E-Book, Deutsch, Band 2, 367 Seiten
Reihe: Kentucky Love
Westphal Dirty Like Ash
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98952-185-8
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman. Kentucky Love 2 | Spicy Romance für alle Fans des BookTok-Trends #SecondChance
E-Book, Deutsch, Band 2, 367 Seiten
Reihe: Kentucky Love
ISBN: 978-3-98952-185-8
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Yvonne Westphal schreibt romantisch-schlagfertige Geschichten über Bad Boys mit Herz und classy Girls mit Biss. Ihr Debütroman erreichte auf Anhieb die Top Ten beim LovelyBooks Community Award. Weitere beliebte Romances folgten. Die Autorin auf Instagram: www.instagram.com/miss_ivythomas Auf Facebook: www.facebook.com/miss.ivythomas Und auf Pinterest: www.pinterest.de/miss_ivythomas/ Bei dotbooks veröffentlichte Yvonne Westphal ihre »Kentucky Love«-Reihe mit den Romanen »Hot Like Clay«, »Dirty Like Ash«, und »Rough Like Rayne«, die auch im Hörbuch- und Printformat bei SAGA Egmont erhältlich ist.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
Moderne Prostitution
JADE
Musik, Martini und Sex sind am besten, wenn sie schmutzig sind.
Mit diesem Gedanken tröstete ich mich über meine Unfähigkeit hinweg, einen sauberen Reim für den Abschluss meiner Strophe zu finden. Vielleicht, weil ich noch nicht ganz wach war.
Heilige Scheiße! Oder vielleicht, weil die Tür gerade mit einer Wucht aufkrachte, als würde eine Horde Orks in mein Hotelzimmer einfallen.
»Raus aus den Federn, Darling! Die Sonne lacht, der Tag wird – Huch! Du bist ja schon wach.«
Ich hörte buchstäblich, wie der Körper meiner Managerin eine Vollbremsung machte. Nicht, weil ich eine so lebhafte Fantasie besaß, obwohl das durchaus der Fall war. Und auch nicht, weil ihre Knochen dabei knackten – obwohl auch das möglich wäre. Die Frau war siebenundvierzig und hatte einen BMI von sechzehn.
Sondern, weil ihre zweihundert Armreifen rasselnd aneinanderschlugen. Die aufgehende Augustsonne flutete die Hotelsuite, als drei Vorhänge gleichzeitig zurückgezogen wurden. Und weil nicht einmal die gottgleiche Cassandra Gold drei Arme hatte, waren wohl mindestens zwei weitere Leute mit in den Raum gekommen.
Gut, dass sie mir abgewöhnt hatte, nackt zu schlafen.
Ich blinzelte auf das Papier mit den halbfertigen Songzeilen, das den plötzlichen Spalt Sonnenlicht grell reflektierte, und versuchte, den Gedanken festzuhalten.
Drinking cheap whiskey thinking ’bout you …
It was rough and true … if I only knew … pushing through …
»Fuck …« Kopfschüttelnd strich ich ein paar Reime durch.
»Das habe ich gehört, Darling!«, rief Cassandra vom anderen Ende des Raums, woraufhin ich den Kopf einzog. Eine der goldenen Regeln in meinem neuen goldenen Käfig war, nicht zu fluchen.
Jade Darling ist »Everybody’s Darling«.
»Das Licht ist hier vorne wohl am besten«, bestimmte Cassandra mit der Eleganz einer ägyptischen Pharaonin, und schon wurde einer der schweren Barockstühle über den Teppich geschoben. »Ihr habt eine Stunde, um neun ist der Fototermin. Denk dran, Jade, direkt im Anschluss ist das Interview, um eins der Soundcheck und um zwei …«
»… die Aufnahme-Session.« Grinsend drehte ich mich auf dem Polsterstuhl zu ihr um und tippte mit dem Hotelbleistift gegen meine Stirn. »Alles hier oben drin.«
Cassandra breitete die Arme aus wie eine gönnerhafte Königin. »Und deshalb bist du mein bestes Pferd im Stall.«
»Oh! Und ich Dummerchen hatte gedacht, das wäre, weil ich gut singe, härter arbeite als jeder andere und –«
Mir seit dreieinhalb Jahren den Arsch aufreiße, wollte ich ergänzen, aber ich hielt im letzten Moment die Luft an. Nicht fluchen.
Cassandra lachte. »Darling, wenn du nicht singen könntest wie das uneheliche Kind von Tina Turner und Elvis, würdest du immer noch in den Honky Tonks dieser Stadt Teller waschen.«
Ich verkniff mir jegliche Widerrede, indem ich erneut die Luft anhielt, während sie mich in ihrer Patschuliduft-Umarmung erstickte. Klappte jedes Mal. Wer keine Luft bekam, konnte auch nichts sagen.
Singen ist Silber – Schweigen ist Gold. Das war die erste Regel, die ich von Cassandra Gold über das Musikbusiness gelernt hatte.
Verdammt noch mal, Gold, Baby!
Sie gehörte zwar nicht zu den ganz Großen, aber ihre Website wies alle großen Country-Musiklabels als Klienten aus, und sie hatte früher bei Curb Records mit Größen wie Johnny Cash und LeAnn Rimes gearbeitet. Testimonials auf ihrer Website nannten sie die Königsmacherin von Nashville. Und ich war – trotz meines für diese Branche fast schon zu fortgeschrittenen Alters von siebenundzwanzig Jahren – ihre neue Prinzessin kurz vor der Krönung.
Was vermutlich erklärte, warum ich heute in einem Bett geschlafen hatte, das breiter war als lang. Scheiße, ich hätte eine Orgie darin feiern können – was ich natürlich nicht getan hatte. Ich war jetzt ein braves Mädchen. Eines, das die Nacht im luxuriösesten Hotel von Nashville verbracht hatte und heute ihr erstes Cover-Shooting haben würde!
Ich war wirklich hier. Das hier war echt. Stylisten morgens um acht, Pressetermine um zehn und Aufnahme-Sessions am Nachmittag. Keine Kellnerjobs und Kellerbühnen mehr.
In weniger als vier Monaten würde nach drei Jahren harter Arbeit und dreihundert Litern Blut, Schweiß und Tränen meine erste Maxi-CD erscheinen. Noch kein volles Album, aber ganze fünf Songs, und nicht nur als Online-Streaming, sondern auf einer CD. Zum Anfassen!
Zu sagen, dass ich nervös war, wäre ungefähr so untertrieben wie die Aussage, Michael Jackson sei ein passabler Sänger gewesen.
»Ist das schon wieder ein neues Unkraut?« Cassandras Blick musterte die mannshohe Zimmerpflanze, die ich gestern beim Bummeln im Farmer’s Market ergattert hatte. Einer der unzähligen Vorteile einer Großstadt: Es gab immer Neues zu entdecken.
»Das ist ein Gummibaum. Gut fürs Raumklima – und gut für die Stimme!«, schob ich schnell nach, damit sie ihn mir ließ.
Und meine Mom hätte ihn geliebt, fügte ich in Gedanken hinzu und schickte eine imaginäre Kusshand zum Himmel. Der Garten unseres Häuschens war immer meine Oase gewesen, und ich hatte es geliebt, dass in unserem winzigen Haus vor lauter Zimmerpflanzen kaum Platz für Möbel gewesen war.
Jetzt schob ich den Gedanken beiseite und setzte mich endlich vor dem Stylisten-Paar auf den Barockstuhl. Beide begannen augenblicklich mit ihrer Arbeit. Die Frau scheitelte und bürstete meine dicken Naturlocken, der Mann suchte in seinem Make-up-Koffer nach dem passenden Ton, probierte eine Nuance, dann noch eine, und eine dritte. Zugegeben, mein Teint war nicht alltäglich. Mein Vater war Däne gewesen, so hell, wie man nur sein kann. Meine Mutter Amerikanerin mit brasilianischen Wurzeln. Das Ergebnis: Ich. Mit diesem undefinierbaren Teint, irgendwo zwischen Jennifer Lopez und Zendaya. Nicht so außergewöhnlich, dass ich angefeindet wurde – meistens jedenfalls. Aber außergewöhnlich genug, um das Interesse von Cassandra Gold geweckt zu haben, der Muräne unter den Haien, die das Musikfischbecken dominierten.
Na gut, machten wir uns nichts vor. Sie war eher wie meine Zuhälterin, denn streng genommen war das Showbusiness nichts anderes als moderne Prostitution. Du opferst deinen Körper, deine Seele und alles, was dir jemals wichtig war, für den Ruhm, von Menschen geliebt zu werden, die du nicht mal kennst. Bis irgendjemand kommt, der besser, schöner, jünger, anders ist als du. Dann kriegst du einen Zusammenbruch und arbeitest noch härter, bis die glorreichen fünf Minuten wieder dir gehören.
Wer sich so etwas freiwillig antat? Hier, ich. Jade Darling, geboren als Madeleine Jade da Rosa. Ich hatte buchstäblich alles dafür aufgegeben.
Und ich würde es wieder tun.
Deswegen grollte ich Cassandra nicht, wenn sie meine Termine schichtete wie Cannelloni in eine Auflaufform. Ich protestierte nicht, wenn sie mich in viel zu elegante Kleider oder viel zu züchtige Blusen steckte, damit mein braves Image Schlagzeilen in Musikmagazinen machte. Und ich beschwerte mich nicht, wenn sie meinen Ernährungsplan diktierte, damit die Blusen auch mal bauchfrei sein konnten. Dabei fand ich keineswegs, dass ich dick war. Ich war höchstens ein bisschen zu klein für mein Gewicht.
Trotzdem schob ich mir schnell noch eine Handvoll Popcorn von meinem gestrigen Hotel-Heimkinoabend in den Mund, bevor sie die Schüssel wegnehmen konnte. Gesalzenes Popcorn mit Karamell-Topping war meine größte Schwäche.
Na ja, eine von vielen.
Ich kaute möglichst langsam, um den Stylisten nicht zu sehr dabei zu behindern, die Foundation aufzutragen. Er benutzte ein Schwämmchen, das sich kühl und feucht anfühlte. Ich mochte Schwämmchen am liebsten.
Noch lieber mochte ich es, gar kein Make-up zu tragen. Aber dann sah man meine Sommersprossen – ja, die Natur war manchmal seltsam –, und Sommersprossen waren laut Cassandra nur bei zarten Rothaarigen süß. Ich war nicht rothaarig – es sei denn, man zählte dunkles Kastanienbraun zu Rot. Ich stemmte mich gegen das Ziepen, während die Stylistin meine Naturlocken zu einer Frisur zerrte, die am Ende vermutlich aussehen würde, als wäre ich gerade erst aufgewacht. Warum man dermaßen viel Aufwand betrieb, damit etwas am Ende natürlich aussah, würde ich nie verstehen. Musste ich aber auch nicht. Ich war für das Singen und Songwriting zuständig, Cassandra für das Marketing.
Was mich daran erinnert …
»Hast du zufällig einen schmutzigen Reim auf ›Nur du‹?«, fragte ich Cassandra, während der Stylist meinen Kopf festhielt, um mir einen Lidstrich zu ziehen. Cassandra stand am Schreibtisch und las in Dokumenten, die sie mitgebracht hatte. Ein neuer Vertragsentwurf?
»Sehe ich etwa aus wie ChatGI?«
»Es heißt ChatGPT, und ich würde nie eine KI für Songtexte nutzen.« Ich kicherte, räusperte mich aber sofort, als der Stylist konzentriert den Eyeliner-Stift absetzte. »Shit, sorry.«
Er blinzelte überrascht. Und ich ärgerte mich über mich selbst. Wie lautete die goldene Regel? Genau: Klappe halten.
Und verdammt noch mal nicht fluchen!
Keine schlechte Presse. Keine Skandale. Kein Tratsch. Vor allem kein Tratsch. Nichts beendete eine Karriere schneller als die falschen Gerüchte über dich, egal wie viel Talent du hast oder wie hart du arbeitest.
»Sorry«, murmelte ich noch mal.
Stille. Dann raunte der Stylist: »Tattoo.«
»Hä? – Ich meine, wie...




