E-Book, Deutsch, 416 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
Williams Ein ganz besonderer Weihnachtswunsch
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95649-924-1
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Weihnachtsroman
E-Book, Deutsch, 416 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
ISBN: 978-3-95649-924-1
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Seine Mum hat Joe beigebracht, dass er nur zum Polarstern hinaufsehen und ihm seinen Weihnachtswunsch entgegenschicken muss, dann wird er wahr. Doch jetzt ist sie tot, und Joe vermisst sie. Aber manchmal spürt er sie an seiner Seite, sie hört ihm zu, wenn er mit ihr spricht, da ist er sich ganz sicher - obwohl ihm niemand glaubt. Und dieses Weihnachtsfest möchte er nichts mehr, als dass sie noch einmal eine richtige Familie sind. Ob ihm der Polarstern auch diesen Wunsch erfüllen kann?
'Wunderbar warm voller liebenswerter, lebendiger Charaktere'
Fiona Walker
'Herzerwärmend, witzig und magisch ... ich habe sogar ein paar Tränen vergossen!'
Sun
Julia Williams wuchs mit sieben Geschwistern im Norden Londons auf und studierte in Liverpool. Nach einigen Berufsjahren im Verlagswesen widmet sie sich inzwischen ganz dem Schreiben. Während des Studiums lernte sie ihren Mann David kennen. Mit ihm und den vier gemeinsamen Kindern lebt sie mittlerweile in Surrey
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VERGANGENE WEIHNACHT
Livvy
Auf dem Asphalt des Parkplatzes komme ich zu mir. Irgendwie fühle ich mich sehr benommen und verwirrt. Ich erinnere mich noch an das Auto und an den jungen Burschen hinter dem Steuer … und an diesen fürchterlichen Schmerz, der durch meinen Kopf geschossen ist. Ich sehe auch die ganzen Leute, die um mich herumstehen, aber ansonsten weiß ich nicht mehr viel. Das Ganze musste schon Stunden her sein, denn inzwischen ist es dunkel, und ich bin allein. Ich verstehe auch nicht, wieso ich noch hier bin. Haben sie mich etwa einfach liegen lassen? Wieso hat man mich nicht ins Krankenhaus gebracht? Sehr seltsam. Ich fühle in meinen Taschen nach meinem Handy. Ich muss unbedingt Adam, meinen Mann, anrufen. Er macht sich bestimmt Sorgen, wo ich bleibe. Und Joe, unser Sohn, wird inzwischen völlig aufgelöst sein. Da fällt mir wieder ein … Aus irgendeinem Grund war ich wütend auf Adam, kann mich aber beim besten Willen nicht mehr erinnern, weshalb. Und mein Handy kann ich auch nirgends ?nden. Ich muss es wohl verloren haben, als der Wagen mich angefahren hat.
Der. Wagen. Hat. Mich. Angefahren.
Ich stutze, muss erst einmal die Logik des Ganzen verarbeiten. Wenn dieses Auto mich angefahren hat, wieso bin ich dann nicht verletzt und habe keine Schmerzen? Und wie kommt es, dass ich noch immer hier bin? Und weshalb ist es so dunkel?
Oh nein …
Adam
Als ich erfahre, dass meine Frau schwer verletzt im Krankenhaus liegt, stehe ich gerade vor meinem Büro und führe zum x-ten Mal das gleiche Gespräch mit Emily. Ich möchte vermeiden, dass alle hier in der Firma erfahren, was los ist. Ich bin wirklich nicht stolz darauf, wie geheimnistuerisch ich in den letzten Monaten geworden bin.
„Wie ist sie dahintergekommen?“, ?üstert Emily nervös.
„Ich weiß es nicht“, antworte ich. „Das ist auch nicht mehr wichtig.“
„Es ändert alles“, sagt sie.
Ich seufze. „Ja, das ist mir klar. Andererseits – irgendwann musste sie es ja heraus?nden. Ich wünschte nur, sie hätte es von mir erfahren.“ Ich weiß auch nicht … ich hatte es ihr in den letzten Monaten so oft sagen wollen. Mein Familienleben hat sich unaufhaltsam mehr und mehr aufgelöst. Ehrlich gesagt, ich hätte mir nie vorstellen können, dass es einmal so schlimm wird. Während dieser Zeit ist Emily mir zum einzigen Lichtblick im Leben geworden. Aber hätte ich überhaupt den Mut gefunden? Und dann ist da ja auch noch unser Sohn Joe. Was um alles in der Welt wird es dem Jungen antun? Schuldgefühl und Elend haben sich inzwischen fest in meinem Magen eingenistet. Wir haben in der Vergangenheit ja schon so einige miserable Weihnachtsfeste hinter uns gebracht, aber dieses Jahr wird mit Sicherheit allem die Krone aufsetzen.
„Adam, da sind Sie!“ Marigold, meine Assistentin. Sie sieht ziemlich mitgenommen aus. Sie redet so schnell, dass ich kaum verstehe, was sie sagt. „Es tut mir so leid, Adam … aber Sie müssen sofort zum Krankenhaus fahren. Es ist ein Unfall passiert … Livvy ist schwer verletzt.“
„Was?“ Noch immer bin ich mir nicht sicher, ob ich richtig verstanden habe. „Emily, ich muss gehen. Eine Livvy-Krise.“
„Beeilen Sie sich.“ Marigold wird immer hektischer. „Sie ist in der Notaufnahme.“
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mein erster Gedanke ist, dass Livvy vermutlich mal wieder eine Show abzieht. Das ist ihre bevorzugte Art, Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber als ich dann tatsächlich jemanden aus dem Krankenhaus am Telefon habe, erfahre ich, dass sie wirklich in einen schweren Unfall verwickelt wurde. „Zu meinem Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass ihr Zustand äußerst kritisch ist“, sagt mir der Arzt. „Ich muss Ihnen dringend raten, so schnell wie möglich herzukommen, Mr. Carmichael.“
Ich kämpfe kurz mit mir, ob ich Joe abholen soll oder nicht. Aber wenn die Dinge wirklich so schlimm stehen, wie man mir sagt … ob Joe mir je vergeben wird, wenn ich ihn nicht mitnehme? Letztendlich hole ich ihn mitten aus dem Unterricht seiner sechsten Klasse. Als wir beide im Krankenhaus ankommen, sagt man uns nur, dass auf der Intensivstation alles versucht wird. Wir werden in einen Warteraum für Angehörige geführt, was nichts Gutes erahnen lässt. Mein Puls rast, mir ist übel. Keiner klärt uns auf, es gibt keine genaueren Informationen, jeder ?üstert nur. Und in mir wächst das beklemmende Gefühl, dass wir uns auf das Schlimmste gefasst machen müssen.
Livvy
Langsam kommt alles wieder zurück. Ich weiß, dass ich zwei Wochen vor Weihnachten auf dem Weg war, um die Weihnachtseinkäufe bei Lidl zu erledigen. In mir brodelte es ungestüm, denn ich hatte gerade herausgefunden, dass Adam, Adam, mein wunderbarer Ehemann, mir untreu war. Ich meine, natürlich haben wir unsere Probleme, und schon seit einiger Zeit spüre ich, dass er mehr und mehr auf Distanz geht, aber … Adam und fremdgehen? Ich weiß wieder, wie wütend und schockiert ich war. Da arrangiere ich alles für ein schönes Weihnachtsfest für uns, und er vergnügt sich derweil mit einer anderen?
Während ich aus dem Wagen ausstieg, plante die eine Hälfte meines Hirns bereits das aufwendige Weihnachtsessen für uns, während die andere Hälfte eine stinkwütende Nachricht an Adam formulierte. Adam, du verdammter Mistkerl! Wie konntest du nur? So viel zum Thema Multitasking. Aber ich weiß auch, wie und wieso er das konnte. Über die Jahre habe ich ihm wohl genug Grund dafür geliefert.
Ich war so wütend, dass ich nicht darauf geachtet habe, wohin ich gehe. Ohne auf den Verkehr zu achten, trat ich auf die Straße. Genau in diesem Moment fuhr ein Wagen auf mich zu. Der Fahrer war gerade siebzehn. Sein Vater war mit ihm hierhergekommen, um ihn auf ungefährlichem Gelände ein wenig üben zu lassen. Doch der arme Kerl geriet wohl in Panik, als er mich plötzlich vor sich auftauchen sah, und statt auf die Bremse zu treten, muss er das Gaspedal erwischt haben. Noch immer sehe ich sein schreckverzerrtes Gesicht hinter der Windschutzscheibe, bevor mir selbst klar wurde, dass er frontal auf mich zugebraust kam. Und ich konnte nichts tun, um ihn aufzuhalten.
Der Aufprall tat nicht einmal weh, als der Wagen mich an der Seite erwischte, ins Schlingern geriet und in eine Reihe von Mülltonnen rauschte. Ich ?og durch die Luft und landete mit dem Kopf voran auf der langen Reihe von Einkaufswagen. Wären sie nicht gewesen, wäre ich wahrscheinlich mit blauen Flecken und vielleicht noch ein paar Knochenbrüchen davongekommen. So jedoch schlug ich mit dem Kopf auf einen der Wagen auf, was einen Schädelbasisbruch zur Folge hatte.
So ein Glück konnte auch nur ich haben.
Der Schmerz, den ich in diesem Moment spürte, war entsetzlich. Schon in der nächsten Sekunde scharte sich eine kleine Menschenmenge um mich. Alle starrten auf mich hinunter, der Junge, der den Wagen gefahren hatte, jammerte lautstark: „Oh Gott, was habe ich getan?“
Ich hörte noch das heulende Martinshorn, dann wurde alles um mich herum schwarz. Das Allerletzte, was ich wahrnahm, kurz bevor ich in die Dunkelheit abdriftete, waren die Töne von Simply Having A Wonderful Christmas Time, das aus einem nahe gelegenen Laden erklang. Einfach großartig, nicht wahr?
Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf einer Trage. Licht schien mir von oben direkt in die Augen. Ich musste mich in irgendeinem Transporter be?nden, der wohl mit riskantem Tempo durch die Stadt raste. Von irgendwoher kam eine Stimme: „Livvy, bleiben Sie bei mir, bleiben Sie wach!“ Doch ich konnte nicht, ich verlor erneut das Bewusstsein.
Das nächste Mal, als ich aufwachte, schwebte ich wie durch einen Traum. Ich konnte nicht erkennen, wo ich mich befand, aber wenn ich nach unten blickte, dann sah ich eine Menge Leute in hellgrauen Overalls mit Gesichtsmasken. Sie alle standen um einen Körper auf einem OP-Tisch herum … Ich muss sagen, das Ganze war mir mehr als unheimlich. Was ging hier eigentlich vor?
„Jetzt!“, sagte jemand, und der Körper da auf dem Tisch zuckte. Mehr passierte nicht.
Der Mann mit dem De?brillator in der Hand schüttelte stumm den Kopf, und irgendjemand anders sagte: „Zeitpunkt des Todes … vierzehn Uhr fünfzehn.“
Einer nach dem anderen trat langsam von dem Tisch mit dem Körper zurück. Monitore wurden abgestellt, Tropfnadeln herausgezogen, Schläuche eingerollt … In diesem Augenblick wurde mir jäh bewusst, dass ich auf mich selbst hinuntersah.
Was war hier gerade passiert, fragte ich mich still.
Ich kann doch nicht … Oder? Nein, das ist sicher nur irgendein seltsamer Traum. Gleich werden Adam und Joe zu mir kommen, und dann wache ich auf, und alles ist wieder in Ordnung.
Adam
Joe sage ich, dass ich uns etwas Heißes zu trinken hole. Ich verlasse den Warteraum und gehe als Erstes zum Schwesternpult, um zu fragen, ob es Neuigkeiten gibt, aber niemand kann mir Genaueres mitteilen. Als ich mit der wässrigen heißen Schokolade für Joe und einem lauwarmen Kaffee für mich in den Warteraum zurückkomme, höre ich, wie zwei Krankenschwestern sich ?üsternd darüber unterhalten, wie lange man versucht hat, die Frau in der Notaufnahme zurückzuholen. In mir schrillen alle Alarmsirenen. Oh Gott, was passiert hier nur? Noch vor wenigen Minuten habe ich mir den Kopf zerbrochen, wie ich Livvy unter die Augen treten und ihr beibringen soll, dass ich sie verlassen werde, und jetzt … jetzt bin ich in einem schrecklichen Albtraum gefangen. Ganz gleich, wie unglücklich wir miteinander waren … ich habe nie gewollt, dass Livvy etwas zustößt. Ich fühle mich, als würde ich am Rand eines gähnenden Abgrunds stehen. Ich habe keine Ahnung, wie es...