E-Book, Deutsch, 441 Seiten
Waldscheidt KONFLIKTSCHMIEDE
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7565-9675-1
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Konfliktstoffe und dramatische Konstellationen: Von inneren Abgründen bis zur Zerstörung des Systems
E-Book, Deutsch, 441 Seiten
ISBN: 978-3-7565-9675-1
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
KONFLIKTSCHMIEDE - Ins flammende Herz Ihres Romans Konflikte sind der Herzschlag jeder guten Geschichte, das Feuer für Ihre Romane, Drehbücher, Games. Wie aber machen Sie sie so spannend, dass Leser das Buch nicht mehr aus der Hand legen? KONFLIKTSCHMIEDE liefert Ihnen Werkzeuge, um packende Geschichten zu entwerfen, die unter die Haut gehen. Dazu Schreibtipps, die Sie nirgendwo sonst finden, seitenweise Inspiration und eine unterhaltsame Schreibe - damit das Hinzulernen Ihnen auch Spaß macht. Im Fokus stehen Konfliktstoffe - insbesondere deren Faktoren: Motive, Ziele, Widerstände - und Konfliktkonstellationen - die Art, wie Figuren aneinandergeraten, sich bekämpfen oder gemeinsam untergehen. Von »Figur gegen sich selbst« über »Figur gegen das System« bis hin zu »Konflikt gegen Konflikt«: Dieses Buch zeigt Ihnen, welche Möglichkeiten Ihnen jede der Konstellationen gibt - und wie Sie sie meisterhaft nutzen, kombinieren, unterlaufen. KONFLIKTSCHMIEDE ist auch ein Nachschlagewerk über mehr als ein Dutzend der gängigen Konstellationen und einigen, die Sie noch nicht auf dem Schirm haben. Bei jedem neuen Projekt können Sie es wieder zur Hand nehmen. Mit vielen, vielen Beispielen aus erfolgreichen Romanen, Filmen und Serien zeigt KONFLIKTSCHMIEDE Ihnen anschaulich, wie Sie Konflikte aufbauen und eskalieren. Praxisnah, unterhaltsam und direkt anwendbar - von einem Autor für Autoren, neue Ideen wollen statt alten Theorien. Gerade Profis werden eine Menge Neues erfahren und Anregungen erhalten, um noch bessere Romane zu schreiben. Egal, ob Sie Ihre Figuren durch die Hölle schicken oder ihre Beziehungen bis zum Zerreißen spannen - in KONFLIKTSCHMIEDE finden Sie das Handwerkszeug für dramatische, unvergessliche Geschichten. Schreiben Sie sie. Ich wünsche gutes Gelingen. Stephan Waldscheidt
Stephan Waldscheidt publiziert über das Schreiben von Romanen. Seine populäre Ratgeberreihe umfasst 2025 mehr als zwanzig Titel wie »Erzählperspektiven«, »Spannung & Suspense«, »Plot & Struktur« oder »Schneller Bestseller«, der den Indie-Autor-Preis der Leipziger Buchmesse gewann. Daneben berät er Autoren persönlich und in Workshops. Waldscheidts Texte wurden vielfach ausgezeichnet. Als John Alba und Paul Mesa schreibt er Romane.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Konfliktstoff Das Herz jedes Konflikts ist der Konfliktstoff. Konfliktstoff ist das entzündliche Material, der Brennstoff, mit dem Sie für Konflikte in Ihrem Roman sorgen. In »Harry Potter und der Stein der Weisen« von J.K. Rowling lässt sich das Konzept des Konfliktstoffs besonders gut an der Konfrontation zwischen Harry Potter und Professor Quirrell/Voldemort im letzten Akt des Romans veranschaulichen. Der Konfliktstoff insgesamt schwelt bereits im Hintergrund des gesamten Romans, da Harrys bloße Existenz eine Bedrohung für Voldemort darstellt und Voldemort umgekehrt die größte Gefahr für Harry ist. Harrys Ziel ist es zunächst, die neue Welt der Zauberer kennenzulernen und sich selbst zu beweisen. Später will er dann vor allem seinen Gegner bezwingen und überleben. Angetrieben wird er anfangs von dem Bedürfnis nach Selbstfindung, wobei unterschwellig der Schmerz um den Tod der Eltern durch Voldemort mitschwingt. Später dann ist es unter anderem sein Überlebenswille, der ihn antreibt. Doch Harry trifft auf Widerstände, vor allem auf Anhänger von Lord Voldemort, hier Voldemorts Handlanger Quirrell. Damit der Konflikt ausbrechen kann, muss er entflammbar sein: Für diese Entflammbarkeit sorgen Harrys persönliche Geschichte – der Mord an seinen Eltern durch Voldemort – sowie die wachsenden Hinweise darauf, dass Voldemort noch nicht völlig besiegt ist. Auch Vorzeichen, die auf Voldemort hindeuten und damit auf ein Ausbrechen des Konflikts – etwa Snape als vermeintlichen Verdächtigen, die Hinweise im Verbotenen Wald und Hagrids ungewollte Informationen – erhöhen die Entflammbarkeit, sodass ein Ausbrechen des eigentlichen Konflikts am Ende zunehmend unvermeidlich erscheint. Mit der Entflammbarkeit steigt auch die Suspense. Das Konfliktpotenzial beschreibt die Energie, die in einem Konfliktstoff steckt – seinen Brennwert oder seine Sprengkraft. Das Potenzial im Konflikt zwischen Harry und Voldemort ist sehr hoch. Objektiv ist es das von Anfang an. Doch die Leser und auch Harry haben eingangs noch nicht alle Informationen. So steigt das Potenzial zum einen in der Wahrnehmung der Leser und für Harry weiter, je mehr sie über den dahinterstehenden Streit zwischen gut und böse erfahren. Zum anderen steigt es objektiv, indem mehr Menschen in den Konflikt mit einbezogen werden, insbesondere Harrys neue Freunde. Denn auch wenn Harry am Ende alleine kämpft, hängt sehr viel mehr als sein Leben am Ausgang dieses Kampfes. Sehen wir uns mal den Unterschied zwischen Konfliktstoff und Konflikt genau an und wie sie für Spannung und Suspense sorgen.[Fußnote 2] Der Konflikt ist ein Aspekt der Story. Er ist der schon ausgebrochene Kampf in der Erzählgegenwart. Als einer der Spannungsfaktoren heizt er die akute Spannung in den Lesern an. Auch der Konfliktstoff ist ein Aspekt der Story. Doch ist dieser Stoff einer der Faktoren von Suspense – und damit ein zentraler Bestandteil der Erwartung der Leser auf den Kampf in der Erzählzukunft. ____________________________________________________________ Konfliktstoff in der Story ? Suspense in den Lesern Konflikt in der Story ? Spannung in den Lesern ____________________________________________________________ Damit nun aus einem Konfliktstoff ein Konflikt entbrennen kann, braucht es die richtigen Umgebungsbedingungen und es braucht einen Auslöser. Eine fürs Ausbrechen günstige Umgebung ist bei Harry Potter die unterirdische Kammer, in der der Stein der Weisen verborgen liegt. Bis zum Eingreifen Dumbledores ist sie abgeschottet von jeglicher Hilfe, was Harry zwingt, sich seiner größten Bedrohung zunächst allein zu stellen. Der Funke, der den Konfliktstoff schließlich entzündet – der Konfliktauslöser –, ist Harrys Erkenntnis, dass nicht Snape, sondern Quirrell der Verräter ist. Diese Enthüllung macht den Konflikt unausweichlich, da Harry nun direkt dem Feind gegenübersteht. Die Lage eskaliert, als Voldemorts Stimme aus Quirrells Körper dringt – ein endgültiger Beweis, dass er noch lebt – und ihn dazu zwingt, den Stein an sich zu bringen. Der finale Konflikt entfacht, als Harry den Stein in seiner eigenen Tasche findet – eine direkte Konfrontation zwischen ihm und Voldemort ist damit unvermeidbar. Im Höhepunkt des Romans entbrennt der zentrale Konflikt in all seiner flammenden Pracht. Bringen wir den Konfliktstoff auf eine einfache Formel: Konfliktstoff = Sujet x Motiv x Ziel x Widerstand x Entflammbarkeit x Potenzial Jeder dieser Faktoren muss gegeben sein, damit aus dem Konfliktstoff ein Konflikt entbrennen kann – und damit der Konfliktstoff als Suspense in den Lesern wirkt. Nur dann fiebern sie dem Ausbrechen des eigentlichen Konflikts entgegen. ____________________________________________________________ Faustregel: Mehr Konfliktstoff im Roman = mehr Suspense im Leser! ____________________________________________________________ In »Der Schatz der Sierra Madre« könnte das so aussehen: Der Konfliktstoff dort ist das Sujet (also das, worum es geht) »Goldschatz« mal Motiv »Gier« mal Ziel »reich werden« mal Widerstand »andere Schatzsucher« mal Entflammbarkeit »sehr hoch« mal Potenzial »hoch«. Das Elegante und Nützliche der Formel sehen Sie etwa darin, dass Sie sofort erkennen, welche Faktoren Sie erhöhen können, um einen geringer ausgeprägten Faktor auszugleichen. Der Konfliktstoff ist das Wesentliche in Ihren Konflikten und für Ihre Konflikte. Wenn wir die Faktoren genauer betrachten, wird deutlich, was ihn im Einzelnen ausmacht. Da Plot nichts anderes ist als eine Abfolge von Konflikten und den Versuchen, sie zu lösen, ist es nur konsequent, dass Sujet, Motiv (Antrieb), Ziel und Widerstand zugleich die zentralen Faktoren des Plots sind: Jemand will etwas Bestimmtes haben (Ziel und Sujet) und etwas in ihm treibt ihn dazu an (Motiv) – also wird er aktiv, stößt dabei jedoch auf einen Widerstand. In »Feuer und Flamme« haben wir die Faktoren Motiv und Ziel über die Vorgeschichte des Protagonisten hergeleitet und den unverbrüchlichen Zusammenhang zwischen Plot und Konflikt, mehr noch: deren Einheit. Antrieb und Ziel geben genaueren Aufschluss, wer in den Konflikt verwickelt ist und auf welche Weise. Dazu betrachten wir vor allem zwei Dinge: Wer oder was da eigentlich aufeinanderprallt – die Konfliktkonstellation (in diesem Buch). Und in welchem Umfeld dies geschieht, insbesondere die Konfliktsituation (in einem anderen Buch). Nicht jeder Konfliktstoff ist gleichermaßen entflammbar, auch brennt etwa Papier dramatischer als Eisen[Fußnote 3]. Daher sehen wir uns das Konfliktpotenzial und die Entflammbarkeit des Sujets, des Stoffes näher an. In »Der Schatten des Windes« Carlos Ruiz Zafón ist der Konfliktstoff die Suche nach Wahrheit und Identität in einer von Geheimnissen umgebenen Welt. Held Daniels Ziel ist es, das Geheimnis um den Autor Julián Carax zu lüften. Angetrieben wird er von seiner Neugierde und dem Wunsch, ein literarisches Rätsel zu lösen. Dabei muss er sich gegen die finsteren Kräfte durchsetzen, die die Wahrheit verbergen wollen. Hier wird gezeigt, wie ein geheimnisvolles Umfeld und ein klar formuliertes Ziel (die Suche nach Wahrheit) den Konfliktstoff bereichern und die Handlung vorantreiben. In »Gone Girl« von Gillian Flynn ist der Konfliktstoff nicht das, wonach es in der ersten Hälfte des Romans aussieht. Denn der vermeintliche Mord, um den sich alles dreht, ist keiner. Der eigentliche Konfliktstoff ist die Beziehung der beiden Hauptfiguren Amy und Nick. Während Nick seine Unschuld am Verschwinden seiner Frau beweisen will, versucht Amy, ihn mit Hilfe eines ausgeklügelten Plans als Mörder erscheinen zu lassen. Nicks Motiv ist vor allem die Selbsterhaltung – ihm droht die Todesstrafe – und das führt ihn zu seinem Ziel: die Wahrheit aufzudecken, denn er weiß ja, dass er Amy nicht ermordet hat. Amys Plan aber ist so raffiniert, dass Nick sein Ziel nur schwer erreichen kann. Es ist insofern interessant, dass zunächst Amys Plan und ihr falsches Tagebuch als Manifestationen dieses Plans die eigentliche antagonistische Kraft sind, schließlich ist Amy ja vermeintlich Tod, wie die Leser glauben, und kann daher keine präsente und aktive Antagonistin sein. Dieses Beispiel zeigt, wie falsche Fährten und Wendungen den Konfliktstoff verkomplizieren und Leser fesseln können, indem sie Erwartungen unterlaufen. Vor allem zeigt es das dramatisch Wunderbare an der Suspense wie am Konfliktstoff: Auch der falsche Konfliktstoff (Amy als Mordopfer) löst Suspense aus und hält die Leser gespannt in der Story! In Andy Weirs »Der Marsianer« ist der Konfliktstoff der Kampf ums Überleben in der lebensfeindlichen Umgebung des Mars. Mark Watneys Ziel: Er will überleben und zur Erde zurückkehren. Sein Motiv ist das grundlegendste überhaupt, und auch, wenn die Umstände ganz anders sind als Nicks in »Gone Girl«, so ist es derselbe Überlebenstrieb, der Watney durch den Roman bringt. Der Widerstand selbst ist die maximal unpersönliche lebensfeindliche Umgebung des Mars und Watneys begrenzte Ressourcen. Die Konfliktkonstellation (wer aufeinanderprallt) und die Konfliktsituation (das Umfeld) tragen das ihre zur Intensität des Konfliktstoffs bei. In »Der Marsianer« ist die Konfliktkonstellation Mensch gegen Natur besonders packend, weil sie in der extremen Situation...