Waller | Gläubig. Depressiv. Gehalten. | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Waller Gläubig. Depressiv. Gehalten.

Ein betroffener Pastor und Therapeut über Depression und Angststörungen. Und wie man damit umgeht.
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-96122-547-7
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein betroffener Pastor und Therapeut über Depression und Angststörungen. Und wie man damit umgeht.

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-96122-547-7
Verlag: Gerth Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ryan Casey Waller, Pastor und Therapeut, weiß aus eigener Erfahrung, welche innere Zerreißprobe es ist, mit der psychischen Gesundheit zu ringen und gleichzeitig zu versuchen, den eigenen Glauben aufrechtzuerhalten. Es kann ein entmutigender, einsamer Kampf sein. Das muss es aber nicht. Denn es gibt Menschen, Mittel und Wege, die helfen können. Der Autor macht deutlich, dass Depressionen und ein lebendiger christlicher Glaube sehr wohl koexistieren können und dass psychische Erkrankungen kein Symptom von geistlichem Versagen sind. Er kombiniert theologische Aspekte mit klinischen und therapeutischen Einblicken und seinen persönlichen Erfahrungen. Dabei zeigt er konkrete Hilfsmöglichkeiten auf. Dieser fundierte Ratgeber motiviert, den Schritt nach vorne zu wagen und sich auch in dunklen Zeiten gehalten zu wissen. Sehr viele Menschen haben psychische Probleme. Das liegt nicht daran, dass sie Versager wären oder wertlos oder falsch. Es ist einfach so, dass sie aufgrund eines chemischen Ungleichgewichts in ihrem Hirn oder wegen eines Traumas in ihrer Kindheit oder aufgrund einer Unzahl anderer psychischer Faktoren oder Umweltfaktoren psychisch erkranken. Sie sind nicht allein. Das zu verstehen und zu glauben ist der erste Schritt auf dem Weg zu psychischer Gesundheit. Ryan Casey Waller

Ryan Casey Waller ist Pastor, Autor, Therapeut und Sprecher, er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Texas.
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1: SIE SIND NICHT ALLEIN

Wenn psychische Störungen ans Licht kommen, ist das oft überraschend – für alle Beteiligten. Manchmal ist es ein Freund, ein Angehöriger oder jemand, den Sie respektieren und aus der Ferne bewundern. Sie hätten sich nie vorstellen können, dass er solche Probleme hat, doch dann passiert etwas. Manchmal, wie in meinem Fall, sind Sie es selbst.

Nach jenem katastrophalen Sonntag konnte ich es nicht mehr leugnen. Als ich eine Nacht darüber geschlafen hatte und mit nüchternem Kopf Revue passieren ließ, was passiert war, war ich entsetzt.

Ich kann unmöglich betrunken in den Gottesdienst gegangen sein.

Das kann einfach nicht passiert sein.

Das kann unmöglich passiert sein!

Aber, meine lieben Schwestern und Brüder, es ist passiert.

Das Verrückteste dabei ist: Wenn mich am Nachmittag vor jenem Abendgottesdienst jemand gefragt hätte, wie es mir geht, hätte ich geantwortet, dass es mir gut gehe. Und ich hätte das sogar geglaubt. Alles in Ordnung, danke. Ich bin nur ein ganz normaler Mann, der versucht, den Sonntag zu überstehen. Ich kümmere mich um meine Familie und diene dem Reich Gottes. Manchmal brauche ich einfach ein Glas am Nachmittag und eine Schlaftablette für einen Powernap. Was sollte daran falsch sein?

In Wirklichkeit war ich geistlich tot, ausgebrannt, depressiv und ich trank viel zu viel. Aber ich musste meine Arbeit machen, deshalb hatte ich keine Zeit, um mich ehrlich mit meiner psychischen Verfassung auseinanderzusetzen. Das ist kein Witz; ich hatte wirklich keine Ahnung, dass mir meine Welt bald um die Ohren fliegen würde.

Das ist das Fatale bei psychischen Störungen. Sie merken erst, dass Sie darunter leiden, wenn die Krankheit schon das Ruder übernommen hat und versucht, Ihr Leben zu zerstören. Das passiert meistens, weil es uns so schwerfällt, uns ehrlich einzugestehen, was in unserem Herz und in unserem Kopf vor sich geht. Deshalb werden psychische Störungen oft erst diagnostiziert, wenn, nun ja, wenn es einfach nicht mehr anders geht, weil wirklich sonderbare Dinge passieren.

Beim Gedanken, Ihrem Kind ein Brot für die Schule zu schmieren, brechen Sie weinend auf dem Küchenboden zusammen. Haben Sie so etwas nicht immer mit links gemacht? Der Wecker kündigt einen neuen Tag an. Eine lähmende Angst packt Sie. Sind Sie früher nicht begeistert aus dem Bett gesprungen? Sie lesen Ihre Mails, um zu sehen, was erledigt werden muss. Statt die Punkte abzuarbeiten, sitzen Sie wie gelähmt da und starren die To-do-Liste an, als wäre sie ein Folterinstrument, das Ihren Verstand quält und Ihnen jede Kompetenz und allen Frieden raubt. Ein Freund kritisiert eine Entscheidung, die Sie getroffen haben, und plötzlich meldet sich der innere Kritiker, der Sie früher nur gelegentlich verurteilt hat, rund um die Uhr und redet Ihnen ständig ein, Sie wären wertlos und dumm. Wenn solche Erlebnisse regelmäßig in unserem Leben auftauchen, verdrängen wir sie entweder mit Drogen und Alkohol oder wir gestehen uns ehrlich ein, dass etwas nicht stimmt.

Aber bis dahin tun die meisten so, als wären sie nicht depressiv – eine perfekte Strategie, um sicherzustellen, dass wir morgen immer noch depressiv sind. Andere gehen übertrieben geistlich an die Situation heran, und das ist auch nicht hilfreich. Zu beten, dass Ihre chronische Angst verschwindet (was ich ohne Scheu tue), ist keine ausreichende Heilungsstrategie. Besonders dann nicht, wenn wir nicht zugeben können, dass wir überhaupt an Angstzuständen und Depressionen leiden.

Mir ist bewusst, dass das ein schwerer Weg ist. Es ist schwerer, über unsere psychische Gesundheit zu sprechen, als über andere gesundheitliche Bereiche, besonders für Christen. Ich persönlich weigerte mich zehn Jahre lang, zu einem Therapeuten zu gehen, bis ich schließlich zusammenbrach und gestand, dass ich psychiatrische Hilfe brauche. Ich war überzeugt, dass ich meine Angst loswerden könnte, wenn ich nur intensiv genug betete, lange genug in der Bibel las und anderen Menschen aufrichtig diente. Aber ich habe ein Geheimnis erkannt, das uns die Kraft gibt, die wir brauchen, um uns mit der nötigen Ehrlichkeit auf ein solches Gespräch einzulassen.

Soll ich Ihnen dieses Geheimnis verraten?

Sie.

Ich.

Wir alle.

Stecken gemeinsam in dieser Sache.

Und gemeinsam können wir sie überwinden.

Ich spreche nicht wie Mose vom Berggipfel, sondern wie ein Israelit, der unten im Tal ist. Ich bin zwar ausgebildeter Psychotherapeut, aber in erster Linie bin ich ein Mitpatient, der weiß, wie schmerzhaft und schwierig der Kampf mit psychischen Störungen sein kann.

Wenn Sie dieses Buch lesen, weil Sie unter psychischen Problemen leiden, möchte ich Ihnen sagen, dass Sie nicht allein sind, selbst wenn es Ihnen vielleicht so vorkommt. Sie haben vielleicht das Gefühl, dass es noch nie einem Menschen so schlecht ging wie Ihnen in diesem Moment. Bitte glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass dies einige der Lieblingslügen der Depression sind. Wenn Sie diesen Lügen glauben, wird der Heilungsweg noch schwerer.

Erst vor wenigen Wochen fühlte ich mich richtig niedergeschlagen. Es war der dritte Montag im Monat, der Tag, an dem sich immer unsere Selbsthilfegruppe für Anwälte, die unter Depressionen leiden, trifft. (Ja, ich war früher Anwalt. Vielleicht ist das mein Problem?) Aber die Depressionen taten alles, um mich davon abzuhalten, zu diesem Treffen zu gehen. Ich wollte mich am liebsten nur ins Bett legen und redete mir ein, mich nicht zu wehren würde helfen, meinen Zustand zu verbessern. Sehen Sie, wie schlau die Depressionen sind? Wenn Sie es zulassen, überredet diese Krankheit Sie, genau das Gegenteil von dem zu tun, was gut für Sie ist. Ähnlich wie das Internet.

Ich sagte zu Caroline, meiner Frau: „Ich glaube nicht, dass ich heute Abend zu dem Treffen gehe.“

„Warum nicht?“, fragte sie.

„Mir ist nicht danach.“

„Okay“, antwortete sie. „Was hältst du davon, wenn wir erst einmal zu Abend essen und du vielleicht ein wenig später gehst?“

„Okay“, nickte ich und spürte eine sofortige Erleichterung bei dem Gedanken, mich am Abend nicht besser zu fühlen.

Wie gesagt, die Depressionen sind hinterhältig und schlau.

Es gab Abendessen. Als wir gegessen hatten, sagte Caroline: „Wie fühlst du dich jetzt? Willst du gehen?“

„Nein“, erwiderte ich. „Ich will bei dir und den Jungs zu Hause bleiben.“

„Du warst in letzter Zeit oft zu Hause. Unseretwegen brauchst du auf das Treffen nicht zu verzichten. Wir kommen klar. Ehrlich.“

Ich wusste, dass sie recht hatte. In meiner Zeit als Pastor (ich war früher auch Pastor. Vielleicht ist das mein Problem?) war ich selten zum Abendessen zu Hause. Seit ich Autor und Therapeut bin, bin ich abends fast immer zu Hause. Die Depressionen mögen zwar schlau sein, aber meine Frau ist schlauer. Caroline wusste, dass ich keinen anderen Grund hatte, nicht zu diesem Treffen zu gehen, als dass ich einfach nicht hingehen wollte, was im Grunde absolut kein Grund ist, sondern Depressionen, die sich als Entschuldigung tarnen.

„Ja“, sagte ich, „aber morgen Abend bin ich auch fort, weil ich mit Terry zu dieser Veranstaltung gehe. Deshalb bleibe ich heute Abend lieber zu Hause.“

„Tu, was für dich das Beste ist. Aber der heutige Abend wird ein Kinderspiel.“ Sie warf einen Blick auf unsere zwei Söhne, Ford und Charles (sechs und vier Jahre alt), die ihre Teller schon fast leer gegessen hatten. „Charles hat schon gebadet, und Ford braucht keine Hilfe beim Duschen. Sie schlüpfen in ihr Bettelein …“

„… und schlafen zickezacke ein“, beendete Ford ihren Satz.

Charles lachte über seinen älteren Bruder und ich gab nach, da Kinder einfach Wunder wirken können.

Als ich auf dem Parkplatz vor dem Hotel ankam, in dem das Treffen stattfand, blieb ich ungefähr eine Viertelstunde im Auto sitzen. Inzwischen war ich wirklich sehr spät dran. Was alles noch schlimmer machte, war, dass der Redner an diesem Abend ein guter Freund war, und ich wusste, dass er mir am Tisch ganz vorne im Raum einen Platz frei hielt. Trotzdem saß ich einfach da und fühlte mich schrecklich.

Ich sollte noch erwähnen, dass ich, wenn ich mich gut fühle, sehr viel Wert auf Pünktlichkeit lege, weil ich es für wichtig halte, die Zeit anderer Menschen zu respektieren. Ich verabscheue es, zu spät zu kommen. Aber die Depressionen sind nicht nur schlau, sie sind auch unglaublich mächtig. Sie können uns dazu bringen, unsere festen Wertvorstellungen über Bord zu werfen und Dinge zu tun, die wir sonst nie machen würden. Sie können uns aber auch davon abhalten, die Dinge zu tun, die uns wichtig sind.

Schließlich zog ich mein Smartphone aus der Tasche, um meine Gefühle auszudrücken. Es gibt mehr und mehr Belege dafür, dass es bei Depressionen sehr heilsam ist, wenn wir einige Minuten am Tag ungestört aufschreiben, wie wir uns fühlen. Ich beschloss, es zu versuchen, und schrieb Folgendes in mein Smartphone:

Die Depressionen haben so viele Formen.

Heute war es bei mir so:

Ich fühlte mich den ganzen Tag als Versager. Eine Endlosschleife lief in meinem Kopf ab, die mir einredete, dass ich an allen in meinem Leben, die mich lieben, versagt habe. Meine Gedanken konzentrierten sich hauptsächlich auf meine Frau und auf meine Kinder, die einen Vater verdienen, der kein...


Ryan Casey Waller ist Pastor, Autor, Therapeut und Sprecher, er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Texas.



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