E-Book, Deutsch, Band 4, 450 Seiten
Reihe: Der 13. Paladin
Weitze Die Schlafende Mutter
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98896-004-7
Verlag: Torsten Weitze
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Der 13.Paladin - Band 4
E-Book, Deutsch, Band 4, 450 Seiten
Reihe: Der 13. Paladin
ISBN: 978-3-98896-004-7
Verlag: Torsten Weitze
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Torsten Weitze wurde in Krefeld geboren, wo er noch heute zusammen mit seiner Frau wohnt. Nach langer Erfahrung als Leiter einer Pen & Paper-Gruppe begann er, sich selbst ganze Welten auszudenken und sie, nun als Autor, zu Papier zu bringen. Nach dem Erfolg seiner High-Fantasy-Debutreihe 'Der 13. Paladin'folgt, neben der Fortführung der 'Nebula Convicto'-Reihe, sein nächstes großes Projekt: Die Romane über die Streitenden Götter, deren Auftakt die 'Sturmfels-Akademie' darstellt. Entspannung sucht Torsten Weitze im Praktizieren des Jiu-Jitsu und in der Handhabung traditioneller japanischer Waffen wie dem Katana oder dem Bo.
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1. Kapitel
Ahren keuchte vor Anstrengung und wischte sich den Schweiß mit einer hastigen Bewegung aus den Augen, darauf gefasst, dass sein unerbittlicher Gegner diesen kleinen Moment der Unachtsamkeit ausnutzen könnte. Und tatsächlich musste er sich im nächsten Augenblick unter einem schnellen Angriff seines Gegenübers hinwegducken und einen zweiten mit seiner Windklinge parieren, wobei er jedoch rückwärts taumelte und kostbaren Boden verlor. Nun trennten ihn nur noch zwei Schritte vom Rand des Hausdaches, auf dem er so erbittert um einen Sieg rang.
Culhen lag lauernd am anderen Ende des Daches und spähte die Deckung der Gestalt auf Schwachstellen aus, um seinem Freund einen Vorteil zu verschaffen, aber der angehende Waldläufer war zu sehr auf den Kampf fixiert, um in diesem Moment durch die Augen des Wolfes sehen zu können.
Ahren, die linke Seite!, rief Culhen ihm zu, aber da war der Augenblick schon wieder vorbei und der seitwärts geführte Hieb des Paladins wurde mühelos pariert, da sein Gegner die Deckung längst wieder geschlossen hatte und nun erneut zum Angriff überging.
Ahren fluchte lauthals, als ihn eine Serie von Schlägen und Hieben abermals in die Defensive zwang und er immer weiter zurückweichen musste. Er hatte kaum noch einen Fuß breit Platz, bevor er vom Dach stürzen würde, und jeder Versuch, zur Seite auszubrechen, wurde ihm von seinem Angreifer verwehrt. Er musste einen Ausweg finden, und zwar schnell!
Der Lehrling verlagerte seine Anstrengungen gänzlich auf seine Abwehr und öffnete seinen Geist für einen Moment den Bildern, die ihm Culhen durch ihre Verbindung zu übermitteln versuchte. Einen gefährlichen Moment lang schwindelte ihm, etwas, das immer geschah, wenn er versuchte, komplexe Handlungen auszuführen und gleichzeitig durch die Augen des Wolfes zu sehen. Nur mit größter Not gelang es ihm, den herbeizischenden Schlag auf seinen Kopf abzuwehren, während Culhens Gedanken ihm ihren Zweikampf aus Sicht des Wolfes zeigten. Ahren sah eine kaum merkliche Fehlhaltung in der rechten Ferse seines Gegenübers und setzte alles auf eine Karte. Er ließ sich auf ein Knie fallen und stieß seine linke Schulter gegen die rechte Hüfte seines Gegners, während er gleichzeitig seine Windklinge mit der Rechten in einem tiefen Bogen gegen dessen linkes Knie führte. Sein Schulterstoß durchbrach das Gleichgewicht seines Angreifers, da dessen unsauberer Stand dem Manöver des jungen Paladins nichts entgegenzusetzen vermochte. Freudig grinsend stoppte er seine Klinge keinen Daumenbreit vor Kharas Knie.
»Hab ich dich«, rief er triumphierend und blickte zu der jungen Frau hinauf, die ihn grimmig lächelnd musterte. Ihre Wisperklinge stand senkrecht und stoßbereit auf seiner Brust und ihr herausfordernder Blick sprach Bände.
»Ich verliere ein Bein. Du dagegen verlierst dein Leben«, sagte sie überlegen.
Ahren rappelte sich auf und zuckte die Achseln. »Das mag sein, aber es ist zumindest ein Unentschieden. Wenn ich dir das Bein abgetrennt hätte, wärst du sofort verblutet.« Der Lehrling war in diesem Moment unsagbar stolz auf sich und das würde er sich nicht verderben lassen. Es war erst das zweite Mal, dass ihm ein Patt gegen Khara gelungen war.
Khara kniff kritisch die Augen zusammen, während sie ihre beiden Schwerter wegsteckte. »Da hast du recht. Aber dafür, dass du geschummelt hast, ist das trotzdem kein gutes Ergebnis.« Sie deutete auf Culhen, der im Schatten des neben ihnen aufragenden Nachbarhauses lag und dort unschuldig seine Vorderpfote schleckte. »Man merkt es dir immer noch an, sobald du in seinem Kopf herumspukst. Deine Bewegungen werden langsamer und deine Reaktionen gleichen denen eines betrunkenen Affen.«
Ahren bemühte sich darum, ruhig zu bleiben. Die Schwertkämpferin zeichnete sich nicht nur durch einen hervorragenden Kampfstil und einen eisernen Willen aus, sondern auch durch die Tatsache, jede von Ahrens Schwächen auf möglichst bildhafte und meist beleidigende Weise hervorzuheben. Er hatte sich daran gewöhnt und schrieb diese Eigenheiten ihrer Ausbildung in einer der Kampfarenen des Ewigen Reiches zu. Also atmete er tief durch und schluckte die Erwiderung herunter, die ihm auf der Zunge lag. »Mit Culhen zu reden oder durch seine Augen zu sehen, ist kein Schummeln«, sagte er in überzeugtem Tonfall. Khara wollte darauf etwas erwidern, aber Ahren hob widersprechend einen Finger, während er fortfuhr. »Du kämpfst mit Wind- und Wisperklinge, also mit zwei Waffen.« Er deutete auf sein eigenes Schwert und auf Culhen. »Ich tue das auch.«
Khara öffnete erneut den Mund, schloss ihn aber nach einem kurzen Zögern wieder. Schließlich quittierte sie den erwartungsvollen Blick Ahrens mit einem schroffen Nicken. »Komm, das war ein langes Training. Lass uns die Zwölf Grüße an die Sonne durchlaufen.«
Ahren nickte beflissen und verbiss sich ein selbstzufriedenes Grinsen – zumindest bis sie beide in der Mitte des Flachdaches mit den meditativen Dehnungsübungen begannen und Khara ihn nicht mehr argwöhnisch beobachtete.
Ahren spazierte nachdenklich durch die Gassen der Ehernen Stadt und grüßte freundlich jene Passanten, die ihn erkannten und sich daher respektvoll vor ihm verbeugten. Nach der Rettung der Stadt vor den Dunkelwesen hatte ihn das Triumvirat, die drei herrschenden Vertreter der Ehernen Stadt, als den dreizehnten Paladin präsentiert – und seitdem war es um seine Anonymität geschehen. Was anfangs befremdlich und dann schmeichelhaft war, begann nun lästig zu werden, denn er konnte keine zwanzig Schritte gehen ohne aufzufallen. Culhen hingegen flanierte mit erhobenem Haupt und wogendem Schwanz neben ihm her, und seine Eitelkeit brannte wie ein Leuchtfeuer in Ahrens Gedanken. Das riesige Tier genoss jeden Moment der Aufmerksamkeit, die er als Ahrens Seelentier erhielt, und es schien, als würde Culhen nie genug davon bekommen, bewundert zu werden. Zumal sich herumgesprochen hatte, dass man ihn sogar streicheln oder herzen konnte, wenn man das gefräßige Tier nur mit ausreichend Leckerbissen in Form von Fleischbrocken bestach. Also bekam der Wolf momentan ständig etwas zu essen, und Ahren konnte ihm diese Zuwendungen kaum vorenthalten, ohne als missgünstiger Bösewicht dazustehen. Er hatte dies einmal versucht, aber Culhens herzzerreißendes Gewinsel hatte dem Lehrling daraufhin derart finstere Blicke eingebracht, dass dem jungen Mann schnell klargeworden war, dass er in einem Popularitätswettbewerb gegen den manipulativen Wolf schnell den Kürzeren ziehen würde. Das Bild von einem wütenden Mob, der ihn aus der Stadt jagte, während Culhen auf einem Seidenkissen auf dem Stadttor thronte und ihm herablassend hinterherschaute, hatte den jungen Paladin dazu bewogen, seine Taktik zu ändern. Er durchlief nun jeden Tag zusammen mit dem Tier ein rigoroses Trainingsprogramm, an dem der Wolf aktiv teilzunehmen hatte.
Zu Ahrens Verwunderung und Freude traten dabei nach und nach zwei Merkmale hervor, die Culhens schlechte Eigenheiten mehr als ausglichen. Sein vierpfotiger Freund entwickelte einen starken Ehrgeiz und ein Durchhaltevermögen, das selbst Ahren die Schamesröte ins Gesicht trieb. Sie liefen Runde um Runde um die Stadtmauer, Culhen apportierte seine Pfeile, während Ahren Zielschießen übte, und selbst beim Hindernislauf über die Dächer der Stadt war der Wolf stets an seiner Seite und trieb den Jungen und sich selbst immer wieder derart an, dass es Falk, Ahrens brummigem Meister, eine wahre Freude war.
Culhen reagierte auf Ahrens Gedanken und stupste ihn mit seinem massigen Kopf an. Sollen wir weitermachen? Die Pause war doch jetzt wirklich lang genug, drängelte er, und Ahren unterdrückte ein Stöhnen.
»Wir sind auf dem Weg zu Vandir, oder hast du das vergessen?«, sagte Ahren laut und würgte damit jegliche Diskussion ab, denn Culhen mochte den freundlichen, offenen Schmied sehr, der ihnen damals, ohne es zu wissen, den Weg zu Bergen Olgitram geebnet hatte.
Sie wanderten schweigend durch die Eherne Stadt und betraten das Schmiedeviertel, das je nach Wetterlage mal mehr, mal weniger stark von Rauchwolken eingehüllt war. Heute war ein sonniger Spätsommertag, der eine milde Brise zwischen den Häusern hindurchtrieb und dankenswerterweise die dunklen Rauchwolken zerstob, die von den zahllosen Essen der Schmiede aufstiegen. Überall in den Gassen zwischen den Langhäusern, die diesen Teil der Stadt dominierten, erklang das Hämmern von Eisen auf Eisen, das Feilschen der Händler und das Lachen der spielenden Kinder, die noch zu jung waren, um den Erwachsenen zur Hand zu gehen. Ahren musste unweigerlich grinsen, als er die Geschäftigkeit und Lebensfreude ringsum erblickte. Zu deutlich standen ihm noch die Trostlosigkeit und die ausgemergelten Gesichter vor Augen, die damals die Eherne Stadt beherrscht hatten, bevor die Belagerung aufgehoben worden war, und die Verwandlung der Stadt und seiner Bewohner war herrlich anzusehen.
Das ist auch dein Werk. Sei stolz darauf, erklang die selbstverliebte Stimme Culhens, der bereits wieder von einigen Kindern gestreichelt und gefüttert wurde.
Ahren musste seinem Freund recht geben und gönnte sich einige Momente der Zufriedenheit, während er vorwärtsschritt. In den letzten Wochen war die Eherne Stadt neu erblüht, und jeder zweite Passant auf den Straßen schien ein Händler von außerhalb zu sein, der Waren aus den Schmieden erstehen wollte.
Die beiden Gefährten bogen um die Ecke eines Langhauses und Vandirs Esse kam in Sicht. Der hochgewachsene, blonde Eisländer war in seine Arbeit vertieft, bei der er seinen schweren Hammer rhythmisch auf einen Stahlrohling niedergehen ließ.
»Ho, Vandir. Was wird aus dem armen Klumpen, wenn...




