E-Book, Deutsch, 218 Seiten
Zehm Prinz Anton und die Maus Casemir
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-384-04169-2
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Märchen
E-Book, Deutsch, 218 Seiten
ISBN: 978-3-384-04169-2
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Carsten Zehm, in Erfurt geboren, in Halle studiert, lebt nördlich von Berlin. Er arbeitet als Berufsschullehrer, hat zwei wundervolle Kinder und fünf ganz tolle Enkel. Carsten Zehm schreibt schon seit vielen Jahren und veröffentlicht Geschichten seit dem Jahr 2000. 2011 kam sein erster Fantasy-Roman heraus, es folgte eine Trilogie (Die Abenteuer des Magiers Bandath) und ein Geschichtsthriller (Operation Romulus). "Nebenbei" erscheinen regelmäßig Kurzgeschichten in Anthologien.
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Prinz Anton und die Maus Casemir
Es war einmal vor langer Zeit in einem weit, weit entfernten Land ein kleiner Prinz namens Anton. Anton war sehr einsam und hatte keine Freunde, wie das oft so ist bei kleinen Prinzen. Eines Tages stand er am Flussufer und beobachtete den langsam dahinfließenden Fluss. Plötzlich hörte er ein Wimmern und Schreien. Verunsichert dreht er sich um. Da sah er eine Maus, die in eine Falle geraten war und um Hilfe rief.
„Oh weh!“, rief Prinz Anton, eilte hinzu und öffnete die Falle. Die Maus huschte davon in die Freiheit. Doch schon nach ein paar Schritten hielt sie inne und drehte sich zu Prinz Anton um.
„Ich danke dir“, piepste die Maus. „Ich werde dich nie vergessen und dir immer dankbar sein.“
„Das habe ich gern getan“, antwortete Prinz Anton. „Wie heißt du?“
„Ich bin Casemir“, antwortete die Maus und setzte sich auf ihre Hinterbeine.
„Und mein Name ist Anton“, entgegnete der Prinz und verbeugte sich.
So begann eine der ungewöhnlichsten Freundschaften, von der man je in diesem Königreich gehört hatte. Jeden Tag trafen sich jetzt Prinz Anton und Casemir die Maus. Sie unterhielten sich stundenlang. Der Prinz erzählte Casemir von seinem Königreich und von seinem Leben als Prinz. Casemir wiederum erzählte dem Prinzen von seinem Leben als Maus. Er durfte ihm aber nicht alles erzählen, was er wusste, denn Casemir war der verzauberte Sohn eines Bauern aus einem anderen, weit entfernten Land. Vor Jahren hatte ein böser Hexenmeister den Jungen verhext und in eine Maus verwandelt.
Nur die Freundschaft zu einem Menschen konnte ihn wieder zurückverwandeln. Dieser Mensch aber musste die Maus um ihrer selber willen als Freund gewinnen, ohne zu wissen, dass Casemir ein verwunschener Mensch war. Da aber alle Menschen Mäuse jagten und ihre Katzen auf sie hetzten, war es Casemir nicht gelungen, einen Freund zu finden. Bis er Anton traf. Ihm aber durfte er nicht erzählen, dass er in Wirklichkeit ein verzauberter Junge war, damit die Freundschaft zu Anton ihn vielleicht eines Tages erlösen könnte.
Viele Monate lang trafen sich Prinz Anton und die Maus Casemir am Ufer des Flusses und viel Spaß hatten sie miteinander. Doch diese glücklichen Tage sollten nicht lange dauern. Der Hexenmeister, der Casemir verhext hatte, bedrohte das Land des Prinzen.
Als Prinz Anton von der Bedrohung seines Königreichs erfuhr, war er bereit, alles zu tun, um sein Land und sein Volk zu schützen.
Doch er wusste nicht, wie er den bösen Zauberer besiegen konnte.
Casemir, der inzwischen mehr über Zauberei wusste als Prinz Anton, erzählte seinem Freund von einem uralten Zauberbuch, dass tief im Herzen des Berges liegen sollte, der hinter dem Palast des Königs aufragte.
„Vielleicht“, so sagte Casemir, „finden wir in dem Buch einen Zauberspruch, der uns gegen den bösen Hexenmeister hilft.“
Drei Tage und drei Nächte bestieg Prinz Anton den Berg, Casemir in seiner Jackentasche mit sich tragend. Viele Wege gingen sie, oft in die Irre. Manchmal mussten sie bergab steigen, um auf einem anderen Weg bergauf steigen zu können. Meist trug Prinz Anton Casemir, aber immer wieder musste er von Casemir den Weg erkunden lassen, wenn er selber nicht weiterkam. Dann kam Casemir die Maus zurück und sagte „Hier führt kein Weg weiter, wir müssen einen anderen Pfad suchen.“
Oder er sagte: „Wir sind richtig hier, Prinz Anton. Der Weg wird gut.“
Endlich, zur Mitte der Nacht des dritten Tages, erreichten sie den Gipfel des Berges. Dort, zwischen Schnee, Eis und Felsblöcken, fand Casemir den Eingang einer Höhle. Wie gewohnt ging er vor, um den Weg zu erkunden. Aber schnell wie der Blitz kam er zurückgerannt.
„Dort drinnen gibt es eine große, steinerne Halle in deren Mitte sich ein Sockel befindet. Darauf liegt das uralte Zauberbuch. Aber, Prinz Anton, der Boden dieser Halle wimmelt von hunderten Katzen.“ Casemir zitterte vor Angst.
„Hab keine Furcht“, sagte Prinz Anton. Er nahm Casemir auf und verbarg ihn unter seiner Wäsche an seinem Leib. So schritt er in die Höhle. Casemir hatte nicht gelogen. Hunderte Katzen und Kater rekelten sich auf dem Boden der Höhle. Sie streunten durch die Gänge, schnurrten an den Ecken oder lagen auf Felssimsen und schliefen. Einige betrachteten Prinz Anton.
Andere kümmerten sich nicht um ihn. Ein paar maunzten, erhoben sich und strichen um seine Beine. Es war, als bettelten sie darum, gestreichelt zu werden, so wie das Katzen halt nach Katzenart tun.
Anton kümmerte sich nicht um die Katzen. Er schritt ruhig durch die steinerne Halle bis zu dem Sockel. Dort nahm er das uralte, staubige Buch auf, klemmte es sich unter den Arm und schickte sich an, die Halle wieder zu verlassen. Im selben Moment aber, als Prinz Anton das Buch anfasste, wurde der älteste der Kater wach. Er war der Anführer der ganzen Schar, hatte nur noch ein Auge und ihm fehlte ein halbes Ohr.
„Mauuuuuu“, raunzte er langezogen und starrte Anton an. Einige andere Katzen und Kater wurden wach und wandten sich dem Eindringling zu. Anton schritt schneller aus.
Zwei erfahrene Katzen zwängten sich durch ihre Artgenossen, maunzten immer lauter und just als Anton die Höhle verließ, griffen sie ihn an. Die eine krallte sich in Antons Arm, die andere an die Stelle an seinem Leib, an dem sich Casemir die Maus befand. Anton schleuderte die Katze an seinem Arm davon, riss die andere ebenfalls ab und hastete hinaus. Draußen suchte er sich einen geschützten Platz, legte das Buch zur Seite und, obwohl er selber heftig am Arm blutete, griff er unter seine Kleider zu Casemir der Maus. War er selber schon verletzt durch den Angriff der Katze, so hatte es die Maus Casemir schlimm erwischt. Tiefe Wunden hatten die Katzenkrallen im Rücken der Maus hinterlassen. Ganz schwach hob sich die kleine Brust der Maus und Anton legte sie vorsichtig in ein Moosbett, vor Wind und Wetter geschützt nahe an einem Felsen.
„Casemir“, flüsterte Anton. „Casemir, was soll ich tun?“
„Besiege den Hexenmeister“, wisperte die Maus.
E war so schwach, dass Anton die Stimme kaum hörte.
„Aber ohne dich?“
„Dein Volk ist wichtiger als eine Maus.“ Und mit diesen Worten schloss Casemir die Augen und hörte auf zu atmen.
„Nichts ist wichtiger als ein guter Freund“, schrie Prinz Anton voller Schmerz. Er nahm den Körper seines Freundes in die Hände, küsste das spitze Näschen und legte ihn vorsichtig wieder auf das Moos.
„War es all das wert wenn dabei ein Freund stirbt?“, rief er traurig und er weinte, wie er noch nie in seinem Leben geweint hatte. Tränen liefen über seine Wangen und die Nase. Weil er sich aber dabei über Casemir gebeugt hatte, tropften diese Tränen auf die tote Maus.
Es waren reine Tränen der Trauer um einen verlorenen Freund. Jeweils eine benetzte die geschlossenen Augen Casemirs.
Da aber erzitterte der Körper der Maus einmal. Weil Prinz Anton aber so weinte, bemerkte er es nicht und eine dritte Träne fiel auf die Brust Casemirs, da wo bei Mäusen das Herz ist. Es war eine Träne aus dem linken Auge und sie kam direkt aus Antons Herz. Jetzt stieg ein dichter Nebel auf und Anton wich erschrocken zurück. Als sich nun aber der Nebel lichtet, lag an Stelle der Maus ein Junge in Antons Alter.
„Was …“, fragte Prinz Anton, doch dann versiegten ihm die Worte, denn er verstand nicht, was geschehen war. Der Junge vor ihm atmete einmal tief ein und öffnete die Augen. Ganz langsam setzte er sich auf, sah sich um, betrachtete seine Hände, Arme und Beine, als sähe er sie zum ersten Mal. Dann nahm er den weinenden Jungen vor sich wahr und seine Mine erhellte sich. „Prinz Anton“, flüsterte er.
„Wer … wer bist du?“, stotterte Prinz Anton.
„Ich bin Casemir, dein Freund. Ich war eine verzauberte Maus.“
Da schrie Prinz Anton erneut, dieses Mal aber vor Freude und sogleich lagen sich die beiden Jungen in den Armen. Und jetzt flossen Tränen der Freude aus ihren Augen. Mit leisen Worten erzählte Casemir seinem Freund, wie er zu einer Maus geworden war und Anton lauschte der Geschichte.
Nach einer Weile raffte sich Casemir auf, strich seine Locken zurück und sagte: „Noch immer bedroht der Hexenmeister dein Land. Lass uns sehen, was wir tun können.“
Aber sie konnten das Zauberbuch nicht lesen, war es doch in einer dieser alten Sprache verfasst, die kaum noch jemand verstand oder sprechen konnte.
„Ich weiß von einer Frau“, sagte Prinz Anton da. „Sie wohnt am Fuße des Berges, nahe am See.
Die Leute gehen zu ihr, wenn sie krank sind und Heilkräuter brauchen. Sie nennen sie ‚die Weise aus dem Feengarten‘, denn in ihrem Garten leben Feen, die zwischen den Blumen und Pflanzen umherfliegen. Vielleicht kann sie uns...