E-Book, Deutsch, Band 1, 480 Seiten
Reihe: St. Gloria College
Westphal Game of Hearts – No Rules (St. Gloria College 1)
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8458-6076-3
Verlag: arsEdition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1, 480 Seiten
Reihe: St. Gloria College
ISBN: 978-3-8458-6076-3
Verlag: arsEdition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Yvonne Westphal wurde im April 1989 als waschechter Widder geboren und hat die zwei großen Lieben ihres Lebens bereits in ihrer Jugend gefunden: Schreiben und ihren Ehemann, mit dem sie in der Nähe von Köln lebt und als Filmproduzentin arbeitet. Sie könnte ohne Urlaub, Schlaf und Zucker leben, aber nicht ohne ihre Familie, ihr MacBook und die Farbe rosa. Ihre Romane sind perfekt für alle, die an die große Liebe glauben und das laute, bunte Leben lieben. Mal verspielt, mal dramatisch, mal sexy - und (fast) immer über Bad Boys mit Herz und Classy Girls mit Biss.
Autoren/Hrsg.
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1 Vorspiel
Valentin
Ich bemühte mich, keine Miene zu verziehen, während ich durch die erste Morning Glory Ausgabe meiner Präsidentschaft scrollte und mein eigenes »Porträt« las wie das eines unehelichen Sohnes von Hugh Hefner mit Vegas-Vergangenheit. Amüsant.
Der Morning Glory war schlechter recherchiert und noch reißerischer als diese zweitklassigen Klatschmagazine, die mit retuschierten Promi-Gesichtern um Body Positivity warben, um ironischerweise ein paar Seiten später die besten Abnehmtricks anzupreisen. Die aus Schnappschüssen Skandale strickten und aus Schlagzeilen Shitstorms.
Aber so war die Welt nun einmal, besonders für die privilegierte Elite, die besser früher als später lernte, souverän durch das Blitzlichtgewitter der Öffentlichkeit zu navigieren.
Wer ganz oben steht, kann umso tiefer fallen …
Deswegen nahm ich all das zur Kenntnis, filterte die relevanten Informationen heraus und wechselte kurz die App, um eine Notiz für eine spätere Recherche zu machen.
Da sah ich aus dem Augenwinkel, wie Nicoley auf mich zukam. In einer Welt, in der die meisten Freundschaften so flüchtig und falsch waren wie billige Parfüms, hatten wir es irgendwie geschafft, seit unserer Kindheit befreundet zu bleiben – und diese Freundschaft selbst dann zu erhalten, als wir uns letztes Jahr in die zwei gegnerischen Häuser von St. Gloria eingeschrieben hatten.
Seit heute war das anders. Jetzt waren wir wohl Rivalen.
»Wie war Paris?«, fragte ich, ohne aufzusehen.
Nicoley fuhr sich durch die blonden Haare, deren Out-of-Bed-Look Harry Styles vor Neid erblassen lassen würde und meinen inneren Monk in den Wahnsinn trieb. »Hey, Mann. Laut. Stickig. Voll. Und weißt du, wie klein die Mona Lisa ist?« Ich schob das Handy zurück in die Innentasche meines Sakkos. Ja, das wusste ich. Aber um ihn nicht bloßzustellen, blieb ich stumm und sah Nicoley abwartend an, bis der fortfuhr: »Mein Dad hat eine Privatvorführung im Louvre organisiert, so konnten wir näher ran. Aber ernsthaft: Was zur Hölle findet alle Welt an der Frau?«
Unwillkürlich glitt mein Blick zu einer anderen Frau, deren Lächeln zwar nicht auf fünfzig mal siebzig Zentimetern Leinwand gebannt war, aber genauso viele Fragen aufwarf. Sie trug ein elegantes, beinahe schlichtes Sommerkleid und wurde in dieser Sekunde mit dem frenetischen Geschrei ihres Hauses als brandneue Alpha-Präsidentin von St. Gloria empfangen.
Mochte sein, dass Felicia de Vries als eine der vielversprechendsten Absolventinnen in spe galt und laut heutigem Morning-Glory-Porträt die »eleganteste Stilikone seit Audrey Hepburn« war.
Aber da war kein Feuer in ihren Augen, kein Makel in ihrer geschliffenen Fassade.
Und das machte sie zur langweiligsten Frau, die ich kannte.
Leider machte sie das auch zu einer schwer besiegbaren Gegnerin. Denn zugegeben, ich hatte sie nicht auf dem Schirm gehabt, bis sie kurz vor den Semesterferien zur künftigen Präsidentin ernannt worden war. Ich hatte meine Sabotageanstrengungen im letzten Jahr auf die falsche Alpha-Anwärterin konzentriert. Das würde mir nicht noch mal passieren.
»Egal. Wie war Monaco?« Nicoleys Hand auf meiner Schulter holte mich aus meinen Gedanken. Offenbar hatte er die Chronicles auch bereits gelesen. »Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll?«
Ich hob einen Mundwinkel. Nicht ganz. Aber ich würde Nicoley nicht erläutern, was ich wirklich in Monaco getan hatte. Es war immer besser, wenn deine Feinde dich unterschätzten. Wissen ist Macht.
Bloß, dass Nicoley kein Feind war – nicht bis gestern jedenfalls – und mich auch zu gut kannte für jemanden, der jetzt auf der anderen Seite stand. Wir stammten aus denselben Gesellschaftskreisen und hatten dasselbe britische Eliteinternat besucht. Jetzt spielten wir auf gegnerischen Seiten um dasselbe Ziel: den Blankoscheck für jedes Investment, der Freifahrtschein für jedes noch so utopische Studienziel. Das höchste Gütesiegel der Unantastbarkeit für Menschen, die bereits unantastbar geboren worden waren. Das Gloria cum laude.
»Ich bin dein Feind?«, fragte mein bis heute bester Freund, weil er meinen Gesichtsausdruck endlich richtig deutete. Sein gekränkter Welpenblick wirkte fast obszön kitschig. Nicoley Debois-Cartell war schon als Schönling auf die Welt gekommen. Gut für ihn – und nicht seine Schuld, weswegen ich es ihm nicht vorwarf. Was hingegen sehr wohl seine Schuld war, war die Wahl seiner Freundin.
Statt einer Antwort tippte ich also vielsagend auf das elfenbeinweiße Emblem, das jetzt neben dem Collegewappen auf seiner Uniform prangte. Er war der neue Alpha-Präsident.
Wieder fuhr er sich durch die Haare, sah sich unwillkürlich nach Zuschauern um und trat dann einen Schritt näher. »Glaubst du, ich habe Bock auf das hier? Ich war genauso überrascht wie du, als sie zur Alpha-Präsidentin ernannt wurde, okay? Keine Ahnung, wer diese dämliche Regel aufgestellt hat, dass der feste Freund oder nächste Familienangehörige der Präsidentin automatisch ihr Präsident wird. Aber da war Paris schon gebucht und seit sie den Titel hat, vergöttert mein Vater sie, also …«
Ich sah ihn ausdruckslos an. Ernsthaft? Abgesehen davon, dass jedem hier bereits am ersten Tag des zweijährigen Prep-Studiums die Regeln geradezu eingehämmert wurden: »Also was? Bleibst du mit einer Frau zusammen, die du gern verlassen würdest, um einem Mann zu gefallen, den du hasst?«
Damit traf ich offenbar mehr ins Schwarze, als ihm lieb war, denn jetzt huschte der gequälte Ausdruck über sein Gesicht, den kaum jemand kannte, weil die wenigsten Leute hinter den Glanz von Sportpokalen und Schwiegersohnlächeln blicken wollten.
Viel wichtiger war: Er widersprach nicht. Keiner der beiden Aussagen. Ködernd hob ich mein Handy, auf dem noch der heutige Morning Glory in der Glorious-App geöffnet war. »Um unserer Freundschaft willen werde ich so tun, als hätte ich das nicht gehört. Aber du sorgst besser dafür, dass das niemand gegen dich verwendet – oder gegen deine Freundin. Egal, wie gut der Sex ist.«
Interessant: Sein Blick glitt zur Seite. Immer noch kein Sex? Wer war sie, Johanna von Orléans?
Egal, für mich war es Munition für den kommenden Krieg. Ich machte mir eine weitere mentale Notiz, während ich einen auffällig gut gekleideten jungen Mann beobachtete, der sich zu der Traube um Felicia gesellte. Er musste zu den Freshmen gehören, denn ich hatte ihn noch nie gesehen. Und die charismatische Art, mit der er einige ihrer Freundinnen anlächelte, verhieß nichts Gutes für Omega, dessen Sieg jetzt nicht nur mein persönlicher Anspruch an mich selbst war, sondern buchstäblich meine Verantwortung.
»Okay, wow. Danke für das Gespräch, Valentin, ich fühle mich schon viel besser.« Nicoley zog eine Schnute wie ein Hundewelpe. Kein Wunder, dass der halbe Campus auf ihn stand. »Was würdest du denn an meiner Stelle tun?«
Ich nahm die Hand aus der Hosentasche, um ihn in Richtung seiner Freundin zu schieben. »Ich würde Nägel mit Köpfen machen – egal in welche Richtung. Zieh einen Schlussstrich und verlass sie. Oder unterstütz sie bedingungslos. Bevor es jemand anders für dich tut.«
Felicia
Präsidentin von St. Gloria. Präsidentin!
Weiteratmen, Felicia.
»Begrüßt unsere neue Alpha-Queen, Mädels! Aaah!«
Der Jubelruf meiner besten Freundin Hazel goss sprudelnde Begeisterung über den gelähmten Klumpen in meinem Bauch, was ungefähr dieselbe Wirkung hatte wie Cola auf Mentos. Ich hielt die Luft an, um nicht durchzudrehen.
Was so gar nicht funktionierte.
Nur zwei Sekunden später klatschten drei Körper gegen mich und warfen mich fast um.
Ich wollte mitjubeln, das wollte ich wirklich. Aber es war verdammt beängstigend, zu wissen, dass ich jetzt für die Zukunft von über hundert jungen Frauen und Männern in meinem Haus verantwortlich war, vor allem für die der siebenundfünfzig Seniors. Mein Verhalten und meine Entscheidungen in den nächsten neun Monaten würden darüber bestimmen, ob sie heute in einem Jahr über den Elitecampus ihrer Wahl flanieren könnten – oder trotz ihres Reichtums mit einer Uni vorliebnehmen mussten, die ihrem Numerus clausus entsprach.
Und vor allem würde es darüber entscheiden, ob ich an einer der weltweit anerkanntesten Law Schools Jura studieren konnte: in Yale. Meine Eltern waren nicht arm, aber eine Ivy-League-Universität konnten sie nicht bezahlen. Ich meine, hallo? Dreihunderttausend Dollar für vier Jahre Studium? Wer konnte sich das bitte leisten?
Abgesehen von Medienmogul Charles Knight vielleicht, dessen selbstgefälliger Sohn gerade mal wieder meinen Freund mit seiner bloßen Anwesenheit vergiftete. Was mich daran erinnerte, dass sich auch Nicoleys steinreiche Altindustriellen-Familie das leisten könnte. Oder die Botschafter-Eltern der Studentin, die mir immer noch in den Armen lag. Oder der Unternehmer-Vater meiner neuen Medienbeauftragten...




