E-Book, Deutsch, 212 Seiten
Wolf Baron Grimm, Briefe an Lord Findlater
3. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7450-1037-4
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
(1794-1801)
E-Book, Deutsch, 212 Seiten
ISBN: 978-3-7450-1037-4
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Von Friedrich Melchior Grimm sind 58 Briefe an seinen Freund, den 7. Earl of Findlater und 4. Earl of Seafield überliefert. Diese Briefe, die alle zwischen 1794 und 1801 geschrieben wurden, geben uns Aufschluss über Grimms Leben in Gotha und Hamburg. Aus ihnen erfahren wir etwas über den Privatmann Grimm, sein persönliches Leben, die Zeitumstände, seine Beziehungen zu Katharina der Großen und anderen Persönlichkeiten, die um 1800 in Europa eine wichtige Rolle spielten. Mehr als andere Schriftstücke gewähren uns diese Briefe auch Einblicke in den Seelen- und Gemütszustand eines Mannes, der sonst nur wenig über sich und seine Motive preisgegeben hat. Mit seiner Correspondance littéraire hatte er zusammen mit Denis Diderot zwischen 1755 und 1773 die europäischen Höfe mit Kulturnachrichten aus Paris versorgt; Grimm stand mit fast allen Vertretern der französischen Kultur auf vertrautem Fuß und half die Ideen der Aufklärung in kommentierter Form Fürsten, Königen und Kaisern zu vermitteln.
Pensionierter Schulleiter, Diplompädagoge Arbeiten zur Veränderung von Verhaltensstandards im Bereich der Erziehung im Kontext der Zivilisationstheorie von Norbert Elias Erziehung im Zeitalter der Aufklärung
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Vorwort
Von Friedrich Melchior Grimm sind 58 Briefe an seinen Freund, den 7. Earl of Findlater und 4. Earl of Seafield überliefert. Diese Briefe, die alle zwischen 1794 und 1801 geschrieben wurden, geben uns Aufschluss über Grimms Leben in Gotha und Hamburg.1 Aus ihnen erfahren wir etwas über den Privatmann Grimm, sein persönliches Leben, die Zeitumstände, seine Beziehungen zu Katharina der Großen und anderen Persönlichkeiten, die um 1800 in Europa eine wichtige Rolle spielten. Mehr als andere Schriftstücke gewähren uns diese Briefe auch Einblicke in den Seelen- und Gemütszustand eines Mannes, der sonst nur wenig über sich und seine Motive preisgegeben hat. Mit seiner Correspondance littéraire2 hatte er zusammen mit Denis Diderot zwischen 1755 und 1773 die europäischen Höfe mit Kulturnachrichten aus Paris versorgt; er war maßgeblicher Mitinitiator des sog. Buffonistenstreits Anfang der 50er Jahre des 18. Jahrhunderts; Grimm stand mit fast allen Vertretern der französischen Kultur auf vertrautem Fuß und half, die Ideen der Aufklärung in kommentierter Form Fürsten, Königen und Kaisern zu vermitteln. Friedrich Melchior Grimm tritt uns in seinen Schriften stets als Vermittler, Ratgeber und Kritiker gegenüber, über sich selbst, was ihn antrieb, was ihn bewegte, hat er nur wenig verlauten lassen, seine Briefe an Findlater schließen ein wenig diese Informationslücke. Die Briefe an Lord Findlater schrieb Grimm, als er seine Lebensstellung in Paris schon verloren hatte. In der Weltkulturhauptstadt Paris war er vor der Revolution nicht selten erster Ansprechpartner für die aufgeklärten Höfe Europas, die gerne ihren Nachwuchs in die Obhut des kosmopolitisch orientierten Grimm nach Paris gaben. Nach seiner Reise nach St. Petersburg im Jahre 1773 stand er in persönlichem Kontakt mit Katharina II. Mit ihr führte er bis zu deren Tod 1796 einen sehr vertraulichen und nahezu intimen Briefwechsel. Grimm war ein Vielschreiber, der mit unzähligen Personen korrespondierte, einen persönlichen Ton aber fand er nur in den Briefen an Katharina und in den Briefen an Lord Findlater, dem schottischen Adeligen, der in Deutschland seine zweite Heimat fand. Als Grimm 1793 mit seiner „Adoptivfamilie“ de Bueil nach Gotha kam und dort Aufnahme bei Herzog Ernst II. fand, hegte er noch die Hoffnung, dass Österreich zusammen mit Preußen die französische Monarchie retten und somit die alten Zustände wieder herstellen könnte. Mit Hilfe des zur europäischen Großmacht gereiften Russlands und mit Unterstützung der Engländer sollten, so Grimms Annahme, die Tage der Revolutionäre eigentlich gezählt sein, doch die Geschichte nahm eine andere Entwicklung. Die Republik wuchs sich zur Bedrohung für Europa aus, die Franzosen besetzten das linke Rheinufer, die südlichen Niederlande gingen für Österreich verloren und der in Oberitalien sehr erfolgreiche General Napoleon hatte gar den Plan, Wien zu erobern. Grimm fühlte sich in Gotha nicht mehr sicher und sah für sich und seine „Familie“ einzig in Russland am Hof der Kaiserin seine letzte Zufluchtsmöglichkeit. Dass Grimm nicht schon in den Jahren 1794 und 1795 eine Gelegenheit fand, nach Russland zu gehen, das erfahren wir aus den Briefen an Lord Findlater. Wer war nun dieser Findlater, dem Grimm fast bis ans Ende seiner Tage Briefe schickte? In England ist nur wenig über diesen Lord bekannt. Details zu seinem Leben und seiner Geschichte erfahren wir in der Universitätsbibliothek von Edinburgh. Findlater gehörte zu der berühmten Familie der Ogilvys, einer seiner Vorfahren baute die Festung von Findlater, ursprünglich Fynn Leihter - die weiße Klippe; die Ruinen kann man noch heute an der Nordküste Aberdeenshires am Moray Firth auf einem hohen Kliff sehen. James, der 7. Earl of Findlater wurde am 10. April 1750 in Mittelschottland auf Schloss Huntingtower geboren, sein Vater war der 6. Earl of Findlater und 3. Earl of Seafield, seine Mutter war Lady Mary Muuray, die zweite Tochter des Herzogs von Atholl. Die Familie Ogilvy war weit verzweigt und spielte in der schottischen Geschichte mehrfach eine nicht unbedeutende Rolle. Der Ugroßvater unseres Lord Findlater bekleidete mehrere hohe Ämter, zuerst in Schottland und dann nach der Vereinigung mit England auch im nun so bezeichneten Great Britain. Der junge Findlater studierte in Oxford und nahm nach dem Tod des Vaters 1770 den Titel des 7. Earl of Findlater und 4. Earl of Seafield an. Der Vater hinterließ seinem Sohn ein ansehnliches Erbe mit jährlichen Einkünften von 4,5 Millionen Euro (nach heutigem Geld). Das waren nur die Einkünfte, das Vermögen war weit größer. An der Universität erwarb sich der junge Findlater einen hervorragenden Ruf, er begeisterte sich vor allem für lateinische Dichter, bewunderte Horaz, bevorzugte aber Vergil. Nach seinem Studium verließ Findlater die britische Insel und trat die damals übliche große Bildungsreise auf dem Kontinent an. Von Calais aus ging es zuerst nach Paris, weitere Stationen waren, immer wieder unterbrochen von längeren Aufenthalten, Lyon, Marseille, Genua, Rom, Neapel, dann wieder Rom, Venedig und Wien. 1775 ist er zurück im Haus der Familie in Cullen. Das Reisen auf dem Kontinent hat unserem Lord ausnehmend gut gefallen, brachte es doch den Vorteil mit sich, dass er sich dabei seiner Neigung zu Männern unauffälliger hingeben konnte. Findlater war homosexuell, Andeutungen in seinen Briefen lassen vermuten, dass er einem ehemaligen Freund Geld zahlen musste, damit der ihn nicht „outete“. (Barczaitis 2016, S. 2, in: Der Elbhang-Kurier 5/2016) Es muss wohl schon am Ende seiner Tour gewesen sein, als Findlater im Frühjahr 1775 zum ersten Mal nach Dresden kam. In Briefen an die Mutter schrieb er von gesellschaftlichen Verpflichtungen, von einer berühmten Gemälde-sammlung war nicht die Rede. Etwas Ruhe findet er im Landhaus eines „Marechal Schomburg“, ein Mitglied der weit verzweigten Familie derer von Schönberg. Zur Erinnerung: Friedrich Melchior Grimm verdiente sein erstes Geld als Hofmeister im Haus des kursächsischen Gesandten von Schönberg, der mit seiner Familie 1747 noch das schöne Löschenkohl-Palais in Regensburg bewohnte. Mit Gottlob Ludwig von Schönberg, dem ältesten Sohn, hatte er das Gymnasium poeticum in Regensburg besucht.3 Der junge Findlater begibt sich bald wieder auf Reisen, seine Ziele sind jetzt Brüssel und der niederländische Kurort Spa, dass er in den nächsten fünfzehn Jahren seiner schwankenden Gesundheit wegen, immer wieder aufsucht. Gut möglich, dass sich Findlater und Grimm schon 1781 dort getroffen haben, als Grimm auf Einladung Prinz Heinrichs mehrere Wochen in Spa verbrachte. 1779 heiratet Findlater in Brüssel Christina Teresa Murray, sie trennen sich jedoch schon nach wenigen Jahren, war doch die Ehe wohl nur der gesellschaftlichen Konventionen wegen geschlossen worden. Findlater begab sich nun wieder auf Reisen durch ganz Europa, kehrte zwischenzeitlich 1785 nach England zurück, bewarb sich vergeblich um einen Platz im britischen Oberhaus, lebte fünf Jahre in London und Schottland und verkrachte sich mit seinem Nachbarn Brodie of Brodie. Darüber wird eine witzige Geschichte erzählt: Brodie taufte ein Schiff auf den Namen „Gräfin von Gordon“. Der kleine Küstensegler zeigte eine auffällige technische Neuerung: man hatte den Schiffsrumpf mit Kupfer beschlagen, um es bei Ebbe ohne Schaden auf Grund setzen zu können. Mit den Gordons waren die Grafen von Findlater nicht eben befreundet und unser Findlater machte nun anlässlich der Schiffstaufe folgende Bemerkung: „Ich wusste ja, dass die Gräfin einen Stiernacken hat und eine eherne Stirn, aber dass sie auch einen Kupferarsch hat, wusste ich noch nicht.“ Mit dieser Äußerung handelte sich Findlater einigen Ärger ein, er ergriff die für ihn einzig mögliche Konsequenz, er ging ins freiwillige Exil auf den Kontinent und verließ Cullen für immer. 1790 reiste er nach Deutschland und befand sich nacheinander in Frankfurt am Main, Hamburg, Dresden, Halle und Altenburg. Seine gelehrte und witzige Weise mit den Dingen umzugehen, machte ihn zu einem beliebten und geschätzten Gesellschafter. In Dresden erwarb Findlater das Herrenhaus Helfenberg sowie mehrere zusammenhängende Weinberge am Dresdner Elbhang. Hier ließ er sich von dem Architekten und Hofbaumeister Johann August Giesel ein Palais errichten. Auf den Grundmauern des Palais’, dessen Fertigstellung Ogilvy (Lord Findlater) nicht mehr erlebte, wurde später das Schloss Albrechtsburg errichtet. Findlater starb am 5. Oktober 1811 in Dresden. An der Loschwitzer Kirche befindet sich das gemeinsame Grab Ogilvys und seines Lebensgefährten Johann Georg Fischer. Auf der Grabplatte ist Ogilvys deutscher Titel und Name mit „Lord Jacob Graf v. Findlater, Pair v. Schottland“ angegeben. 4 In den böhmischen Bädern Karlsbad und Teplitz erinnert man sich noch heute an den großen Förderer und Mäzen Lord Findlater. Zusammen mit dem Grafen Clam gründete er in Teplitz ein Krankenhaus für Arme und in Karlsbad trug er zur Verschönerung des Kurbades bei; die Einwohner der Stadt stellten ihm zu Ehren auf einem bewaldeten Höhenrücken einen Obelisk auf. Findlater war ab 1793 insgesamt vierzehnmal als Sommergast in Karlsbad, zuletzt 1810. Hier traf er auch mit Goethe zusammen, der seine Besuche bei Findlater in seinen Tagebüchern erwähnte. Wir wissen nicht genau, wann Grimm mit Lord Findlater...