Weinert | Zwischen Barrikade und Bühne | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 624 Seiten

Weinert Zwischen Barrikade und Bühne

Gedichte 1920 - 1933
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-68912-530-1
Verlag: EDITION digital
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Gedichte 1920 - 1933

E-Book, Deutsch, 624 Seiten

ISBN: 978-3-68912-530-1
Verlag: EDITION digital
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Widerstand in Reimform - Gedichte aus der Zeit des Umbruchs Zwischen Revolution und Repression, zwischen Hoffnung und Unterdrückung - Erich Weinerts Gedichte aus den Jahren 1920 bis 1933 geben einer bewegten Zeit eine Stimme. Mit scharfem Witz, satirischem Biss und kämpferischer Entschlossenheit stellt sich der Dichter den sozialen Verwerfungen der Weimarer Republik entgegen. Seine Verse sind mehr als politische Stellungnahmen - sie sind ein leidenschaftliches Plädoyer für Gerechtigkeit, Solidarität und Menschlichkeit. Dieses E-Book versammelt eine Auswahl von Gedichten, die heute aktueller wirken denn je: als literarische Zeugnisse eines Dichters im Kampf für eine bessere Welt.

Erich Weinert (1890-1953) war ein deutscher Schriftsteller, Satiriker und politischer Lyriker. Geboren in Magdeburg, wurde er früh durch seinen sozialdemokratisch gesinnten Vater geprägt. Nach einer Ausbildung als Zeichenlehrer diente er im Ersten Weltkrieg und wandte sich danach künstlerischen und politischen Themen zu. In den 1920er-Jahren machte er sich mit beißend satirischen Gedichten und Kabaretttexten einen Namen. Er war eng mit der kommunistischen Bewegung verbunden, trat 1929 der KPD bei und schrieb für die Rote Fahne. Seine Zusammenarbeit mit Hanns Eisler und Ernst Busch brachte Lieder hervor, die bis heute bekannt sind, etwa Der heimliche Aufmarsch. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging Weinert ins Exil, zunächst nach Paris, dann in die Sowjetunion. Er schloss sich den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg an und war später in Moskau als antifaschistischer Propagandist tätig. 1943 wurde er Präsident des Nationalkomitees Freies Deutschland. Nach dem Krieg kehrte er schwer erkrankt nach Ost-Berlin zurück und engagierte sich für den kulturellen Wiederaufbau. Neben seinen eigenen Werken veröffentlichte er Übertragungen ukrainischer Dichter wie Schewtschenko und Franko. Er starb 1953 und wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin beigesetzt.
Weinert Zwischen Barrikade und Bühne jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Von allerhand Tieren 1921 Einst hatt' ein Löwe sein Getier versammelt Und hatte lange und ergrimmt Im Gottesgnadenton gestammelt Und schließlich feierlich bestimmt: Man müsse sich zum heilgen Kriege rüsten, Zur Rettung der Nation und Dynastie! Da scholl bewegt aus Untertanenbrüsten Ein Hoch dem Kriege und der Monarchie. Da stiegen alle Esel von Kathedern Und zeigten militärische Allüren. Die Füchse spitzten ihre Gänsefedern Und schrieben Leitartikel und Broschüren. Der Löwe schrieb: 'An meine braven Schafe! Der König ruft! Erwacht aus eurem Schlafe! Verkennt den Ernst der großen Stunde nicht!' Da taten auch die Schafe ihre Pflicht. Sie stürmten wild an ihre Landesgrenzen, Dem Feind die Hörner in das Herz zu bohren. Im Lande blieben die Intelligenzen Als unabkömmliche Kulturfaktoren. Die Esel stiegen wieder aufs Katheder Und sprachen von heroischer Verklärung. Die Schweine handelten mit Fett und Leder Und garantierten so die Volksernährung. Die Geier stürzten sich auf die Tribute Und schufen mit den Wölfen Syndikate. Die Schafe aber zahlten treu dem Staate Mit ihrer Wolle und mit ihrem Blute. Man schreit hurra. Es hagelt nur von Siegen. Rein überschaflich sind der Schafe Kräfte. Die Wälder füllen sich mit Beutezügen, Und alle Welt macht glänzende Geschäfte. Die Wölfe schmücken sich mit hohen Orden, Die Schweine werden schier zum Platzen mollig. Doch nur die Schafe scheinen nicht mehr wollig Und sind erheblich magerer geworden. Das ganze Hammelvolk kam auf den Hund. Die Sache hatte einen tiefren Grund: Das Schweinevolk in höhren Positionen, Das fraß begeistert doppelte Rationen. Doch so was war den Schafen selbst zu bunt. Und eines Nachts ist plötzlich alles stumm, Die satten Bäuche fahren aus dem Schlafe: Die Hammelschaft dreht die Gewehre um Und konstituiert die Republik der Schafe. Da flohn die Heimathelden in die Wälder. Der Löwe selbst verschwand im Siegerkranz. Das Schweinevolk versteckte seine Gelder. Man zitterte vor jedem Lämmerschwanz. Nun fühlten sich, von Etsch bis Belt, Die Schafe über alles in der Welt. Dann gaben sie, als einig Volk von Brüdern, Für jedes Raubtier volle Amnestie. Das kroch sogleich heran, sich anzubiedern, Und predigte von Gleichheitsharmonie. Es wandelte wie Schafe unter Schafen Und huldigte Verfassungsparagrafen. Gefallen waren die sozialen Hürden; Und Wölfe, Esel, Geier, Schweine Bekamen wieder Amt und Würden Und gaben wieder jedem Schaf das Seine. Der Oberhammel sprach zu seinen Heeren: 'Wir brauchen nichts als unsers Leibes Nahrung. Die uns regieren, haben die Erfahrung. Drum lasst euch nur verfassungsmäßig scheren!' Da wurden gleich die Esel wieder keck, Die Schweine wurden wieder fett und fetter, Die Füchse schufen nationale Blätter, Und selbst der Löwe kroch aus dem Versteck. Die Wölfe trugen Orden auf den Lenden, Die Geier schluckten hohe Dividenden. Und eh man sich versehn, war weit und breit Auf einmal wieder gute, alte Zeit. Und auch die Wölfe hatten unterdessen, Wo sie als Staatsanwälte figuriert, So manchen armen Hammel aufgefressen, Der einst für Hammelfreiheit agitiert. Die Schafe lagen bei den Wiederkäuern Und kauten Gras und zahlten ihre Steuern. Und riss zuweilen eine Lammsgeduld, Dann rief das Oberschaf: 'Nur kein Tumult! Ertragen wir mit Würde Gottes Strafe, Denn wir sind auch nicht ohne Schuld.' Das sahen denn die treuen Lämmer ein, Die nichts verstehn und alles gern verzeihn, Und kehrten heim zum großen Dauerschlafe. Es waren eben veritable Schafe! Der rote Feuerwehrmann 1925 Für eine politische Revue Hallo, hier geht es drauf und dran! Wo brennt's im Land? Wo wackelt die Wand? Ich bin der rote Feuerwehrmann! Wir halten stand, den Hydrant in der Hand! Wo ist Alarm? Immer umgeschnallt! Wem ist zu warm? Dem geb' ich kalt! Wo die vaterländische Flamme blakt, Wo die Schupo auf die Proleten drescht, Da wird 'rangehakt, Da wird gelöscht! Wo's quiemt in der deutschen Kaffeemütze Vor lauter Kriegsbegeisterungshitze, Immer 'ran mit der Spritze! Wo sich die Stahlhelmkadetten besaufen Für Kirche und Kapital, Da nehmen wir sie untern kalten Strahl! Da lernen sie laufen! Achtung, wer hier mit dem Feuer spielt, Der wird abgekühlt! Die Fratzen mit den Etappenmonokeln, Die sollen uns nicht die Bude verkokeln! Straße frei! Wir rücken an! Platz für den roten Feuerwehrmann! Bei Tag und Nacht geht's feste 'ran! Mit Herz und Hand! Da wackelt die Wand! So lebt der rote Feuerwehrmann, Mal durchgebrannt und mal abgebrannt! Wer unsre Fahne in Brand gesteckt, Dem schlagen wir die Fassade ein! Wir sind Soldaten ohne Respekt Und wollen es sein! Wir pfeifen auf jede Ordnungsstütze! Und qualmt der Spießer aus jeder Ritze, Immer 'ran mit der Spritze! Wo es mufft nach altem Weihrauchduft, Da machen wir frische Luft! Der Ministerbonze mit Ordensschmuck, Der kriegt eins auf den Zünder! Ein Strahl mit drei Atmosphären Druck! Immer 'runter mit dem Zylinder! Mit Gott für König und Vaterland? Jawohl, mit dem Beil in der Hand! Nur keinen blinden Alarm gezogen! Sonst werden die Fensterscheiben verboten! Straße frei! Wer hat, der kann! Platz für den roten Feuerwehrmann! Mal geht es los, mal fängt es an! Dann kommt der Krach! Da wackelt das Dach! Hallo, der rote Feuerwehrmann! Den ersten Schlag! Immer feste nach! Paläste stürzen, die Straße brennt! Es qualmt und stinkt im Parlament! Wie stehn die Kurse? Die Börse brennt! Letzte Notierung! Die Welt ist kaputt! Bis zum letzten Prozent Alles Dreck und Schutt! Das Zuchthaus brennt, es brennt die Kaserne! Sprengkapseln 'ran! Hier krachen Konzerne! Die Menschenschinder an die Laterne! Wir schlagen die alte Welt in Stücke! Und wenn die letzte Zwingburg fällt, Dann rauf auf die Trümmer, und 'ran mit der Picke! Dann bauen wir uns eine neue Welt! Straße frei! Wer fängt hier an? Platz für den roten Feuerwehrmann! Es spukt am Brandenburger Tor 1926 1914 Tatütata! Was rasselt daher? Die Wache raus! Die Wache spritzt! Achtung! Präsentiert das Gewehr! Tatütata! Vorbeigeflitzt! Es gespenstert Unter den Linden. Gerüchte aus allen Winden! Kasernenalarm! Depeschen aus Wien! Tatütata! Majestät in Berlin! Man spitzt das Ohr. Was geht hier vor? Es spukt am Brandenburger Tor! 1918 Straße frei! Was knattert daher? Matrosen stellen sie an die Wand. Von oben spritzt das Maschinengewehr. Der Kaiser, der Kaiser ist durchgebrannt! Und hinter zerlumpten Muschkoten Gespenstert das Heer der Toten. Hurra, die rote Fahne weht! Schützenfeuer! Zu spät! Zu spät! Schon rückt es vor, Das Gardekorps! Es spukt am Brandenburger Tor! 1920 Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Was rattert heran im Morgenrot? Generalattacke! Die Nacht verrinnt! Laden und Sichern! Der Lüttwitz* droht! Es geht ein heimliches Wehen Durch alle Siegesalleen. Die kaiserlichen Banditen ziehn. Haubitzen donnern über Berlin. Zu Befehl, Herr Major! Was geht hier vor? Es spukt am Brandenburger Tor! 1925 Die Fahnen raus! Was tutet daher? Achtung! Der neue Herr Reichspräsident! Da spaliert das deutsche Altweiberheer Und die Knüppelgarde der fünfzig Prozent. Der Marschall schwenkt den Zylinder. Da blöken Greise und Kinder. Ganz ferne klingt es wie Trommelschall, Wie Schwertgeklirr und Wogenprall. Man brüllt im Chor. Was geht hier vor? Es spukt am Brandenburger Tor! 19-? Tatütata! Was rasselt daher? Die Wache raus! Die Wache spritzt! Achtung! Präsentiert das Gewehr! Tatütata! Vorbeigeflitzt! Es gespenstert Unter den Linden. Die Staatssymbole verschwinden. Tatütata! Was rasselt daher? - Wer war denn das? - War das nicht ER? Was geht hier vor? Es geht was vor! Es spukt am Brandenburger Tor! * Lüttwitz - am Kapp-Putsch beteiligter General der republikanischen Reichswehr.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.