Welker / de Lange / Beintker | Europa reformata | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 504 Seiten, Paperback, Format (B × H): 150 mm x 210 mm

Welker / de Lange / Beintker Europa reformata

Reformationsstädte Europas und ihre Reformatoren
2. korrigierte Auflage 2017
ISBN: 978-3-374-04610-2
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Reformationsstädte Europas und ihre Reformatoren

E-Book, Deutsch, 504 Seiten, Paperback, Format (B × H): 150 mm x 210 mm

ISBN: 978-3-374-04610-2
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der prächtige und doch handliche Band zeichnet die reformatorischen Profile von etwa vierzig europäischen Städten nach. Die Leser werden von Spanien über Zentraleuropa bis Estland und Finnland geführt, von Schottland und England bis nach Rumänien. Profilierte Texte und reiches Bildmaterial veranschaulichen das Wirken der berühmtesten Reformatoren – sowie der fünf Reformatorinnen – und stellen die Städte mit ihren Bauten und Zeugnissen aus der Reformationszeit vor Augen. Ergänzt durch eine bebilderte Europakarte und die Angabe von kirchlichen Adressen und Tourismusbüros, eignet sich der Band auch als Reiseführer auf den Spuren der Reformation in Europa. An diesem fast perfekten Geschenk zum 500. Reformationsjubiläum sollte niemand achtlos vorübergehen.

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Besucht man das heutige Antwerpen mit seinen zahlreichen Kirchen, entsteht schnell der Eindruck, die Stadt sei schon immer eine Hochburg der katholischen Kirche gewesen. Und tatsächlich: Am Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts entwickelte sich Antwerpen zu einem Bollwerk der Gegenreformation. Die prachtvollen barocken Kirchen und Klöster, die zu dieser Zeit gebaut wurden, prägen noch heute das Bild der Stadt, sie verdecken jedoch, dass Antwerpen einst das Zentrum des Protestantismus in den Niederlanden war. Eine kosmopolitische Metropole Es war kein Zufall, dass Antwerpen als erste Stadt der damaligen Niederlande von der breiten evangelischen, bzw. der mehr lutherisch geprägten Reformbewegung erfasst wurde: In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stieg Antwerpen als große Handelsmetropole für den Westen auf. Händler aus Spanien, Portugal, dem Deutschen Reich, England und anderen Teilen Europas kamen hier zusammen. Die Ausweitung des Handels förderte bestehende Wirtschaftszweige und zog zudem neue an. Die Bevölkerungszahlen explodierten von 40.000 am Ende des 15. Jahrhunderts auf 100.000 in den 1560er Jahren. Der wirtschaftliche Aufschwung prägte das kulturelle Leben Antwerpens maßgeblich und dank des verfügbaren Kapitals, der Vertriebswege, gut ausgebildeter Arbeitskräfte und einer breiten Leserschaft entwickelte sich die Stadt zu einem internationalen Zentrum der Druckerei und des Buchhandels. Das gut organisierte Schulsystem trug zudem zur kulturellen Emanzipation der städtischen Mittelschicht bei. Obwohl keine Zahlen zum Alphabetisierungsgrad im Antwerpen des 16. Jahrhunderts vorliegen, deutet alles darauf hin, dass mindestens 50 Prozent der Bevölkerung über Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben verfügten. Die Mitglieder der drei Redekammern – Dichtergilden, die auch als Laienschauspielgruppen auftraten – thematisierten in ihren volksnahen Gedichten und Theaterstücken aktuelle soziale und religiöse Probleme. Frühe Unterstützung für Luthers Reform Als kosmopolitisches Handelszentrum mit einem pulsierenden kulturellen Leben stand Antwerpen neuen religiösen und kulturellen Einflüssen offen gegenüber. Deutsche Händler brachten die Ideen Martin Luthers schon sehr früh nach Antwerpen und einige Druckereien zögerten nicht lange und veröffentlichten die Werke des Wittenberger Reformators. Die größte Unterstützung erhielt Luther jedoch aus dem Augustinerkloster in Antwerpen. Das Kloster war 1513 gegründet worden und gehörte der Reformkongregation der Augustiner-Eremiten in Deutschland an, der auch Luthers Kloster in Wittenberg angeschlossen war. Mehrere Mönche aus Antwerpen hatten an der Universität Wittenberg studiert. Jakob Propst (1486?–1562), der von 1518 bis 1522 Prior des Klosters in Antwerpen war und Luthers Theologie von der Kanzel aus unterstützte, war sogar ein enger Freund Luthers. In einem Brief an Luther schrieb Erasmus von Rotterdam über ihn, er sei „ein wahrer Christ, der dich von Herzen liebt. Er war einst dein Schüler […]. Er predigt beinah als Einziger Christus, die übrigen predigen Menschenfabeln oder suchen ihren Gewinn“. Propsts Predigten fielen in Antwerpen zwar auf fruchtbaren Boden, allerdings starteten die alarmierten kirchlichen Autoritäten und die Zentralregierung eine Offensive gegen die lutherischen Einflüsse in der Stadt. Propst wurde zur Befragung durch einen Inquisitor einbestellt und musste seinen „Verfehlungen“ am 9. Februar 1522 in der Brüsseler Hauptkirche abschwören. Die Pfarrkirche St. Andreas. Das Kirchengebäude war zu Beginn des 16. Jahrhunderts Teil des Augustinerklosters Der Aufstieg von Täufertum und Calvinismus Mit der Auflösung des Augustinerklosters hatte die lutherische Reformbewegung ihre zentrale Führung verloren, und dezentrale Kräfte gewannen an Einfluss. Die lutherische Minderheit stand jedoch auch weiterhin in engem Kontakt mit Wittenberg. Einige Mitglieder kamen in kleinen privaten Gruppen zusammen, um gemeinsam in der Bibel oder in Luthers Postille (Predigtsammlung) zu lesen, andere wanderten in deutsche Städte aus, wo sie ihren Glauben offen leben konnten. Ab Mitte der 1520er Jahre gab in Antwerpen genauso wie in den restlichen Niederlanden jedoch eine breite eklektische evangelische Bewegung den Ton an. Bei geheimen Zusammenkünften wurden neue Ideen diskutiert, die von protestantischen Reformatoren verschiedener Richtungen stammten. Einige Teilnehmer dieser Zusammenkünfte hatten vollständig mit dem Katholizismus gebrochen, andere hielten hingegen immer noch den Kontakt zur alten Kirche. Antwerpen. Kolorierter Stadtplan aus: Georg Braun/?Franz Hogenberg, „Civitates Orbis Terrarum“, Bd. 5, Köln 1599 Mitte links: die Liebfrauenkirche (Nr. 1); Mitte rechts: die St. Andreaskirche (Nr. 3) Bildersturm in der Liebfrauenkirche in Antwerpen am 20. August 1566. Kupferstich von Franz Hogenberg Die calvinistische Kirche hingegen war bestens gegen die ihr feindlich gesonnenen Autoritäten gewappnet, ebenso wie für den Konkurrenzkampf mit anderen Religionsgemeinschaften. 1554 wurde in Antwerpen eine wallonische (d. h. französischsprachige) Kirche gegründet, ein Jahr später folgte die Gründung einer niederländischsprachigen Gemeinde. Beide Kirchen waren von Anfang an straff organisiert. Sie verfügten über ein breites, dezentrales Netzwerk aus Kirchenältesten, Diakonen und „Boten“ (Personen, die die Mitglieder informierten, wann und wo die geheimen Gottesdienste stattfanden), das die Schnittstelle zwischen den eigentlichen Führern der Gemeinschaft und den Glaubensbrüdern bildete. Zudem war die calvinistische Kirche in Antwerpen in ein europäisches Netzwerk eingebunden und Flüchtlingskirchen entsendeten Prediger nach Antwerpen. In schlechten Zeiten sammelten Calvinisten in London, Köln, Emden und andernorts für ihre Antwerpener Glaubensbrüder. Diese Solidarität war für die Antwerpener Untergrundgemeinden von enormer Bedeutung. Selbstverständlich erleichterten die Handelskanäle und -netzwerke der Metropole diese Kontakte und die Mobilität entscheidend. Ausweitung des Protestantismus im Wunderjahr 1566/?67 In den 1560er Jahren bildete sich eine immer stärker werdende Opposition gegen die unbarmherzige Verfolgung der Häretiker durch Philipp II., den Sohn und Nachfolger Karls V. Zu dieser Zeit zeigte sich die calvinistische Kirche entschieden militant und hielt sich bereit, auf die politischen Entwicklungen zu reagieren. Insbesondere das Wunderjahr oder annus mirabilis – der Zeitraum von April 1566 bis April 1567 – bot vielfältige Möglichkeiten für politische und religiöse Veränderungen. Im April 1566 nämlich legte eine Gruppe Adeliger der damaligen Statthalterin Margarethe von Parma eine Petition vor, in der die Abschaffung der Inquisition und die Aussetzung der Edikte gegen die Ketzerei gefordert wurden. Dieser Vorstoß stärkte das Selbstbewusstsein der Calvinisten. Viele Glaubensflüchtlinge kehrten nach Antwerpen zurück und im Juni 1566 wurde auf einer hier abgehaltenen Synode der calvinistischen Kirchen beschlossen, sich nicht mehr länger zu verstecken. Gottesdienste, die außerhalb der Stadtmauern Antwerpens organisiert wurden, zogen Tausende Zuhörer an. Allerdings wollten die calvinistischen Führer ihre Religion auch innerhalb der Stadt ausüben. In diesem Zusammenhang erwies sich der Bildersturm, der die damaligen Niederlande im August 1566 erfasste, als sehr hilfreich. Am 20. August begann er in Antwerpen: Vergleichsweise kleine Gruppen Aufständischer zerstörten unter calvinistischer Führung Bilder in der Liebfrauenkirche – der wichtigsten Pfarrkirche in Antwerpen – und anderen Kirchen, Klöstern und Kapellen. Der Bildersturm war nicht nur religiös motiviert, sondern zielte auch auf die Verbesserung der Rechte der Calvinisten in der Stadt ab. Der letzte Höhepunkt des Protestantismus: die calvinistische Republik Seit dem Wunderjahr hing die Zukunft der protestantischen Gemeinden in Antwerpen eng mit dem Verlauf des niederländischen Aufstandes zusammen. Nach der Pazifikation von Gent am 8. November 1576, bei der die Edikte gegen die Ketzerei außer Kraft gesetzt wurden, verbesserte sich die Lage der Protestanten erheblich. Nachdem die durch Herzog von Alba erbaute Zitadelle von Antwerpen von der spanischen Besatzung befreit worden war, folgten die Stadtväter Antwerpens immer mehr der politischen Linie Wilhelm von Oraniens und der aufständischen Generalstaaten. Die Calvinisten, die loyalsten Unterstützer des Aufstandes, bemächtigten sich nach und nach aller Ebenen der Antwerpener Stadtregierung. Im August 1578 proklamierten die Stadtväter den „Religionsfried“ (Religionsfrieden), der Calvinisten und Lutheranern bestimmte Gottesdiensträume zusprach. Von da an verzeichneten die calvinistischen und lutherischen Kirchen starken Zuwachs. Viele Prediger kamen aus dem Exil zurück und waren von da an im „fruchtbaren Weingarten“ Antwerpens tätig....


Michael Welker, Dr. Dr. Dres. h.c., Jahrgang 1947, ist Seniorprofessor und Direktor des Forschungszentrums Internationale und Interdisziplinäre Theologie (FIIT) an der Universität von Heidelberg.



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