Weber | Die Pflanze, die gern Purzelbäume schlägt … | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 240 Seiten, Format (B × H): 1300 mm x 2050 mm

Weber Die Pflanze, die gern Purzelbäume schlägt …

…und andere Geschichten von Seidelbast, Walnuss & Co.

E-Book, Deutsch, 240 Seiten, Format (B × H): 1300 mm x 2050 mm

ISBN: 978-3-96238-470-8
Verlag: oekom verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



»Der Baum, der keine Nachbarn duldet«, »die Blume, die vom Ölboom träumt« oder »der Strauch, der sich nach den Tropen sehnt« – das sind nur drei von 25 heimischen Wildpflanzen, mit denen uns das neue Buch von Ewald Weber zum Staunen bringt.
Das Augenmerk liegt dabei nicht auf den »Stars der Pflanzenszene«, und es werden nicht einfach Fakten aufgelistet. In unterhaltsamen Essays werden vielmehr Arten vorgestellt, die etwas Besonderes, ja Herausragendes zu bieten haben, etwa faszinierende Überlebensstrategien oder einen wichtigen Beitrag für das Funktionieren ganzer Ökosysteme. Ganz nebenbei vermittelt das Buch viele spannende Details und zeigt so auf, was die Natur in ihrem Innersten zusammenhält.
Ausgestattet mit liebevollen Zeichnungen und Aquarellen der Künstlerin Rita Mühlbauer wird das Buch all jene begeistern, die die Natur und ihre kleinen Wunder schätzen und lieben.
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Zielgruppe


Interessierte an Ökologie, Biologie, Botanik, Natur- und Kulturgeschichte


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Das Kraut, das untertauchte
Gewöhnliches Seegras
(Zostera marina)
Holnis, im August. Unsere Begegnung mit außergewöhnlichen Pflanzen beginnt mit einem Spaziergang am Strand der Flensburger Förde. Die Ostsee ist hier sehr flach und zahm, nicht zu vergleichen mit der Nordsee. Vom schmalen Landzipfel nördlich des kleinen Orts Holnis können wir nach Dänemark hinüberblicken. Unsere Aufmerksamkeit gilt aber dem Spülsaum, dem Material, das der Wellenschlag an den Strand spült. Dicke Kissen aus braunen Bändern liegen hier »unordentlich« herum; bei genauerem Hinsehen entpuppen sie sich als lange und schmale Blätter, die an einem Stück Stängel sitzen. Und oft genug zeigen sich hier auch frische und grüne Pflanzen, losgerissen und angeschwemmt. Das sind keine Algen wie der ebenfalls allgegenwärtige Tang, sondern Blütenpflanzen. Die grasgrünen Blätter sind durchscheinend, wenn wir sie gegen das Licht halten, glänzen stark und sind von fester Beschaffenheit. Da draußen in der See muss es eine Unmenge dieser Pflanzen geben, die unweigerlich an Gräser erinnern. Mit den echten Gräsern haben sie aber nichts zu tun. Botaniker stecken sie in eine eigene Familie, die Seegrasgewächse. Unsere Pflanze ist das Gewöhnliche Seegras, eine von zwei Arten an der deutschen Küste. Der kleine Bruder – das Zwerg-Seegras (Zostera nana) – kommt hauptsächlich an der Nordsee vor und ist von viel kleinerem Wuchs. Ein echter Meeresbewohner
Der seichte Küstenbereich erlaubt uns, weit hinaus zu waten, wir können ins Meer hineinspazieren und uns umschauen. In etwa einem Meter Tiefe zeigen sich die ersten verankerten Büschel. Die Pflanze lebt vollkommen untergetaucht, ist über ihren ganzen Lebenszyklus von Salzwasser umgeben. Eine echte Meerespflanze und damit eine absolute Ausnahmeerscheinung bei den Blütenpflanzen. Blütenpflanzen auf dem Meeresboden erscheinen uns ungewohnt, verbindet man das Leben in den Ozeanen doch eher mit Fischen, Seesternen, Muscheln bzw. Tang und anderen Vertretern der Algen. Letztere haben aber mit Blütenpflanzen nichts zu tun, denn sie stellen eine komplett andere Gruppe von Organismen dar, so anders, dass sie heutzutage sogar nicht mehr zu den eigentlichen Pflanzen zählt, sondern als eine eigene Gruppe angesehen wird. Der Schritt vom Land ins Meer ist nur einer Handvoll Pflanzenarten gelungen. Meerwasser enthält Salz und der Umgang damit ist für pflanzliches Leben eine große Herausforderung. Zu viel Salz in den Zellen schadet, es bedarf besonderer Anpassungen des Stoffwechsels, um in einer salzigen Umgebung existieren zu können. Ein Unterwasserblüher
Jetzt im August blüht das Seegras gerade. Blüten im Meer? Stellen Sie sich eine blühende Wiese mit Glockenblumen, Margeriten und wilden Nelken vor und stellen Sie sich weiter vor, dass diese Wiese nun überflutet werden würde. Das Wasser stünde so hoch, dass die Blumen komplett vom nassen Element umgeben sind. Lange könnten sie das nicht ertragen; sie würden absterben und verfaulen. Vor allem wäre es undenkbar, dass die Blüten bestäubt werden könnten. Fische würden dafür kaum in Frage kommen, auch kleine Krebstiere würden sich nicht um die Blüten kümmern. Ganz abgesehen davon, dass der Nektar vom Wasser ausgespült und fortgeschwemmt würde. Blütenpflanzen sind Landlebewesen, die an der Luft wachsen, sollte man meinen. Für die meisten Arten trifft dies auch zu. Blütenpflanzen haben sich im Laufe der Evolution an Land gebildet und bei der Besiedlung unterschiedlichster Lebensräume eine enorme Artenvielfalt entwickelt. Es sind Landlebewesen, auch wenn ihre entferntesten Vorfahren Meeresalgen waren. Auf einen ganz kleinen Nenner gebracht, entstanden die Blütenpflanzen aus der evolutiven Reihe Alge – Farn – Palmfarn – Blütenpflanze. Doch auch bei den Pflanzen gilt: keine Regel ohne Ausnahme. So wie manche Säugetiere sekundär vom Land wieder ins Wasser zurückkehrten und sich vollkommen auf ein Leben im nassen Element einstellten – die Wale etwa –, hatten auch ein paar wenige Gewächse das Wasser wiedererobert. All die Wasserpflanzen, die in Teichen, Seen und Flüssen wachsen, stammen von Arten ab, die einst an Land entstanden sind. Aber selbst bei den meisten Wasserpflanzen befinden sich die Blüten über dem Wasser und werden wie bei den Landpflanzen von Insekten oder vom Wind bestäubt.     Umso erstaunlicher ist, dass ein paar wenige Arten auf dem Weg vom Land zurück ins Wasser auch ihre Blüten mit in die Tiefe genommen haben. Sie entwickelten eine Unterwasserbestäubung. Wie bestäubt man im Meer?
Unser Seegras lebt nicht nur vollkommen untergetaucht, es blüht und fruchtet auch unter Wasser. Wie aber sehen die Blüten aus – und wie werden sie bestäubt? Die Blüten der Seegräser haben mit den echten Gräsern etwas gemeinsam: Sie sind klein und unscheinbar. Es liegt auf der Hand, dass große und farbige Blüten in einem Ozean keinen Sinn ergeben. Die Blüten sind also winzig und bestehen nur aus den funktionellen Bestandteilen: entweder aus einem einzelnen Staubblatt, das den Blütenstaub entlässt, oder aus einem Fruchtknoten, der die Eizelle enthält. Nun ergibt pulverförmiger Blütenstaub im Wasser aber ebenfalls keinen Sinn und wir wissen noch immer nicht, wie die Übertragung des Blütenstaubs vor sich gehen soll. Tiere fallen weg, denn Unterwasserbestäuber gibt es nicht. Also bleibt nur das Element Wasser, in Analogie zur Windbestäubung über dem Wasser. Aber ganz so einfach ist das nicht. Blütenstaub von windbestäubten Landpflanzen ist so leicht, dass er vom Wind fortgeweht werden kann. Kiefern oder Haselsträucher machen es vor, bei ihnen ziehen Schwaden von gelbem Staub durch die Luft. Im Wasser aber stellt sich ein fundamentales Problem: Ist ein Pollenkorn zu schwer, sinkt es auf den Grund; ist es zu leicht, steigt es zur Oberfläche und treibt auf dem Wasser. In beiden Fällen ist das nutzlos, denn die Zielorte, die Fruchtknoten, stehen irgendwo unten im Wasser und können den Pollen so nicht einfangen. Das Seegras bildet daher ungewöhnlich geformten Blütenstaub: kleine Würste, etwa zwei Millimeter lang und sehr dünn. Diese Pollenwürste sind so beschaffen, dass sie in etwa dasselbe spezifische Gewicht wie Wasser haben und so im Wasser schweben. Die Meeresströmung verteilt den Blütenstaub – wenn denn überhaupt von Staub gesprochen werden darf – und der Pollen findet den Weg zu den Narben der Fruchtknoten. Die Samen der Pflanze hingegen sinken auf den Grund, denn die Keimlinge müssen sich ja im Substrat verankern können. Wachsen sie heran, bilden sie bald feste Wurzelstöcke, die als Ausläufer über den Boden kriechen und immer wieder neue Blätter bilden. In drei bis zehn Meter Tiefe finden sich mancherorts ausgedehnte Seegraswiesen. Stängel an Stängel der etwa einen Meter hohen Meerwasserpflanze stehen hier; die langen und schmalen Blätter wiegen sich mit der Wellenbewegung wie Gräser im Wind. Jetzt wird auch der wissenschaftliche Name der Pflanze verständlich, denn Zostera stammt von dem griechischen Wort »Zoster« und meint Gürtel. Eine Anspielung auf die bandförmigen Blätter, der Artname marina kommt vom lateinischen »marinus« oder Meer. Der Mechanismus der Unterwasserbestäubung hat sich auch bei einigen Süßwasserpflanzen entwickelt. Besonders raffiniert ist der Mechanismus beim Rauen Hornblatt (Ceratophyllum demersum), das manchmal massenhaft in Seen auftritt. Wir werden der Pflanze später noch begegnen. Wiesen auf dem Meeresgrund
Seegräser wachsen an vielen Küsten der Erde. Es handelt sich dabei nur um ein paar Handvoll verschiedener Arten, die aber alle sehr ähnlich gestaltet sind. Im Mittelmeer etwa gedeiht das Neptungras (Posidonia oceanica), das etwa vor Mallorca ausgedehnte Wiesen bildet. Solche Wasserwiesen sind für das marine Leben von großer Bedeutung. Viele Jungfische nutzen die dichten Unterwassermatten, um sich zu verstecken und auf Nahrungssuche zu gehen – und sie sind wichtige Laichgründe für Meeresfische. Die Pflanzen selbst sind eine wichtige Futterquelle für Fische und Vögel. Die Seegraswiesen bilden auch Lebensraum für ausgefallene Tierarten, nämlich Seenadeln und Seepferdchen. Beide gehören zu den Knochenfischen und tragen einen äußeren Panzer aus Knochenplatten. Dadurch sind die Tiere schlechte Schwimmer und halten sich am liebsten zwischen Algen oder in den Seegraswiesen auf. Seepferdchen verbinden wir meist mit tropischen Gewässern, doch zwei Arten kommen auch an den europäischen Atlantikküsten vor. Ganz anders offenbaren sich die Seenadeln. Ihre langen und schmalen Körper ahmen tatsächlich die Blätter von Seegras nach, eine Tarnung, die durch ihre bräunliche bis grünliche Färbung noch verstärkt wird. Meist stehen sie aufrecht im Wasser, Schnauze nach oben und warten zwischen den Stängeln auf Beute wie kleine Krebse. Die Breitnasen-Seenadel lebt auch in der unteren Gezeitenzone der Ostsee. Sie erreicht 30 Zentimeter Länge. In anderen Regionen der Erde werden Seegraswiesen regelrecht beweidet, etwa von den Seekühen, deren vier Arten alle in tropischen Meeren zu Hause sind. Ein wahrhaft maritimes Spiegelbild des so vertrauten Bilds an Land! Ein gefährdeter Lebensraum
Einst gab es ausgedehnte Seegraswiesen in der Nordsee, doch sie wurden von einem eingeschleppten Pilz aus Nordamerika stark in Mitleidenschaft gezogen. Sie hatten als Laichgründe für Heringsschwärme eine ganz besondere Bedeutung. In der Ostsee gingen die Bestände seit den Dreißigerjahren dramatisch zurück; im...


Die Vermittlung ökologischer Zusammenhänge an ein breites Publikum – das ist die Herzensangelegenheit von Ewald Weber. Der promovierte Biologe arbeitet seit 2008 an der Universität Potsdam im Bereich Biodiversität und Pflanzenökologie. Als Privatmann hält er öffentliche Vorträge, führt und leitet Exkursionen – oder schreibt populärwissenschaftliche Sachbücher.


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