Weinert-Wilton | Der schwarze Meilenstein | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 220 Seiten

Reihe: Crime Classics: Weinert-Wilton

Weinert-Wilton Der schwarze Meilenstein


Ungekürzte Ausgabe nach der Erstausgabe von 1935
ISBN: 978-3-946554-07-3
Verlag: Welsch, Ursula
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 220 Seiten

Reihe: Crime Classics: Weinert-Wilton

ISBN: 978-3-946554-07-3
Verlag: Welsch, Ursula
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Sechs rätselhafte Todesfälle in der Nähe eines Gutshofs beschäftigen Inspektor Perkins und den eleganten, aber undurchsichtigen Gentleman Alf Duncan. Aber beide können nicht verhindern, dass der Mörder am Schwarzen Meilenstein wieder zuschlägt. 'Dan Kaye fühlte, wie ihm das Lenkrad plötzlich irgendwie aus der Hand geschlagen wurde, aber er vermochte nichts mehr dagegen zu tun. In der gleichen Sekunde schoss der Wagen schräg über die Straße und flog krachend und splitternd gegen die Stämme ... Der Schwarze Meilenstein hatte sein siebentes Opfer gefordert.' Mitten im Wald gleich hinter einer großen Biegung befindet sich dieser verhängnisvolle Stein. Die Verunglückten waren allesamt reiche und angesehene Leute. Die Unfälle ereigneten sich immer in der Nacht. Von einem Spuk, einem Fluch ist die Rede. Nun aber gerät die junge attraktive Amerikanerin Isabel Longden in Gefahr. Alf Duncan tritt auf den Plan. Was beabsichtigt er? Ist er ein Betrüger oder ein Heiratsschwindler? Stoff für Leser, denen vor dem schrecklichen Hund von Baskerville gruselt!

Louis Weinert-Wilton ist ein Pseudonym von Alois Weinert (* 11. Mai 1875 in Weseritz/Bedruzice oder Tepl/Teplá; ? 5. September 1945 in Prag). Er war Redakteur, Dramatiker und kaufmännischer Leiter eines Prager Theaters. Zwischen 1929 und 1939 schrieb er elf Kriminalromane, mit denen er seinen Ruf als deutscher Edgar Wallace und Klassiker dieses Genres begründet hat. Seine spannungsreichen Whodunnit-Krimis haben hohe Auflagen erzielt und wurden in den sechziger Jahren verfilmt. Weinert-Wilton starb 1945 in einem tschechischen Konzentrationslager.
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2


Es war genau eine Stunde vor Mitternacht, als der nette Boy des vornehmen Hotels am Strand mit dem Anfluge eines vertraulichen Grinsens vor Mr. Alf Duncan die breite Flügeltür aufriß.

Die meisten Gäste hatten sich bereits zur Ruhe begeben oder saßen bei ihrem verspäteten Dinner, und die große Halle lag wie ausgestorben. Deshalb durfte sich sogar auch der würdevolle Mann in der Portierloge so etwas wie ein Lächeln gestatten.

Der Gentleman im Abendanzug trat an das Pult und schob den Hut etwas aus dem frischen, unternehmenden Gesicht.

„Nun?“ fragte er bloß, aber der gewiegte Mr. Brown verstand ihn und hob bedauernd die Schultern.

„Miß Longden ist vor etwa einer Stunde abgereist“, flüsterte er hastig, indem er die Hall vorsichtig im Auge behielt. „Ganz plötzlich …“

Der junge Mann nahm die überraschende Nachricht weit gefaßter auf, als Mr. Brown erwartet hatte. Er warf bloß einen raschen Blick auf die Uhr und neigte sich dann erwartungsvoll in die Loge.

„Das müssen Sie mir etwas ausführlicher erzählen“, sagte er mit seiner ruhigen, einschmeichelnden Stimme.

„Bitte …“ Mr. Brown nickte und wurde sehr geheimnisvoll. „Es ist mir selbst ein Bedürfnis, davon zu sprechen, denn ich habe Miß Longden sehr geschätzt und befürchte, daß ihr etwas Unangenehmes widerfahren ist. Wenigstens schließe ich dies aus … hm … verschiedenen Umständen, die … hm …“

Er suchte nach möglichst unverfänglichen Worten, aber Duncan kam ihm mit seiner gelassenen Sachlichkeit zu Hilfe.

„Fangen wir, bitte, von vorne an. – Also um halb drei hat Miß Longden wieder die gewisse Nummer in Bishopsgate angerufen, und kurz vor vier Uhr ist sie dann ausgefahren …“

„Jawohl. Mit ihrem Wagen, den sie, wie immer, selbst lenkte.“ Mr. Brown hatte nun den Faden und schickte sich an, ihn mit pedantischer Genauigkeit abzuwickeln. „Ich möchte bemerken, daß sie sehr gut gelaunt war, denn sie hat leise gepfiffen, wie sie es öfter zu tun pflegte.“

Der aufmerksam lauschende junge Mann spitzte die Lippen und schien das Gleiche tun zu wollen, aber dann drängte er sanft weiter.

„Und wann ist sie zurückgekehrt?“

„Einige Minuten nach neun. Ich hatte eben meinen Abenddienst angetreten, als sie plötzlich in die Hall und, ohne sich auch nur mit einem Blicke umzusehen, geradenwegs auf den Fahrstuhl zustürzte. – Und als der Boy wieder herunterkam“ – der würdevolle Mann ging in ein aufgeregtes Wispern über – „teilte er mir ganz verstört mit, Miß Longden habe schrecklich gezittert und sogar einige Male laut aufgeschluchzt. – Natürlich habe ich dem Jungen diese indiskrete Aufmerksamkeit verwiesen, denn in unserem Berufe darf man nur dann Augen und Ohren haben, wenn dies im Interesse des Gastes gelegen ist.“

Mr. Brown räusperte sich ernst, und der liebenswürdige Mr. Duncan räusperte sich ebenfalls.

„Ja“, pflichtete er dann gedankenvoll bei.

„Ja – und nach etwa einer Stunde ist Miß Longden dann wieder erschienen. Sie war in großer Eile, und in ihrem ganzen Benehmen lag etwas Furchtsames und Scheues. Ich konnte nun bemerken, daß sie wirklich geweint hatte, und ihre Stimme klang noch immer ganz verschleiert und unsicher. Sie hat auch nur wenige abgerissene Worte gestammelt: daß sie sofort abreisen müsse, ihr großes Gepäck aber und die eingehende Post zurückbehalten werden sollen, bis sie darüber bestimme, was vielleicht längere Zeit dauern werde. – Und dann hat sie mir, da sie nicht genügend englisches Geld hatte, zur Bestreitung der Auslagen zweihundert Dollars zurückgelassen.“

„Zweihundert Dollars …“, hauchte Mr. Duncan mit großen Augen.

„Gewiß, es war etwas viel“, gab Mr. Brown zu, „aber ich habe es zu spät bemerkt. Miß Longden flog ja förmlich aus der Hall und ließ auch schon ihren Wagen anlaufen.“

„Zweihundert Dollars …“, wiederholte der Herr in dem tadellosen Abendanzuge noch einmal, und der gewiegte Mann in der Portierloge glaubte ihn zu verstehen.

„Ja“, seufzte er, indem er unwillkürlich die dickleibige Brieftasche zog und die beiden Scheine hervorholte, „wer hätte das vor kurzem noch für möglich gehalten. Der Dollar! – Und dabei sieht dieses amerikanische Geld so solid aus.“

Duncan griff lässig nach den Noten und betrachtete sie von allen Seiten.

„Beschmiert sind sie auch“, sagte er so nebenbei, als er sie endlich wieder zurückgab.

„Bloß die eine. Ich habe es auch schon bemerkt, aber das hat nichts zu sagen. Auf amerikanischem Papiergeld findet man das häufig. – Vielleicht ist es eine Vormerkung, die sich Miß Longden in der Eile gemacht hat. Ich glaube, es heißt: ,Finchley–Edgware–Radlett–Blackfield’. – Es sind dies Orte, die an der Strecke nach Birmingham liegen“, fügte der pedantische Mann erklärend hinzu.

Der sonst immer so glänzend gelaunte Mr. Alf Duncan sah plötzlich derart hoffnungslos drein, daß Mr. Brown die Finger, die die Scheine eben wieder geborgen hatten, unschlüssig in der Brieftasche stecken ließ.

Der ehrenwerte Mann zauderte, weil er sich einem schweren Gewissenskonflikte gegenübersah. Einerseits legten ihm die ungeschriebenen Gesetze seines Standes eigentlich die Pflicht auf, zu schweigen, andererseits aber drängten sie ihn, zu sprechen. Dieser Mr. Duncan zählte ja zu den treuesten Lunch- und Dinnergästen des Hotels und durfte daher auf ein gewisses vertrauensvolles Entgegenkommen Anspruch erheben. Außerdem war es Mr. Brown nicht entgangen, welch lebhaftes Interesse der elegante Mann an der jungen, bildhübschen Amerikanerin vom ersten Tage an genommen hatte, und es mußte für ihn eine sehr arge Enttäuschung sein, daß sie nun aus seinem Gesichtskreise verschwunden war, bevor er sich ihr hatte nähern können. Mr. Brown hätte dem netten Gentleman, der einen so treuherzigen Blick hatte und eine so gewinnende Art, einem die Hand zu drücken, gerne mehr Erfolg gewünscht, und sein edles menschliches Mitgefühl siegte daher über die letzten beruflichen Bedenken.

„Hier habe ich noch etwas“, flüsterte er, indem er ein zusammengefaltetes Papier zum Vorschein brachte. „Ich habe bisher zu niemandem davon gesprochen, denn es handelt sich offenbar um eine sehr peinliche Privatangelegenheit der Miß Longden. Aber da ich annehme, daß Sie für die Dame … hm …“

Alf Duncan seufzte sehr hörbar, und Mr. Brown nickte teilnehmend.

„Ich habe das Blatt in ihrem Appartement gefunden, als ich mich nach dem zurückgelassenen Gepäck umsah“, fuhr er in seiner umständlichen Art fort. „Unser Personal ist zwar sehr zuverlässig, aber solche Dinge besorge ich lieber selbst. Glücklicherweise bin ich sofort hinaufgegangen, und dabei habe ich ganz gewohnheitsmäßig das Papier, das in einer Ecke lag, aufgehoben. – In unserem Betrieb muß man auf jede Kleinigkeit achten, denn die Gäste sind oft sehr zerstreut und nachlässig. Sie werden ja selbst sehen …“

Mr. Duncan warf einen raschen Blick auf den ihm mit so geheimnisvoller Wichtigkeit anvertrauten Fund. Es war einer der Briefbogen des Hotels, wie sie den Gästen zur Verfügung standen, aber er enthielt nur wenige Zeilen. Die Schrift wies unregelmäßige, verzerrte Buchstaben auf, die auf und nieder tanzten, als ob die Hand, die sie schrieb, heftig geschüttelt worden wäre, und die Tinte war durch Feuchtigkeit und das Zusammenknüllen fast völlig verwischt.

Trotzdem ließen sich die Worte ohne besondere Schwierigkeit entziffern:

„Liebste Mrs. Symington,

oh, warum habe ich nicht auf Ihre Warnungen gehört. – Welch furchtbare Strafe, welch schreckliches Ende. Ich vermag es nicht auszudenken: Ich habe …“

Hier brach der verzweifelte Aufschrei ab. Die Schreiberin hatte nicht mehr weiter gekonnt, oder sie hatte es sich anders überlegt.

Mr. Brown beobachtete den jungen Mann mit gespannter Erwartung, aber als Duncan endlich den Blick hob, hatte er gar nichts zu sagen. Er drehte nur gedankenvoll das Blatt zwischen den Fingern, und dabei wurde das Papier immer kleiner und kleiner, bis plötzlich überhaupt nichts mehr davon zu sehen war.

Der würdige Mann in der Portierloge verfolgte dieses Spiel mit einiger Unruhe, und sein Gewissen begann sich zu regen.

„Ich darf Sie wohl bitten, Sir …“ stammelte er besorgt, aber der vollendete Gentleman zog beschwichtigend zwei Finger aus der Westentasche, und Mr. Brown umklammerte sie schweigend und ehrerbietig.

Dann drückte Alf Duncan den Hut wieder korrekt ins Gesicht, nickte noch einmal leutselig und schritt, ein gefährlicher Konkurrent für jeden Filmhelden, aus der Hall.

Draußen vor dem Portal aber legte er seine guten Manieren ab und ließ einen leisen Fluch hören.

„Zum Teufel: – ,Ich habe …‘ – Was hat sie …?“

Er war auf diesen und jenen Zwischenfall und auf die eine oder die andere Überraschung vorbereitet gewesen, aber die Wendung, die nun eingetreten war, hatte ihn völlig überrumpelt. – Was hatte das zu bedeuten, und was war da zu tun?

Er brannte mißmutig eine Zigarette an und ließ sich die geheimnisvolle Sache angelegentlich durch den Kopf gehen.

Der knochige Mann, der plötzlich überrascht neben ihm halt machte, mußte ihn erst am Arme berühren, bevor er aus seiner tiefen Versunkenheit erwachte.

Duncan blickte sich um und zog dann sehr förmlich den Hut, aber der andere tat viel herzlicher und vertrauter.

„Sieh da“, sagte er und feixte dabei über das ganze kantige Gesicht, „Mr. Alf Duncan … In all seiner Pracht und Herrlichkeit. Einen Augenblick war ich nicht recht sicher, denn ich glaubte, Sie wären in Paris oder sonst irgendwo...


Weinert-Wilton, Louis
Louis Weinert-Wilton ist ein Pseudonym von Alois Weinert (* 11. Mai 1875 in Weseritz/Bedruzice oder Tepl/Teplá; † 5. September 1945 in Prag).
Er war Redakteur, Dramatiker und kaufmännischer Leiter eines Prager Theaters. Zwischen 1929 und 1939 schrieb er elf Kriminalromane, mit denen er seinen Ruf als deutscher Edgar Wallace und Klassiker dieses Genres begründet hat. Seine spannungsreichen Whodunnit-Krimis haben hohe Auflagen erzielt und wurden in den sechziger Jahren verfilmt. Weinert-Wilton starb 1945 in einem tschechischen Konzentrationslager.



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