie sich, um im Internet zu surfen. Denn richtig süße Jungs lernt man nur im Chatroom kennen, davon ist Marcia überzeugt. Dass manche Jungs sie auffordern, sich auszuziehen, macht die Sache nur noch prickelnder. Was können ihnen die Typen hinter ihren Rechnern schon anhaben? Da landet das Angebot einer Modelagentur in Floors Posteingang. Im Internet bewundern die Mädchen die tollen Bilder der Models - um sich dann voller Hoffnungen auf den Weg zum Fotoshooting zu machen.   Das, was Marcia und Floor im Chatroom passiert, ist kein Einzelfall. In ihrer Arbeit als Kriminalbeamtin erlebte Helen Vreeswijk nur zu oft, wie Jugendliche via Internet Opfer von Missbrauch und Gewalt wurden. Um Mädchen und Jungen vor den Gefahren der vermeintlich anonymen Chatrooms zu warnen, hat sie dieses Buch geschrieben. Dabei erzählt die Autorin nicht nur die bewegende Geschichte von Floor und Marcia, sondern auch, wie die Polizei den Tätern auf die Schliche kommt.   AUSZEICHNUNGEN: Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2010 (Jugendjury)

Helen Vreeswijk wurde 1961 in Den Haag geboren. Nach ihrem Schulabschluss schlug sie den Weg in die höhere Beamtenlaufbahn ein und wurde Fingerabdruckexpertin bei der niederländischen Kriminalpolizei. Nebenbei schrieb sie für die Mitarbeiterzeitung Rezensionen und Hintergrundberichte zur Kinder- und Jugendliteratur. Durch ihre Erfahrungen mit jugendlichen Opfern und Tätern begann sie die Geschichten hinter den brutalen und oftmals tragischen Verbrechen aufzuschreiben und die Motive dieser Taten zu beleuchten. Unter dem Motto 'Lesen ist Wissen, Wissen ist Erkennen, Erkennen ist Vorbeugen' avancierte sie mit ihren Büchern zu einer der erfolgreichsten und renommiertesten Autorinnen der Niederlande. Ihre Bücher, in denen Vreeswijk fiktive Elemente mit realen Erfahrungen aus ihrer Zeit bei der Kriminalpolizei zu hochspannenden und brisanten Thrillern verbindet wurden vielfach ausgezeichnet. Helen Vreeswijk ist im Oktober 2016 im Alter von 55 Jahren verstorben.
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2


Ungefähr drei Wochen zuvor


Ein kalter Wind pfiff durch die Straßen. Die zwei Mädchen drückten sich in eine Ecke des Wartehäuschens an der Bushaltestelle. Marcia nahm ein Bild aus ihrer Schultasche und hielt es ihrer Freundin hin.

»Das ist er!« Gespannt wartete sie auf Floors Reaktion. »Er ist achtzehn und heißt Erik. Wie findest du ihn?«

Floor betrachtete den Jungen, der – nur mit einem Slip bekleidet – in die Kamera lachte. Er sah gut aus, das musste sie zugeben: dunkelblonde Locken, braune Augen, ein sympathisches Gesicht. Groß und athletisch gebaut, mit Waschbrettbauch.

Ein Stich der Eifersucht durchzuckte Floor, aber sie ließ sich nichts anmerken. Mit ihren fünfzehn Jahren hatte sie noch nie einen Freund gehabt, während die Jungen bei Marcia Schlange standen. In Floors Augen war Marcia einfach perfekt. Dunkelbraunes welliges Haar fiel ihr bis über die Schultern und ihre Haut war beneidenswert rein. Sie war weder zu dick noch zu dünn und Floor hätte viel darum gegeben, wie Marcia Körbchengröße B zu haben. Sie selbst hatte viel zu dünne Beine und trug Körbchengröße AA.

»Warum hat er eigentlich nur eine Unterhose an?«, fragte Floor.

»Darum. Also: Wie findest du ihn?«

»Sieht ziemlich gut aus.«

»Ziemlich gut!? Er ist fantastisch!«

Floor musste grinsen. »Meinetwegen: Er ist fantastisch. Wie lange kennst du ihn schon?«

»Fast drei Wochen. Er wohnt in Antwerpen.«

»Antwerpen? Das ist ja ewig weit weg.«

»Hundertzwanzig Kilometer«, sagte Marcia. »Aber was soll’s? Wir chatten jeden Tag.«

»Aber wieso trägt er denn nur eine Unterhose?«, hakte Floor nach.

»Wir haben vor der Webcam unsere T-Shirts ausgezogen. Erst er, dann ich. Einfach so, zum Spaß.«

»Du auch? Hast du dich etwa nackt vor die Webcam gestellt?«

Marcia lächelte nur. »Da kommt der Bus.« Sie nahm ihre Schultasche und trat zwei Schritte vor.

»Marcia, ich hab dich was gefragt!«

Keine Antwort.

Mit quietschenden Bremsen hielt der Bus vor ihnen. Noch immer lächelnd stieg Marcia ein und zeigte der Fahrerin ihre Monatskarte. Die nickte und richtete dann den Blick auf Floor, die hektisch in ihrem Rucksack zu kramen begann. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie die Karte zwischen den Schulsachen gefunden hatte. Die Frau lächelte ihr zu und schloss dann per Knopfdruck die Tür.

Marcia hatte sich bereits auf die hinterste Bank gesetzt und beobachtete kopfschüttelnd ihre ungeschickte Freundin. Sie und Floor hatten sich vor drei Jahren in der Orientierungsstufe des Henning-Gymnasiums kennengelernt. Am ersten Schultag hatten alle ein wenig verloren in der Pausenhalle auf ihre neuen Klassenlehrer gewartet. Marcia hatte ihre künftigen Mitschüler kritisch in Augenschein genommen. Es könnte Monate dauern, hatte sie gehört, bis man an einer neuen Schule eine Freundin fand. Beim Anblick der nervös kichernden Mädchen konnte sie sich das durchaus vorstellen. Dann aber hatte sie Floor gesehen, hinter ein paar lärmenden Jungen. Sie lehnte an der Wand und schien sich an dem Krach um sie herum überhaupt nicht zu stören. Floor hatte etwas, das Marcia anzog. Vielleicht war es ihre gelassene Haltung, vielleicht auch die potthässliche weite Jeans …

Als sie sich im Klassenzimmer Plätze suchten, hatte Floor ein wenig linkisch abseits der anderen Schüler gestanden. Marcia hatte ihr zugewinkt und einladend auf den Stuhl neben sich gedeutet. Und Floor hatte keinen Moment gezögert: Wie ein aufgeschrecktes Vögelchen war sie auf Marcia zugeflattert. Die beiden Mädchen verstanden sich auf Anhieb und waren seitdem die besten Freundinnen.

Mit einem Ruck fuhr der Bus an und Floor griff im letzten Moment nach einer Halteschlaufe. Schwankend lief sie durch den Mittelgang nach hinten zu Marcia. Sie setzte sich neben sie, stellte ihren Rucksack ab und sah ihre Freundin erwartungsvoll an. Marcia tat, als merke sie es nicht.

»Nun sag schon oder darf ich es nicht wissen?«, drängte Floor, der Marcias Geheimniskrämerei allmählich auf die Nerven ging.

»Was denn?«

Floor versetzte ihr einen Puff.

»Immer mit der Ruhe!« Marcia grinste und rieb sich den schmerzenden Oberarm.

»Hast du dich auch ausgezogen oder nicht?«

»Ja, hab ich doch gesagt.«

»Ganz?«

»Nein, den BH hab ich anbehalten und die Jeans natürlich auch.« Marcia sah Floor herausfordernd an. »Warum nicht? Der Typ ist doch total süß.«

»Aber du kennst ihn doch gar nicht!«, wandte Floor ein.

»Noch nicht, aber bald! Am Samstag bin ich mit ihm in Herzogenbusch verabredet. Wir treffen uns am Bahnhof.«

»Und was, wenn er ein Idiot ist?«

»Sieht er vielleicht so aus?« Marcia hielt Floor das Bild hin. »Er hat mir seine Nummer gemailt und ich hab schon zweimal mit ihm telefoniert. Der ist echt nett.«

»Worüber habt ihr geredet?«

»Ach, über dies und das. Er hat erzählt, dass er E-Gitarre spielt und gern Horrorfilme sieht. Montags hat er Unterricht, den Rest der Woche arbeitet er auf dem Bau. Er macht eine Lehre als Zimmermann. Seine Eltern sind geschieden und er wohnt bei seinem Vater. Wir haben uns stundenlang unterhalten. Ich hatte das Gefühl, ihn schon ewig zu kennen.«

»Mir ist das nicht ganz geheuer … und blöd ist es außerdem. Womöglich entpuppt er sich als gefährlicher Irrer.«

»Nun hab dich nicht so! Was kann mir schon passieren? Wir gehen vom Bahnhof aus in die Innenstadt, dort sind Tausende Leute unterwegs. Und falls er mich tatsächlich belästigt, steige ich einfach in den nächsten Zug und fahre wieder nach Hause.« Leicht verärgert steckte Marcia das Bild weg. Floor immer mit ihrem Wenn und Aber! Ein gefährlicher Irrer – wie kam sie nur auf so was?

»Meiner Mutter hab ich gesagt, dass ich am Samstag mit dir in Herzogenbusch shoppen gehe«, sagte Marcia. »Sie muss ja nicht unbedingt wissen, dass ich mich mit einem Jungen treffe, den ich im Internet kennengelernt habe.«

Floor runzelte die Stirn. »Hältst du das für schlau? Deine Mutter kommt oft zu uns in den Laden und unterhält sich mit meinen Eltern. Was, wenn sie etwas wegen Samstag sagt?«

Das hatte Marcia überhaupt nicht bedacht. »Dann musst du eben mit«, entschied sie.

»Muss ich eben mit?«, wiederholte Floor pikiert. »Glaubst du etwa, ich hab Lust, das fünfte Rad am Wagen zu sein, während du dich an diesen Typen ranschmeißt? Ich hab wirklich Besseres zu tun!«

»Was denn, bitte?«, fragte Marcia provozierend.

Floor sah nun ernsthaft gekränkt aus.

»Ach bitte, Floor! Komm mit, mir zuliebe.« Marcia legte ihr versöhnlich den Arm um die Schultern. »Soll ich Erik fragen, ob er einen Freund mitbringt?«

»Einen Freund? Du spinnst wohl! So was Blödes fragt man doch nicht!«

»Warum denn nicht?«, entgegnete Marcia lässig. »Ich schicke ihm gleich eine SMS. Er hat heute bis drei Uhr Unterricht. Ich frage ihn, ob er am Nachmittag online ist.« Sie holte ihr Handy hervor und schon glitten ihre Finger über die Tasten.

»4 h online? Ich muss dich was fragen.« Sie las die Nachricht laut vor und sah Floor triumphierend an.

»Lass das sein!« Floor zog an Marcias Arm, aber die hatte bereits auf »Senden« gedrückt.

»Zu spät. Los, steh auf …« Marcia nahm ihre Schultasche, als die Haltestelle der Schule in Sichtweite kam. »Wir haben um Viertel nach drei Schluss. Wenn wir nicht trödeln, sind wir um vier bei dir zu Hause.«

»Womöglich schleppt er irgendeinen grässlichen Kerl an«, sagte Floor seufzend. »Oder aber der Typ findet mich hässlich und …«

»Überlass das ruhig mir. Ich mach dich zurecht und wir mailen ihm ein Foto von dir. Erik soll auch eins von seinem Freund schicken, und wenn er dir nicht gefällt, soll er einen anderen mitbringen.«

»Ich glaube aber nicht, dass ich …« Floor brach ab, als sie Wesley mit seinen Freunden Karim und Rick kommen sah. Sofort bemühte sie sich um ein Lächeln.

»Hallo!« Floor hob grüßend die Hand. Aus den Augenwinkeln registrierte sie Marcias warnenden Blick.

»Na, ihr beide freut euch wohl auch schon auf Mathe?« Seufzend ließ Wesley seinen Rucksack fallen. »Zweite und dritte Stunde bei Voice. Ich kann’s kaum erwarten, die alte Hackfresse wiederzusehen.« Er zog eine Grimasse.

»Voice ist schon in Ordnung«, meinte Floor. »Du bist selber schuld, dass er dich immer vor die Tür schickt. Wenn du zur Abwechslung mal keinen Ärger, sondern deine Hausaufgaben machen würdest …«

»Hausaufgaben?«, wiederholte Wesley und begann zu würgen. »Schon von dem Wort wird mir schlecht! Floor, warum bist du so grausam zu mir? Ich dachte, du magst mich!?«

Karim und Rick brachen in Gelächter aus und Floor lachte leicht gequält mit. Wesley war der Schwarm aller Mädchen, obwohl er nicht übermäßig gut aussah. Auch Floor hatte sich bis über beide Ohren in ihn verknallt. Inzwischen wusste sie, dass er nicht an ihr interessiert war, doch sie genoss es immer noch, mit ihm zu flirten. Da sie sich den Spaß nicht nehmen lassen wollte, sah sie weg, als Marcia genervt die Augen verdrehte.

Wesley legte, wie schon so oft, den Arm um Floor und gab sich charmanter denn je. »Hör mal, allerliebste Floor, du willst doch sicher nicht, dass der arme Wesley schon wieder Ärger kriegt, oder? Voice hat mich sowieso schon auf dem Kieker, und wenn ich heute wieder ohne Hausaufgaben ankomme, bin ich fällig. Mein ewiger Dank ist dir gewiss!« Er umarmte sie stürmisch und tat, als wollte er sie küssen. Floor sträubte sich in gespieltem Entsetzen.

»Das ist aber das allerletzte Mal!« Als sie das Heft aus ihrem Rucksack holte, hörte sie Marcia neben sich...


Helen Vreeswijk wurde 1961 in Den Haag geboren. Nach ihrem Schulabschluss schlug sie den Weg in die höhere Beamtenlaufbahn ein und wurde Fingerabdruckexpertin bei der niederländischen Kriminalpolizei. Nebenbei schrieb sie für die Mitarbeiterzeitung Rezensionen und Hintergrundberichte zur Kinder- und Jugendliteratur.
Durch ihre Erfahrungen mit jugendlichen Opfern und Tätern begann sie die Geschichten hinter den brutalen und oftmals tragischen Verbrechen aufzuschreiben und die Motive dieser Taten zu beleuchten. Unter dem Motto "Lesen ist Wissen, Wissen ist Erkennen, Erkennen ist Vorbeugen" avancierte sie mit ihren Büchern zu einer der erfolgreichsten und renommiertesten Autorinnen der Niederlande. Ihre Bücher, in denen Vreeswijk fiktive Elemente mit realen Erfahrungen aus ihrer Zeit bei der Kriminalpolizei zu hochspannenden und brisanten Thrillern verbindet wurden vielfach ausgezeichnet.
Helen Vreeswijk ist im Oktober 2016 im Alter von 55 Jahren verstorben.



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