Wegener | Mit Motorboot und Schlitten in Grönland | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 9, 248 Seiten

Reihe: Die Polarbibliothek

Wegener Mit Motorboot und Schlitten in Grönland

Erlebnisse auf der Expedition 1929
2. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7494-6206-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Erlebnisse auf der Expedition 1929

E-Book, Deutsch, Band 9, 248 Seiten

Reihe: Die Polarbibliothek

ISBN: 978-3-7494-6206-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



1929 unternahmen die vier deutschen Wissenschaftler Fritz Loewe, Johannes Georgi, Ernst Sorge und Alfred Wegener eine Vorexpedition nach Grönland, die dem Erkunden von Aufstiegsmöglichkeiten aufs Inlandeis, der Erprobung von wissenschaftlichen Meßgeräten, dem Vertrautwerden mit Hundeschlitten sowie mit den topographischen Gegebenheiten Grönlands dienen sollte. 1930/31 erfolgte dann die eigentliche große deutsche Grönland-Expedition, in deren Verlauf Alfred Wegener tragischerweise sein Leben verlor. Dieser Expeditionsbericht ist von allen Grönland-Aufzeichnungen Wegeners der anschaulichste und spannendste, der am unterhaltsamsten geschriebene. Er ist damit für den interessierten Leser der ideale Einstieg in die eisige Welt Grönlands, die Alfred Wegener so faszinierte.

Alfred Wegener (1880-1930) war ein deutscher Naturwissenschaftler und Polarforscher.

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2. Kapitel. Mit Handschlitten auf dem Inlandeis
Unsere erste Schlittenreise auf dem Inlandeis sollte mit Handschlitten vor sich gehen. Ich hatte seinerzeit sowohl auf der Danmark-Expedition wie auf J. P. Kochs Expedition an Handschlittenreisen auf der Randzone des Inlandeises teilgenommen. Beiden Schlittenreisen war gemeinsam, daß wir schließlich die Schlitten nicht mehr weiter brachten und einen Gewaltmarsch ohne Ausrüstung machen mußten, um überhaupt dahin zu gelangen, wo wir hin wollten. In beiden Fällen wurde nur ein Schlitten benutzt, der von vier bzw. von drei Mann gezogen wurde, und Zelt, Schlafsäcke und Kochgeräte waren die gleichen, wie sie auch bei Schlittenreisen mit Zugtieren verwendet wurden. Diese Erfahrungen schienen mir zu beweisen, daß es bei Handschlittenreisen besser ist, wenn jeder Mann seinen eigenen Schlitten zieht. Man hindert sich dann gegenseitig nicht beim Ziehen, und das Gesamtgewicht eines Schlittens mit Last wird so gering, daß er nötigenfalls über kurze schwierige Stellen hinweg getragen werden kann. Bestärkt wurde ich in dieser Auffassung durch die alten Berichte über die erfolgreichen Handschlittenreisen von Jensen und Garde, bei denen diese Forderung so gut wie verwirklicht war. Außerdem mußte die Ausrüstung wesentlich leichter sein als die bei Verwendung von Zugtieren gebräuchliche. Schon die Schlitten durften nicht schwerer sein als gewöhnliche Rodelschlitten, und die größte Last, die zu ziehen war, durfte das Doppelte einer guten Traglast, also 50 kg, nicht überschreiten. Nach diesen Gesichtspunkten war also unsere Schlittenausrüstung zusammengestellt. Der Aufstieg auf das Inlandeis sollte im nördlichen Teil der Diskobucht erfolgen. Als günstigste Stelle bot sich hier der Quervains-Hafen,4 wo im Jahre 1912 der Schweizer de Quervain seine berühmte Durchquerung nach Angmagsalik begann. Landung des Gepäcks am Quervains-Havn Blankes Eis in der Randzone Seitdem haben viele Reisende, darunter auch manche Damen, diese verhältnismäßig leichte und ganz gefahrlose Aufstiegsroute auf das Inlandeis benutzt, um einmal den Blick über die endlosen Eisgefilde des Innern schweifen zu lassen. Hier sollten sich also meine Kameraden ihre ersten Lorbeeren als arktische Schlittenreisende verdienen. – Auf der Diskobucht empfing uns grobe See, und im Ata-Sund mußte Georgi, wenn er, um Luft zu schnappen, den Kopf aus der Maschinenluke heraussteckte, scharf aufpassen, um nicht unversehens eine nasse Ohrfeige zu erhalten, denn der stürmische Nordwind jagte den Gischt vom Bug bis über das Heck der »Krabbe« hinaus. Es fror etwas, und bald hatten sich eine Eiskruste auf Deck und lange Eiszapfen an der Takelage gebildet. Im inneren Teil des Fjordes kam der Motor auf die Idee, zu streiken, was bei der Landnähe und dem starken Wind etwas unbehaglich war. Es gelang uns aber, mit Hilfe des vorgespannten Moses die »Krabbe« so zu bugsieren, daß wir sie hinter einem schwach angedeuteten Felsvorsprung mit der großen Trosse am Land vertäuen konnten. Gleichzeitig ließ ich den Anker fallen, obwohl wenig Aussicht auf Ankergrund war, und überraschenderweise hielt der Anker. Nach einer Viertelstunde hatte Georgi den Motor wieder im Gang, und wir konnten nun in dem stark eisgefüllten Fjord bis zu einer kleinen Bucht dicht vor Quervains Havn vordringen, wo wir die Nacht über liegen blieben. Wir maßen an diesem Abend acht Grad Kälte und mußten das Kühlwasser aus dem Motor ablassen, um ihn nicht zu zersprengen. Wir hatten nicht die Absicht, schon jetzt unsere Schlittenreise anzutreten. Gewisse Teile unserer Ausrüstung erforderten vielmehr noch zeitraubende Vorbereitungen, die wir im Hafen von Ata zu erledigen gedachten. Aber es war wichtig für uns zu wissen, ob Quervains Havn bereits zugänglich war; in diesem Falle wollten wir dort gleich den Hauptteil unseres Gepäcks an Land bringen. Kamen wir dann das nächste Mal weniger weit, so konnten wir den Rest im Rucksack über Land hintragen. Am nächsten Morgen waren die Eisverhältnisse im Fjord weit günstiger, denn der Wind hatte fast alles Eis herausgefegt. Wir kamen gut vorwärts und näherten uns rasch der immer großartiger aufwachsenden Eiswand des Ekip Sermia. Nur im innersten Teil des Fjords hatten neue Kalbungen die ganze Wasseroberfläche wieder dicht mit Eisbrokken und -Bergen bedeckt, die der Frost teilweise schon verkittet hatte, so daß wir uns nur ganz langsam vorwärtszwängen konnten. Zwei Mann standen mit Bootshaken vorn am Bug und stießen die größeren Eisstücke zur Seite. Alle Augenblicke mußte die Schraube abgestellt werden, damit sie sich nicht am Eis die Flügel abschlug. So näherten wir uns Schritt für Schritt unserem Ziel. Das Wetter war prächtig, klar und still. Da machte mich Tobias auf die Berggipfel aufmerksam, von denen eigentümliche nebelartige Fahnen ausgingen. Das war Schneesegen! Sturm auf den Höhen! Da konnte es nicht mehr lange dauern, bis er zu uns herunterkam. Aber noch war ja hier alles still. Wenige 100 m trennten uns nur noch von unserem Ziel; wenn wir uns beeilten, so mußte es doch wohl noch glücken, unser Gepäck an Land zu bringen. Wir hatten den Gedanken noch nicht ausgedacht, da war auch schon der Föhnsturm um uns. Wie ein fester Gegenstand warf er sich auf den Fjord. Wo er Wasser fand, verwandelte er den glänzenden Spiegel in tiefdunkle, mit Schaumperlen besetzte Wellen, deren Gischt in die Luft hinaufspritzte und sie diesig machte. Wo er aber Eis fand, schob er es wie ein Riesenbesen vor sich her. Heulend traf er die »Krabbe«, die sofort Fahrt nach Lee bekam. Zum Überfluß liefen im gleichen Augenblick große Kalbungswellen unter uns durch; neu vom Gletscher abgelöste Eismassen verstärkten durch ihre Ausbreitungstendenz die auf uns zu gerichtete Bewegung des Eises. Und auf der anderen Seite, in Lee, lag ein fataler Landvorsprung, gegen den wir offenbar trieben. Es galt schnell zu handeln. Die »Krabbe« war in Gefahr, von den andrängenden Eismassen aufs Land geschoben zu werden. Wir machten kehrt und flohen. Mit knapper Not glückte es, an dem Landvorsprung vorbeizukommen; hinter uns schloß ein großes Eisfeld, das gegen ihn getrieben wurde, die Falle. Aber wir waren ihr entronnen und hatten wieder Bewegungsfreiheit. Doch wohin? Irgendwo in der Nähe wollten wir den immer heftiger werdenden Föhnsturm abwettern. Zunächst versuchten wir gleich in Lee des Landvorsprunges in der großen Bucht mit der Bachmündung zu bleiben. Wir brachten beide Anker aus und gingen mit der Maschine mit halber Kraft gegen den Sturm an. Aber die Anker hielten nicht, wir gerieten auf einer Sandbank auf Grund und kamen wieder frei, und schließlich gingen wir weiter zurück in die kleine Bucht, in der wir die Nacht gelegen hatten. Hier bissen wir uns mit Trosse und Anker am Lande fest. Dabei hatten wir noch das Unglück, daß uns der »Moses« entglitt. Sofort hatte ihn der Sturm mit reißender Geschwindigkeit entführt und zwischen die Eisberge getrieben. Wir mußten wieder loswerfen und Jagd auf ihn machen. Aber es war nicht an ihn heranzukommen im Eise; schließlich pirschten wir uns von der Leeseite an den Eisberg heran, gegen den er getrieben war, Sorge stieg aus und ging über den Eisberg hinweg in den Moses, und nun glückte es endlich – nach mehreren vergeblichen Anläufen – den Ausreißer wieder an die Leine zu bekommen. Es war spät in der Nacht, als wir wieder an die Vertäuung gehen, den Motor abstellen und – bis auf die Nachtwache – in die Kojen kriechen konnten. Nach dieser lebhaften Nacht fanden wir am nächsten Tage auch den inneren Teil des Fjordes fast ganz von Kalbeis gereinigt vor und gelangten daher ohne weitere Abenteuer an unser Ziel, wo wir Proviant, Petroleum und anderes Gepäck für unsere Schlittenreise an Land brachten. Auf der Rückfahrt nach Ata hatten wir erst Schneefall und dann Nebel bei Windstille, wodurch die Einfahrt nach Ata zwischen den dicht gedrängten Eisbergen hindurch ungemein stimmungsvoll war. Niemals sind ja die Farben des Eises schöner als bei diffusem Licht. Alle Höhlungen im Eise erstrahlen dann in prachtvollem Blau, der unter Wasser liegende Eisfuß leuchtet so grün, daß einem die Augen übergehen, und diese ganze Pracht spiegelt sich in einem tintenfarbigen Meer. Wir waren mit unserem unerbittlichen Töff-Töff der einzige Störenfried in dieser Welt des Friedens. Ata hat zwei Häfen, von denen der eine nur für Ostwind, der andere nur für Südwestwind taugt. Wir liefen in den uns nächsten östlichen Hafen ein, setzten damit aber auf die falsche Karte. Denn in der Nacht kam stürmischer Südwest auf, und wir mußten anheizen und zum westlichen Hafen hinübergehen. Auf der kurzen Zwischenstrecke stand bereits eine solche See, daß wir ziemlich naß in die Schlafsäcke kamen. Die nächsten Tage galten sorgfältigen Vorbereitungen der Handschlittenreise. Eine genaue Liste aller mitzunehmenden Gegenstände bis zum Taschenmesser herab wurde...



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