E-Book, Deutsch, Band 3, 197 Seiten
Reihe: The Guardians
Williams The Guardians III - Raphaels Herausforderung
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7396-1744-2
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Gay Romance
E-Book, Deutsch, Band 3, 197 Seiten
Reihe: The Guardians
ISBN: 978-3-7396-1744-2
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wenn man die Chance bekommt, den Tod von fünfzig Millionen Menschen zu verhindern, sollte man es tun? Diese Frage stellt sich Raphael, dem Guardian, den Gott nach Haskell County schickt, um den Ausbruch der Spanischen Grippe im Jahr 1918 zu verhindern, unwillkürlich. Sich als Mitarbeiter der U.S. Public Health Service ausgebend, nimmt der Schutzengel Raphael Kontakt zum ortsansässigen Mediziner Lore Miner auf. Der Kriegsheimkehrer kämpft zeitgleich einen Zweifrontenkrieg, einen gegen die um sich greifende Influenza und einen gegen sein Kriegstrauma. Erst seine aufkeimende Freundschaft zu Raphael bringt Lore etwas Frieden, bevor genau dieser Umstand sein Leben total ins Chaos stürzt. Gibt es für den Guardian und seinen Schützling in einer Welt, die gleichgeschlechtliche Liebe nicht nur ablehnt, sondern mit dem Tode bestraft, eine gemeinsame Zukunft? Diese Geschichte enthält homoerotische Elemente und ist daher nur für volljährige und aufgeschlossene Leser geeignet!
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Unwägbarkeiten
Mit enormem Magengrimmen stand Michael, der Anführer der Guardians, auf einem Hügel in der Nähe der kleinen Siedlung Sublette. In dem Örtchen in Kansas lebten gerade einmal achthundert Menschen und einer davon war Loring Miner der Zweite, der praktizierende Arzt von Haskell County. Seufzend rollte der Erzengel die Träne Gottes zwischen den Fingern hin und her. Es fiel ihm sehr schwer, diesen Auftrag zu vergeben. Natürlich wusste er, dass dafür nur ein einziger Guardian in Frage kam, doch es bestand die realistische Chance, dass sich die Tendenz fortsetzte. Die letzten beiden vergebenen Aufträge hatten zur Folge, dass die Schutzengel aus dem Dienst ausschieden und seither ein sterbliches Leben unter den Menschen führten. Natürlich gönnte Michael seinen beiden Freunden ihr Glück. Vor allem Gabriel hatte sich diese Belohnung verdient. Als Folteropfer hatte er sich bis zu seiner Bekanntschaft mit dem Schotten Angus McBain nicht mehr davon erholt und erst der bärbeißige Mann hatte ihn vollständig ins Leben zurückgeholt. Dass er dafür aus Michaels Diensten ausscheiden musste, war ein kleiner Preis, den sowohl er, als auch Michael gerne bezahlten. Auch Azazel hatte unter den Menschen ein neues Leben begonnen und lebte seither an der Seite des smarten Fotoreporters, der mit großen Schritten eine politische Karriere ansteuerte. Der charismatische New Yorker würde bald UN-Generalsekretär werden und die Geschicke der Welt mitgestalten, der ehemalige Guardian würde dabei an seiner Seite stehen und ihn tatkräftig unterstützen. Einen besseren Einsatz für einen Schutzengel gab es im Grunde nicht. Trotzdem gefiel Michael die Aussicht nicht, dass er bald auf seinen besten Freund verzichten sollte. Seit Äonen verband ihn und Raphael ein Band aus Loyalität, Verbundenheit und Kameradschaft. Doch nach Gottes Wille, sollte dieses nun durchtrennt werden. Es gab keine Chance darauf, dass Raphael nach dem Auftrag ins Refugium zurückkehrte. Zwar stand dies nirgends schwarz auf weiß, aber Gott hatte ihm prophezeit, dass die Zeit der Guardians zu Ende ging, ihre Aufgaben bald erfüllt wären und jeder eine eigene, individuelle Zukunft erhalten würde. Obwohl Michael als Erzengel unverwundbar und regelrecht unsterblich war, so fürchtete er sich doch vor diesen anstehenden Veränderungen. Wenn der Guardian die ihm gestellte Aufgabe gemeistert hatte, kehrte er bis zur nächsten ins Refugium zurück, zumindest war es die ganzen Jahrhunderte so gewesen. Michaels erste Träne bestimmte ihn zum Anführer der Guardians und offenbarte ihm, dass er eines Tages, damals noch in ferner Zukunft, Luzifer den rechten Weg weisen würde, wenn es soweit wäre. Die Zeit kam, näherte sich mit riesigen Schritten und niemand konnte sie stoppen oder aufhalten. Michael ängstigte sich, denn er glaubte, diese Aufgabe nicht bewältigen zu können. Luzifer, Gottes ehemals liebster Engel, hegte einen mordsmäßigen Groll gegen ihn, denn Michael hatte ihn als rechte Hand Gottes ersetzt und dies verzieh der Herr der Hölle nicht. Leise landete Raphael hinter seinem großgewachsenen Freund. Sorgsam schüttelte er noch einmal seine weißen Flügel mit den silbrigen Spitzen und faltete sie auf dem Rücken zusammen. Sofort verschwanden sie, entmaterialisierten, als wären sie nie da gewesen. Neben Michael fühlte sich Raphael immer extrem zierlich und fast schon feminin. Aber er störte sich auch nicht daran, denn wenn er es täte, würde er die Haare definitiv anders tragen. Sein feines glattes und fast schon weißes Haar fiel ihm in langen seidigen Strähnen bis in den halben Rücken und wirkte wie ein Seidengespinst, welches bei Kontakt zerfaserte. Die hohen Wangenknochen, der kleine aber fast schon üppige Mund und die leicht mandelförmigen Augen unterstützten noch die androgyne Optik des Engels. Egal wen man fragte, jeder sagte, dass Raphael einfach schön anzusehen wäre. Aber seine Schönheit hatte auch einen Nachteil. Er wirkte fast schon zerbrechlich. Menschen scheuten den direkten Kontakt, denn sie befürchteten alle, ihn zu verletzen. Dabei konnte man einen Schutzengel gar nicht verletzen, zumindest nicht auf der körperlichen Ebene. Auf der emotionalen ging es sehr wohl und viele von ihnen mussten schon extreme Seelenqualen erleiden. Trotz seines Alters von mehreren Menschenzeitaltern, hatte Raphael diesbezüglich Glück gehabt. Weder musste er im Krieg kämpfen oder Verwundete versorgen, noch geriet er jemals in Gefangenschaft. Seine Aufträge bestanden fast immer darin, seinen Schutzbefohlenen aufzusuchen und ihn zu heilen. Selten ging seine Aufgabe darüber hinaus. Wen würde er diesmal heilen? „Michael?“, sprach der Heiler seinen besten Freund leise an. Wenn dieser ihn hier und jetzt sehen wollte, hing sein neuer Auftrag mit der kleinen Siedlung in den USA zusammen. Das Örtchen sah friedlich und ruhig aus. Was lag hier im Argen? Mit einem traurigen Lächeln drehte sich der Anführer der Guardians zu Raphael herum. Die geöffnete Hand hielt er leicht vom Körper weg und auf seiner Handfläche schimmerte die elfenbeinfarbene Träne Gottes. „Es ist soweit.“ „Was meinst du?“, Raphael verstand die Melancholie seines besten Freundes nicht. Was wühlte ihn nur so auf? Michael deutete mit dem Kinn auf die Träne und erklärte: „Das hier ist dein letzter Auftrag. Deine letzte Aufgabe wird die schwerste von allen werden. Der Ort hier unter uns ist Sublette, Kansas, und heute ist der 16. Februar 1918.“ Erschrocken schnappte Raphael nach Luft. Mit weitaufgerissenen Augen sah er auf die wenigen Häuser hinunter. Sublette lag in Haskell County und hier nahm die Spanische Grippe ihren Anfang. Auf Grund fehlender Sicherheitsmaßnahmen und fehlender Voraussicht von Seiten der Behörden, konnte sich die Infektionskrankheit von hier aus in der ganzen Welt verbreiten. Wenn nur ein einziger Mitarbeiter der US-Gesundheitsbehörde entsprechend vorsichtig reagiert hätte, wären fünfzig Millionen Menschen am Leben geblieben. Diese Vorstellung ließ Raphael schwindeln. Traurig trat Michael auf Raphael zu und zog seinen kleineren und wesentlich schlankeren Freund in seine Arme. Normalerweise fasste Michael andere so wenig wie möglich an, doch jetzt und hier musste er einfach eine Ausnahme machen. Seine und Raphaels Wege würden sich von heute an für immer trennen und sie würden sich vermutlich auch nicht wiedersehen, daher erlaubte er sich diesen letzten engen Kontakt. Auch Raphael fühlte die Unausweichlichkeit der Situation. Er zog im übertragenen Sinne in seine größte Schlacht und wenn er sie gewann, änderte sich die Geschichte der Menschheit grundlegend. Sollte Raphael den Ausbruch eindämmen oder gar komplett verhindern können, würden viele Menschen, die sonst sterben würden, am Leben bleiben, würden die Weltgeschichte mitgestalten, Kinder bekommen und alt werden. Sie konnten Einfluss nehmen, was sie vorher auf Grund ihres frühen Ablebens nicht konnten. Für Raphael war dies ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wollte er als Heiler helfen, dem Tod ein Schnippchen schlagen und die Kranken heilen. Andererseits wusste er, dass unter den Millionen geretteter Menschen nicht nur „Mahatma Gandhis“ und „Mutter Theresas“ waren, es gab auch „Adolf Hitlers“ und „Dschingis Khans“ darunter. Aber durfte man eine ganze Ernte verbrennen, wegen einiger fauler Äpfel? Vor allem wenn man wusste, dass solche üblen Subjekte wie Stalin und Hitler die Sache sowieso überleben würden. Würden sie am Leben bleiben, wenn sich die Geschichte änderte? Zitternd streckte Raphael seine Hand aus und wartete darauf, dass Michael die Träne in seine Hand fallen ließ. Mit feuchten Augen drehte die rechte Hand Gottes die Hand nach unten und der feste Perlmuttropfen fiel. Als die göttliche Träne die Haut des Guardians berührte, zerfloss sie und wurde vom Fleisch des Schutzengels absorbiert. Raphael stöhnte und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Bisher hatten seine Visionen immer nur kurz gedauert, denn es wurde ihm bisher immer nur ein Gesicht gezeigt und ein Kontext dazu. So erfuhr er wer, wann und wo. Doch diesmal galt es mehr zu beachten. Die Millionen Kranken konnte er nicht heilen, dafür war selbst er nicht stark genug. Diesmal musste er indirekt einwirken. Er zweifelte daran, die Pandemie vollständig verhindern zu können, aber er würde tun, was er konnte. Was er machen sollte und konnte, war die Menschen zu sensibilisieren, dass sie die passenden Schutzmaßnahmen ergriffen und sich die Spanische Grippe nicht wie ein Lauffeuer über die ganze Welt verbreitete. Im Jahre 1918 spülte die Influenza in drei Wellen über die Welt. Bei der ersten infizierten sich viele, aber die Sterblichkeitsrate war gering. Bei der zweiten sah es schon viel schlimmer aus und wegen der dritten kam der erste Weltkrieg zum Erliegen, weil die Soldaten in den Schützengräben mit Fieberkrämpfen darnieder lagen. Weltweit kam es zu katastrophalen Epidemien. Im Hafen von Shanghai erkrankten die kompletten Dockarbeiter, ganze US-Kasernen mussten außer Dienst genommen werden und die Kampfmoral der deutschen Soldaten sank ins Bodenlose. Viele Historiker gingen davon aus, dass der Krieg auf Grund...




