Wilding | Land meiner Sehnsucht | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 512 Seiten

Reihe: Große Liebe, rotes Land

Wilding Land meiner Sehnsucht


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96797-009-8
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 6, 512 Seiten

Reihe: Große Liebe, rotes Land

ISBN: 978-3-96797-009-8
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die junge Australierin Laura McRae hat sich nach schweren Schicksalsschlägen geschworen, nie wieder arm zu sein. Mit Tatkraft, Mut, eisernem Willen und ihrer herausragenden Begabung für Mode, schafft sie es ihre einfache Herkunft hinter sich zu lassen. Ihr Leben scheint perfekt, als der charmante Eddie Ashworth ihren Weg kreuzt. Sie verliebt sich Hals über Kopf und heiratet ihn voller Hoffnung. Doch während sie mit ihrer Mode immer größere Erfolge feiert, legen sich dunkle Schatten über ihr Eheglück. Ist Eddie wirklich der, für den er sich ausgibt?



Lynne Wilding ist in Australien längst als die Königin der großen Australien-Sagas bekannt und erhielt viele Preise für ihre Romane. Lynne Wilding lebt mit ihrer Familie in Arncliff bei Sydney.

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2


Sonnenlicht drang durch die verblichenen bedruckten Vorhänge und erleuchtete das Zimmer, in das Tom McRae die kleine Veranda an der Rückseite des Hauses für Laura verwandelt hatte. Es war ein spartanisches Zimmer. Wände und Decken waren nicht tapeziert oder gestrichen, der Fußboden ebenso wenig, und das einzige Möbelstück neben dem Bett war eine alte, mitgenommene Schubladenkommode, auf der drei Gegenstände standen: ein abgenutzter Kerzenhalter, ein Holzkruzifix mit einem Messingchristus und eine Stoffpuppe mit einem eleganten Spitzenkleid aus rosafarbenem Taft. An der Wand über dem Bett hingen ein halbes Dutzend Zeichnungen von modisch gekleideten Frauen, und unter jeder standen in eleganter Druckschrift die Worte Ein Entwurf von Laura.

Laura wälzte sich unter der Bettdecke hin und her. Ein Stöhnen entfuhr ihren Lippen, als ein herbstlicher Luftzug durch den Sprung in der Fensterscheibe fuhr – den sie Franks und Mikeys letzter Kricketpartie verdankte. Noch halb schlafend kroch sie tiefer unter die abgenutzte, verwaschene Decke, um noch für ein paar Minuten die Wärme zu genießen und die Notwendigkeit, den Tag zu begrüßen, hinauszuschieben.

Die Tür öffnete sich, und leise Schritte auf den blanken Dielen holten Laura dem Wachsein näher.

Angie stand am Fußende des Betts. Sie beugte sich vor und kniff Laura durch die Decke in den Zeh. »Komm schon, Laura, aufstehen, zur Messe.«

Eine leise Bewegung, nicht mehr als ein Flattern der Augenlider, war das einzige Anzeichen dafür, dass die Aufforderung gehört worden war.

»Hör auf, dich zu verstellen. Ich weiß, dass du wach bist.«

Die Augenlider zuckten erneut, dann öffneten sie sich. Laura räkelte sich, sodass die Drahtfedern des antiken Eisenbetts ihren üblichen Morgengruß quietschten.

»Muss ich, Mama?« Beim nächsten Atemzug spürte sie einen stechenden Schmerz in ihrem Bauch, gefolgt von einer Welle der Übelkeit, und fast hätte sie sich in die Unterlippe gebissen.

»Mir geht es nicht gut.«

Angie runzelte die Stirn und betrachtete ihr ältestes Kind mit wissendem Blick. Laura hatte diesen Trick schon öfter versucht.

»Aufstehen, Faulpelz. Sofort. Du siehst ganz gesund aus. Deine Wangen haben ja sogar Farbe.«

»Aber –«

»Keine Ausreden. Es ist Ostersonntag, und Papa kommt mit uns zur Messe, und…«

Während ihre Mutter redete, lauschte Laura den wispernden Bewegungen ihres schweren Baumwollkleids und ihrer Unterröcke. Sie liebte dieses Geräusch, weil es ihr so vertraut war und ihr das raschelnde Hin und Her das Gefühl gab, geborgen und geliebt zu sein. Der Hall der Schritte sagte ihr, dass sich ihre Mutter vom Bett auf die improvisierte Wäscheleine zubewegte, die sie aufgespannt hatten, um Lauras Kleider aufzubewahren, bis sie sich einen kleinen Schrank leisten konnten – oder Tom einen bauen konnte. Das unangenehme Ziehen in ihrem Bauch wurde stärker, und sie presste erst die Hand auf die Stelle, dann rieb sie sie.

Sie beschwor den Schmerz zu verschwinden. Sie wollte nicht krank sein. Nicht heute.

Ostern war ein besonderes Fest für die McRaes. Und dieses Jahr fiel auch noch der Geburtstag ihres Vaters auf den Ostersonntag. Ihre Mutter hatte es geschafft, im Lauf der letzten Wochen hier und da einen Penny zu sparen, um die Zutaten für einen richtigen Geburtstagskuchen mit echten Trockenfrüchten, kandierten Kirschen und Glasur zu kaufen. Laura holte Luft, und der Duft des frisch gebackenen Früchtekuchens wehte aus der Küche herein, als wollte er sie verlocken aufzustehen und sich fertigzumachen. Normalerweise ließen ihr die Essensdüfte ihrer Mutter das Wasser im Mund zusammenlaufen, heute geschah das seltsamerweise nicht.

Angie griff nach dem Kleid, an dem ihre Tochter in der letzten Woche still und fleißig gearbeitet hatte. Laura hatte es für den heutigen Tag umgeschneidert und dem drei Jahre alten blauen Viyellakleid und dem Hut, den sie dazu passend geändert hatte, neues Leben eingehaucht. Das Geschick, das das Mädchen mit der Nadel bewies, war umso einzigartiger, als Angie ihr nicht mehr beigebracht hatte, als mit der alten Nähmaschine, die sie einmal besessen hatten, eine gerade Naht anzulegen, Knöpfe anzunähen und Kleider zu flicken. Den Rest hatte sich Laura selbst beigebracht, und es war, als nähte sie schon seit Jahren.

Sie hielt das Kleid vor sich hin, um es einen Moment zu bewundern, dann blickte sie zu der Gestalt unter der Bettwäsche hinüber.

»Du hast das Kleid so wunderbar hinbekommen, Schätzchen. Es wäre doch schade, wenn deine Freundinnen dich nicht darin zu sehen bekämen.« Was für eine durchtriebene Verführung, dachte sie schuldbewusst, etwas, das sie als gottesfürchtige Katholikin doch verabscheuen sollte. Es war zwar nicht besonders anständig, an den Stolz ihrer Tochter auf ihre Leistung zu appellieren, aber Laura sprach nun einmal meistens darauf an.

Laura verdrehte den Kopf, sodass sie das Kleid sehen konnte. Es war tatsächlich ihre gelungenste Arbeit, und sie hatte alles von Hand gemacht. Es sah brandneu aus, und Mary Ellen würde grün vor Neid werden, wenn sie es sah, genau wie diverse andere Mädchen aus ihrer Klasse. Doch ihr war natürlich auch bewusst, dass ihre Mutter sich alle Mühe gab, sie ohne Widerworte aus dem Bett zu locken. Sie wollte bestimmt keine Szene, vor allem nicht an Toms Geburtstag.

»Mir geht’s schon besser«, verkündete Laura, obwohl das nicht ganz stimmte. Ihre Übelkeit hatte zwar nachgelassen, aber sie war einem dauernden, stechenden Schmerz gewichen. Laura biss die Zähne zusammen, beschwor das Ziehen aufzuhören und drückte fest mit der geballten Faust gegen ihre Seite. Sie stieß einen erstaunten Seufzer aus, als es funktionierte. Der Schmerz verschwand.

Gerade, als sie ihre Beine aus dem Bett auf den Flickenteppich schwang, der auf dem kalten Fußboden vor dem Bett lag, platzte ihr Vater ins Zimmer.

»Was, noch im Bett?«, erklang sein gespielter Tadel. »Deine Brüder warten schon vor der Tür. Jetzt aber hinein in die Kleider, Laura.«

Und als wollte er ihr genau dabei helfen, war er mit einem Satz bei ihr, hob sie auf und rannte wie in wilder Eile mit ihr durch das kleine Zimmer. Zuerst lachte Laura, doch dann meldeten sich die Schmerzen wieder, und sie musste die Zähne zusammenbeißen.

»Tom.« Angie unterdrückte ihr Lachen. »So hilfst du ihr nicht, sich fertig zu machen. Und sie wird langsam viel zu groß, um sie so zu tragen. Sie ist doch schon fast eine junge Dame.«

»Junge Dame, dieses Persönchen? Niemals!«, sagte Tom in ungläubigem Tonfall, und sein Blick wurde sanft, als er seine Tochter betrachtete.

Ganz gleich, wie erwachsen sie auch wurde, sie bliebe immer sein kleines Mädchen. Sein Engelchen, das beim Kuchenbacken im Sandkasten so niedlich ausgesehen hatte. Als Achtjährige nicht mit der Wimper gezuckt hatte, als Dr. Hume ihr nach dem Sturz von Phar Lap, den er gerade beschlagen hatte, den Arm gerichtet hatte. Das freche, dünne Geschöpf, das genauso gut austeilen konnte wie Frank. Das weiche Bündel, das sich an langen Winterabenden mit dem Kopf in seinem Schoß zusammenkuschelte wie ein verschlafenes Kätzchen, während sie zuhörten, wie Angie aus einem Buch vorlas. Er schüttelte den Kopf. Es gab so viele Dinge, die der Vergangenheit angehörten. Heute wurde bei den McRaes nicht mehr Klavier oder Billard gespielt, sondern vorgelesen, und auch das kostbare Radio gab es nicht mehr. Sie hatten diese Luxusgegenstände verkauft, um etwas zu essen auf den Tisch zu bringen.

»Setz sie ab, Tom. Wir kommen zu spät zur Messe, wenn sie sich nicht wäscht und fertigmacht.«

Laura bekam eine Gänsehaut, als ihr Vater sie mit den Füßen auf die kalten Dielen stellte. Gleichzeitig begann ihr Verstand, Worte zu bilden, um zu sagen, wie schlecht es ihr wirklich ging, und daran konnten auch die Vorstellung, sich in der Kirche mit ihren Freundinnen zu treffen, und die Tatsache, dass ihr Vater Geburtstag hatte, nichts ändern.

Sie blickte zu ihrer Mutter hinüber. Angie hielt ihr Kleid vor sich hin und wartete darauf, dass sie sich endlich beeilte. Dann sah sie ihren Vater an und sah die Zuneigung in seinem Gesicht. Wie hätte sie die beiden enttäuschen können, vor allem Papa? Ihr Vater war kein großer Kirchgänger, doch an Feiertagen ging er zur Messe, um Angie eine Freude zu machen.

Angie McRae war streng katholisch, und für sie war es eine Todsünde, an Sonn- oder Feiertagen die Messe zu versäumen. So sagte es die Kirche, und ihre Mutter nahm das alles sehr ernst.

Laura seufzte und beschloss, ihre Bauchschmerzen zu ertragen. Außerdem wollte sie zu gern Mary Ellens Miene sehen, wenn diese sah, wie Laura das Kleid und den Hut geändert hatte. Ihre Freundin verabscheute jede Art von Handarbeit, und ihr eins auszuwischen, war die Qual wert.

Ruth Strachan, ihre andere beste Freundin, wäre ebenfalls beeindruckt, aber anders. Ruth, deren Familie noch ärmer war als die McRaes, kannte keinen Neid.

Die katholische Kirche von Coogee stand neben der Grundschule, in die Laura gegangen...



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