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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 228 Seiten

Reihe: Marek-Miert-Krimi

Wieninger Rostige Flügel

Ein Marek-Miert-Krimi
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-7099-7469-8
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Marek-Miert-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 5, 228 Seiten

Reihe: Marek-Miert-Krimi

ISBN: 978-3-7099-7469-8
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



DER NEUE KULT-KRIMI VON MANFRED WIENINGER: MAREK MIERT, DIE UKRAINISCHE MAFIA, EIN PSYCHOPATHISCHER POLIZEIOBERST ? UND ÜBER ALLEM DIE LANGEN SCHATTEN DER VERGANGENHEIT. Manfred Wieninger inszeniert in seinem fünften Marek-Miert-Krimi den ganz normalen Wahnsinn allgegenwärtiger Kriminalität vor der Kulisse einer österreichischen Provinzstadt. Sein sympathischer Privatdetektiv gerät dabei nicht nur einmal beinahe unter die Räder, und nur ein böser Zufall bewahrt ihn davor, seine Prinzipien im Strudel der Ereignisse über Bord zu werfen. SPANNEND, IRONISCH UND ABGRÜNDIG In Harland, der tristesten aller Landeshauptstädte im Osten Österreichs, hat die ukrainische Mafia Fuß gefasst und kontrolliert Drogenszene und Rotlichtmilieu. Oberleutnant Gabloner, der unberechenbare Chef der Harlander Kriminalpolizei, hat der Organisation den Kampf angesagt und schreckt dabei vor unlauteren Methoden nicht zurück. Und dann ist da noch ein Buchhändler, der in privater Mission die Überreste eines Zwangsarbeiterlagers aus der Nazizeit erforscht und damit offenbar schlafende Hunde weckt. Und zwischen allen Fronten: Marek Miert, chronisch erfolgloser Privatdetektiv mit rauer Schale und starkem Hang zu Übergewicht, ein Schrank von einem Mann mit ruppigen Umgangsformen. Weitere Marek-Miert-Krimis: - Der Mann mit dem goldenen Revolver - Prinzessin Rauschkind - Kalte Monde - Der Engel der letzten Stunde

Manfred Wieninger, geboren 1963 in St. Pölten, lebt nach einigen Jahren im Wiener Exil ebendort. Studium der Germanistik und Pädagogik, danach Autor und Publizist. Bisher sieben Kriminalromane mit dem schrägen 'Harlander Diskontdetektiv' Marek Miert, bei Haymon: 'Der Engel der letzten Stunde' (2005), 'Kalte Monde' (2006), 'Rostige Flügel' (2008) , 'Prinzessin Rauschkind' (2010) und 'Der Mann mit dem goldenen Revolver' (2014).
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„Meine Ehe ist in Gefahr“, sagte Frau Frischauf leise und seufzte dezent wie ein magenkrankes Eichhörnchen.

„Tja …“, antwortete ich vorsichtig und unbestimmt.

Wenn die mich mit einem Eheberater verwechselt, dachte ich, überschätzt sie meine sozialen Fähigkeiten aber ganz gewaltig. Ein Diskont-Detektiv wie ich mit leichtem Hang zum Autismus gab keinen guten Therapeuten ab. Den hätte ich höchstens selbst nötig gehabt. Außerdem, dachte ich, ist heutzutage sowieso schon praktisch jede Ehe gefährdet.

Else Frischauf war eines Morgens unangemeldet in meinem Empfangszimmer erschienen. Sie war kaum größer als ein Kind, aschblond und zum Zerbrechen zierlich mit einer Haut wie verschüttete Milch. Ungeachtet der Tageszeit trug sie ein kleines Schwarzes mit einer feingliedrigen Perlenkette über dem Dekolleté wie für eine abendliche Cocktailparty. Genau der Typ Frau, dachte ich, auf den ich immer wieder hereinfalle. Aber ihre Augen, so schien es mir jedenfalls einen Moment lang, waren so hart wie der Kern eines dunklen, kalten Planeten.

Ich nahm meine Mahlzeiten meistens im Empfangszimmer ein; einfach weil dort der einzige brauchbare Tisch stand, den ich besaß. Statt mit Akten war dieser Schreibtisch jetzt mit einer Lage Butterbrotpapier bedeckt, auf der ich zu Gabelfrühstückszwecken ein großes Stück doppelt geselchter Blunzen, einen nicht unerheblichen Restvorrat an Hirschschinken, ein Glas Marchfelder Essiggurkerl und einen halben Laib Roggenbrot ausgebreitet hatte. Mein Tafelsilber bestand barbarischerweise nur aus einem Hirschfänger aus dem Nachlass von Opa Miert und eben dem Butterbrotpapier. Die pipifeine Erscheinung von Frau Frischauf passte dazu wie der Papst in ein Bordell. Irgendwie bewunderte ich ihren Mut, sich in einem solchen Aufzug in diese Gegend zu trauen. Sie war bei der Tür hereingeschneit wie ein neurotischer, blutarmer Engel, hatte sich hastig vorgestellt und war dann sofort auf ihre Eheprobleme zu sprechen gekommen. Ehezwistigkeiten waren zwar einer der Hauptumsatzträger meines Berufsstandes, aber ich hatte mich bisher immer beharrlich geweigert, mich um Bettlaken-Fälle zu kümmern. Nur waren halt die Zeiten inzwischen nicht rosiger geworden. Also hatte ich mit dem Hirschfänger auf den Besucherstuhl gezeigt und die unvermutete, potenzielle Klientin damit für meine Verhältnisse formvollendet eingeladen, Platz zu nehmen. Meine Rustikalität, um es einmal positiv zu formulieren, hatte mir zwar schon ganze Legionen an Kunden vergrault, aber Frau Frischauf ließ sich durch das fettige, alte Messer in meiner riesigen, ebenfalls fettglänzenden Pranke nicht abschrecken, sondern folgte ein wenig zögerlich, aber doch meiner Einladung. Wahrscheinlich war es der Nimbus des Diskont-Detektivs, der mich für manche Kunden unwiderstehlich machte. Oder die Dame steckte wirklich tief in der Bredouille.

„Retten Sie meine Ehe!“, flehte sie.

Ich hatte eine große Scheibe der Blutwurst noch nicht ganz hinuntergekaut und war daher nicht sehr gesprächig. Aber irgendwelche Redebeiträge von mir waren im Moment sowieso nicht gefragt.

„Wissen Sie, meine Ehe ist das Einzige in meinem Leben, auf das ich stolz sein kann! Mein Mann ist alles, was ich habe!“

Ich grunzte voller Anteilnahme, so gut das eben mit vollem Mund ging.

„Er hat sich so in diese Sache verbissen, dass es noch ein schlimmes Ende nehmen wird! Helfen Sie ihm!“

Menschen, die permanent in Rufzeichen sprachen, strapazierten meine Nerven. Genauso musste ich auch ausgesehen haben, denn Frau Frischauf redete rasch weiter, wie wenn sie eine drohende negative Antwort meinerseits wegplaudern wollte.

„Sehen Sie, wenn mein Mann sich daranmacht, eine Thunfischdose zu öffnen, ist er in Gefahr, sich eine Fingerkuppe wegzuschneiden. Wenn mein Mann Suppe kocht, endet das vermutlich mit einer Explosion. Wenn mein Mann sein Fahrrad putzt, klemmt er sich möglicherweise ein Ohr in den Speichen ein. Wenn mein Mann eine Glühlampe wechselt, gibt es höchstwahrscheinlich einen Kurzen oder Schlimmeres. Mein Mann braucht einfach Rückendeckung bei dieser Sache! Einen Leibwächter!“

Wenn die noch ein paar Sätze mit „Mein Mann“ beginnt, dachte ich, beiße ich in die Tischplatte oder drehe sonst wie durch. Außerdem hatte ich wegen meiner total verkalkten Kaffeemaschine noch kein einziges Milligramm Koffein in den Adern und war daher noch kein Mensch.

„Sie sollten Ihrem Mann vielleicht ein bisschen mehr zutrauen …“

Nicht einmal Gerti Senger, dachte ich, hätte etwas Banaleres von sich geben können.

„Mein Mann, wie soll ich sagen – Sie kennen ihn nicht!“

Gott sei Dank, dachte ich, muss das ein Warmduscher sein.

„Mein Mann darf aber auf keinen Fall wissen, dass er jetzt einen Beschützer bekommt! Er würde das ablehnen! Ganz entschieden! Sie müssen es diskret machen!“

Den letzten Satz sagte sie so, als würde sie etwas ganz anderes damit meinen. Zusätzlich verdrehte sie auch noch vielsagend die Augen, was ich doch etwas übertrieben fand. Außerdem hatte sie den Besucherstuhl einen halben Meter zurückgeschoben, vielleicht um ihre Beine besser zur Geltung zu bringen. Es waren weiße, dünne Beine, die mir eigentlich gar nicht so gefielen. Daran konnten auch die teuren Netzstrümpfe nichts ändern. Irgendwie wurde ich das ungute Gefühl nicht los, dass mich Frau Frischauf anmachte. Dabei passte das ganz und gar nicht zu all dem, was sie verbal von sich gab, überlegte ich eher ratlos. Aus irgendeinem Grund entschloss ich mich aber, ihr seltsames Psycho-Spiel mitzuspielen, auch wenn ich die Motivation dahinter noch nicht verstand. Auf jeden Fall strengte sich die Dame ganz gewaltig an, um einen billigen Hinterhof-Detektiv wie mich an Bord zu holen. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen. Ich bin, dachte ich, genauso käuflich wie alle anderen, ein simpler Auftragnehmer, eine gewöhnliche Mietkraft, die jeden Job erledigt. Für ein paar Euro trainierte ich, wenn es denn sein musste, Quasimodo für die nächste Mister-Universum-Wahl, für ein paar Euro mehr leistete ich sogar schier Unmögliches wie etwa die Produktion koscherer Grammelknödel. Nicht verzagen, dachte ich, Miert fragen.

„Ich mache es immer diskret, gnädige Frau“, sabberte ich. Nur das mit dem Augenverdrehen brachte ich mangels Übung in letzter Zeit nicht so gut hin.

Frau Frischauf schien einigermaßen zufrieden zu sein, sie hatte mich da, wo sie mich haben wollte. Aber in Wirklichkeit, dachte ich, ist das noch kaum einem Klienten von mir, bei dem ich schon beim Erstgespräch leicht ziehendes Bauchweh hatte, restlos gelungen.

„Haben Sie ein Foto von ihm?“, versuchte ich wieder etwas mehr Sachlichkeit in dieses Kundengespräch zu bringen. Am Anfang einer Ermittlung, dachte ich, kann man sich ja noch schön einbilden, dass man Herr des Verfahrens sei; später kommt in der Regel eh alles anders, und man ist wieder der Wurstel.

„Ja, natürlich.“

Umständlich begann sie in den Tiefen und Untiefen ihrer Handtasche zu kramen. Während der Wartezeit begann ich sämtliche Witze über Damenhandtaschen zu rekapitulieren, die ich kannte. Dann wickelte ich die Reste meines frugalen Mahls in das Butterbrotpapier und verstaute alles in einer Schreibtischschublade.

„Hier, bitte.“

Sind wir endlich so weit, dachte ich, nahm das Foto entgegen und legte es mit der Bildseite auf die Schreibtischplatte.

„Beschreiben Sie ihn.“

„Aber …“

„Beschreiben Sie ihn!“

„Er trägt starke Brillen. Er besitzt eine rote und eine blaue, Designerbrillen, aber nachgemachte. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er sich dahinter versteckt. Wegen seiner Augen hat er einen etwas sonderbaren Gang, er kann Entfernungen nur schlecht einschätzen, auch die seiner Fußsohlen zum Boden. Messerhaarschnitt alle drei, vier Wochen, darauf legt er Wert. Außerdem auf seine grauen Nadelstreifanzüge mit den roten Krawatten in allen Schattierungen. Er zieht die Schale praktisch nur zum Schlafen aus. Mittelgroß, etwas untergewichtig, schmale Schultern und lange Hände. Gepflegt, insgesamt eine sehr gepflegte Erscheinung. Er spricht hochdeutsch, weil er Buchhändler ist.“

Eine wunderbar sachdienliche Beschreibung, dachte ich, aber jede meiner Exfreundinnen zum Beispiel würde mich wohl fundamental anders beschreiben. Vielleicht nicht unbedingt freundlich, aber jedenfalls nicht so von außen, so neutral, so verdammt sachlich wie ein Polizist.

„Wie alt ist er?“, hakte ich nach.

„Er ist knapp über fünfzig und, so fürchte ich, nicht besonders zufrieden mit seinem Leben.“

„Na ja, wer ist das heutzutage schon?“, versuchte ich Trost zu spenden. Nicht gerade eine meiner größten Stärken.

„Ist er so...


Manfred Wieninger, geboren 1963 in St. Pölten, lebt nach einigen Jahren im Wiener Exil ebendort. Studium der Germanistik und Pädagogik, danach Autor und Publizist. Bisher sieben Kriminalromane mit dem schrägen "Harlander Diskontdetektiv" Marek Miert, bei Haymon: "Der Engel der letzten Stunde" (2005), "Kalte Monde" (2006), "Rostige Flügel" (2008) , "Prinzessin Rauschkind" (2010) und "Der Mann mit dem goldenen Revolver" (2014).



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