E-Book, Deutsch, Band 3, 470 Seiten
Reihe: Der 13. Paladin
Weitze Die Eherne Stadt
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98896-003-0
Verlag: Torsten Weitze
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der 13. Paladin - Band 3
E-Book, Deutsch, Band 3, 470 Seiten
Reihe: Der 13. Paladin
ISBN: 978-3-98896-003-0
Verlag: Torsten Weitze
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Torsten Weitze wurde in Krefeld geboren, wo er noch heute zusammen mit seiner Frau wohnt. Nach langer Erfahrung als Leiter einer Pen & Paper-Gruppe begann er, sich selbst ganze Welten auszudenken und sie, nun als Autor, zu Papier zu bringen. Nach dem Erfolg seiner High-Fantasy-Debutreihe 'Der 13. Paladin'folgt, neben der Fortführung der 'Nebula Convicto'-Reihe, sein nächstes großes Projekt: Die Romane über die Streitenden Götter, deren Auftakt die 'Sturmfels-Akademie' darstellt. Entspannung sucht Torsten Weitze im Praktizieren des Jiu-Jitsu und in der Handhabung traditioneller japanischer Waffen wie dem Katana oder dem Bo.
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2. Kapitel
Die Schneefront war zur Erleichterung aller weitergezogen und hatte einem milden Spätwinterhimmel Platz gemacht, der alles in ein weiches, beinahe verträumtes Licht tauchte, das warm vom umliegenden Schnee reflektiert wurde. Als Ahren und Khara das Dorf verlassen wollten, um den neuen Übungsparcours auszuprobieren, kam ihnen Likis entgegen, der gerade aus dem Kaufmannsladen trat und auf dem Nachhauseweg war.
»Wohin wollt ihr?«, fragte er neugierig und beäugte den martialischen Ornat der beiden kritisch. »Gibt es etwa Ärger?«
Ahren schüttelte den Kopf. »Nein, wir wollen nur trainieren. Falk hat uns eine neue Hindernisstrecke erstellt, die wir ausprobieren wollen.«
»Ui, das klingt spannend. Darf ich mitkommen? Heute ist nicht viel los und ein wenig Bewegung schadet mir sicher nicht.« Dabei schaute Likis vor allem Khara an, die ihm aufmunternd zulächelte.
»Klar, wenn du dir das zutraust«, sagte Ahren warnend. »Falks Übungsläufe werden ebenso wie er immer bärbeißiger.«
»Ich werde es ihm mitteilen«, sagte Likis neckend, und die Freunde machten sich lachend auf den Weg in den Wald.
Schmollend stapfte Ahren vor seinen beiden schwatzenden Begleitern, die ihn weitgehend ignorierten, durch den Schnee des Ostwaldes, während er den Beginn von Falks neuestem Hindernislauf suchte. Der alte Waldläufer knotete für gewöhnlich einen gelben Stofffetzen an den Wipfel des höchsten Baumes in der Nähe des Startpunktes. Nach einem einstündigen Fußmarsch Richtung Nordwesten erklomm er einen Baum, um einen Blick auf die schneebedeckten Spitzen des Waldes zu erhaschen, und entdeckte den gelben Stofffetzen an einer hohen Blautanne zu seiner Rechten. Er kletterte wieder hinab und atmete voller Genugtuung ein. Jetzt musste die Markierung jeden Moment auch vom Boden aus zu sehen sein und dann konnte er endlich mit seinem Training beginnen. Er ignorierte das fröhliche Gespräch hinter ihm, so gut es ihm möglich war, aber als Likis laut auflachte, drehte sich Ahren zu seinem besten Freund um.
Die kleine quirlige Gestalt mit den blauen Augen und den schwarzen Haaren schüttete sich gerade über irgendeinen Kommentar aus, den Khara von sich gegeben hatte. Ahren hatte nicht zugehört, war sich aber sicher, dass ihre Worte kaum einen derartigen Heiterkeitsausbruch rechtfertigten. Khara lächelte geschmeichelt und der Lehrling unterdrückte ein Augenrollen.
Eigentlich hatte er mit dem Kaufmannsohn über ihre bevorstehende Reise sprechen wollen, aber er war den gesamten Weg über nicht zu Wort gekommen. Khara sprach die Nordsprache mittlerweile fließend, wenn auch mit einem seltsamen Singsang in der Stimme, der ihren Worten einen melodischen Klang verlieh und nicht weiter störte. Ganz im Gegenteil empfanden ihn Ahren und Likis offenbar beide gleich anziehend.
Khara kostete ihre neugewonnenen Sprachkenntnisse weidlich aus, und Ahren blieb nur die Rolle des Zuhörers, während sie sich mit Likis in einer lebhaften Unterhaltung befand, die sich ausgerechnet um Ahrens schlimmste Patzer aus seinen Kindertagen drehte.
Der Waldläufer starrte seinen Freund missbilligend und stumm an, der den finsteren Blick jedoch gar nicht bemerkte. Schließlich gab der junge Kaufmann seinen übertriebenen Lachanfall auf und warf Khara einen verschmitzten Blick zu.
»Habe ich dir eigentlich schon davon erzählt, wie Ahren an einem einzigen Tag seine Angel, seinen Fang und seine Köder samt Korb verlor? Und das im Schlaf?«, raunte er verschwörerisch.
Khara schüttelte den Kopf und hing an den Lippen des schmächtigen Jungen, während er in wilden Ausschmückungen von einem seiner größten Missgeschicke berichtete.
Kurz überlegte Ahren sich, seinen Freund darin zu korrigieren, dass er seine Angel damals gar nicht verloren hatte, ließ es dann aber auf sich beruhen. Mit Worten gegen Likis anzutreten, war, als wollte man den Wind mit einem Netz einfangen. Böse konnte er dem quirligen jungen Mann ohnehin nicht sein. Vielmehr wunderte es ihn, wie liebreizend Khara wirken konnte, wo Ahren sie bisher meist nur von ihrer ohrfeigenverteilenden, knochenaufreibenden und unbarmherzigen Seite, die alles kritisierte, was der Lehrling tat, kennengelernt hatte. Er konnte also nachvollziehen, dass dieser exotische Gast Tiefsteins einen bleibenden Eindruck auf Likis machte. Und als Ahren sich daran erinnerte, wie er sich auf einem Herbstfest vor wenigen Jahren gegenüber Svens Schwester zum Affen gemacht hatte, beschloss er, seinen Freund gewähren zu lassen und ihn lieber in den folgenden Jahrzehnten damit aufzuziehen, wie dieser sich an diesem Tag gegenüber Khara verhalten hatte. Lächelnd drehte Ahren sich um und ging weiter, die scherzenden Turteltauben im Schlepptau.
Endlich fand er, wonach er suchte, und deutete auf eine hohe Tanne, in deren Wipfel ein kleiner gelber Fleck zu sehen war. »Wir sind da. Seid ihr sicher, dass ihr mitmachen wollt? Sonst könnt ihr auch hierbleiben und weiterplaudern.« Innerlich verfluchte Ahren sich dafür, dass er diese Spitze nicht hatte zurückhalten können, aber die beiden schienen sich nicht daran zu stören.
»Natürlich laufen wir mit«, sagte Likis entschlossen. »Ich werde die Ziele auslassen, da ich nicht mit einer Waffe umgehen kann, aber den Hindernislauf kann ich bestimmt meistern.«
Ahren erinnerte sich daran, dass sein wieselflinker Freund schon früher sehr wendig gewesen war, und warf ihm einen herausfordernden Blick zu. Dann schaute er zu Khara hinüber, während er zum Stamm des Baumes ging. Dort hatte Falk ein kleines Zeichen eingeritzt, gerade tief genug, dass man es erkennen konnte, wenn man danach Ausschau hielt, aber flach genug, damit es den Baum nicht schädigte.
»Hier ist der Anfang. Wir müssen immer den Zeichen folgen und zwar in einer geraden Linie. Die Hindernisse zu umlaufen gilt nicht. Khara, dort, wo du rote Punkte auf den Bäumen siehst, befinden sich die Übungsziele, die wir treffen sollen.« Dabei deutete er auf einen Baum in knapp fünfzig Schritt Entfernung, der eine rote Markierung an einem der untersten Äste aufwies.
Das Mädchen folgte seiner Hand mit den Augen, und die Heiterkeit schwand aus ihrem Gesicht, um einer gelassenen Konzentration Platz zu machen, die sie immer ausstrahlte, sobald sie ihre Windklinge zog. Mit einem schabenden Geräusch glitt die Waffe aus ihrer Hülle hervor, die die Schwertkämpferin in ihrem Nacken festgebunden hatte, dann nickte sie einmal ernst in Ahrens Richtung.
Der nahm seinen Bogen von der Schulter und deutete abermals in den Wald.
»Seht ihr die nächste Markierung?«, fragte er konzentriert. Die fast zeremonielle Haltung Kharas spornte seinen Ehrgeiz an, und er war begierig drauf, sich mit ihr zu messen.
»Ich denke schon«, erwiderte Likis eingeschüchtert. Der plötzliche Stimmungsumschwung und die gezogenen Waffen machten ihn offenkundig nervös, aber er zeigte auf die breite Eiche mit dem roten Punkt, die schwer gebeugt unter der Last des Schnees dastand.
»Du hast gute Augen«, sagte Ahren aufmunternd und zwinkerte Likis zu. »Versuch einfach mitzuhalten und gerate nicht zwischen Kharas Schwert und ihr Ziel.«
Der Kaufmannssohn lachte auf, brach dann aber nervös ab, als er in die angespannten Augen des Mädchens blickte und erkannte, dass Ahrens Warnung ernst gemeint war. Likis nickte unsicher, und schon liefen die beiden anderen los, so dass er fluchend hinter ihnen her sprintete.
Auch wenn er sich die Luft eigentlich hätte einteilen müssen, konnte Ahren nicht anders, als fröhlich aufzulachen. Falk hatte sich mit der Wahl des Parcours selbst übertroffen. Die Strecke führte sie über umgestürzte Bäume hinweg und unter schneebedeckten Zweigen hindurch, die einen bei der geringsten Berührung mit ihrer kalten Fracht abstraften. Durch dornige Büsche und sogar über einen zugefrorenen Tümpel leiteten sie die Zeichen des alten Waldläufers und stellten ihre Fähigkeit im Hindernislauf dabei auf die Probe. Das allein war schon fordernd genug, aber bei all seinen Manövern hatte Ahren den Bogen in der Hand und einen Pfeil für das nächste Ziel, das es zu treffen galt, aufgelegt. Auch hier hatte sein Meister ein hervorragendes Gespür bewiesen. Es gab Ziele, bei denen Khara sich förmlich in die Höhe schrauben oder von einem Baumstamm abspringen musste, um sie treffen zu können. Diese waren für Ahren schnell erspäht und ebenso schnell getroffen und dann zog er an dem flinken Mädchen vorbei. Dann waren da jedoch die Markierungen, die versteckt auf Bodenhöhe oder hinter einem Hindernis verborgen lagen. Hier musste Ahren Zeit aufwenden, um langsamer zu werden und den Bogen im letzten Moment herumzureißen, während Khara im Vorbeirasen fließend ihre Klinge über sie hinweg zog und eine feine Kerbe hinterließ. Dadurch waren sie einem ständigen Wechsel im Tempo unterworfen, und Falk hatte meisterhaft dafür gesorgt, dass sie sich in ihrem Überschwang nicht gegenseitig treffen konnten, weil jeder von ihnen stets ein anderes Ziel anvisierte.
Alles in allem war es einfach großartig, durch den winterlichen Wald zu laufen und von der Schwertkämpferin neben ihm angespornt zu werden, die mal dicht vor, mal dicht hinter ihm lief und ihn dazu zwang, das Äußerste aus sich herauszuholen.
Ahren vernahm ein lautes Heulen in seinem Kopf, als Culhen aus seinem Verdauungsschlaf erwachte, seine Lebensfreude spürte und sie auf seine Weise erwiderte. Kurze Zeit später lief der Wolf mit wehender Zunge im offenen Maul neben ihm her. Ahren schien das Herz vor Freude in der Brust zu zerspringen. Die klare Waldluft in seinen Lungen, der treue Freund an seiner Seite und in seinem Kopf, und das Rauschen der Blätter, zwischen denen er...




