E-Book, Deutsch, 375 Seiten
Westphal Fire in our Souls
23001. Auflage 2023
ISBN: 978-3-492-98980-0
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman | Bewegende Young Adult Highschool Lovestory mit herzzerreißendem Geheimnis
E-Book, Deutsch, 375 Seiten
ISBN: 978-3-492-98980-0
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Yvonne Westphal schreibt romantisch-schlagfertige Geschichten für alle, das laute, bunte Leben lieben. Mal verspielt, mal dramatisch, mal sexy - und (fast) immer über Bad Boys mit Herz und classy Girls mit Biss. Sie hat die zwei großen Lieben ihres Lebens (das Schreiben und ihren Ehemann) schon früh gefunden und könnte ohne Urlaub, Schlaf und Zucker leben, aber nicht ohne ihre Familie, ihr Macbook und die Farbe Rosa. Die gebürtige Regensburgerin lebt und arbeitet als Filmproduzentin in der Nähe von Köln. Ihre Romane sind bei Ullstein Forever, Piper und Saga Egmont erschienen.
Autoren/Hrsg.
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1 Vom Millionär zum Tellerwäscher
Wir alle werden nackt, mittellos und allein geboren.
Und wir werden auch ohne Kleider, ohne Geld und ohne Freunde sterben …
Das war ein schrecklicher Gedanke. Aber während ich den Blick über meine im Raum verstreuten Designerklamotten gleiten ließ, war er beinahe tröstlich. Denn mein Dad war pleite. Nicht das schönste Geschenk zum achtzehnten Geburtstag, aber ich versuchte, das Positive zu sehen. Was zugegebenermaßen nicht viel war.
Seit die Insolvenz offiziell war, hatte ich drei Dinge gelernt. Erstens: In der High Society von Palm Beach wechselten Frauen, die gestern noch im Poolhaus deiner Eltern Champagner getrunken hatten, heute die Straßenseite, wenn sie deine Mutter kommen sahen. Hashtag Danke für nichts.
Zweitens: Meine Eltern waren definitiv nicht wegen des Geldes zusammen, denn wenn überhaupt möglich, war ihre Beziehung in den letzten Wochen noch inniger geworden. Hashtag Couplegoals.
Und drittens: Es war unmöglich, zwanzig Quadratmeter begehbaren Kleiderschranks in drei Reisekoffer zu quetschen. Hashtag First World Problems.
Ich liebte meine Klamotten. Meine Röcke, Handtaschen und Accessoires – und meine Schuhe, die zugegeben ausgereicht hätten, um eine kleine Boutique zu eröffnen. Aber war es nicht ein ungeschriebenes Gesetz, dass man von Schuhen und Büchern nie genug hatte, selbst wenn die Regale schon aus allen Nähten platzten?
»Brauchst du das hier noch?« Sunny, eine meiner engsten Freundinnen, hielt ein kurzes Strandkleid aus der vorletzten Ralph Lauren-Kollektion in die Höhe, und ich seufzte schwer.
Ich wusste, wie gern sie es sich auslieh. Und nein, bei fünf Grad im Norden von Michigan würde ich es wohl nicht mehr brauchen. »Ich schenke es dir, wenn du magst.«
Sunnys Mund klappte auf. »Wirklich? Oh mein Gott, danke, Becky! – Rebecca«, korrigierte sie schnell, denn ich mochte keine Abkürzungen meines Namens.
Ich lächelte, während sie ihre knallgelben Hotpants herunterließ und das Kleid direkt über ihr Bikini-Oberteil stülpte. Es stand ihr fantastisch. Und es war toll, sie so strahlen zu sehen. Das tat sie leider nicht oft, obwohl wir genau deswegen Cheerleaderinnen waren: um andere Menschen lächeln zu sehen und mit unserer Begeisterung anzustecken. Aber Sunny kämpfte schon seit einer Weile mit ihren eigenen Problemen. Ich selbst wusste erst seit ein paar Wochen, wie sich das anfühlte.
Meine Gedanken glitten wieder zur Insolvenz meines Vaters, als Sunny fragte: »Und das hier? Warte, hattest du das überhaupt schon mal an?«
Sie hob ein paillettenverziertes Top, dass Daddy mir vorletztes Jahr auf der Fashion Week ersteigert hatte. Und das mir wirklich etwas bedeutete, weil es mich an dieses perfekte Wochenende mit meinen Eltern in New York erinnerte. Meine Mom war als Speakerin eines Human Rights-Kongresses dort gewesen und mein Dad hatte währenddessen mit mir die Fashion Week besucht.
Ich öffnete gerade den Mund, als eine schrille Stimme die Spätsommerhitze zerschnitt: »Denk nicht mal dran, Sunnybunny! Das ist ein Unikat von Karl Lagerfeld. Und um da reinzupassen, bräuchtest du sowieso erst mal zwei Monate Diät.«
Als das Lächeln aus Sunnys Gesicht fiel, sank mein eigenes Herz tiefer. Diese Worte stammten von Brittany, unserer Cheerleading-Kapitänin, die hereinstolzierte, als wäre mein Ankleidezimmer ihr Königspalast.
Sunny trägt Kleidergröße S.
Die Erwiderung lag mir auf der Zunge, aber ich wusste, dass Brittany sich dann einfach auf eine andere Beleidigung stürzen würde. Also warf ich Sunny ein aufmunterndes Lächeln zu und hoffte inständig, dass mein Blick sagte: Du siehst toll aus, lass dir nichts einreden!
Es schien nicht zu funktionieren. Sunnys Miene sprach Bände von Schmerz und Frust, aber genau wie ich dachte sie sich lieber ihren Teil, anstatt die offene Konfrontation zu suchen.
»Becky, oh mein Gott! Es ist so traurig, dass du wegziehen musst! Ohne dich wird es nicht dasselbe sein.« Ashley fiel mir wie aus dem Nichts um den Hals und drückte mich so fest, dass mir ganz warm wurde – und das lag nicht nur an der Sommerhitze. Ihr dunkelblonder Zopf peitschte mir ins Gesicht, während ich fest zurückdrückte. Differenzen und ungeliebte Spitznamen hin oder her: Ich würde nichts so sehr vermissen wie das Cheerleading und diese Mädels.
»Ja, es wird echt hart ohne dich«, pflichtete Chloe ihr bei. »Wenn du nicht mehr da bist … wer plant denn dann unsere Choreografien?«
Mein Lächeln verrutschte leicht. Ich blinzelte, unsicher, ob Chloes Worte wirklich so taktlos gemeint waren, wie sie klangen.
»Ja, das war auch mein erster Gedanke«, gab Tiffany zu, während sie einen tannengrünen Rock vom Boden aufhob und sich vor die Hüften hielt, »wenn Becky weg ist: Ciao, Pokal!«
Sie ließ den Rock wieder fallen, so achtlos wie die Worte, die zeitverzögert zu mir durchdrangen … und etwas in mir zerbrachen.
Okay … wow!
Chloe würde meine Choreografien vermissen, nicht mich. Und Tiffanys erster Gedanke hatte dem Pokal gegolten, der in weite Ferne rückte. Nicht der Freundin, die ans andere Ende des Landes zog.
Ich schluckte hart und schaute zu Brittany, weil Brittany immer eine Antwort hatte, wenn man selbst überfragt war. Deswegen war sie der Captain und nicht ich. Doch Brittany schnaubte bloß, während sie über meine farblich sortierten Sandalen strich. »Wir finden schon jemanden. Brauchst du die hier noch? In Michigan soll es kalt sein.«
Der Kloß in meiner Kehle drohte, mich zu ersticken. Früher waren wir beste Freundinnen gewesen. Bis sie mit meinem Ex-Freund Carter geschlafen hatte – während wir noch zusammen gewesen waren. Doch ich verdrängte jeden Gedanken an den hübschesten Jungen Floridas und seine Untreue. Daddy hatte gesagt, es würde ein besserer kommen, und Daddy hatte immer recht.
Endlich brachte ich den Mut auf, das Kinn zu heben. »Alles, was ich nicht mitnehmen kann, schenke ich der Kleiderspende.«
Die Mischung aus Schock, Mitgefühl und Enttäuschung auf ihren Gesichtern brach mir das Herz. Also schob ich hinterher: »Wenn ihr wollt, dürft ihr euch alle ein Teil aussuchen.«
Augenblicklich stürzten sich vier junge Frauen auf meine Klamotten wie Aasgeier auf ein Schlachtfeld. Keine zwei Sekunden später hielt Brittany das Karl Lagerfeld-Top in der Hand.
»Das …« … ist nicht zu verschenken, wollte ich einwenden, aber meine Stimme versagte angesichts ihrer wissenden Miene.
»Im Ernst, Becks, du hattest das noch nie an! Da wirst du es wohl kaum in einem Provinzkaff in Michigan tragen. Bei wie viel noch mal? Minus vier Grad Durchschnittstemperatur?«
»Elf Grad«, korrigierte ich und verdrängte das Frösteln beim Gedanken an den Winter, der mir bevorstand. Dann räusperte ich mich. »Aber darum geht es nicht. Das Top hat mir Daddy geschenkt.«
Brittany breitete vielsagend die Arme aus. »Und was hiervon hat dein Dad dir bitte nicht geschenkt?« Ich sank noch mehr in mich zusammen. Sie hatte recht, schon wieder. »Du könntest deine Freundinnen ruhig öfter an der Ehre teilhaben lassen, dass dein Vater einer der reichsten Männer Floridas ist, findet ihr nicht, Mädels?«
Betretenes Lächeln und unangenehmes Schweigen, während ich Brittany ungläubig anstarrte. Diese Aussage war aus so vielen Gründen ungerecht! Ja, wir hatten Geld. Aber kein Elternpaar an unserer Schule spendete so viel wie meins. Und es war auch nicht so, dass Brittany von ihrem eigenen Geld einkaufte. Aber vor allem … war mein Dad nicht mehr reich. Weil er als Vorstandsvorsitzender des Weltkonzerns Timecorp zurückgetreten war und Privatinsolvenz angemeldet hatte.
Deswegen mussten wir ja wegziehen. Deswegen würden meine Freunde ihren Schulabschluss nächstes Jahr ohne mich feiern. Deswegen stand das Oberteil überhaupt erst zur Debatte.
All das wollte ich Brittany an den Kopf werfen, aber ich wollte nicht streiten. Also hob ich bloß geschlagen die Schultern und … überließ ihr das Oberteil.
Brittany fiel mir strahlend um den Hals, wobei mich ein Hauch von Carters Parfüm...




