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E-Book, Deutsch, 112 Seiten

Weeber Baiae

Stadt der hundert Genüsse, Herberge aller Laster
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-945751-00-8
Verlag: Nünnerich-Asmus
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Stadt der hundert Genüsse, Herberge aller Laster

E-Book, Deutsch, 112 Seiten

ISBN: 978-3-945751-00-8
Verlag: Nünnerich-Asmus
Format: EPUB
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Die High Society des antiken Rom hatte hier ihr Ferien-Dorado und ihren playground, den man auch ohne therapeutische Absichten aufsuchte, gefunden - Baiae. Den Ursprung als Kurbad verdankt Baiae seinen heißen Quellen, die seit dem 2. Jh. v. Chr. zu Heilzwecken genutzt wurden. Bald jedoch entwickelte es sich zum Ferienziel der gesellschaftlichen Elite Roms. Für zahlreiche Prominente und auch für die römischen Kaiser gehörte es zum guten Ton, prächtige Residenzen im bajanischen Raum zu besitzen. Nicht nur sie, sondern auch so manche Edelprostituierte aus Rom wurden in der Feriensaison von der landschaftlichen Lage am Meer und an zwei reizvollen Binnenseen sowie dem milden Klima Kampaniens angelockt. Der Autor präsentiert ein spannendes, farbiges, kulturgeschichtliches Panorama der Freizeit der feinen römischen Gesellschaft - ihren Urlaubsfreuden, ihrem Wohlleben, ihren luxuriösen Ferienvillen und ihrem Badegenuss in den Thermalanlagen. Er erzählt von Strandpartys und nächtlichen Bootspartien, von exquisiten Gastmählern und amourösen Abenteuern am 'Strand der goldenen Venus'. Ein wahrlich 'kultiger' Kurort!

Karl-Wilhelm Weeber, ein renommierter Antike-Autor - aber keineswegs antiker Autor, präsentiert frühe Zeiten in sprachlich frischem Licht. Als ehemaliger Schulleiter des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums in Wuppertal und Lehrbeauftragter für Fachdidaktik der Alten Sprachen an der Ruhr-Universität Bochum und Honorarprofessor für Alte Geschichte ist er Verfasser zahlreicher Werke zur Sozial- und Kulturgeschichte der Antike.
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Auf in den Wonnekessel!–


klingt wie aus einem touristischen Werbeprospekt, wenn der Dichter Statius die Eröffnung der Via Domitiana im Jahre 95 mit der Feststellung bejubelt, dass, „wer den Tiber am frühen Morgen verlässt, am Abend schon auf dem Lucriner See Boot fahren kann“ (Stat. silv. IV 3, 112f.). Das war schon ein bisschen übertrieben; der normale Reisende schaffte die Strecke von der Hauptstadt in den berühmten kampanischen „Wonnekessel“ – eine Formulierung Ciceros Cic. Att. II 8, 2) – sicher nicht an einem einzigen Tag. Gleichwohl verkürzte die neue Straße, die von der Via Appia bei Sinuessa abbog und an der Küste bis nach Cumae führte, die Reisezeit erheblich, weil sie den lästigen Umweg über Capua überflüssig machte. Der Hofdichter Domitians konnte sicher sein, dass die feine Gesellschaft der Hauptstadt in seinen Jubel einstimmte und die kleinen Korrekturen an der Wirklichkeit großzügig übersah – jedenfalls alle, die in der Ferienregion am Golf von Neapel einen Landsitz hatten und einige Wochen des Jahres dort verbrachten. Und das waren viele. Kampanien war Zentrum der Villeggiatur der römischen Oberschicht. (Abb.3)

Abb.3 „Freizeitlandschaft“ mit Meer und

Seen am Golf von Baiae –

Topografisches Modell von M. Döring

Der moderne Begriff „Villeggiatur“ (italienisch: ) bezeichnet den Urlaubsaufenthalt römischer Aristokraten auf Landgütern (), die sich als Leuchttürme der Zivilisation aus ihrer ländlichen Umgebung abhoben. Die meisten Landsitze dienten nicht mehr als Herrenhäuser auf einem agrarisch genutzten Grundbesitz, sondern waren luxuriös ausgestattete Refugien, in denen man sich vom Arbeits- und Alltagsstress der anstrengenden Großstadt Rom entspannte – für einige Tage oder auch einige Wochen.

Die Reise zur Ferienvilla und der Aufenthalt dort wurden häufig als bezeichnet. (z.B. Cic. Att. II 4, 3; II 6, 1). Darin steckt das Adjektiv , „fremd“. Es ist also der Wechsel aus der gewohnten in eine fremde, jedenfalls nicht alltägliche Umgebung, die die Vorstellung von der prägt, ein wohltuender Ortswechsel, ein Herauskommen aus dem Alltagstrott, lateinisch gesprochen eine , von der sich viele trotz der damit verbundenen Reisestrapazen Erholung, Abschalten oder „Durchatmen“ versprachen. Dabei brauchte man, sobald man die erreicht hatte, auf den gewohnten Komfort nicht zu verzichten. Nicht wenige Angehörige der Elite besaßen mehrere in verschiedenen Gegenden. „Der Wechsel von Landschaft und Klima ist reizvoll“, stellte der Jüngere Plinius fest, „und auch schon das Reisen () selbst von einer Besitzung zur anderen“ (Plin. ep. III 19, 4).

Allein war man indes selten. An landschaftlich schönen Orten – , „Anmut“, „Schönheit“ ist das einschlägige Zauberwort – gab es geradezu eine Cluster-Bildung luxuriöser Landsitze, sodass niemand auf das übliche gesellschaftliche Leben mit Gastmählern, Gelagen und Partys in freier Natur verzichten musste – sofern er das wollte. Cicero siedelt einige seiner wichtigsten Abhandlungen als Gesprächsrunden in gerade so einem Urlaubsambiente an. Die ist damit auch ein Ort des geistigen Austausches und des intellektuellen Diskurses, wobei man die Zahl derer, die daran Interesse hatten, nicht allzu hoch veranschlagen sollte.

Wenn sich das , die „Freizeit“, vieler Römer der Oberschicht auf Kampanien konzentrierte, die südlich an Latium angrenzende Landschaft, so hatte das gute Gründe. Da war zum einen das angenehme Klima mit milden Wintern und nicht zu heißen Sommern. Dazu kamen die Nähe des Meeres, die erheblich zum landschaftlichen Reiz, eben der , beitrug, sowie der fruchtbare vulkanische Boden, der eine reiche Vegetation sprießen ließ und unter anderem die berühmten kampanischen Rosen und den nicht minder berühmten kampanischen Wein hervorbrachte: Der „Falerner“ genoss einen legendären Ruf; er konnte es mit den besten Weinen der damaligen Welt aufnehmen.

Kein Wunder, dass diese Landschaft das Epitheton „glücklich“ trug: In der Bezeichnung spiegelt sich auch die agrarische Üppigkeit. Im „glücklichen Kampanien“ herrschte, „wie die Alten es ausdrückten, ein gewaltiger Wettstreit zwischen Vater Liber (Bacchus, Gott des Weines) und Ceres, der Göttin des Getreides“ (Plin. NH III 60). Die Schriftsteller überboten sich geradezu in den , dem „Lobpreis auf Kampanien“. Der Grieche Polybios rühmt die „Fruchtbarkeit und Schönheit, die Lage am Meer und die Hafenplätze dieses vor allen anderen ausgezeichneten Landstrichs“ (Polyb. III 91), der Römer Florus preist Kampanien sogar als „herrlichste Gegend nicht nur Italiens, sondern auf dem ganzen Erdkreis“: „Nichts ist linder als das dortige Klima, zweimal ruft das Wetter dort durch seine Blumenpracht den Frühling hervor“ (Flor. I 11, 3).

Hinzu kommt das mythologische Erbe Kampaniens. Dort ist die Sibylle von Cumae zu Hause, die den römischen Stammvater Aeneas einst in die Unterwelt begleitet hat, dort sind, hält man sich an Vergils Nationalepos, schicksalhafte Entscheidungen für den Aufstieg Roms zur Weltmacht getroffen wurden. Die dramatische Szenerie dafür waren die Phlegräischen Felder, wo die Erde brodelte und heiße Dämpfe die Nähe des Eingangs zur Unterwelt anzuzeigen schienen. Cumae, Kap Misenum und der Averner See sind in der „Aeneis“ zentrale Orte für die Urgeschichte Roms. Dort gingen die Trojaner, die die Katastrophe ihrer Heimatstadt überlebt hatten, unter Führung des Aeneas an Land, dort weissagte die Sibylle den unaufhaltsamen Aufstieg Roms als zweites Troja (Stärk, Kampanien 37ff.). Das war klassisches , „Vergil-Land“, dessen „historische“ Stätten zum Besuchsprogramm patriotischer Römer und neugieriger Touristen zählten. Sie wollten die Stätten, die ihnen aus der Aeneis-Lektüre, einem Klassiker der Höheren Schule, vertraut waren, mit eigenen Augen sehen und erkunden.

Und es war zudem altes Kulturland, dessen blühende Städte von Griechen gegründet worden waren, wo griechische Kultur seit dem 8. Jh. v. Chr. Einzug gehalten und tiefe Spuren hinterlassen hatte. In manchen Gegenden sprach man noch lange nach der römischen Eroberung griechisch; besonders Neapel galt als (Tac. ann. XV 33, 2; vgl. Vell. Pat. I 4, 2), als Stadt mit griechischem Flair, griechischer Bildung und griechischer Lebensweise – Klein-Griechenland gewissermaßen mit all den positiven kulturellen Assoziationen, die sich damit verknüpften. Auch das hatte seine touristischen Reize, sodass Statius für Kampanien als Alterswohnsitz gegenüber seiner etwas zögerlichen Ehefrau mit werben kann, mit „verschiedenen und verschiedenartigen Annehmlichkeiten des Lebens“ (Stat. silv. III 5, 95).

Dort sein Alter zu verbringen, wo andere Urlaub machen – das war schon in römischer Zeit eine Aussicht, die viele faszinierte. Und die nicht nur Statius veranlasste, sich dauerhaft in Kampanien niederzulassen (zumal das seine Heimat war), sondern auch manchen reichen Römer, der der Hauptstadt auf immer Ade sagte und sein Feriendomizil zum „Erstwohnsitz“ umwidmete. Damit war man zwar nicht mehr „in“ und verlor an politischem und gesellschaftlichem Einfluss, aber man gewann dauerhaft an Lebensqualität – ein , „Rückzug“, in eine zauberhafte Landschaft, in der eine attraktive Natur und eine attraktive Kultur zu einer seltenen Einheit verschmolzen.

Schließlich das heitere, beschwingte Lebensgefühl, das diese Landschaft verkörperte! Die griechisch inspirierte Leichtigkeit des Seins, das Savoirvivre, die Neigung zum Hedonismus als Lebenseinstellung – nicht zufällig war Neapel eine Hochburg der epikureischen Philosophie –: Das war ein geistig-moralisches Klima, das auf viele Besucher anziehend wirkte, mochte da auch manche Klischeevorstellung die Realität überlagern. Dieses Phänomen ist der heutigen Welt ja nicht ganz unbekannt und wird von der Tourismus-Industrie nach Kräften gefördert. Entscheidend für die Stimmung und das Lebensgefühl sind nicht unbedingt die Eindrücke, die der Besucher bei der erhält, sondern die Vorprägungen und Erwartungen, die er in den Urlaub mitbringt. Was nicht kompatibel ist, wird mittels selektiver Wahrnehmung kompatibel gemacht.

Es gab indes auch erbitterte Gegner des kampanischen . Das waren die Moralisten, die vor der verweichlichenden Wirkung der warnten, der Neigung zur Üppigkeit, Schwelgerei und Ausschweifung, die solchen von der Natur verwöhnten Landstrichen angeblich eigen waren. Wo es dem Menschen allzu leicht gemacht werde, da schlage er schnell über die Stränge, ja versinke in gefährlicher , „Genusssucht“. Ein Klischee, mit dem man hin und wieder auch Politik machen konnte, indem man die Bewohner und Besucher Kampaniens als wenig verantwortungsvolle und obendrein arrogante Genussmenschen verunglimpfte. Cicero war da keine Ausnahme. Obwohl er selbst Besitzer mehrerer Villen im kampanischen ,...


Karl-Wilhelm Weeber, ein renommierter Antike-Autor – aber keineswegs antiker Autor, präsentiert frühe Zeiten in sprachlich frischem Licht. Als ehemaliger Schulleiter des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums in Wuppertal und Lehrbeauftragter für Fachdidaktik der Alten Sprachen an der Ruhr-Universität Bochum und Honorarprofessor für Alte Geschichte ist er Verfasser zahlreicher Werke zur Sozial- und Kulturgeschichte der Antike.



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