E-Book, Deutsch, 124 Seiten
Zwinggi / Hauser / Koch-Jaksiewicz Kompetenzen für Pflegeprofis (E-Book)
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-0355-1844-3
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Didaktik für die berufliche Bildung in der Pflege
E-Book, Deutsch, 124 Seiten
ISBN: 978-3-0355-1844-3
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen.
Welche Kompetenzen sind in Pflegeberufen gefordert? Wie können sie in der Ausbildung entwickelt werden? Und wie
werden berufspädagogische Vorgaben im Unterricht umgesetzt?
Diese fachdidaktische Publikation liefert kompakte Antworten, untermauert von konkreten Unterrichtsbeispielen. Dabei
wird gezeigt, wie Bildungs- und Rahmenlehrpläne berufsspezifisch in lernförderliche Unterrichtssettings implementiert
werden können. Die Fachdidaktik eignet sich für den Einsatz auf allen Stufen der beruflichen Bildung.
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2.3 Berufsdidaktik auf der Ebene des Unterrichts
Auf der Ebene des Unterrichts, der Mikroebene, werden die gesetzlichen und schulischen Vorgaben den Gegebenheiten des konkreten Unterrichtssettings angepasst. Dabei werden Merkmale der Lerngruppe, aktuelle Gegebenheiten, die Erfahrung und das Methodenrepertoire der Lehrperson sowie die tatsächlich zur Verfügung stehenden Lektionenzahlen berücksichtig. Letztere können aus verschiedenen Gründen (Feiertage, ausserplanmässige Unterrichtsausfälle) von den Vorgaben des Schullehrplans abweichen. Der Lehrperson in der beruflichen Bildung stehen mit der Semesterplanung und der Unterrichtspräparation zwei hilfreiche Planungsinstrumente zur Verfügung. Im Folgenden wird das Potenzial dieser Planungsinstrumente erläutert. 2.3.1 Semesterplanung
Eine sorgfältige Semesterplanung bildet eine wichtige Grundlage für die eigene Arbeitsplanung, die Festlegung von pädagogisch-didaktischen Schwerpunkten und den stimmigen Einsatz von methodischen Grossformen wie Projektarbeiten oder Exkursionen, die Abwechslung in den Unterrichtsalltag bringen und das Lernen mit unvergesslichen Erfahrungen verbinden. Grundlage der eigenen Arbeitsplanung Die Semesterplanung ermöglicht frühzeitig einen Überblick über die einzelnen Themen und somit die Planung der individuellen Einarbeitung in fachliche Inhalte, die von der eigenen Ausbildung her noch nicht genügend abgedeckt sind oder die eine fachwissenschaftliche Auffrischung benötigen. Durch die zeitige Festlegung von Prüfungsterminen und -formaten kann zudem der Korrekturaufwand optimal auf das ganze Semester verteilt und den Notenabgabeterminen gelassen entgegengeblickt werden. Zudem lassen sich so Prüfungstermine mit anderen Lehrpersonen der gleichen Klasse koordinieren. Bei der hohen Anzahl von Noten, die in der beruflichen Grundbildung der Pflegeberufe pro Semester generiert werden müssen, liegt es auch im Interesse der Lernenden, wenn sich die Prüfungen über das Semester verteilen. Planung von übergeordneten Semesterthemen Die Semesterplanung ermöglicht es, einzelne Themen zu einer ganzheitlichen Lerneinheit aufzubauen und zu verknüpfen. Ausgewählte, berufsdidaktisch bedeutsame Kernthemen können als übergeordnete Semesterthemen laufend in den einzelnen Unterrichtseinheiten aufgenommen, vertieft und überprüft werden. Diese Kernthemen bilden einen roten Faden über das ganze Semester hinweg, dienen der Orientierung und tragen zur Kohärenz bei. Kernthemen können zu allen drei Pfeilern des handlungskompetenzorientierten Unterrichts formuliert werden: Im Bereich der Bezugswissenschaften können grundlegende Fachstrukturen einen übergeordneten Schwerpunkt bilden, im Bereich der beruflichen Praxis können Handlungsmodelle vertieft werden und im Bereich der Bildungstheorie kann in jedem Semester ein bewusster Schwerpunkt auf eine zentrale überfachliche Kompetenz des Berufsfeldes gelegt werden. Berufsdidaktische Pfeiler Übergeordnete Semesterthemen Berufspraxis Arbeitsplanung, Pflegeprozess Bezugswissenschaften Strukturmodell «DURST» Bildungstheorie Memorierungstechniken, Gruppenkompetenzen Abbildung 18: Übergeordnete Semesterthemen in der AGS-Ausbildung (eigene Darstellung) Werden die übergeordneten Semesterthemen lernförderlich miteinander verknüpft, so können wichtige Elemente des handlungskompetenzorientierten Unterrichts umgesetzt werden. Dies könnte folgendermassen konkretisiert werden: Beim Aufbau von Memorierungstechniken wird gleichzeitig ein Strukturmodell aus den Bezugswissenschaften als Organisationshilfe für die Einspeicherung von Wissen und als Eselsbrücke für dessen Abruf genutzt. Die einzelnen Lernschritte werden in Lerngruppen erarbeitet und vertieft. Diese Lerngruppen erhalten so die Chance, über ein ganzes Semester schrittweise Gruppenkompetenzen aufzubauen. Werden berufsspezifische und berufsübergreifende Kompetenzen auf diese Weise etabliert und vertieft, sind sie als solide Grundlage für den weiteren Wissensaufbau nutzbar. 2.3.2 Unterrichtsvorbereitung
Unterricht als Gestaltung von Lernprozessen ist eine sehr komplexe Angelegenheit und braucht darum eine sorgfältige Planung. Sie hilft uns, komplexe Fachinhalte in überschaubare und sinnvoll verknüpfte Einzelteile zu zerlegen, die vorhandene Zeit sinnvoll aufzuteilen und auf mögliche Stolpersteine vorbereitet zu sein. Als solides Fundament bietet sie vor allem für Einsteiger*innen im Lehrerberuf die nötige Grundlage für all die Abweichungen und Improvisationen, die häufig die Regel in einem lebendigen Unterricht sind. Bei der Planung des Unterrichts werden zentrale Grundfragen zu den unterrichtlichen Rahmenbedingungen, dem Unterrichtsinhalt und dem methodischen Arrangement erörtert. Dieses Vorgehen beschreibt Richard Schmid-Leupi (2013) modellhaft in sieben Schritten: Lerngruppen- und Bedingungsanalyse Sachanalyse Didaktische Analyse Didaktische Reduktion Eigene Zielsetzung Methodisches Arrangement und Sozialformen Verlaufsplan Die Schritte der Unterrichtsplanung implizieren eine chronologische Reihenfolge von separaten Planungsschritten – in der Realität sind diese aber sehr stark aufeinander bezogen. Während der Planung geschehen darum ständig Vor- und Rückgriffe auf die einzelnen Phasen, die wir im Folgenden genauer beleuchten. Die beispielhafte Umsetzung dieser sieben Schritte auf der Stufe der beruflichen Grundbildung und der höheren Fachschule wird in Kapitel 3 beziehungsweise 4 vorgestellt. Schritt 1: Lerngruppen- und Bedingungsanalyse Die Lerngruppen- und Bedingungsanalyse umfasst die Auseinandersetzung mit relevanten Merkmalen der gesetzlichen und schulischen Grundlagendokumente, den Lernvoraussetzungen der Lernenden und den Lehrvoraussetzungen der Lehrperson. Zentrale Fragen sind folgende: Welche Inhalte geben die gesetzlichen und schulischen Grundlagendokumente (Bildungspläne, Rahmenlehrplan, Schullehrplan) vor? Wieviel Unterrichtszeit steht mir zur Verfügung? Wie ist der Unterrichtsinhalt mit anderen Inhalten des Curriculums verknüpft? Wie beurteile ich meine Lehrvoraussetzungen? Wie aktuell ist mein Wissensstand beim Unterrichtsthema? Auf welche Erfahrungen aus der Berufspraxis kann ich zurückgreifen? Wie aktuell sind diese Erfahrungen? Welchen Einfluss könnte mein Ausbildungsstand, die Fach- und Sachkompetenz oder der eigene Lehrstil (eher kontrollierend, informell usw.) auf den Unterricht haben? Wie ist das Alter, die Teilnehmezahl und Geschlechterverteilung in den Lerngruppen? Wie heterogen ist die Lerngruppe? Zu den wesentlichen Heterogenitätsmerkmalen, die einen Einfluss auf die Schulleistungen haben, zählen Kurt Reusser, Rita Stebler, Debbie Mandel und Boris Eckstein (2013; in Berger & Pfiffner 2018, 21) Vorwissen, kognitive Leistungsfähigkeit, Sprachfähigkeit, Lernverhalten, Sozialverhalten, sozioökonomischer Hintergrund und Migrationshintergrund. Bei den Pflegeberufen fällt im Unterricht vor allem ein hoher Anteil an Lernenden mit Migrationshintergrund, oft mit einem eher bildungsfernen soziokulturellen Hintergrund, auf. Diese Heterogenitätsmerkmale haben sehr häufig einen negativen Einfluss auf den Bildungserfolg und können bei vielen Betroffenen zu negativen Einschätzungen des eigenen Lernpotenzials führen. Die gezielte Förderung der Sprachfähigkeit bei diesen Lernenden, die Wertschätzung ihrer kulturellen Ressourcen und das positive Feedback auf erbrachte schulische Leistungen können das schulische Selbstvertrauen in eine gute Richtung lenken. Carol Ann Tomlinson und Tonya R. Moon (2013, in Berger & Pfiffner 2018, 21) empfehlen in Bezug auf die lerngruppenorientierte Gestaltung des Unterrichts und die Erfassung der Heterogenität, auf drei Grundfragen zu fokussieren: Readiness: Welche Lernleistungen können die Lernenden aufgrund ihrer kognitiven Ressourcen und ihres Vorwissens erbringen? Interest: Was motiviert die Lernenden, warum wollen sie lernen? Learning Profile: Unter welchen Lernbedingungen können sich die Lernenden am besten mit den Unterrichtsinhalten auseinandersetzen? Bei der Planung des Unterrichts sind auch Überlegungen zu einer bei den Lernenden möglicherweise auftretenden themenspezifischen Betroffenheit oder zu der bereits im Unterricht aufgebauten Methodenkompetenz sinnvoll. Die Lerngruppen- und Bedingungsanalyse ist ein Bestandteil jeder Unterrichtsplanung. Im klassischen Unterrichtsentwurf kommt ihr ein ganzes...